Ort: Herford - Club X
Datum: 24.11.2005
Unwetterwarnung über NRW – APOPTYGMA BERZERK sind im Anflug! Nun gut, einen direkten kausalen Zusammenhang gibt es da nicht, aber zumindest mittelbar waren wir betroffen, als wir im halben Dutzend Richtung Herford aufbrachen, um den Skandinaviern unsere Aufwartung zu machen. Das neue Album „You and me against the World“ hatte das Fanlager ja etwas gespalten, die elektronischen Wurzeln wurden zugunsten von Alternative Rock in den Hintergrund gedrängt, womit man zumindest im Mainstream Lager ordentlich punkten konnte. Aber auch ich muss zugeben, dass die Scheibe „wächst“, und so war ich gespannt, wie die Zuschauermischung denn wohl aussehen würde. Ergebnis der Beobachtungen: Ca. 700 Fans und die vornehmlich doch aus der schwarzen Szene, da fühlte man sich doch gleich zuhause. Zunächst wurde unser Augenmerk jedoch auf eine interessante Vorgruppe gelenkt…
SONO aus Hamburg existieren bereits seit 1995 und haben nun nach längerer Pause ein neues Album namens „Off“ am Start, welches sogar im Radio schon Beachtung fand. Die Herren Lennart A. Salomon, Florian Sikorski und Martin Weiland waren schon als Support von KOSHEEN unterwegs, verloren dann aber ihren Major Vertrag und starten jetzt neu durch, mit einem Indie Label im Rücken. Musikalisch eine Mischung aus Dance, Synthie Pop und sphärischem Electro, so zwischen DEPECHE MODE, WESTBAM und eben KOSHEEN, agiert man auf der Bühne in klarer Aufteilung. Die beiden Soundtüftler an Macs und Korg hinten relativ bewegungslos, der Fronter vorne im Nadelstreifenanzug als Blickfang. Hin und wieder schnallte sich der gute Herr auch eine Gitarre um, was den Sound um eine weitere interessante Facette ergänzte. Bei den lustig-lockeren Ansagen kam mal wieder die bekannt lässige hanseatische Attitüde raus, schüchtern ist man jedenfalls nicht. Und auch die Zuschauer goutierten die Darbietung mit Wohlwollen, der Bewegungsdrang hielt sich zwar in Grenzen, die Beifallsbekundungen waren aber sehr ordentlich. Witzigerweise jubelte man nicht halb so laut, als SONO Applaus für den Headliner einholen wollten. Mit Tracks wie „Open the Doors“ oder „Dangerous“ haben die Norddeutschen in Zukunft jedenfalls noch alle Möglichkeiten.
Danach dauerte es eine Weile, bis die Bühne für den Headliner bereit war, ein Riesen Old School APOPTYGMA-Logo zierte den Backdrop, es wurde dunkel und die 5 Protagonisten des Abends betraten die Bühnenbretter. Allesamt modisch durchaus nicht uninteressant: Da wäre Stephan Groth im schwarzen Lackoberteil, rechts Keyboarder Geir Bratland im Retro-Jeans-Look, die beiden eher futuristisch gewandeten Gitarristen (besonders zu nennen Anders Odden aka Neddo – Ex CADAVER) und der Freddie Mercury meets Afro Drummer hinten links. Mit dem älteren „Eclipse“ fand man gleich einen perfekten Einstieg ins Set und zeigte, dass man gewillt war, auch die „klassischen“ Fans zu bedienen. Danach war aber erst mal das neue Werk mit 2 Stücken dran, und es wurde deutlich, dass der gute Stephan stimmlich zugelegt hat, zumindest im Vergleich zu meinen früheren Konzerterlebnissen. Im weiteren Verlauf fiel zwar einmal das Mikro aus, was zu einer interessanten pantomimischen Darbietung führte, ansonsten gab man sich aber keine Blöße und hatte das Auditorium fest im Griff. Die Rechnung war ganz einfach: Die älteren Songs bekamen durch die (allerdings etwas nach hinten gemischten) Gitarren mehr Druck, die neueren durch die Keys mehr Elektronik ab. Und so fügte sich doch alles zu einer sehr homogenen und auch mitreißenden Mischung zusammen, zu der wahlweise getanzt, mitgesungen oder sogar gepogt wurde. Beim recht früh gegebenen „In this together“ war natürlich der Teufel los, was aber durch „Kathy’s Song“ (Stephan: „Wollt ihr Synthie Pop?“) noch überboten wurde. Hier agierten Sänger und Keyboarder zunächst alleine, bevor dann zum Grande Finale die anderen dem Track die Krone aufsetzten. „Deep Red“ (mit entsprechender Bühnenbeleuchtung) oder „Lost in Translation“ ließen auch im Mittelteil die Stimmung nicht abfallen. Für die letzten 3 Titel des regulären Sets hatte man sich aber noch etwas Besonderes einfallen lassen. Eine weiße Leinwand wurde im Hintergrund aufgezogen und dort projizierte man die jeweils dazugehörigen Videos des „Killertrios“: „Shine on“ (aktuelle Single und 80er Cover), das brettharte „Unicorn“ und zum Schluss „Until the End of the World“. Einfach klasse!
Natürlich wurde das Quintett, welches zwischenzeitlich auch gehörig rumalberte, wieder auf die Bühne geklatscht, und das sogar 2 mal, so dass APOP auf 2 plus 1 Zugaben kamen. Bei „Non-Stop Violence“ wurde das Wechselspiel mit dem Publikum (Band: „Non-Stop“ – Zuschauer: „Violence“) ausgiebig exerziert, während „Love never dies“ mit den Carmina Burana Samples schon eine fast powermetallische Ausrichtung besaß. „Bitch“ beschloss schließlich nach immerhin 90 Minuten ein jederzeit fesselndes Konzert, welches auch die letzten Zweifler verstummen ließ. Und das Unwetter schlug dann auch erst am nächsten Morgen zu!
Copyright Fotos: Jörg Rambow
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