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ACTUS – SOL INVICTUS – SONNE HAGAL – IN MY ROSARY – DARKWOOD – INNER GLORY

Ort: Leipzig WGT Anker

Datum: 14.05.2005

Da der 2te WGT-Tag leider etwas ins Wasser fiel, war es praktisch, dass wir am späten Nachmittag vor Anker gingen, und zwar im gleichnamigen Club im Leipziger Norden. Eine neue Location im WGT-Allerlei, die aber problemlos aufzufinden war, von vielen übrigens, denn der Club war schon bei den Italienern INNER GLORY proppevoll. Heuer sollte aber auch eine besondere Formation aufspielen, doch zu der kommen wir später. Insgesamt stand das Konzert ganz im Zeichen des Neofolks, was sich teilweise auch bei den Besuchern bemerkbar machte, die mit entsprechenden Insignien auftraten: Militärisch, zackig, gut frisiert. Aber wie gesagt nur teilweise, insgesamt war das Publikum angenehm gemischt.

Nun also zu INNER GLORY, die Herren musizierten bereits auf der gut ausgeleuchteten Bühne und hatten mit Kontrabass und Cello interessante Instrumente am Start. Das Ergebnis war eine Mischung aus Neofolk mit atonalen Elementen, wirkte fast ein wenig punkig ungestüm und improvisiert, aber keineswegs uninteressant. Das Gros der Stücke entstammte der 2004 beim Hauruck!-Label erschienenen Scheibe „Remains of a Dream“, die einen Kurswechsel bei der musikalischen Ausrichtung bedeutete, was ich aber mangels Kenntnis nicht unterschreiben kann. Ein netter Aufgalopp für die Dinge, die da noch kommen sollten.

Mit DARKWOOD stand ein erster Höhepunkt auf dem Programm. Die Gruppe um Sänger/ Schlagwerker/ Gitarrist Henryk Vogel hat schon viele Jahre und Veröffentlichungen auf dem Buckel und so manche Liveschlacht geschlagen. Aktuell ist die CD „Weltenwende“ erschienen, ein Rerelease des gleichnamigen 2003er Vinyls plus 4 neue Songs und einem Compilation Track. Neben Henryk bearbeitete rechts eine hübsche junge Dame ein Akkordeon, wenn sie nicht etwas schüchtern zu Boden schaute. Dazu musizierten zur linken VOXUS IMP. (Bass, Schlagwerk), welcher am Montag selbst noch im Mittelpunkt stehen sollte, und ganz im Hintergrund noch ein weiterer Trommler. Das Ergebnis der Bemühungen: Kraftvoller Neofolk, mit ruhigen wie mitreißenden Momenten, und einer gesunden Portion Pathos. Nach einer Weile trat noch eine Sängerin hinzu, welche bei ein paar wenigen Songs für stimmlichen Abwechslungsreichtum sorgte. Besonders „Deutsche Sonnwend“ und „Der Falken Flug“ konnten mich überzeugen, aber im Grunde verlief der gesamte Auftritt auf hohem Niveau, was das restliche Publikum wohl auch so sah. Zum Abschluss bedienten dann alle Musiker das mitgebrachte Schlagwerk, wodurch der letzte Song einen heroisch kraftvollen Anstrich erhielt und die Performance sozusagen mit einem Paukenschlag beendet wurde.

Die nachfolgenden IN MY ROSARY waren mir vorher trotz langer Bandhistorie nicht bekannt, doch wurde schnell deutlich, dass sie musikalisch etwas aus dem Rahmen fielen. Nicht Neofolk, sondern eher verträumter Wave wurde nun von den 4 Herren zelebriert, so dass sich die Reihen ganz leicht lichteten. Wohl doch zu poppig für manch Anwesenden. Jedenfalls ist man seit 1992 aktiv, wobei es sich bei Sänger Ralf Jesek um den kreativen Kopf handelt (plus den für die Lyrik Verantwortlichen Dirk Lakomy), der live von 3 Musikern unterstützt wird. Besonders interessant dabei Saxophonist/ Keyboarder Martin v. Arndt zur linken, der mit seiner eigenen Formation PRINTED AT BISMARCK’S DEATH einen gewissen Status in der Szene besitzt. Es folgten 9 Kompositionen stimmungsvoller Musik, die aus verschiedenen Epochen der Bandgeschichte stammten. Z.B. “There’s no Light (in Cocktail Bars)” oder “Way into your heart” vom 2004er Werk “Your World is a Flower” oder auch “Pearl in a Shell”, das bis auf das Jahr 1992 zurückdatiert werden kann. Mit anständigem Applaus wurde die durchaus gelungene Darbietung quittiert.

Doch nun zu SONNE HAGAL, sicherlich eins der profiliertesten deutschen Neofolk Projekte. Das sahen wohl auch viele WGT-Besucher so, denn vor dem Anker hatte sich mittlerweile eine ellenlange Schlange gebildet, die sich auch nicht mehr so recht abbaute. Ich war sehr gespannt auf meine erste Live Begegnung mit der Sonne, von der ich bisher immer nur aus 2ter Hand vernommen hatte. Auch wenn die Musiker namentlich der breiteren Masse nicht geläufig sind, war doch zumindest der Herr am Schifferklavier kein Unbekannter in der Szene. Andreas Ritter bediente zusätzlich auch noch das Schlagwerk und griff bisweilen beherzt zum Mikrophon, es gab dann natürlich auch noch eine FORSETI Coverversion („Ewigkeit“) auf die Ohren. Und wo wir gerade beim Thema sind: ERNTEs „Sonnenwende“ war ebenso Teil der Setlist. Die Kombination aus Akustikgitarre, Keyboard, Bass und eben Schifferklavier sorgte für ein interessantes Spektrum von traditionellem Neofolk bis hin zu leicht avantgardistischen, elektronisch angehauchten Klängen. Bei Song 4 kam dann noch eine Gastsängerin zum Zuge, und später „verirrte“ sich auch Henryk Vogel wieder nach oben, um die Kollegen zu unterstützen. Eine kraftvolle, annähernd perfekte und bisweilen auch sperrige Darbietung sorgte dafür, dass ich mich in Zukunft eingehender mit der SONNE HAGAL beschäftigen werde.

Jetzt war es Zeit für den eigentlichen Höhepunkt des Abends, denn allzu einfach ist es nicht, in unseren Breiten der Formation SOL INVICTUS zu lauschen. Unlängst musste man noch diese bittere Erfahrung machen, als einige Gigs der Deutschland-Tour kurzerhand abgesagt wurden. Hier und heute aber gab es keine Probleme, so dass der Anker mittlerweile bis an den hintersten Rand gefüllt war. Wie auch auf der besagten Tour agierte man wieder zu dritt: Links Tony Wakeford an der Akustikgitarre und in recht schlabberiger Kleidung, daneben seine Frau Renee Rosen an der ersten Violine und schließlich rechts die 2te Geigerin Maria Vellanz. Etwas abgesetzt weiter hinten der bärtige Karl Blake am Bass, der in seiner eigenen Welt zu musizieren schien und gerade zu Beginn auch mit leichten Technikproblemen zu kämpfen hatte. SOL INVICTUS praktizieren ruhigen, ja fast sakralen Neofolk mit dem gewissen Etwas und Wakefords eindringlicher Stimme. Zum Träumen und Abschalten von den Wirrungen des Alltags bestens geeignet, und so ließen sich die meisten Zuschauer von der andächtigen Stimmung anstecken, die nur selten durch prägnantes Bass-Spiel unterbrochen wurde. Lieder wie „We are the Dead Man“ oder „Believe me“ setzten für uns einen schönen Schlusspunkt unter viele Stunden Neofolk, denn wir verzichteten auf die geheimnisumwobenen ACTUS, um uns anderen Dingen zu widmen. Dafür sprang natürlich ein Kollege in die Bresche, der sich um eindringlich um die Osteuropäer kümmerte.

Der Anker leerte sich zusehendst, nachdem der Umbau auf der Bühne einsetzte – ein Großteil der Menschenschar hatte doch tatsächlich ausschließlich wegen Tony Wakeford den langen Weg in den Norden Leipzigs auf sich genommen. Dabei sollte der nachfolgende Act echten Seltenheitswert haben: Im Jahr 2000 war erstmals das Ableger-Projekt SCIVIAS aus Ungarn in den Osten Deutschlands gereist, um dort unter widrigsten Umständen ein Kurzprogramm (im wahrsten Sinne des Wortes!) zu geben – unter einem winzigen Garten-Pavillion auf einer matschigen Lichtung im Heidnischen Dorf am Torhaus Dölitz. Das bereits seit Ende der 80er Jahre aktive Ritual-/ Experimental-Projekt ACTUS war bislang noch nie auf dem WGT – umso gespannter durfte man sein, was einen bei dieser so vielseitigen Band erwarten würde. Von neoklassischen, über krachig-atonalen sowie doomigen bis hin zu Folk-Klängen haben die Ungarn alles im Repertoire.

Dass man vom Sprechgesang des Keyboarders und seiner nur zeitweise involvierten Sopranistin nichts verstand, konnte man nicht allein dem schlechten Sound anlasten – ungarisch ist halt nicht unbedingt jedermanns zweite Fremdsprache! Es wirkte zumindest sehr ernst und konzeptionell angelegt – der Mann hatte etwas mitzuteilen… die Frage ist nur was? Die in der Hauptsache wagnerianisch-elektronischen Orchester-Soundgemälde mit dem ein oder anderen krachigen Einschub (der sich dann auch ganz unvermittelt in einer Anhebung der Lautstärke bemerkbar machte, sodass manch einer schon seine Ohrstöpsel bereithielt) wurde von einer recht martialischen, etwas wirr zusammengestellten, kunstvollen Videoprojektion begleitet. Neben den sehr friedlich wirkenden Wolken- und Naturaufnahmen kamen auch immer wieder (größtenteils gezeichnete) blutrünstige Bilder zum Vorschein – allerdings mehr aus dem Reich der Fauna und weniger der Menschenwelt. Ein tieferes Verständnis für die Performance dürfte den Meisten wohl verschlossen geblieben sein, zumal mir das vorgestellte Material nicht bekannt vorkam, also möglicherweise noch keinen Weg auf einen Ton- oder Bildträger gefunden hat, auf dem man weitere Hintergrundinformationen erhalten könnte.

Dennoch: Wer auf schräges Zeug steht (wie meiner einer) konnte sich von dem Anker-Headliner des WGT-Samstags inspirieren lassen. Der Zuspruch war letztendlich doch recht verhalten und so brachten es auch ACTUS am Ende zu keiner Zugabe. Ob es nun daran lag, dass zu wenig „verrückte“ Experimentalsound-Liebhaber anwesend waren, mag dahingestellt sein…

Setlist INNER GLORY
Pitch Black Ship
Human Tragedy
A Cup of Tears
Domination
War is forever
Ecstasy Road
Akasha
Half Man
Joy of Nothing
Brown Wood Box

Setlist DARKWOOD
Introduction
The Dusk draws near
Winter
Im Norden
Forgotten Beauty
At the Stake
The hidden Stone
Frost
Deutsche Sonnwend
Lied der Kämpfer
Stiller Bund
Der Falken Flug
Epitaph
Night

Setlist IN MY ROSARY
Welcome
There’s no Light (in Cocktail Bars)
Your shimmering Hair
Little Death
Way into your Heart
Confused by the Time
Pearl in a Shell
Why we cried
Satin Sheets

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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