Ort: Liège/ Lüttich - Centre Culturel de Chênée
Datum: 19.09.2008
Immer wieder einmal ist der Terrorverlag ja auch für eine Reise gut und so begab ich mich am Freitag nach der Arbeit gemütlich auf die Autobahn und schlug den Weg ins belgische Liège (bzw. Lüttich) ein, wo im Kulturzentrum am Abend die Engländer von AND ALSO THE TREES erwartet wurden. Doch bevor ich in den musikalischen Genuss des Tages kommen konnte, musste ich noch einiges an Geduld aufbringen, während ich wartender Weise den Hauptbahnhof der Stadt erkundete, dessen Skelettbau meine dänische Konzertbegleitung ausspucken sollte. Doch die Fahrpläne der Bahn scheinen in Belgien auch nicht verlässlicher zu sein als im heimischen Deutschland und so dauerte es für mich noch weitere 1.5 Stunden, bis ich endlich, nun mit Begleitung im „Gepäck“, zur letzten Etappe der Strecke aufbrechen konnte. Nach einigen Irrwegen und mehreren Wegbeschreibungen hilfsbereiter Lütticher, waren wir um kurz nach 20 Uhr am Ort des Geschehens, wo den Informationen auf der Eintrittskarte nach bereits seit gut einer halben Stunde die belgische Vorband VIRGIL hätte spielen sollen. Doch irgendein Musikgott hatte wohl ein Einsehen mit uns armen Verspäteten gehabt und den Beginn der Veranstaltung eine gute Stunde hinausgezögert. So konnten wir in aller Ruhe noch eine flüssige Erfrischung nehmen, bevor dann die ersten Töne aus den Gitarren von VIRGIL an die Ohren der etwa 100 versammelten Personen im Saal drangen.
Die vier Herren hatten an diesem Freitag ein Heimspiel, denn sie stammen aus Liège und spielen eigenem Vernehmen nach zugleich fragilen Rock und muskulösen Pop. Man mag über Vorbands ja schreiben, was man will und oft genug kommt es vor, dass der Grossteil der anwesenden Zuschauer eigentlich nur darauf wartet, dass der Support Act endlich vorbei ist und man in den Genuss der Hauptband kommen kann. Nicht so an diesem Abend. VIRGIL rockte und das richtig! Ganz schnell kam uns der Vergleich zu INTERPOL in den Sinn und wir genossen die kraftvolle und sympathische Darbietung der Belgier in vollen Zügen. Leider währte der Spaß nur 30 Minuten lang, in denen die Jungs zehn ihrer Songs zum Besten gaben und uns danach aufgeheizt in die Umbaupause entließen.
Setlist VIRGIL
Intro
The White Room
6 Feet Under
Look At The Sun
Fears
U Lie
Everything U Like
Cold Wind
Read My Words
White Sunday
Obwohl nicht arg viel umgebaut wurde, ließ man sich doch eine Menge Zeit für das zu Arrangierende und so vergingen 45 Minuten, bis man endlich AND ALSO THE TREES die Bühne betreten sah. Für mich war es in mehrerlei Hinsicht ein Abend der ersten Male. So war ich zum ersten Mal in Lüttich, ich sah zum ersten Mal AATT und man glaubt es kaum, zum ersten Mal stand ich in der ersten Reihe an der Bühne und hatte völlig freie Sicht auf die Musiker. Eine tolle Sache, muss ich mich ansonsten meistens bei Konzerten mit Hören statt Sehen zufrieden geben. Aber da sich die Menge der Zuschauer zum Hauptakt nicht mehr als verdoppelt hatte, blieb hier genug Platz, ganz vorn zu stehen. AATT kamen zu fünft. Die beiden Brüder/ Bandgründer Simon Huw und Justin Jones, Bassist Ian Jenkins, Drummer Paul Hills sowie live Percussion und Tastendame Emer Brizzolara. Angekündigt hatte man bereits im Vorfeld der nun startenden Tour, sowohl neue Songs vom aktuellen und zehnten Studioalbum „(Listen for) The Rag And Bone Man“ als auch die alten Kracher vom 86er Album „Virus Meadow“ zu performen. Mich als AATT Neuling zogen gleich die Klänge des ersten Stückes „Domed“ stark in ihren Bann, denn sowohl die stark sehnsüchtig klingenden, wavigen Klänge aus Justins Gitarre, als auch die exzentrische Performance seines singenden Bruders, der in seinem langen schwarzen Mantel dastand wie in Trance, mit geschlossenen Augen und fast manisch anmutenden Bewegungen, wurden zum optischen wie akustischen Fixpunkt. Nach dem ersten Stück, welches von einigen Fans schon frenetisch gefeiert wurde, war der Weg nun geebnet und bereitet für die folgenden Titel, die allesamt durch musikalische Vielfalt, glänzende Virtuosität des Mannes an der Gitarre und die Weltentrückte Darbietung von Simon Huw brillierten. Besonders schön für mich war der Einsatz des elektronischen Kontrabasses, der von Ian Jenkins z.T. klassisch mit dem Bogen gestrichen wurde aber auch durch schwungvolle Zupftechnik für die jazzigen Elemente in der Nummer „Rive Droite“ sorgte. Schade nur, dass die Boxen beständig schepperten, wenn dieses großartige Instrument bemüht wurde, hier hatte man wohl ein kleines technisches Problem, welches auch während der Dauer der Darbietung nicht behoben wurde.
Für Erheiterung wurde ebenfalls wenn auch unfreiwillig gesorgt, als Simon Huw den dritten Song „A Man With A Drum“ ansagte, man ihm jedoch von mehreren Seiten sofort widersprach, denn auf der Liste stünde als nächstes „Under The Stars“. Doch das riss den sympathischen Fronter nur kurz aus seiner „Trance“ bevor er wieder begann, den schwermütigen Tenor seiner Songs zu zelebrieren. Nach einer guten Stunde Spielzeit und zehn der 13 Songs der aktuellen CD kündigte man uns eine viertelstündige Pause an, nach der man dann „Virus Meadow“ spielen wollte. Ich fand das etwas eigenwillig, aber gut, so konnte man sich wenigstens zwischendurch mal die Beine vertreten, ohne Teile der Show zu verpassen. Pünktlich um 22:40 waren sie zurück auf der Bühne und wir an unserem Platz. Des Mantels und diverser anderer Jacken hatten sich die Musiker mittlerweile entledigt, denn es war warm geworden im Kulturzentrum. „Virus Meadow“, ein älteres Album der Truppe und wie mir aus Fankreisen zugetragen wurde DAS AND ALSO THE TREES Album schlechthin. Offensichtlich sahen das die meisten Anwesenden ebenso und es wurde lauthals mitgesungen und gerockt, bis um kurz vor halb 12 der letzte Ton dieser „Wunderplatte“ verklungen war. Eine kurze Pause des stürmischen Befalls folgte und ohne sich lange bitten zu lassen, standen die Herren mit Dame für eine Zugabe bereit, die drei weitere Tracks durch den Saal schweben ließ, bevor dann endgültig Schluss war und man ohne viel zu sagen hinter dem Bühnenvorhang verschwand und das große Licht anging.
Wir standen noch einen Moment da und ließen das Erlebte Revue passieren. Sehr beeindruckend diese Band bzw. die Bandmember. Bis auf die blonde Dame and den Keys, die leider die ganze Zeit über völlig gelangweilt wirkte, zwar hin und wieder scheinbar die Instrumente bediente, aber immer dann, wenn es „ernst“ wurde, von Drummer Paul unterstützt, bzw. abgelöst wurde. Doch warum sich an solchen Nichtigkeiten aufhalten, wenn alles andere stimmte. Sehr zufrieden und auf unsere Kosten gekommen machten wir uns auf den Weg hinaus in die Stadt, um doch jetzt endlich noch etwas Essbares zu ergattern, das uns vorher wegen der Zugverspätung leider verwährt gebliebenen war. Wir wurden schnell fündig und konnten dann gemütlich und in Ruhe weiter vom erlebten Konzert schwärmen.
Setlist AND ALSO THE TREES
Domed
The Beautiful Silence
Under The Stars
A Man With A Drum
The Ledgend Of Mucklow
The Saracen’s Head
Candace
Mary Of The Woods
Rive Droite
Slow Pulse Boy
Maps In Her Wrists And Arms
The Dwelling Place
Vincent Craine
Jack
The Headless Clay Woman
Gone… Like The Swallow
Virus Meadow
Dialogue
Feeling Fine
A Room Lives In Lucy
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