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ADVANCED ELECTRONICS FESTIVAL

Ort: Krefeld - Kulturfabrik

Datum: 03.02.2007

Ein elektronisches Event jagt das nächste in der Krefelder Kulturfabrik: Nach den Accession und Elektrisch!-Veranstaltungen nun also das sogenannte Advanced Electronics Festival zu Ehren des gleichnamigen Samplers. Da überrascht es natürlich wenig, dass 3/4 des heutigen Line Ups auf dem 5. Teil der Compilation Reihe vertreten war: UNTER NULL, FROZEN PLASMA und der Headliner SUICIDE COMMANDO. Und ausgerechnet das noch fehlende Glied in der Kette scherte aus, da Ronan Harris (VNV NATION) kurzfristig absagen musste und man somit nicht in den Genuss seines analogen Ein-Mann-Projekts MODCOM kommen konnte. Da entschädigte auch der „Ersatz“ SOMAN nur wenig, ohne diesem zu nahe treten zu wollen. Dafür war heuer zum ersten Mal mein neues Navi-Gerät im Einsatz, welches uns zunächst mal eine kleine Ehrenrunde drehen ließ, bevor wir uns dann doch mit der Bedienungsanleitung anfreundeten. Ziemlich pünktlich gegen 19 30 waren wir aber vor Ort und mit uns zu Beginn mal gar nicht so viele schwarze Herren und Damen. Die große Halle füllte sich aber nach und nach, so dass zwar nicht ganz die Zahl von DIARY OF DREAMS und Co. erreicht wurden, aber um die 500 Augenpaare dürften es gewesen sein.

Die warteten zunächst gespannt auf einen „Newcomer“ der Szene: UNTER NULL alias Erica Dunham aus Seattle (mittlerweile aber in Italien lebend) hat zwar bereits drei Veröffentlichungen auf Alfa Matrix in ihrer Diskographie, dürfte aber dennoch den meisten Anwesenden nur vage bekannt gewesen sein. Etwa eine Viertelstunde nach offiziellem Zeitplan betraten sie und ihr Keyboarder Tony Young von AUTOCLAV 1.1 (wohl auch ihr Freund, nimmt man das spätere Turteln in die Wertung) die Bühne, welche für das kleine Wesen fast etwas zu groß schien. Ein wenig schüchtern und gesanglich schlecht abgemischt dauerte es 1, 2 Tracks, bevor die hübsche junge Dame im Konzert angekommen schien. Danach lief es aber besser, auch begründet durch den sehr freundlichen Applaus der Anwesenden, welche den SUICIDE COMMANDO-artigen Hellectro durchaus wohlwollend goutierten. Wobei hier nicht einfach nur stumpf abgekupfert wird, für ein besseres Verständnis der manchmal etwas sperrigen Stücke wäre aber ein vorheriger Genuss der Silberlinge nicht schlecht gewesen. So erkannte ich lediglich das aggressive „Sick Fuck“ von der gleichnamigen EP. Alles in allem ein Auftritt mit Potenzial, wenngleich mit 2tem Keyboarder und mehr Bühnenaction noch deutlich mehr herauszuholen wäre.

Danach war es Zeit für ein wenig Gothentechno, wie Bekannte von mir sagen würden. Kolja Trelle aka SOMAN hatte sich in Schale und Sonnenbrille geworfen, die leider immer noch nicht den richtigen Halt an seinem kahlrasierten Köpfchen gefunden zu haben schien. Wie damals in Osnabrück, als er noch für VNV NATION eröffnete, deren Mastermind er heute zu ersetzen suchte. Seine tanzbegierigen Anhänger musste der Herr nicht lange suchen, in den ersten Reihen begann man mit heftigen Körperrotationen und einigen Schreien, dich ich eher in einer Großraumdisco erwarten würde. Aber jedem das Seine, ich bin halt einfach kein Freund von derart Mucke und Emotionen, muss aber gestehen, dass das Gros der Kufa jetzt relativ steil ging, und unsympathisch wirkt SOMAN nun auch nicht gerade. Also leben und leben lassen. Inhaltlich wurden u.a. einige Stücke des bevorstehenden Albums präsentiert, die mir nicht geläufig sind aber sicher genauso wie die aktuelle EP „Unleash“ in den DAC-Charts für Furore sorgen werden. Als besonderes Highlight ließ der Mann zugabentechnisch ein kleines VNV NATION-Medley (mit Widmung an den guten Freund Ronan) von der Kette, inkl. „Chrome“ in „seiner“ Remix-Version, die passenderweise auf dem AE-Sampler 4 einen Platz gefunden hatte. Ein doch recht schöner Abschluss des ca. 45 Minuten währenden Sets.

Nach wiederum nur sehr kurzer Umbaupause war es Zeit für etwas besinnlichere Klänge. Future Pop von FROZEN PLASMA stand auf dem Zettel, so dass jetzt der weibliche Anteil in den vorderen Reihen etwas größer wurde. Vasi Vallis (REAPER, Ex-NAMNAMBULU) nahm links hinter den Reglern Platz und sein Partner-in-Crime Felix Marc, sonst bei DIORAMA unterwegs, schwang das Mikro. So schwungvoll übrigens, dass nach kurzer Zeit der Mikroständer dran glauben musste. Mittlerweile hat man genügend Hits im Gepäck, um 45 Minuten ohne musikalische Durststrecke zu performen, allen voran natürlich die wunderbaren Titel „Irony“ und „Crossroads“, die mir auf CD allerdings noch einen Tick besser gefallen. Das liegt einfach daran, dass Felix’ Live-Gang nicht ganz so gefühlvoll wirkt, auch begründet durch sein enormes Laufpensum. So zappelig müsste er meiner Meinung nach gar nicht agieren, aber mit wachsender Front-Erfahrung wird sich das schon noch einpegeln. Die Reaktionen des Auditoriums waren durchweg gut zu nennen, allerdings merkte man schon, dass FROZEN PLASMA in diesem Line Up doch die mit Abstand softeste Seite der Medaille verkörperten, in einem poppigeren Umfeld wäre das Duo sicher noch besser aufgehoben.

So sparten dann einige ihre Kraft für den Headliner auf, der mittlerweile an die 20 Jahre auf dem Buckel hat und dennoch nicht mal ansatzweise träge geworden ist, insbesondere auf der Stage. Mit 4 Musikern kam jetzt richtig Leben in die Bude – am Keyboard links Johans bildhübsche Freundin Tanja Richter, ihr gegenüber Torben Schmidt (Infacted Recordings, LIGHTS OF EUPHORIA) und am „echten“ Schlagzeug diesmal Mario Vaerewijck der belgischen Formation INSEKT, die unlängst noch als Support von SC unterwegs war. Ein ziemlich schräger Vogel, der mitten im Set auch mal eine Wasserflasche nicht gerade wenig schwungvoll ins Zuschauerrund fliegen ließ. Eingeleitet wurde das Set von „Bind, Torture, Kill“, dem Titeltrack des letztjährigen Werkes, und dazu durfte man sich wieder auf einige „erlesene“ Serienmörder auf der großen Leinwand im Hintergrund freuen, die auch für einige weitere Stücke genutzt wurde. Es handelte sich dabei um die gleichen Projektionen wie bei der bereits angesprochenen letzten Tour, die ja leider durch einen Todesfall in Johans Familie auf tragische Weise unterbrochen wurde. Besagter Herr agierte im bekannten Outfit (schwarzes Hemd, rote Krawatte) wie ein Derwisch, kaum einmal stand er mehr als ein paar Sekunden an einer Stelle und seine berühmten „Zungenspiele“ durften auch nicht fehlen. In den folgenden 90 Minuten feuerte uns der Mann einen Klassiker nach dem anderen auf die Lauscher und die Stimmung erreichte so schnell den Siedepunkt des Abends. „See you in Hell“, „Dein Herz, meine Gier“, „Love breeds Suicide“, „Necrophilia” – Alles immer wieder gern gehörte Brecher mit Bewegungsgarantie. „One Nation under God“ wurde visuell begleitet von schauerlichen KZ-Bildern, die zum Glück niemals selbstzweckhaft wirkten, auch durch den zugehörigen Antikriegskommentar. Perfekt abgerundet wurde der Hauptteil dann durch den Alltime Favourite „Hellraiser“, was aber noch lange nicht das Ende der Höllenfahrt bedeutete. 2 mal 2 Zugaben holten noch einmal das Letzte aus den Anwesenden heraus (Erica von UNTER NULL mittlerweile an vorderster Front!), bei „F*** you bitch“ durften dann auch einige Nachwuchssänger am Bühnenrand ihr Talent im Refrain antesten.

20 Jahre SUICIDE COMMANDO und kein bisschen leise, da kann man schon mal gespannt auf das bevorstehende Jubiläums Boxset sein, welches ja noch bei Dependent erscheint, die bald darauf ihren Betrieb einstellen werden. Selbiges ist weder für die beteiligten Acts des Abends noch für die zugrundeliegende Samplerreihe zu hoffen, damit wir auch in Zukunft noch mit Festivals dieser Art verwöhnt werden. Eventuell dann ja auch MIT Ronan Harris, der dem Ganzen vielleicht noch das i-Tüpfelchen aufgesetzt hätte…

Setlist FROZEN PLASMA
Intro/ Lift the Veil
Condense
Hypocrite
Excited
Crossroads
Home
Warmongers
Generations of the lost
Irony

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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