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20. DARK DANCE TREFFEN

Ort: Lahr - Universal D.O.G.

Datum: 16.12.2006

Und wieder ist ein DDT vorüber; wieder im Winter und daher leider ohne großen Außenbereich, sondern nur mit Futterstand im überdachten Verschlag. An den Wänden des Batcave-Floors konnte man diesmal eine düster-süße Fotoausstellung bewundern und die Herrschaften des Labels Ant-Zen hatten ihren Merchstand selbstverständlich neben dem Maschinenraum aufgebaut.

Ich kam so einigermaßen pünktlich, d. h. ich platzte mehr oder weniger in den Auftritt von SCARY BITCHES. Sicherlich stand ich geschlagene fünf Minuten (sie kamen mir vor wie eine kleine Ewigkeit) halb schockiert, halb hysterisch amüsiert inmitten einer Hand voll ähnlich überwältigter Treffenbesucher. Die drei Damen mit einem nicht zu verdrängenden englischen Humor zelebrierten auf der großen Bühne des Main-Floors ihre Show und man muss schon wirklich gut drauf sein, um die Selbstironie der reifrocktragenden, ah, Künstlerinnen sacken zu lassen. Ich ordne sie im Nachhinein und mit genügend Abstand als ein mehr oder weniger gelungenes (dieses Urteil überlasse ich lieber anderen) Pendant MANOWARs im Gruftbereich ein – an jene Herren erinnerte mich zumindest die finale Hymne der, ah, Hündinnen. „Die Hände zum Himmel“ und so…

Als nächstes war ich gespannt auf die angekündigten Altmeister aus Düsseldorf: DIE KRUPPS. Wer schon 25 Jahre lang im Geschäft ist, zieht auch ordentlich Publikum, wie ich hautnah erleben konnte. Den Opener empfand ich als nett, aber leider nicht mehr. Im Laufe des Sets, z. B. bei „Isolation“ durfte Sänger Engler mit seinen Eisenstangen auf einer Art Eisenamboß herumklöppeln, was ihm zwar sichtlich Spaß bereitete, aber eigentlich ohne bemerkenswerten Effekt für den Rest blieb. Gitarrist Zürcher poste ebenfalls was das Zeug hielt und machte eine gute Figur – das wohlgemerkt in weißen Jeans, was bekannterweise nicht jedem steht. Leider riss mich das Konzert nicht wirklich mit, zu monoton, zu absehbar, zu RAMMSTEIN-lastig. Nach einigem wohlwollenden Mitnicken machte ich mich aus dem Staub und flanierte über das Gelände. Und ja, ich gebe es zu, wartete sehnsüchtig auf die Eröffnung des Maschinenraums. Am interessantesten sind eh die ganzen Leute und Gestalten, die es auf derartigen Veranstaltungen zu sehen gibt. Wer nicht-schwarze Klamotten anhatte, war klar im Vorteil, denn auf allen anderen waren die Fusseln im Schwarzlicht zu sehen – wie jedes Mal eben. Am klarsten im Vorteil war wohl der Bursche (den ich zuerst als solchen gar nicht einordnen konnte), der sich kurzerhand Gaffa über die Brustwarzen und ein paar ausgesuchte Stellen seines Oberkörpers gestrapst hatte und anämisch durch die Räume zog. Diesmal wird er als Grußobjekt auserkoren, wenn er das liest. Nächstes Mal werden die betreffenden Personen kurzerhand mitabgelichtet, dann weiß jeder Bescheid.

Und wie sich der aufmerksame Leser denken kann, ja ich habe WELLE: ERDBALL verpasst. Ja, ich habe es verworfen, mich durch die restlichen Sardinen zu pressen, die sich bis in die Eingangshalle stauten – allerdings weiß ich aus sozusagen erster Hand, dass der diesmalige Auftritt eher bescheiden gewesen sein soll. Wer die vier Herrschaften letztes Mal auf dem DDT erleben durfte, hatte definitiv mehr Glück gehabt. Alles, was ich mitbekam, war dieselbe Show – nur eben in blasserem Grün. Dieselben Schilder, die Frl. Venus und Zara hochhielten, dieselben Klamotten, dieselben Ansagen usw. Schade, dass sie sich nicht mehr Mühe gaben, denn das Lahrer Publikum weiß gute Performances eigentlich gut zu würdigen.

Natürlich war ich im Maschinenraum, in dem sich schon eingetanzt wurde. Die Bühne dort eröffneten Joe und Daniel von SAM, einem Projekt des Indie-Labels Dark Dimensions. Mit freien Oberkörpern und nicht ganz innovativem Warpaint hatten sie sichtlich ihre Freude am Auftritt. Nachdem sie merkten, dass die Meute vor ihnen noch nicht ganz überzeugt war, gaben sie sich abwechselnd als Exklusivanimateure her und feuerten das Publikum an, tanzten mit und vermittelten ziemlich erfolgreich das Gefühl einer größeren Privatparty. Im Hintergrund liefen verschiedene Videos und Filmsequenzen, wobei ich allerdings bei einer etwas stutzig wurde, denn bei einem bestimmten Track sah man Bilder der Überwachungskameras von Littleton. Wenn dazu einigermaßen eindeutig Aggressionen schürende Aussagen in über die tanzende Menge geträufelt werden, finde ich es schon befremdlich. Ich habe nichts gegen Provokation, im Gegenteil. Aber in diesem Fall empfand ich sie als unreflektiert und nur um der Provokation Willen, also nicht angemessen. Ich bin nicht übermäßig politisch korrekt, hab aber auch eine Meinung und diese sagt dazu: Nicht so ganz passend. Alles in allem hatte ich den Eindruck, dass die Sounds solide waren, aber noch zu unausgereift, genauso wie die begleitende Mediennutzung.

Nach einer Pause waren die beiden Knöpfchendreher HAUJOBB und ARCHITEKT am Zuge. So war auch die Reihenfolge der Gewichtung; HAUJOBB fand ich sehr gut und v. a. sehr tanzbar, wie auch die wabernden Leute um mich herum bestätigten. ARCHITEKT war okay, aber auf der Skala weiter unten anzusetzen, als der Kollege, bzw. Vorgänger. Es etwas zu sphärisch für das angeheizte Publikum – oder vielleicht nur für mich? Theoretisch hätte man sich natürlich auch etwas zurücknehmen und regenerieren können (soweit das bei der schlechten Luft möglich gewesen wäre), aber wenn man die fortgeschrittene Stunde als Anhaltspunkt nimmt, komme zumindest ich zum Schluss: schlechte Idee. Besser: weitertanzen.

Womit wir auch schon beim Hauptmanko angekommen wären: SONAR haben viel zu spät gespielt. Es kann nicht sein, dass der definitive Hauptact des Abends erst um drei, vier Uhr beginnt – wenn a) viele mittlerweile viel zu fertig sind, um ihn noch ausreichend würdigen zu können und b) viele schon längst in ihren Kojen zu Hause (oder auf den Sesseln im Maschinenraum) schlummern. Natürlich liegt der Vorteil der Zeitaufteilung auf der Hand, dass man auf diese Art und Weise möglichst keine der diesmal sechs Bands und Projekte verpasste, allerdings würde mich mal interessieren, wie viele Besucher überhaupt alle sechs interessieren. Oder anders ausgedrückt: weshalb lässt man die beiden Floors nicht einigermaßen parallel laufen? Der Pulk vor der SONAR-Bühne war deprimierend geleert und ich weiß nicht, wie es Ivens und seinem Kollegen ging, aber ich hätte keine große Lust, vor zehn, fünfzehn Hanseln um vier Uhr früh mein Können abspulen zu müssen. Das Set war (wenn ich meiner Aufnahmefähigkeit nach ca. sechs Stunden DDT ohne Drogenkonsum trauen kann) sehr ordentlich, wenn auch vertrauensvolle Informanten an dieser Stelle einhaken und betonen, sie hätten schon deutlich beeindruckendere Auftritte der alten Männer gesehen. (Dank an dieser Stelle an Alex, den nicht zu erschütternden Informanten und Daniele, den Fotografen von der, ah, Konkurrenz.)

Mein Fazit lautet folgendermaßen: der Abend hat sich zwar gelohnt, aber ich würde mich freuen, wenn diese kleine Anregung der Abendgestaltung und –aufteilung vielleicht in Zukunft bei den Verantwortlichen (die wie immer sehr nett und unkompliziert waren) wahrgenommen wird.

Copyright Fotos: Daniele Cerami

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