AMORPHIS SIND DERZEIT GEMEINSAM MIT LEPROUS (NORWEGEN) UND IHREN FINNISCHEN LANDSLEUTEN THE MAN-EATING TREE AUF AUSGIEBIGER EUROPATOURNEE. IM NOVEMBER GING ES VIER WOCHEN LANG DURCH OST- UND SÜDEUROPA, VON ENDE DEZEMBER BIS MITTE JANUAR HABEN DEUTSCHLAND UND DIE NACHBARLÄNDER DIE EHRE. VOR DEM AUSVERKAUFTEN GIG IN DER BOCHUMER ZECHE – DEM ZWEITEN NACH DER WEIHNACHTSPAUSE – HATTEN WIR GELEGENHEIT ZU EINEM PLAUSCH MIT SÄNGER TOMI UND GITARRIST ESA… WILLKOMMEN ZURÜCK „ON THE ROAD“! HOFFE, IHR HATTET EIN SCHÖNES WEIHNACHTSFEST? Esa: Ja, es war sehr geruhsam! Bei dir nicht auch? Tomi: Doch, so richtig friedlich, nichts Besonderes, einfach mit der Familie. FEIERT IHR SO RICHTIG IM TRADITIONELLEN STIL, MIT WEIHNACHTSMANNBESUCH UND ALLEM DRUM UND DRAN? Esa: Hängt immer ein bisschen von den Umständen ab – diesmal hatten wir keinen Weihnachtsmann, aber ansonsten war es schon sehr traditionell. Es gab Weihnachtsschinken und in die Sauna ging’s an den Feiertagen auch. Tomi: Geschenke gab’s für mich keine – wir haben verabredet, dass die Erwachsenen nichts kriegen. Esa: Ich hab ein Buch bekommen, die Biographie von Steve Jobs. Und Socken. DAS JAHR NEIGT SICH DEM ENDE ZU – ZEIT FÜR EINEN KLEINEN RÜCKBLICK. WAS WAREN AUS EURER SICHT DIE HÖHEPUNKTE DIESES JAHRES? Esa: Hmm… passiert ist ziemlich viel, wir hatten einen Haufen Gigs und ein neues Album, aber was nun das Beste an diesem Jahr war, wüsste ich nicht… Tomi: Ja, schwer zu sagen, es war so viel los! Gerade jetzt zum Jahresende hin waren ohne Ende Shows angesagt – schwierig, da etwas Einzelnes herauszupicken. Obwohl, doch: die Japan-Tour im Frühsommer! Zumindest für mich persönlich war das eine tolle Sache. Ansonsten… war bei den Sommerfestivals ein herausragendes dabei? Esa: Mir fällt zumindest gerade keins ein, es waren so viele. Je länger das Jahr dauert, desto eher verspürt man eine gewisse Tour-Müdigkeit, insofern weiß ich nicht, ob wir dem Jahresende noch irgendwelche Höhepunkte abtrotzen können (lacht). Aber wir hatten eine ganze Reihe toller Shows! Tomi: Das Feeling auf der Europatour ist richtig gut, besonders die beiden letzten Gigs vor der Pause waren spitzenmäßig, in London und Paris. Wir haben auf dieser Tour auch einige Städte und Länder besucht, in denen wir vorher noch nicht waren, das war schon super. Auch gestern ging es direkt wieder mit voller Power los. Einen speziellen Top-Moment kann ich nicht nennen, aber war ein ereignisreiches Jahr, und ein insgesamt sehr gutes für uns. VON EUREN EIGENEN MAL ABGESEHEN, WAS WAREN FÜR EUCH DIE GIGS UND ALBEN DES JAHRES? Esa: Was Shows angeht, war für mich zumindest Roger Waters‘ „The Wall“ ein großes Erlebnis, das war sehr genial. Rush waren auch gut. Tomi: Auf diese großen Konzerte im Eisstadion gehe ich gar nicht, nur auf Clubgigs, zum Beispiel im Nosturi oder Tavastia. Suicidal Tendencies waren geil, ein Hammergig, der auch nostalgische Gefühle weckte. Heutzutage ist Stagediving ja normalerweise überall verboten, aber dort haben’s die Leute trotzdem gemacht wie verrückt, und es herrschte eine Bombenstimmung wie damals in den neunziger Jahren. Ansonsten hab ich’s aber weniger mit Massenveranstaltungen, höchstens ab und zu ein Festival. Platten hab ich auch dieses Jahr bestimmt wieder gut dreißig neue gekauft, aber ich hab sie nicht mehr alle im Gedächtnis. Die neue Mastodon hab ich viel gehört, die ist super. Und die neue Ghost Brigade lief auch öfters. Ansonsten schwer zu sagen – ich müsste die Alben jetzt vor mir sehen, um mich besser daran zu erinnern! Esa: Ja, die neue Mastodon ist gut, die hör ich mir auch oft an. Auch die neue von Jane’s Addiction kann einiges. Das wär’s dann eigentlich schon fast. Ghost Brigade klingt auch sehr gut. HABT IHR DIE NEUE INSOMNIUM MAL GEHÖRT? Esa: Ja, die ist wirklich gut! Tomi: Ich hab erst zwei Stücke davon gehört, die muss ich mir auch noch besorgen! EUER AKTUELLES ALBUM HAT ES AUCH IN DIVERSE INTERNATIONALE TOP-LISTEN GESCHAFFT UND IST FÜR EINEN „EMMA“ (FINNISCHE VERSION DES GRAMMY) NOMINIERT – AUCH FÜR EUCH WAR ES ALSO BESTIMMT KEIN SCHLECHTES JAHR. INTERESSANT WÄRE ABER MAL ZU ERFAHREN, WIE IHR ES IM GESAMTZUSAMMENHANG EURER KARRIERE EINSCHÄTZEN WÜRDET, BEISPIELSWEISE VERGLICHEN MIT 2009, DAS JA VOM VERÖFFENTLICHUNGS- UND TOURZEITPLAN HER FAST IDENTISCH ABLIEF? Esa: Ich erinnere mich gar nicht mehr daran, was 2009 alles passiert ist! (lacht) Tomi: Ich auch nicht… Esa: Vergleichen kann ich das echt nicht, denn die Gigs kommen und gehen, ständig gibt’s irgendwas Neues und man vergisst das Alte, abgesehen von ein paar Highlights vielleicht. Ich erinnere mich zwar an die Tourneen als Ganzes, aber das meiste geht quasi zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus (lacht). IN FINNLAND BLIEB „THE BEGINNING OF TIMES“ IN DER CHART-STATISTIK ETWAS HINTER DEM VORGÄNGER „SKYFORGER“ ZURÜCK, DAFÜR BESCHERTE ES EUCH DIE ERSTE TOP-20-PLATZIERUNG IN DEUTSCHLAND, DIE AKTUELLE EUROTOUR IST UMFANGREICHER DENN JE UND DEMNÄCHST IN SÜDAMERIKA SEID IHR HEADLINER IN DEN LÄDEN, IN DENEN IHR VOR ZWEI JAHREN ALS ANHEIZER AUFGETRETEN SEID… Esa: Stimmt, die Entwicklung geht kontinuierlich weiter. Ist ja auch gut so! HABT IHR VOR, EUCH KÜNFTIG MEHR AUF DAS AUSLAND KONZENTRIEREN? Esa: Ja, wir machen uns schon seit längerer Zeit ganz bewusst darüber Gedanken, verstärkt im Ausland aktiv zu sein, sobald sich sinnvolle Möglichkeiten bieten. Aber klar, wir werden auch weiterhin in Finnland auftreten, sogar ziemlich oft. Im Moment ist die Situation günstig und wir haben gute Tourmöglichkeiten, also warum nicht? Tomi: Was die Statistiken angeht, zeigen sie, dass es tatsächlich voran geht, auch wenn ich das selber gar nicht großartig merke. Zumindest geht es nicht abwärts, sondern eher die ganze Zeit aufwärts. Aber nun am Jahresende, wo wir gerade den ersten Teil der Tour absolviert haben und jetzt schon wieder am Beginn des zweiten stehen, sind meine Gedanken eigentlich nur im Hier und Jetzt. Zumal wir gerade gestern den ersten Gig hatten, ich bin auch noch ziemlich müde. Die Tour ist schon sehr intensiv, so viele Shows wie jetzt gegen Ende des Jahres hatten wir bestimmt noch nie. Aber es ist schön, wieder auf Tour zu sein! Esa: Da schließe ich mich Tomi an, der vorige Tourabschnitt verlief sehr glatt und wie es aussieht, dürfte es diesmal sogar noch leichter werden, denn die Distanzen sind nicht so groß. Tomi: Ist es diesmal nicht auch das erste Mal, dass wir die Vorverkaufszahlen erfahren? Die kriegen wir jetzt immer im Voraus per E-Mail, und ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht ist, denn wir gucken uns die sehr genau an und wenn sie mal nicht so gut sind, geht man leicht mit dem Gefühl „ist ja doch keiner da“ auf die Bühne. Aber die bisherigen Gigs liefen dann doch alle richtig gut. DIE IM APRIL ANSTEHENDEN FINNLAND-GIGS FINDEN NICHT NUR IN DEUTLICH GRÖSSEREN, SONDERN AUCH VÖLLIG UNTYPISCHEN RÄUMLICHKEITEN STATT, NÄMLICH IN KLASSISCHEN KONZERTSÄLEN. WAS WIRD DORT ZU ERWARTEN SEIN? Esa: Viel können wir darüber noch gar nicht erzählen, weil wir es selber noch nicht so genau wissen. Zumindest werden sie ziemlich außergewöhnlich sein, dafür sorgen schon allein die Veranstaltungsorte. Wir haben vor, ein ganz besonderes Set zusammenzustellen, das nichts mit der Vermarktung des aktuellen Albums zu tun hat. Mal sehen, was wir organisiert kriegen. Im Moment ist das alles erst in der Planung. Tomi: Wir wollen im März anfangen, dafür zu proben, und haben auch schon ein bisschen darüber diskutiert. Hoffentlich wird es ein intensiver Monat im Proberaum! IM FRACK AUFTRETEN WERDET IHR ABER VERMUTLICH NICHT? Tomi (grinst): Glaub‘ ich eigentlich nicht – zumindest hoffe ich es nicht! Etwas Besonderes wird es sicherlich, mit neuen Herausforderungen und hoffentlich neuen Perspektiven. Aber nichts in Richtung Symphonie, sondern eher bodenständig. WERDEN GASTMUSIKER MIT DABEI SEIN? Tomi: Die Idee steht zumindest im Raum. Esa: Ja, das ist auch noch offen, aber mal schauen. Gut möglich! SIND DIESE SHOWS MÖGLICHERWEISE BEGINN EINER NEUEN PHASE MIT MEHR EXPERIMENTEN? Tomi: Eher ein kleiner Einschub, denn eine größere Finnlandtour wäre zu dem Zeitpunkt nicht besonders sinnvoll. Wir fangen wohl erst im Spätsommer mit den Vorbereitungen für das nächste Album an und dachten uns, dass es schön wäre, den Leuten mal etwas Interessanteres zu bieten. Als kleines Extra und nur für ein paar Auftritte in Finnland, bevor ab Mai dann wieder die Festivals losgehen. Über das kommende Album sagen diese Shows aber noch nichts aus, sondern sie sind eher eine kleine Atempause für uns. Im Ausland haben wir nichts in der Richtung vor, oder? Esa: Nein, dort ist nichts geplant… Uns geht es vor allem darum, nicht einfach den bequemsten Weg zu gehen und bis zum nächsten Album immer dasselbe zu spielen. DANKE FÜR DAS STICHWORT! ZUM THEMA BEQUEMLICHKEIT STELLTE DER METAL-KOLUMNIST DER FINNISCHEN MUSIKZEITSCHRIFT „SUE“ KÜRZLICH DIE THESE AUF, DASS ES ETABLIERTEN MUSIKERN, DIE EIN ANGENEHMES LEBEN FÜHREN UND MIT IHREM ALLTAG ZUFRIEDEN SIND, KAUM MÖGLICH IST, INSPIRATION FÜR RELEVANTE SONGS ZU FINDEN. WAS SAGT IHR ZU DER BEHAUPTUNG? Esa: Ich glaube nicht, dass das zutrifft. Bei manchen vielleicht schon in gewissem Maße, aber ich würde das so nicht unterschreiben. Oft gefallen die alten Scheiben einer Band den Leuten am besten, weil sie wichtige Emotionen damit verbinden. Sie wecken bestimmte Gefühle, für die nicht die Qualität der Alben und Songs der Grund ist, sondern Erlebnisse aus der Vergangenheit. Die späteren Werke können dieses Feeling nicht mehr bieten. Aber anderen Hörern bieten sie dafür vielleicht umso mehr. Bei Platten und Filmen zählen größtenteils andere Faktoren als die Frage, ob sie gut sind. Im Großen und Ganzen ist es wichtiger, wann du sie gehört bzw. gesehen hast und was zu dem Zeitpunkt in deinem Leben passierte. Tomi: Es ist schwierig, irgendetwas über die Zukunft zu sagen. Wir diskutieren darüber, beim nächsten Album eventuell andere Arbeitsweisen auszuprobieren, und davon hängt in vielerlei Hinsicht ab, wie sich die neuen Stücke entwickeln. Hinzufügen möchte ich aber, dass wir weiterhin aus vollem Herzen bei der Sache sind und immer versuchen, das bestmögliche Album hinzukriegen. Was die Hörer hinterher darüber denken, ist dann wieder eine andere Sache. Wir gehen jedenfalls nicht mit Berechnung an die Sache heran oder versuchen, auf sicherem Terrain zu bleiben, sondern suchen aus den Kompositionen die besten Stücke heraus und versuchen, daraus ein funktionierendes Ganzes zu erschaffen. ZU PASI KOSKINENS ZEITEN WURDE OFT GEKLAGT, DASS EURE ALBEN ZU EXPERIMENTELL UND VERSCHIEDEN VONEINANDER SEIEN – HEUTE BEHAUPTEN VIELE, DIE NEUEREN SCHEIBEN SEIEN EINANDER ZU ÄHNLICH. IST ES ÜBERHAUPT MÖGLICH, SEINEM EIGENEN STIL TREU ZU BLEIBEN, OHNE SICH ZU WIEDERHOLEN? Tomi: Wenn die Musik zu uneinheitlich wird, verliert man leicht das Interesse oder fragt sich, ob das überhaupt noch dieselbe Band ist. Die letzten paar Alben greifen dieselben Elemente auf, die auch bei den ersten vorhanden waren, zum Beispiel die Folk-Einschläge und die finnische Thematik. Daraus hat sich ein Stil kristallisiert, der manchen vielleicht als zu vertraut und sicher erscheint, aber eben den derzeitigen Sound dieser Band ausmacht. In zwanzig Jahren klingen wir vielleicht anders, keine Ahnung – wir müssten mal zehn Jahre Pause machen und einen neuen Sound entwickeln! (beide lachen) Ich persönlich habe aber nicht das Gefühl, dass wir auf der Stelle treten, sondern dass wir uns die ganze Zeit weiterentwickeln. Unser letztes Album ist von denen, bei denen ich mitgewirkt habe, sicherlich dasjenige, das ich am häufigsten gehört habe, und ich bin sehr zufrieden damit. Letztendlich hielt sich die Kritik auch in Grenzen, soweit ich es mitbekommen hab – enttäuscht waren die Leute jedenfalls nicht, die Rezensionen waren ziemlich positiv und die Gigs gut besucht. Wir dürfen uns freilich nicht vor lauter Zufriedenheit auf unseren Lorbeeren ausruhen, nach dem Motto „alles ist gut und läuft bestens“. Wir müssen uns einen gewissen Hunger bewahren und kreativ bleiben. Aber wir sind alle hoch motiviert und freuen uns schon darauf, ein neues Album aufzunehmen. Natürlich gäbe es auch die Alternative, keine neuen Platten mehr rauszubringen, sondern stattdessen nur noch alle Jahre wieder Nostalgieshows auf großen Festivals zu spielen (grinst). Aber im Moment sind wir alle voll dabei und wollen die Sache weiterentwickeln. APROPOS NEUES ALBUM – ARBEITET IHR WEITERHIN MIT TEXTER PEKKA KAINULAINEN ZUSAMMEN? Tomi: Das ist noch völlig offen, wir haben uns auch noch gar kein Thema überlegt. Ich weiß nicht, warum wir darüber noch nicht diskutiert haben, aber bisher existiert noch keine Idee. Was in gewisser Weise auch ganz gut ist. Esa: Das kommt mit der Zeit, wenn die Songs allmählich Gestalt annehmen und das Projekt an den Start geht. Bisher hab ich mich allerdings gedanklich noch nicht groß mit dem kommenden Album beschäftigt… Tomi: Wir hatten auch noch nicht viel Zeit dafür, bei den ganzen Gigs… Esa: Im Prinzip wissen wir nur, wann die Arbeit ungefähr losgehen wird. EURE LIVE-SHOWS WERDEN SEIT TOMIS EINSTIEG VOR SIEBEN JAHREN FÜR IHRE ENERGIE GERÜHMT, ABER IN LETZTER ZEIT MEHREN SICH DIE KRITIKER, DIE MEHR ABWECHSLUNG IN DER SETLISTE FORDERN. WIE WERDET IHR ES AUF DEM ZWEITEN TEIL DER EUROTOUR DAMIT HALTEN? Esa: Ach, ich weiß nicht, so viele Kommentare sind mir dazu gar nicht begegnet. Im Internet findest du natürlich alle möglichen Meinungen… Tomi: Das ist ein bisschen kompliziert, weil die Bandbreite der Fans so groß ist. Schon von der Altersstruktur her – ein Teil ist noch keine zwanzig, aber andererseits sind auch ältere Semester dabei. Die Jüngeren haben die Band meist mit „Eclipse“ kennengelernt und wollen vor allem die neueren Sachen hören, die älteren dagegen am liebsten die erste EP (lacht). Versuch’s da mal, allen recht zu machen… Wir haben durchaus einen größeren Vorrat an Songs bereit, die wir spielen könnten, lass es so etwa 40 sein, aber einige davon haben wir aussortiert, weil sie unserer Meinung nach nicht so gut funktionieren. Wir bemühen uns immer darum, eine möglichst gut durchdachte Setlist zusammenzustellen. Vielleicht könnten wir es publikumsfreundlicher angehen und zum Beispiel in einer Art Wettbewerb fragen, was die Leute eigentlich hören wollen. DAS WÄR DOCH MAL WAS! Tomi: Ist halt so’ne Idee. Die Leute, die in den Internetforen schreiben, bilden zwar den harten Kern der Fans, aber darüber hinaus gibt es ja noch jede Menge andere, deren Meinung wir größtenteils nie erfahren. Natürlich ärgern sich viele darüber, dass wir immer „House of Sleep“ spielen, aber andererseits ist es jedes Mal ein Höhepunkt, bei dem alle mitsingen, und es wäre blöd von uns, ihn wegzulassen. Es ist immer eine Frage der Feinabstimmung, damit es einerseits dem Publikum gefällt, wir aber andererseits auch selber Spaß am Gig haben. Gewaltsam Songs zu spielen, die aus unserer Sicht nicht funktionieren, würde nicht viel bringen. Um ehrlich zu sein, wäre es sicherlich abwechslungsreicher, die Setlist jedes Mal neu auszulosen, aber es wäre doch arg anstrengend. Wenn wir ein dramaturgisch gutes Set zusammengestellt haben, wäre es unnötiger Stress, ihn ständig wieder umzuwerfen. Was den zweiten Tourabschnitt angeht, hatten wir davor kein einziges Mal Zeit zum Proben, so dass mit neuem Repertoire kaum zu rechnen ist. Wir sind halt auch nur Menschen und hatten wegen Weihnachten einfach zu viel anderes um die Ohren. VON DEN SHOWS MAL ABGESEHEN, WIE SORGT IHR AUF TOUR DAFÜR, DASS ES NICHT ZU EINTÖNIG ZUGEHT? Esa: Soweit möglich, versuchen wir überall, ein wenig an die frische Luft zu kommen. Wenn wir Pech haben, gibt es nirgendwo in der Nähe der Halle irgendwas zu sehen, und wir müssen uns selber irgendeine Ablenkung ausdenken. Oder einfach einen faulen Tag einlegen. Tomi: Ein kleiner Spaziergang tut immer gut. Wir wachen meist erst so gegen zwei Uhr auf… Esa: …diejenigen, die tagsüber aufwachen… (lacht) Tomi: …und der Laden öffnet abends um sieben, da bleiben fünf Stunden Zeit. Irgendwie kriegt man die immer rum, auch wenn man nicht immer was Sinnvolles macht. Manchmal wohnen alte Bekannte in der Stadt oder es gibt ein schönes Wellness-Bad, aber hier zum Beispiel ist in Laufnähe wirklich überhaupt nichts. EHEMALIGES INDUSTRIEGELÄNDE HALT… Tomi: Genau. Aber manchmal liegt der Club auch mitten im Zentrum und man kann einen netten Stadtbummel machen. WIE SEID IHR MIT DEM LINE-UP DIESER TOUR ZUFRIEDEN? Esa: Leprous sind nicht nur eine tolle Band, sondern auch richtig nette Typen. Noch sehr jung, aber sie saufen nicht und wissen sich im Bus zu benehmen (lacht). VIEL SAUFEN KANN MAN WAHRSCHEINLICH AUCH NICHT, WENN MAN SOLCHE MUSIK SPIELEN WILL… Esa: Stimmt… Tomi: Leprous ist wirklich eine interessante Band, junge Leute, aber absolut professionell. WIE ALT SIND DIE ÜBERHAUPT? Tomi: Ich meine, der älteste wär 24. Esa: So um den Dreh rum. Tomi: Aber sie waren schon viel auf Tour, auch international, und sind sehr motiviert. Ziemlich prog… Auf dem ersten Teil der Tour waren Nahemah aus Spanien mit von der Partie, die sind ebenfalls recht progressiv und gefielen mir gut. Sie kamen auch beim Publikum an, so dass es ein gutes Paket war. Jetzt sind stattdessen The Man-Eating Tree dabei, musikalisch sicher meine Lieblingsband unter diesen drei Anheizern. Weiß nicht, ob’s daran liegt, dass sie auch aus Finnland sind. ERST NAHEMAH, DANN MAN-EATING TREE – WARUM ZWEI VERSCHIEDENE BANDS? Tomi: War es nicht so, dass Man-Eating Tree im November keine Zeit hatten? Esa: Das war’s wohl, ja. Tomi: Und Nahemah standen schon länger mit uns in Kontakt, der eine Gitarrist war schon öfter in Finnland und ist mit Ville von Ghost Brigade gut befreundet. Sie hatten schon ein paarmal gefragt, ob sie bei uns im Vorprogramm auftreten könnten, und diesmal hat es glücklicherweise geklappt. Mit denen zu touren war auch angenehm. Aber vor allem ziehe ich den Hut vor Leprous, bei denen war wirklich jeder Gig top, den ich gesehen hab. WENN IHR MIT SO JUNGEN BANDS UNTERWEGS SEID, KOMMT EUCH DA EINE GEWISSE MENTORFUNKTION ZU? Esa: Ich weiß nicht so recht, da hab ich noch nie drüber nachgedacht… Tomi: Leprous ist sicher eine Ausnahme, die haben unheimlich was auf dem Kasten und konzentrieren sich voll auf die Tour. Bei anderen Bands geht es mitunter etwas animalischer zu… Aber sie stellen uns schon ab und zu Fragen zum Tourleben und so weiter, und wir versuchen, so gut wie möglich zu antworten. Freilich sind sie selber schon recht erfahren, neulich waren sie sogar in Japan unterwegs. Von denen hört man bestimmt noch einiges, sofern sie bei der Stange bleiben. MAL UMGEKEHRT BETRACHTET – IST ES FÜR EUCH INSPIRIEREND, MIT SO EINEM NACHWUCHS-ACT ZU TOUREN, DER ERST AM ANFANG SEINER KARRIERE STEHT? Esa: Also erfrischend ist es schon, diesen jugendlichen Eifer zu sehen, auch wenn ich daraus heutzutage keine Inspiration mehr für meine eigenen Projekte ziehe. Es ist ein Haufen Arbeit, und ich hoffe, dass es gut für sie laufen wird. Solange sie an ihre Musik glauben, und vor allem angesichts ihrer unerschütterlichen Arbeitsmoral, zweifle ich absolut nicht daran, dass sie Erfolg haben werden. Auch wenn es heute für Bands viel schwieriger ist als früher, bekannt zu werden. Es ist ganz anders geworden – von den Plattenfirmen erhalten Bands oft keine Unterstützung mehr, sondern müssen sich diese woanders suchen. DA SAGST DU WAS… TOMI, DEINE ANDERE BAND SINISTHRA HAT DOCH SEINERZEIT VON IHREM LABEL AUCH NULL UNTERSTÜTZUNG BEKOMMEN. ABER DEMNÄCHST SPIELT IHR AUF DER FINNISH METAL EXPO – SOLL DAS HEISSEN, DASS DAS LANGERWARTETE ZWEITE ALBUM NUN DOCH ENDLICH ERSCHEINT? Tomi: Keine Ahnung… zum Glück können wir wenigstens dort auftreten. Geplant war’s ja, dass wir das Album bis dahin fertigkriegen, aber damit wird es nichts. Ich fürchte, es wird nie fertig. Das Dumme dabei ist, dass es wirklich in unseren Händen liegt, ich aber einfach nicht genug Zeit hab und die anderen natürlich auch nicht groß proben, wenn einer ständig fehlt. NACH DIESER TOUR GEHT ES FÜR AMORPHIS JA AUCH SCHON DIREKT WEITER, UND ZWAR AUF DIE 70,000 TONS OF METAL-KREUZFAHRT IN DIE KARIBIK. LÄUFT DAS FÜR EUCH NOCH UNTER ARBEIT ODER IST DAS EHER URLAUB? Esa: Naja, da ist ja nicht nur die Kreuzfahrt. Davor ist noch ein Gig und danach geht es direkt weiter nach Südamerika, also können wir es durchaus als Dienstreise verbuchen. Aber ziemlich entspannt wird es sicher werden. Hoffe ich mal. Tomi: Ja, das dürfte schon ein ziemlich außergewöhnlicher Trip werden, zumal wir vier Tage lang mitten im Publikum abhängen. Ist bestimmt mal was anderes. ZU GUTER LETZT – FALLS DER MAYA-KALENDER RECHT BEHÄLT UND ENDE 2012 DER WELTUNTERGANG ANSTEHT, WAS WÜRDET IHR DAVOR UNBEDINGT NOCH MACHEN WOLLEN? Esa: Gar nix! (lacht) Tomi: Wär schön, vorher ein bisschen Urlaub zu machen – mit einer kleinen Städtereise wär ich schon zufrieden! Herzlichen Dank auch an Tourmanager Gerrit Wissdorf für das Arrangieren des Interviews.

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