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1990s – YOURS SINCERELY

Ort: Osnabrück – Kleine Freiheit

Datum: 20.09.2007

Donnerstag ist nicht nur Kinotag, sondern inzwischen schon fast traditioneller Konzertabend in der Kleinen Freiheit. Diesmal waren die 1990s („no „The“ and no apostrophe!“) aus dem schottischen Glasgow nach Osnabrück gekommen, um ihre Debütscheibe „Cookies“ live vorzustellen.1990s – das sind Jackie McKeown (voc./guit.), Michael McGaughrin (dr./voc.) und Norman Blake am Bass. Letztgenannter ist erst seit Anfang September Teil der Band, hat jedoch bereits die Single „You Made Me Like It“ produziert und ersetzt das Gründungsmitglied Jamie McMorrow. Dieser hat wiederum mit Jackie bei THE JUMMY FUR gespielt, bei denen auch Alex Kapranos und Paul Thomson mitgemischt haben, die später mit FRANZ FERDINAND groß rausgekommen sind. 2005 wurden 1990s gegründet und im vergangenen Jahr ergatterte das Trio nach nur sechs Auftritten einen Plattenvertrag bei Rough Trade.

Ganz so weit sind YOURS SINCERELY aus der Hasestadt noch nicht, dafür hatten sie jedoch ein Heimspiel vor sich, als sie um 21.30 Uhr vor gut 50 Zuschauern loslegten. Auch hier war ein flotter Dreier am Start, der es zwar noch jung an Jahren bravourös verstand, absolut hörenswerten Indie-Sound zu zaubern. Dabei teilten sich Angelino (Gitarre) und Steffen (Bass) den Gesang, während Miksi für den richtigen Drive am Schlagzeug sorgte. Neben dem Opener „D(istance)Anger“, der auch titelgebend für das letztjährige Demo war, gab es auch neue Songs zu hören, wie beispielsweise „Hot Brownie Deluxe“. So las es sich zumindest auf der Setlist, eigentlich hat der Track nämlich noch gar keinen Namen, wie uns Angelino verriet. Nach einem bislang recht treibenden Anfang, wurde es mit „Heroic Intentions“ etwas gemächlicher, aber nicht eine Spur weniger intensiv, wie man schon Angelinos Mienenspiel entnehmen konnte. Der Gute hatte einen derart verzweifelten Gesichtsausdruck, dass außer Frage stand, wie sehr der Sänger hier mit Herzblut bei der Sache war. Das sah bei „Anchor“ nicht anders aus – ebenfalls ein relativ neues Stück, welches zudem mit sphärischen Saitenklängen und fetten Drums aufwartete. Nach einer halben Stunde wollten die Jungs sich verabschieden, doch da hatten sie die Rechnung ohne die heimischen Fans gemacht, die noch auf einer Zugabe bestanden. Selbige folgte dann mit „Silence“ umgehend und in krachender Form. Auch wenn die Band auf der Suche nach einem neuen Namen ist, sollte man YOUR SINCERELY im Auge behalten. Die Indie-Mucke des Trios gefällt mit einem Mix aus wuchtigen Melodien, mehrstimmigem Gesang und einer Spur Dramatik und macht einfach Spaß.

Setlist YOURS SINCERLY
D(istance)Anger
Rats
Hot Brownie Deluxe
Heroic Intentions
Get What
Anchor
Spot

Silence

Kaum dass der letzte Ton verklungen war, leerte sich die ehemalige Bahnkantine und das junge Volk strömte ins Freie. Nun war es keineswegs so, dass niemand mehr die 1990s hören wollte, aber wir befanden uns in Niedersachsen und da herrscht strenges Rauchverbot. Wie gut, dass der Abend verhältnismäßig lau war und man seine Sucht in sommerlichem Strandambiente befriedigen konnte, bevor es musikalisch mit dem nächsten Trio weitergehen sollte. Die Schotten starteten mit besagter Singleauskopplung „You Made Me Like It“ mit griffigen Refrains und eingängigen Mitsing-Melodien, die mit allerlei „Ahs“, „Ohs“ und „Shalalas“ versetzt waren. Das rotzige „Cult Status“ machte uns derweil mit dem Rockstarleben vertraut, welches 1990s bestimmt schon ausgiebig zelebrieren. Wie üblich zeigten sich die Osnabrücker anfangs recht zurückhaltend, nach Aufforderung wagten sie sich jedoch auch näher an die Bühne heran, wo es mit „Arcade Precinct“ weiter ging und es folgten weitere „Lalala“-Sequenzen, die ein wenig nach einer Kombi aus den BEACH BOYS und „Walk On The Wild Side“ von LOU REED klangen. Aber auch neues Material hatten die Herrschaften im Gepäck. Sei es das groovige „Vondelpark“ oder „Box“, ein Liebeslied, das mit scheppernden Rhythmen und einer jaulenden Bluesgitarre begeisterte. Schön anzusehen war auch, wie viel Spaß die Kapelle am eigenen Gig hatte, auch die Location wurde gelobt, es schien Jackie ausnehmend gut in der Kleinen Freiheit zu gefallen, während Michael nach einer Gelegenheit zum Wäsche waschen suchte. Mr. McGaughrin hatte sich an der Schießbude aber auch wirklich in Schweiß gespielt, da kam ihm das ruhigere „You’re Supposed To Be My Friend“ vermutlich ganz gelegen. Hier hatte die Gitarre mehr zu tun, eine tolle, sehr kraftvolle Nummer! Irgendwie erinnerte mich „See You At The Lights“ an einen bekannten Popsong, dessen Titel mir aber nicht einfallen wollte. Das spielte aber auch gar keine Rolle, bei den 1990s ging’s nämlich garantiert besser ab. Und dann kamen wir schon zum letzten Stück, das aber als besonders lang angekündigt wurde. Das Ganze ging diesmal in Richtung Art-Rock, wieder sehr gitarrenbetont mit langem Instrumentalteil und weiblichen Sprechgesängen vom Band. Nach 45 Minuten war das Ende des regulären Sets gekommen. Für englische Verhältnisse nicht ungewöhnlich, wir Deutschen mögen es aber gern etwas länger, vor allem wenn die Darbietung gefällt, also wurden die Drei von der Insel noch mal zurück gerufen , damit sie zwei weitere Songs ihrer „Cookies“ zum Besten geben konnten. „Enjoying Myself“ wusste mit knackigen Drums zu überzeugen, während „Is There A Switch For That?“ noch mal bluesige Akzente setzte und ein letztes Mal „Lalalas“ geträllert wurden.

Halb Zwölf war es dann doch wieder geworden, doch statt bleierner Müdigkeit bescherten 1990s fröhliche, hervorragend zum Mitwippen- und tanzen geeignete Unterhaltung, welche die Osnabrücker Indie-Herzen höher schlagen ließ. Wer wollte, konnte zur Konserve weiter schwofen oder mit den Herren Musikern noch einen Plausch halten. Mir stand am kommenden Morgen bereits um 7.00 Uhr der Besuch des Schornsteinfegers bevor, weshalb ich umgehend den Heimweg antrat.

Setlist 1990s
You Made Me Like It
Cult Status
Arcade Precinct
Vondelpark
Pollokshields
Box
Your’re Supposed To Be My Friend
Weed
See You At The Lights
Situation

Enjoying Myself
Is There A Switch For That?

Copyright Fotos: Dirk Ruchay

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