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ARCHIVE

Ort: Bielefeld - Ringlokschuppen

Datum: 14.11.2006

Musik kann mitreißen, sie kann begeistern, zur Entspannung beitragen und dann und wann kann sie auch durchaus nerven, so dass man am liebsten die Ohren verschließen und in ewiger Stille leben möchte. Und manchmal kann Musik auch verzaubern, in ihren Bann ziehen und die Welt rundherum vergessen lassen. Solche Momente sind Magie, aber wohl eher rar gesät, doch mit ihrem Auftritt im Bielefelder Ringlokschuppen konnten ARCHIVE dem Musikolymp einen weiteren Götterfunken hinzufügen!

Auch wenn die Briten zu den eher unauffälligen Vertretern ihrer Branche gehören, so spricht die Qualität ihrer Veröffentlichungen doch für sich, ungeachtet des Besetzungskarussells, welches auch bei ARCHIVE im Laufe ihrer mittlerweile 12-jährigen Bandgeschichte mehrfach rotierte. Nicht zuletzt dank der beiden Gründungsmitglieder Darius Keeler und Danny Griffiths schafften es die Londoner aber immer wieder, sich und ihre musikalische Ausrichtung flexibel zu interpretieren oder gar neu zu erfinden, ohne dabei an Energie, Atmosphäre und Überzeugungskraft zu verlieren. In Bielefeld präsentierte man sich und seine Interpretation von spacigem Trip Rock denn auch gewohnt atmosphärisch, spannend, poetisch und energiegeladen – eine Stimmung, die sich auch gleichermaßen im Publikum widerspiegelte, von Beginn an begeistert mitging und immer wieder zu Begeisterungsstürmen hingerissen wurde.

Ohnehin herrschte schon vor dem Erklingen des ersten Akkords eine merkwürdige Stimmung im Auditorium – irgendwie knisternd und doch ungemein entspannt zugleich. Vielleicht mag es daran gelegen haben, dass Archive mit diesem Gig in der Seidenstickerstadt den Abschluss ihrer Tour begehen sollten, vielleicht aber auch daran, dass hier eben nicht „irgendeine“ Band ihre Visitenkarte abgab. Bereits der Opener „Lights“ vom aktuellen Album ließ erahnen, was im weiteren Verlauf des Auftritts noch so an Großartigem folgen sollte: Sphärische, elektronische Klänge im spannungsgeladenen Duell mit erdigen Gitarrentiraden, mal sperrig wie Stacheldraht umwobene Holzbarrieren, mal eingängig wie Butter in der gleißenden Sommersonne, dazu ungemein intensive Gesangspassagen voller Emotionalität und Harmonie, deren hypnotischer Wirkung man sich über den Abend hinweg kaum erwehren konnte – fragil und doch so unglaublich stark. Egal ob Titel wie „Numb“, „Veins“ oder das TV-erprobte „Fuck u“ vom 2004er Kracher „Noise“ – jeder Song für sich wirkte wie ein kleines Kunstwerk, voll beeindruckender Intensität und einer Kraft, der sich keiner der zahlreichen Anwesenden entziehen konnte. Kein Wunder, sah man sich doch streckenweise sprichwörtlichen Klangwänden von fünf Gitarren gleichzeitig gegenüber und auch die Urgewalt von drei Vokalisten zugleich sowie die zahlreichen ungemein effektvollen und geschickt variierten Loops hinterließ eine mehr als positive Wirkung im gut gefüllten Konzertrund!

Mit „Again“ endete dann der reguläre Teil des bis zu diesem Zeitpunkt schon enorm mitreißenden Auftritts – kein Wunder, dass die begeisterten Fans stürmisch Nachschlag forderten. Und die Briten ließen sich nicht lange bitten, betraten erneut die Bühne und ließen ihr Publikum ein weiteres Mal auf psychedelischen Klangteppichen durch ihr schier unendliches „Musik-Archive“ schweben und verzauberten den Ringlokschuppen mit den Zugaben „System“ und „Pulse“ in ein Kaleidoskop akustischer Wunder. Dass man die Band erst nach einem weiteren Song endgültig von der Bühne entließ, versteht sich da fast von selbst und so gab es am Ende nicht nur stehende Ovationen für ein großartiges Musikereignis, sondern auch ein überaus zufriedenes Publikum und offenbar ebenso euphorisierte Musiker, die sich mehrfach vor ihren Fans verbeugten.

Ein toller, enorm intensiver Abend voller musikalischer Genialitäten und akustischer Verführungen fand so sein krönendes Ende und mit ihrem Auftritt dürften Archive nicht nur neue Fans gewonnen, sondern ob der gezeigten, wunderbaren Gesangs- und Kompositionsleistungen auch bei so manchem Anwesenden eine Träne im Augenwinkel herbeigezaubert haben. Welch ein mitreißender Auftritt einer ungemein sympathischen und großartigen Formation. Mehr davon…!

Copyright Fotos: Jana Legler

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