Ort: Bielefeld - Ringlokschuppen
Datum: 19.03.2007
Gemäß Kalender sollte in zwei Tagen der Frühling beginnen, stattdessen gab es Hagelschauer, Schneeregen und morgendliches Eiskratzen. Da passte es gut, dass 2RAUMWOHNUNG sommerliche „36 Grad“ versprochen hatten. So lautet nämlich der Titel des aktuellen Albums und der Tour, die Frau Humpe und Herrn Eckart nebst Band nach ziemlich genau zwei Jahren wieder in das alte Industriegemäuer des Ringlokschuppens führte. Während 2005 noch TONI KATER als Support fungierte, übernahmen diesen Part heuer zwei Herrschaften aus Köln bzw. Berlin namens Simon Werle und Johannes Stankowski. Kurz: WERLE & STANKOWSKI. Was auf den ersten Blick wie die Firmenbezeichnung eines mittelständischen Klempnereibetriebes klingt, ist stattdessen ein kruder Mix aus Indie, Electronica und Folk.
Um 20.30 Uhr enterte das Duo dann auch die Bühne. Elektro-Frickler Simon begrüßte die etwa 700 anwesenden Ostwestfalen und sogleich ging’s mit „Sound of My Guitar“ vom diesjährigen Album „Listen To WERLE & STANKOWSKI“ los. Den Gesang und das akustische Gitarrenspiel übernahm der groß gewachsene Johannes, während Simon an allerhand Reglern und Tasten hantierte. Der chillige Output fand durchaus eine positive Resonanz und wurde wohlwollend beklatscht. Das „Throw Your Life Away“ vom Erstling „Your Show“, der vorletztes Jahr erschienen ist, hat Songwriter und Texter Johannes einem Freund gewidmet, der zeitweise wohl etwas neben der Spur war, sich jetzt aber wieder gefangen hat. Musikalisch wurde dies in schöne Melodien umgesetzt, während die Stage in blaues und rotes Licht getaucht wurde. Fast ein bisschen melancholisch wurde es mit „Lady Grey“. Diesmal galt der Song einer Freundin aus Portugal und auch der berühmte „Earl Grey“-Tee spielte eine Rolle. Bevor die aktuelle Singleauskopplung „After All“ zu Gehör gebracht wurde, nutzte Simon die Gelegenheit, ein bisschen Werbung für die Erzeugnisse des Unternehmens WERLE & STANKOWSKI zu machen. Der Song hatte ordentlich Rhythmus und brachte wummernde Bässe und Drums vom Rechner mit. Herrn Werle hielt es schon kaum noch ruhig hinter seinem Equipment, stattdessen hüpfte er ausgelassen im Takt und hatte so ein klein wenig etwas von einem modernen Rumpelstilzchen. „I Like It“ vom Debüt war hingegen sehr ruhig, verfügte jedoch auch über einen recht bombastischen Mittelteil. Als nächstes sollte ein Titel für die technogewohnten Bielefelder kommen. „Lost In Love“ wurde ganz klar von der Elektronik beherrscht und legte einiges an beats per minute vor. „In This World“ beendete den halbstündigen Auftritt des ungleichen Paares dann auch schon wieder. Die beiden bedankten sich artig für den freundlichen Applaus – die Musik ließ immerhin auch den ein oder anderen bereits das Tanzbein schwingen, dann verschwanden die Jungs, die sich 2003 anlässlich eines gemeinsamen Filmmusik-Projektes kennen gelernt haben, wieder hinter der Bühne. Ein etwas gewöhnungsbedürftiger Vortrag, aber nicht ohne Charme.
Es folgte eine kürzere Umbaupause, in der man sich mit den bereitgestellten Knabbereien des Ringlokschuppens vergnügen oder einfach mal über die Geschichte der 2RAUMWOHNUNG reflektieren konnte. 2000 gegründet von Inga Humpe (Ex-NEONBABIES) und Tommi Eckart (ehedem Wegbegleiter von Andreas Dorau) konnte man mit dem Clubhit „Wir trafen uns in einem Garten mit Max“ das erste Mal für Aufsehen sorgen. Ob man damals wirklich geglaubt hat, auch 7 Jahre später noch erfolgreich die Hallen zu füllen? Immerhin ist die aktuelle Single „Besser geht’s nicht“ die erfolgreichste der Bandgeschichte, wobei die Alben verkaufstechnisch allerdings von jeher noch besser liefen. „36 Grad“, das neue Werk des Duos, wurde von einigen Kritikern als relativ seicht geoutet, man konnte also gespannt sein, wie sich die Stücke live machen würden. Gegen 21 30 Uhr sollte es dann losgehen, zwar waren heute keine annähernd 2000 Menschen wie in Dresden oder München anwesend, die Vorfreude war trotzdem groß, als man mit „Spiel mit“ stilsicher den Reigen eröffnete. Wirklich erstaunlich, wie eine Frau mit 51 und recht bewegter Vergangenheit („Ich habe Heroin genommen“) noch dermaßen appetitlich ausschauen kann. Neben ihr und Tommi an den Keys werkelten zunächst mal noch ein Schlagzeuger (Daniel Eichholz aus dem TONI KATER Ensemble), ein Gitarrist und links hinten ein weiterer Elektroniker (Jansen von der Hamburger „Anwaltskanzlei“ JANSEN UND KOWALSKI). Schon beim aktuellen Titeltrack „36 Grad“ wurde das Line Up noch ergänzt um einen weiteren Saitenspieler (K(C)arsten) und 2 Backgroundsänger, vorgestellt als „Bart und Nicht-Bart“. Genauso sahen die beiden Herren mit „2er-Shirt“ dann auch aus, die etwas unkoordiniert ihre Leiber schüttelten, irgendwie putzig. Im Folgenden lag der Schwerpunkt natürlich auf den neuen Titeln, ohne die alten Klassiker missen zu lassen. Meiner Meinung nach fehlt aber dem einen oder anderen Stück wie „Eins zwei drei – tschiu…“ oder „Nimm sie“ die musikalische Substanz, um die Spannung aufrechtzuerhalten. Insbesondere im direkten Kontrast zu älteren Tracks wie „Ich & Elaine“ (inkl. tanzenden Mädels auf der Bühne) oder „Sexy Girl“, hierbei räkelte sich Inga lasziv auf dem Rücken. Romantisch wurde es mit „2 Millionen von Sternen“, wo sich die blonde Frontdame nur von einer Akustikgitarre begleiten ließ. Die Tanzfraktion kam dann beim bereits erwähnten „Garten-Klassiker“ zum Zuge, wobei insgesamt das Publikum eher entspannt chillte, anstelle wild durch die Gegend zu hüpfen. Als besonderes Schmankerl wurde zum Motto-Song „Freie Liebe“ eine entsprechend freigeistige Ostwestfälin gesucht, die während der Darbietung mit dem Schlagzeuger knutschen durfte. Und Bianca (so der Name der glücklichen Siegerin, Konkurrenz war allerdings kaum vorhanden) legte tatsächlich richtig los und wollte gar nicht mehr runter von „ihrem“ Daniel! So manch einer wünscht sich nun möglicherweise, die Telefonnummer der lockeren jungen Dame zu erhalten… Das Konzert neigte sich aber so langsam dem Ende zu, mit „Besser geht’s nicht“ verabschiedeten sich die Herrschaften nach gut 70 Minuten.
Natürlich nur, um sich kurze Zeit später mit „Sasha (Sex Secret)“ wieder zurückzumelden. Wir verabschiedeten uns aber nun in die Kälte, ein paar Songs standen dem Vernehmen nach noch auf der Setlist. Eine nette Unterhaltung am Montagabend, nicht mehr und nicht weniger. Für Stimmung kann die 2RAUMWOHNUNG auch 2007 problemlos sorgen, ich werde das Gefühl allerdings nicht los, dass man die allerbesten Tage hinter sich gelassen hat.
Setlist WERLE & STANKOWSKI
Sound of My Guitar
Throw Your Life Away
Lady Grey
After All
I Like It
Lost In Love
In This World
Copyright Fotos: Karsten Thurau
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