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AREA 4 2011 – TAG 2

Ort: Lüdinghausen – Flugplatz Borkenberge

Datum: 20.08.2011

Der zweite Tag des diesjährigen Area 4 begrüßte uns mit strahlendem Sonnenschein und ein Blick auf die Running Order zeigte, dass an diesem Samstag insbesondere Punk in allen Schattierungen auf dem Programm stand. Insgesamt 19 Bands buhlten um die Aufmerksamkeit des Publikums, das zur mittäglichen Stunde allerdings überwiegend noch auf dem Zeltplatz anzutreffen war.

ESCAPADO

Entsprechend überschaubar waren auch noch die Zuschauerzahlen bei ESCAPADO, die den bunten Reigen auf der Main Stage mit knackigem Screamo eröffneten. Es gab ordentlich was auf die Mütze – genau richtig, um wach zu werden und sich den Schlaf aus den Augen zu reiben. Gleich beim Opener „Weil es so einfach ist“ suche Sänger Felix Schönfuss (2009 zu ESCAPADO gestoßen) im Grabenvorsprung die Nähe des Publikums, während er sich wenig später bei „Gezeichnet“ einen kleinen Seitenhieb auf 30 SECONDS TO MARS nicht verkneifen konnte. „Schließlich ist Jared Leto doch so ein Hübscher…“ hieß es da, bevor nach „Verbindung“ der erste Frühsport von den Anwesenden eingefordert wurde: Mitklatschen war angesagt und das klappte trotz der frühen Stunde schon ganz manierlich, bevor ESCAPADO es noch mal krachen ließen und es auch schon indoor weiterging.

AIRSHIP

Dorthin hatte sich nun wirklich nur eine Handvoll Leute verirrt, dabei hätte der straighte Indie/ Alternative aus Manchester durchaus mehr Zuspruch verdient. Das Quartett zeigte sich ebenso rhythmusbetont wie druckvoll und wusste auch mit gefühlvollen Melodien zu überzeugen. Der etwas zottelige Sänger hätte sich vermutlich vom Publikum ein wenig mehr Reaktion auf seine Fragen gewünscht, aber dafür war es wohl schlicht noch zu früh. Wer jedoch beispielsweise an der ersten Single „Kids“ Gefallen gefunden hat, kann im Herbst noch einmal mit AIRSHIP kommunizieren, dann kommen die Engländer für einige Clubkonzerte nach Deutschland und dem Applaus nach zu urteilen, den sie beim Area 4 bekommen haben, dürfte der eine oder andere diese Gelegenheit auch nutzen. Zu recht, wie ich meine!

THE BLACKOUT

Im Hintergrund der großen Bühne prangte inzwischen ein großes „Fuck The Blackout“-Backdrop – die sechs Waliser sind also schon mal nicht sonderlich zart besaitet und scheinen sich selbst auch nicht allzu ernst zu nehmen. Davon zeugten auch die Hinweise auf die kleinen Penisse der Bandmitglieder, die es unter Umständen im Rahmen ihrer Clubtour, die für den Spätherbst terminiert ist, zu sehen gibt. Ob man das wirklich sehen möchte, lasse ich mal dahin gestellt; zu hören geben wird’s aber sicher ebenso wie am Borkenberge einen explosiven Mix aus Rock, Post-Hardcore und Post-Rock, der es in sich hat. Als Beispiele seien hier die Volldampf-Nummer „Children of The Night“, das druckvolle „Never By Your Side“, das energiegeladene „Higher & Higher“ vom aktuellen Album „Hope“ und das finale „Shut The Fuck Uppercut“ genannt, mit dem es noch einmal die volle Breitseite gab.

WHITE DENIM

Blues, Rock, Punk und Garage standen bei WHITE DEMIN auf dem Waschzettel und so starteten die Amis mit gitarrendominierten Rock mit einer guten Prise Southern Rock. Die Langäxte im Mittelpunkt, agierte die Kapelle in den ersten 15 Minuten ohne erkennbaren Break – man spielte sich sozusagen in Rage und blieb auch im Anschluss temporeich und einigermaßen frickelig. Vielleicht für diese frühe Stunde und die Area-4-Zielgruppe etwas zu starker Tobak, denn die Reihen lichteten sich ein wenig, bevor die WHITE-DENIM-Klänge sogar einen Hauch Karibik und Jazz versprühten.

THE BRONX

Wieder an der frischen Luft angekommen, versprach das Backdrop mit den blinkenden Gorilla-Augen „The Bronx – The Beat That Kills“. Okay, die Bronx ist schließlich auch ein hartes Pflaster, da leuchtet das schon ein, nur die Mariachi-Klänge, die den Auftritt des Quintetts einläuteten, wollten dazu nicht so recht passen. Nachdem die Jungs dann allerdings mit ihrem Live-Vortrag begonnen hatten, war schnell klar, dass das Motto sehr wohl seine Berechtigung hatte. Schmetternder Punkrock/Core sowie deutliche musikalische Einflüsse der kalifornischen Achtziger-Jahre-Punkrock-Szene zeichneten den THE BRONX-Sound aus und so nahm der Gig mit viel Geschrei und krachenden Langaxt-Salven wie bei „Shitty Future“ seinen Lauf. „Inveigh“ machte derweil keine Gefangenen und auch „They Will Kill Us (Whitout Mercy)“ haute gewaltig auf den Putz, ehe „Six Days A Week“ die Show mit viel Geballer beendete.

TUSQ

Ein ganz anderes Kaliber waren da TUSQ, die um 14.30 Uhr die Tent Stage betraten. Die Gesichter kamen euch bekannt vor, passten aber nicht zum (noch) unbekannten Bandnamen? Das könnte daran liegen, dass der Vierer sich aus so illustren Kapellen wie den D-SAILORS, THE COALFIELD, HERRENMAGAZIN und SCHROTTGRENZE rekrutiert. Die Hamburg-Berlin-Connection offerierte hörenswerten Indie-Pop, der deutlich versöhnlicher klang, als das vorhergehende Gebretter draußen und zum frühen Tanztee einlud. Sänger Uli Breitenbach, der sich trotz der warmen Witterung nicht von seiner Standard-Kombination aus Oberhemd und Pulli zu trennen gedachte, griff bei „Love vs. Reason“ auch schon mal statt in die Keyboard-Tasten zum Schifferklavier und freute sich, das erste Mal in der 2011er Festivalsaison nicht im Regen zu spielen (wobei: Herr Breitenbach, bei der Breminale hat es auch nicht geregnet, wenn ich daran einmal erinnern darf :-). So gab’s bei TUSQ recht entspanntes Indie-Geschrammel zu hören, dem es nicht an einem gerüttelt Maß an Elektronik fehlte und bei dem zudem die Melancholie nicht zu kurz kam

Setlist TUSQ
Urban Spaces
You And I
Love vs. Reason
Let The Fairies Lead The Way
Full Scale Retreat
Fortune

THE BOUNCING SOULS

Auf der Main Stage waren inzwischen THE BOUNCING SOUL in ihrem Element und hauten ihren Punkrock raus, der es wahrlich nicht an Tempo fehlen ließ. Die alten Hasen im Punk-Geschäft können im nächsten Jahr silbernes Bühnenjubiläum feiern und zeigten sich mit dem MISFITS-Cover „Hybrid Moments“ auch einmal von ihren sagen wir mal relativ ruhigen Seite, bevor „Never Say Die“ wieder erheblich an Geschwindigkeit zulegte. Greg Attonito (ganz chic in weißem Hemd inklusiver weißer Krawatte) stattete derweil auch schon mal seinen Zuhörern einen Besuch im Graben ab, die durch die Ordner Abkühlungen aus dicken Wasserschläuchen erfuhren, aus denen das kühle Nass in großen Fontänen ins Publikum geschickt wurde. Die Jungs aus New Jersey konnten zum HOT-WATER-Cover „True Believers“ zudem DROPKICK-MURPHYS-Gitarrist James Lynch begrüßen, der sich offensichtlich schon mal in Stimmung für den Gig seiner Band brachte, die an diesem Abend als Headliner des Area 4 fungierte. Mit der geilen Nummer machten natürlich auch die BOUNCING SOULS nichts verkehrt und verabschiedeten sich hernach von ihrem Publikum, das (zumindest gefühlt) komplett ins Zelt wechselte.

KAKKMADDAFAKKA

Auf jeden Fall war es hier so voll und warm als wäre das halbe Festival erschienen, um KAKKMADDAFAKKA aus Bergen in Norwegen seine Aufwartung zu machen. KAKKMADDAFAKKA? Das bedeutet soviel wie „Party Animal“ und entspringt der Geheimsprache der Bergener, die da Ballabang heißt. Alles klar? Wer jetzt noch nicht Bescheid weiß, sollte vielleicht noch wissen, dass die fünf Musiker ihre Kapelle live auch gern auf bis zu zwölf Personen aufrüsten, da waren die beiden Tänzer und Background-Sänger im knappen Sport-Outfit schon die kleine Besetzung, was aber für den Gesamteindruck irrelevant war. Die Party, die da auf der Stage abging, übertrug sich nämlich in Windeseile auf die Crowd und es konnte ausgelassen gefeiert werden. Das Ganze stand unter dem Motto Trash meets 60s, Pop meets Punk und sogar Ska und Reggae standen auf dem Programm, für das die Band neben Gitarren und Schlagzeug auch ein Tasteninstrument und ein Cello zum Einsatz brachten. Daneben wurde auch in aller Ausführlichkeit abgefragt, ob das Auditorium denn überhaupt des Bandnamens mächtig war, bevor „Crazy On The Dancefloor“ sozusagen zum Wahlspruch der insgesamt 50-minütigen Show wurde. Die wurde optisch auf das Feinste durch die Tanzeinlagen der beiden Sportskanonen ergänzt, die bei „Is She“ eine kleine Pause einlegen durften und hinter der Stage verschwanden. Auch das Publikum bekam hier Gelegenheit, sich zu setzen. Natürlich nur für einen kurzen Moment, dann wurde wieder getanzt und gehüpft, ehe „Gangsta“ Reggae-Feeling verbreitete und eine riesige Fahne geschwenkt wurde. Angeblich soll das Area-4-Publikum ja besser gewesen sein als das vom Highfield, wir glauben das mal, mitgegangen sind die Wessis auf jeden Fall mit vollem Körpereinsatz – es ist aber auch verdammt schwer, sich dem KAKKMADDAFAKKA-Einfluss zu entziehen…

ZEBRAHEAD

Nach diesem strangen Ausflug ins Bergener Partyleben war der Punkrock von ZEBRAHEAD fast schon ein alter Hut. Tatsächlich ist der Fünfer inzwischen seit 15 Jahren im Geschäft und hat gerade mit „Get Nice“ eine CD am Start, die frisch aus dem Presswerk kommt. Die Herrschaften aus der Punk-Hochburg Orange County im sonnigen Kalifornien waren bereits im vollen Gange und veranstalteten auf ihre Art ebenfalls eine große Party mit ihrem willigen Publikum, das zu lautem Sirenengeheul eine Wall of Death veranstaltete und viel schnellen Punk geboten bekam.

FEEDER

Inzwischen hatte sich das Zelt wieder ein wenig geleert und mit FEEDER war gut gelaunter Indie-Rock/ Brit-Pop im Angebot, der von einem Intro in Western-Manier eröffnet wurde. Neben allerlei druckvollem Stuff wie „This Town“ oder „Come Back Around“ hatten die Waliser auch was fürs Herz dabei. Beispielsweise „Just The Way I’m Feeling“ und natürlich den Titeltrack ihres jüngsten Babys „Renegades“, der mit knackigen Melodien das Volk zum Tanzen brachte. Die Stimmung war bestens auf und vor der Stage und mit einem letzten Paukenschlag, der auf den Namen „Lost & Found“ hörte, beendete der flotte Dreier schließlich seine 45-minütige Stippvisite.

Setlist FEEDER
Barking Dogs
Insomnia
This Town
White Lines
Feeling A Moment
Renegades
Just The Way I’m Feeling
?
Come Back Around
?
Lost & Found

NO USE FOR A NAME

Blieb noch ein wenig Zeit, um bei NO USE FOR A NAME vorbeizuschauen, die sich auf der Main Stage häuslich eingerichtet hatten. „Any Number Can Play“ hieß es dort bei meiner Ankunft und man ließ es nach allen Regeln der Punk-Rock-Kunst krachen, bis schließlich um 18.15 Uhr der blitzschnelle Ausputzer „Justified Black Eye“ das Ende des Gigs besiegelte. Dass NO USE FOR A NAME im Alter ruhiger werden, kann man den Kaliforniern sicherlich nicht nachsagen, wenngleich sie doch deutlich melodiöser daherkommen als in ihren Anfangstagen.

RIVAL SCHOOLS

RIVAL SCHOOLS wurden bereits 2001 von Walter Schreifels in New York gegründet, können allerdings nur auf zwei Alben verweisen, was insbesondere daran liegt, dass die Post-Hardcore-Kapelle sich 2003 auflöste und sich ihre Mitglieder (Ian Love – Gitarre, Sammy Siegler – Schlagzeug, Cache Tolman – Bass sowie Walter Schreifels – Gesang & Gitarre) anderen Projekten widmeten. Der gute Walter trommelte 2008 das Original-Line-Up wieder zusammen und in diesem Jahr erschien die zweite Langrille „Pedals“. Mit „Eyes Wide Open“ von eben dieser Platte startete das Quartett mit flotten Sounds durch, ehe sich „Everything Has Ist Point“ ein wenig ruhiger und frickeliger präsentierte. „Wring It Out“ ließ es im Midtempo scheppern, bevor „69 Guns“ wieder Tempo machte und es „Travel By Telephone“ krachen ließ. „Good Things“ brachte die Köpfe zum Nicken, um schließlich an das hochexplosive „High Acetate“ abzugeben, dem mit „Choose Your Adventure“ ein neuer Song folgte, der umgehend ins Bein ging. „Used for Glue“ durfte natürlich ebenso wenig fehlen wie „Undercovers On“ mit dem RIVAL SCHOOLS ihre 45 Minuten zu einem hervorragenden Abschluss brachten.

Setlist RIVAL SCHOOLS
Eyes Wide Open
A Parts For B Actors
Everything Has Its Point
Wring It Out
69 Guns
Travel By Telephone
Good Things
High Acetate
Choose Your Adventure
Used For Glue
Undercovers On

PANTEÓN ROCOCÓ

In der Zwischenzeit hatte sich über das Gelände südamerikanisches Flair gelegt, denn PANTEÓN ROCOCÓ hatten mitsamt großem Gebläse auf der Main Stage das Zepter übernommen. Die Bühne war rappelvoll und auch das Auditorium war zahlreich erschienen, um dem mexikanischen Ska der zehnköpfigen Combo zu frönen. Zwar haperte es ein wenig bei den Publikumsgesängen, aber das tat der guten Laune keinen Abbruch und spätestens bei „Das Herz von St. Pauli“, das die Mexikaner auf Deutsch zu Gehör brachten und damit ihre Stimmen gegen Rassismus und Faschismus erhoben, klappte es auch mit dem Mitsingen.

FRISKA VILJOR

Entstanden ist die Band FRISKA VILJOR genau genommen, weil ihre beiden Gründer Daniel Johansson und Joakim Sveningsson Liebeskummer hatten, den sie im Stockholmer Nachtleben zu ertränken suchten. Irgendwann in dieser denkwürdigen Nacht sind die Herrschaften über den Weg gelaufen und am Ende in einem Aufnahmestudio gelandet, wo mal eben das Debütalbum „Bravo!“ bei dieser völlig ungeplanten Session das Licht der Welt erblickte. Diese Begebenheit ist inzwischen sechs Jahre her und FRISKA VILJOR verfügten inzwischen über insgesamt vier Longplayer. Genug Material also für das 40-minütige Indie-Konzert im Zelt, das mit „If I Die Now“ tanzbar seinen Anfang nahm. Mit „People Are Getting Old“ und dem typischen Eierkneifer-Gesang ging’s nahtlos und rhythmusbetont weiter, ehe die Bühne für „Gold“ in rotes Licht getaucht wurde und sich „Manwhore“ blitzschnell anschloss. Ein nicht minder gut aufgelegter Stomper war „What You Gonna Do“ und auch „Malou“ wurde gut mitgeklatscht, während der zottelige Joakim, der ebenso wie Daniel ganz in weiß gekleidet war, zur Ukulele griff. Die Zeit verging wie im Flug und schon kam mit „Shotgun Sister“ der letzte Song, der mit viel Applaus und Zugaberufen quittiert wurde.

DEFTONES

Jetzt aber schnell noch mal nach draußen, wo die DEFTONES in diesem Moment das coole „My Own Summer (Shove It)“ spielten. Mit „Digital Bath“ wurde es bei Chino Moreno und seinen Mannen etwas ruhiger, bevor der Sänger zu „You’ve Seen The Butcher“ einen Abstecher in den Graben machte und zum „Sextape“ die Stage in blaues Licht getaucht wurde. Heftiges Gebretter gab’s mit „Elite“ von der 1988 gegründeten Alternative-Metal-Combo mit Sitz in Sacramento/Kalifornien. Nicht fehlen durfte selbstverständlich das fantastische „Change (In The House of Flies)“, das langsam in die Gehörgänge kroch und sich alsbald im Hirn festbiss, während ich zum krachenden „Passenger“ langsam Richtung Zeltbühne ging.

THEES UHLMANN & BAND

Schließlich wollte ich auf keinen Fall den Gig von THEES UHLMANN & BAND verpassen und es war an diesem Wochenende schon mehrfach vorgekommen, dass es fürs Zelt keinen Einlass mehr gab. Wie nicht anders zu erwarten, zog auch der TOMTE-Fronter, dessen erste Solo-Platte am 26. August erscheint, jede Menge Leute – es waren also nicht nur harte Rocker beim Area 4 und selbige hatten auch nicht nur ihre Freundinnen geschickt. Ein bunt gemischtes Publikum erwartete den Mitbegründer des Hamburger Indie-Labels Grand Hotel van Cleef, der mit „Die Toten auf dem Rücksitz“ einen klasse Start hinlegte. Mit von der Partie war natürlich seine Begleitband, bestehend aus Tobias Kuhn (Gitarre), Nikolai Potthoff (Gitarre – auch bei TOMTE dabei), Julia Hügel (Keyboard), Max Schröder (Schlagzeug – ebenfalls TOMTE-Member) und Hubert Steiner (Bass), mit der es für alle, die beim Area 4 arbeiten mussten „Das Mädchen von Kasse 2“ zu hören gab. Bei „Die Nacht war kurz (ich steh früh auf)“ trennte sich Thees sogar von seiner geliebten Lederjacke – es war halt einfach zu warm im Zelt – und griff zur Mundharmonika, ehe es mit „Lat: 53.7 Lon: 9.11667“ Geschichten von seiner Mama zu hören gab und der Song die Uhlmannsche Jugend im nordseeküstennahen Dörfchen Hemmoor thematisierte. Ein wunderbarer Song – nicht nur, wenn man auf dem Land groß geworden ist! Nicht minder schön war das treibende „Vom Delta bis zur Quelle“, das gut mitgeklatscht wurde, ehe es mit „Sommer in der Stadt“ wieder etwas ruhiger wurde. Beim TOMTE-Stück „New York“ griff Thees abermals zum akustischen Sechssaiter und wurde dabei lediglich von Tobias Kuhn begleitet, bevor die Vorab-Single „Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf“ wieder in voller Bandstärke intoniert wurde. Ebenfalls eine ganz wunderbare Nummer mit viel Tiefgang und fantastischen Melodien. „17 Worte“ bot zum zweiten Mal nach „Die Nacht war kurz (ich steh früh auf)“ Gelegenheit, Herrn Uhlmann beim Ausdruckstanz zu beobachten, während „Römer am Ende Roms“ erneut von der Mundharmonika begleitet wurde. Absoluter Höhepunkt war jedoch das grandiose „Und Jay-Z singt uns ein Lied“, das bei mir dank YouTube schon seit Wochen rauf und runter läuft und auch beim Area 4 begeistert aufgenommen wurde. Keine Frage, dass es da nach einer Stunde Spielzeit Zugaberufe hagelte, aber leider wurde daraus aus Zeitmangel nichts.

Setlist THEES UHLMANN & BAND
Die Toten auf dem Rücksitz
Das Mädchen von Kasse 2
Die Nacht war kurz (ich steh früh auf)
Lat: 53.7 Lon: 9.11667
Vom Delta bis zur Quelle
Sommer in der Stadt
New York
Zum Laichen und Sterben ziehen die Lachse den Fluss hinauf
17 Worte
Römer am Ende Roms
Und Jay-Z singt uns ein Lied

NOFX

Dabei hätte ich mir NOFX problemlos schenken und die 45 Minuten bis zu den BLOOD RED SHOES THEES UHLMANN zuschlagen können. Der hatte eh viel zu wenig Zeit für sein launiges Gequatsche und bei ihm wären auch keine schlechten Witze erzählt worden. Dies war bei NOFX leider der Fall, musikalisch waren die Ska-Punks, deren Bandgründung auf 1983 datiert, dafür wie immer in ihrem Element. Wie bei „Arming The Proletariat With Potato Guns“ gab’s auch mal blitzschnelle Bläser und auch „Radio“ zeigte deutliche Ska-Anleihen, wohingegen „No Fun In Fundamentalism“ straight nach vorn preschte. „Don’t Call Me White“ forderten die Amis, die auch schon mal einen leichtem Reggae-Einschlag in ihre Mucke einfließen ließen, wenn es nicht gerade knackig zur Sache ging. Für den Schluss hatten die Altherren-Punks sich ihren Stomper „Kill All The White Man“ aufgehoben – zweifellos ein großer Spaß – deshalb sollten NOFX weniger reden und mehr Musik machen.

BLOOD RED SHOES

Beim diesjährigen Hurricane hatte ich das Duo Laura-Mary Carter (Gesang & Gitarre) aus London und Steven Ansell (Gesang & Schlagzeug) aus Sussex, das die BLOOD RED SHOES 2005 in Brighton aus der Taufe gehoben hat, nur gehört aber nicht gesehen, weil es in Strömen regnete und ich es vorzog, das Pressezelt nicht zu verlassen. Jetzt war der Zweier warm und trocken im Zirkusrund untergebracht (mal ganz davon abgesehen, dass es an der Open-Air-Witterung an diesem Samstag grundsätzlich nichts auszusetzen gab) und ich kam endlich in den Genuss, den hochenergetischen Alternative der beiden zu sehen UND zu hören. Zwei Langrillen haben die BLOOD RED SHOES rausgebracht („Box of Secrets“ aus 2008 und „Fire Like This“ aus dem letzten Jahr) – genug Zündstoff für die nächsten 60 Minuten, weshalb es nach einer kurzen Begrüßung mit „Keeping It Close“ und „By The Sea“ auch gleich in die Vollen ging. „Light It Up“ ließ es da zunächst etwas ruhiger angehen, nahm dann jedoch auch wieder an Tempo zu – es ist schon erstaunlich, was die beiden zu zweit auf die Beine stellen. Den zahlreichen Zuschauern gefiel’s und es wurde viel geklatscht und getanzt, auch wenn gegen 23.30 Uhr ein gewisser Exodus Richtung Main Stage nicht zu übersehen war. Die DROPKICK MURPHYS sind nun einmal starke Konkurrenz. Auf diese Weise blieb für die verbliebenen Besucher einfach mehr Platz zum Tanzen und die Leute störte es sicher auch nicht, dass Steven nur „Schwarzwälder Kirschtorte“ auf Deutsch sagen kann. Dafür versteht er was von Musik, wobei zu „Doesn’t Matter Much“ der erste Crowd Surfer gesichtet wurde. „I Wish I Was Someone Better“ zählte zu den älteren Stücken der Setlist, bestach aber mit viel Energie, was auch für „Don’t Ask“ galt, das bereits als letzter Track angekündigt wurde. Stattdessen gab’s jedoch mit „Colours Fade“ noch einen Nachschlag, der das dramatische Finale markierte und die Bühne in blaue Trockennebelschwaden hüllte.

Setlist BLOOD RED SHOES
Keeping It Close
By The Sea
Light It Up
Heartsink
Say Something, Say Anything
It Is Happening Again
This Is Not For You
You Bring Me Down
Count Me Out
Doesn’t Matter Much
I Wish I Was Someone Better
Don’t Ask
Colours Fade

DROPKICK MURPHYS

Der Samstags-Headliner war um diese Zeit bereits längst auf Betriebstemperatur und die Dudelsäcke liefen bei „Going Out In Style“ auf Hochtouren. Auch der grünköpfige NOFX-Fronter Mike Burkett hatte sich auf der Stage eingefunden, um mit den Jungs von den DROPKICK MURPHYS Party zu machen. Und die Party war zweifelsohne im vollen Gange. Allenthalben wurde zu der Musik der irisch-amerikanischen Folk-Punk-Band, die 1996 in Boston/ Massachusetts gegründet wurde, ausgelassen getanzt und der Sänger Al Barr bestach nicht nur mit seiner herrlich versoffenen Stimme, sondern zudem mit einen ausgezeichneten Deutsch. Der gut gelaunte Mix aus Punk, Irish Folk, Rock und Hardcore Punk machte mit Songs wie „Bastards On Parade“ oder auch dem zackigen „Get Up“ wahrlich Laune und nicht nur zur Schunkel-Nummer mit viel Herz namens „Cruel“ wurden massenhaft Arme geschwenkt. „The Irish Rover“ durfte im DM-Standard-Repertoire selbstredend nicht fehlen und gefiel mit Tin Whistle und Akkordeon. Auch alte irische Weisen wie „Black Velvet Band“ kamen ganz groß raus, während „Broken Hyms“ mit Banjo und Flöte so dermaßen nach irischen Pub klang, dass es eine Freude war und auch der Highspeed-Kracher „Barroom Hero“ wusste uneingeschränkt zu begeistern. Für den nächsten Song gab’s sogar ein neues Backdrop, denn die wappenartige Hintergrund-Dekoration musste einem Totenkopf weichen. So präpariert stand „I’m Shipping Up To Boston“ auf dem Programm – ein Lied, das auch die Cineasten kennen dürften, da es bei Martin Scorseses „Departed – Unter Feinden“ zum Soundtrack gehört. Außerdem wird es bei der Simpsons-Folge „Debarted – Unter Ratten“ gespielt. Ich liebe das Stück, dem das AC/DC-Cover „T.N.T. folgte, bei dem auch Fat Mike von NOFX wieder dabei war. FRANK SINATRAs „I Did It My Way“ beendete schließlich das reguläre Set, dem aber ganz schnell mit „Kiss Me, I’m Shitfaced“ ein Dudelsack geschwängertes Sauflied folgte, bei dem Al im Graben unterwegs war, bevor mit „Boys On The Docks“ das blitzschnelle Finale folgte.

SETLIST DROPKICK MURPHYS (ab 0.00 Uhr)
Going Out In Style
Curse of A Fallen Soul
Bastards On Parade
Get Up
The Spicy McHarris Jig
Cruel
The Irish Rover
Peg o‘ My Heart
Blood And Whiskey
Black Velvet Band
Broken Hymns
Barroom Hero
I’m Shipping Up To Boston
T.N.T. (AC/DC-Cover)
Kiss Me, I’m Shitfaced
Boys On The Docks

Ein toller Abschluss eines langen Tages, der für viele längst noch nicht beendet war. Auf den Zeltplätzen wurde ebenso wie im Discozelt noch ausgiebig gefeiert, während ich mich pflichtbewusst auf den Weg nach Hause machte. Der nächste Tag versprach viel Abwechslung und auch ohne Anschluss-Programm an 19 Live-Gigs wusste ich, dass ich am Sonntag mit THEES UHLMANN sprechen konnte: Die Nacht war kurz (ich steh früh auf)!

Copyright Fotos: Uli Klenk

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