Ort: Bielefeld - Kamp
Datum: 24.09.2005
A Night of Metal and Hardcore in Bielefeld. Bei diesem Billing war es wahrlich keine Überraschung, dass das Kamp an diesem lauen Samstag-Abend bis Anschlag ausverkauft war und sich am Ende sicherlich gut über 500 Leute in das enge JZ quetschten. Da der Tross am nächsten Tag in Schweden auf der Bühne stehen musste, ging es auch über pünktlich los. Genug Platz vor der Bühne hatte man noch, als die Bottroper Deather END OF DAYS standesgemäß in MORBID ANGEL- und MALEVOLENT CREATION-Shirts gekleidet den Abend eröffneten. Leider hatte man heute einen etwas schwereren Stand als noch mit HATEBREED in der Matrix. Zwar bretterte man wieder seine brutalen Kracher äußerst tight und engagiert in die bis dahin Anwesenden, doch mehr als anerkennenden Applaus konnte man leider nicht abstauben. Eigentlich schade, denn das „John Tardy-Voice-Double“ Kevin Otto und seine Mannen gaben wirklich ein gutes Bild ab. Neben den schon bekannten Songs vom aktuellen Album „Dedicated to the Extreme“ gab man noch einen neuen, unbetitelten Track zum besten, welcher sich ohne Probleme ins übrige Set einpasste. Wegen den schon erwähnten Zeitplänen fiel nach schon 25 Min. zum ersten Mal heute der rote Vorhang. Schade.
Da alle Bands über eine Backline spielten, blieben die Umbaupausen recht angenehm kurz. Als nächstes kleines Highlight des Abends spielten als 2te Band NEAERA aus Münster. Ich hatte die Jungs noch nicht Live gesehen und freute mich richtig, da ihre Scheibe „The rising tide of oblivion“ bei mir Monate rauf und runter lief. Der Vorhang ging auf, und sie legten sofort mit „The World Devourers“ los. Shouter Benjamin Hilleke poste schon, bevor er einen Ton von sich gab, als ob er gerade aus der Irrenanstalt endlassen wurde, und als er dann mit seinem derben Kreischen den Opener nach vorne riss, nahm man ihm die Rolle 100 prozentig ab. Er zeigte „Devilhorns und Halsschlitzer“ Gesten, dass man nur so staunte und hatte großen Spaß am Crowdsurfen. Im Gegensatz dazu beschränkten sich die restlichen Bandmitglieder größtenteils darauf, die Songs qualitativ sauber in das nun langsam aktiv werdende Publikum zu schleudern. Die CD hatte mich ja schon überrascht, aber dass diese junge Band, 4 von 5 Mitgliedern sind gerade mal Anfang 20, es schafft die alles andere als leichten Songs so gut Live rüberzubringen, hätte ich nicht gedacht. Benjamin hatte alles voll im Griff kreischte, grunzte und brachte selbst die cleanen Parts so fett rüber wie von CD. Da die Zeit drängte wurde wenig gequatscht, und man drosch Highlights wie „Save the drowning child“ und „Walls instead of bridges“ von der Bühne. Unglaublich abwechslungsreich mit viel Mosh und Metal aber auch genug HC, um die Leute zu bewegen. Zum Abschluss des leider so kurzen Sets gab es noch den Übersong „Where submission reigns“ und dann war das Gewitter auch schon vorbei.
Nun waren die hier noch relativ unbekannten AGENTS OF MAN an der Reihe. Im Gegensatz zu den beiden Vorgängern ging es bei den Amis einerseits etwas melodischer, aber andererseits auch old-schooliger zur Sache. So ging es vor allem in der Axt-Fraktion gut ab. Die Gitarreros hüpften und wuselten über die kleine Bühne und vor Basser Mike (ex-SWORN ENEMY) fiel durch engagiertes und schweißtreibendes Stageacting auf. So stampfte und sprang der Gute oft dermaßen knapp vor mir auf der Bühne rum, dass ich mehr als einmal in Deckung gehen musste. Sänger Puda überzeugte sowohl durch die Shouts als auch durch den cleanen Gesang, der vor allem live etwas an INCUBUS erinnert. Die Amis hatten sogar eine kleine Fanschar mit am Start, deren Mitglieder man sogar namentlich kannte. Diese Jungs sorgten auch in den etwas gelichteten vorderen Reihen für gute Stimmung und einer war richtig selig, als Puda im zum Ende des Gigs noch sein Handtuch und eine seiner Rosenkranz-Ketten schenkte. Eine wirkliche sympathische Combo, die eine gute Show ablieferte und sich noch minutenlang von den Fans verabschiedete und versprach bald wieder zu kommen, um mehr als nur 25 Min. spielen zu können.
Als sich nun mehrere weibliche Gäste nach vorne drängelten, war eigentlich sofort klar, wer nun auf die Bühne stürmen sollte. Denn EVERGREEN TERRACE-Sänger und Hungerhaken Andrew ist ein waschechter Frauenschwarm. Eingeleitet wurde der Gig mit der Einspielung von „Paradise City“, wo die Band dann selbst mit einstieg, aber schnell in eine eigene Kreation umschwenkte. Augenmerk lag neben dem agilen blonden Shouter noch auf Lead-Gitarrist Craig, der neben seinen coolen Soli noch mit den cleanen Gesangspassagen zu überzeugen wusste. Doch als Leadgitarrist hat man natürlich auch seine Schwierigkeiten. Denn durch die zahlreichen (auch weiblichen) Stagediver gerieten seine Effektgeräte mehr als einmal in Gefahr und die Security musste zeitweise auf der Bühne Position beziehen, um die Technik zu schützen. Doch die Band ließ sich nicht davon abhalten und zog ein engagiertes Set durch, welches mit großem Jubel und einigen Fliesenleger-Einlagen honoriert wurde. U.a. „Dogfight“ , „New Friend Request“ und vor allem das U2-Cover „Sunday Bloody Sunday“ hießen die HC/ Punk/ Emo-Kracher, die sowohl vor Härte als auch Melodie nur so strotzten. Viele werfen dem Jacksonville-Fünfer vor, einfach auf den Trendzug aufspringen zu wollen, doch auf alle Fälle sind EVERGREEN TERRACE eine der besten Bands, dieses Genres, die ich bisher live gesehen habe.
Das Kamp war so übervoll, dass ich mich dann doch auf den Balkon verzog, um mir HEAVEN SHALL BURN in Ruhe von oben anzusehn, wie auch schon auf dem Pressure.
Doch seit damals hat sich bei der Band etwas getan. Mit Patrick Schleitzer gab es einen neuen Mann an der Klampfe. Ansonsten alles beim Alten. „Echoes“ als Intro und los geht’s mit „The Weapons They Fear“. Energiegeladen wie immer und diesmal auch mit richtig fettem Sound zeigten die Thüringer, warum sie zu den Metalcore-Größen Deutschlands zählen. Das Publikum schrie jede Zeile des Songs mit, und der Pit kochte auf. Die Jungs posten routiniert wie immer, nur der Neuling schien teilweise noch nicht ganz so sicher im Riffing zu sein, was dem Auftritt aber nicht den Schwung nahm. Es folgte ein Fetter Mix aus der frisch erschienenen HEAVEN SHALL BURN/ CALIBAN Split und der Mörderscheibe „Antigone“. Diesmal gab es bei „Voice of the voiceless“ keine „Wall of Death“, sondern einen von 2 „Circle-Pits“. Ich hatte eh das Gefühl, dass die Songs der Antigone-Scheibe besser ankamen als die ganz neuen Songs. Doch egal bei welchem Song, Shouter Marcus Bischoff konnte auf die ersten beiden Reihen verlassen. Die schrieen dankbar ins Mikro, wenn es ihnen hingehalten wurde. Weniger konnte er sich auf die Rücksicht der Stagediver verlassen, und so wurde er einmal sogar komplett umgerannt. Trotzdem ließ sich aber nicht davon abhalten, in den Pausen dazu aufzufordern nach dem Konzert an den Merchstand zu kommen, um mit ihm zu reden. Auch Gitarrist Maik Weichert nutzte die Pause zwischen den Songs und forderte 2 angeblich anwesende Faschos zu gehen, oder ihre T-Shirts gegen HEAVEN SHALL BURN Shirts einzutauschen. Sehr coole Aktion. Dann sollte aber wieder die Musik im Vordergrund stehen. Klassiker wie „Bleeding to death“ und „Unleash Enlightment“ förderten noch mal die Verletzungsgefahr im Moshpit bis man mit „To Harvest The Storm“ zum Ende eines starken Sets kam. Und dank dem besten Sound, mit dem ich die Jungs bis jetzt gesehen hatte, war nicht nur ich sehr begeistert.
In der Umbauphase bewegte ich mich aber nicht vom Rand des Balkons weg, denn gierige Augen hinter mir warteten nur darauf meinen Platz einzunehmen. Es wurde Zeit für den Headliner AS I LAY DYING, und wie Basser Clint Norris schon vorher im Interview verraten hatte, würden viele Songs vom neuen Album auf mich warten, und nicht nur 3 wie diesen Sommer, als ich sie in Hamburg sah. Beim 2-stimmig gespielten Intro kamen die Jungs nach und nach auf die Bühne und wurden frenetisch gefeiert. Ist ja kein Wunder, schließlich war es das erste mal, dass sie hier in der Nähe spielten, und das wo AS I LAY DYING doch schon seit einem Jahr erfolgreich in lokalen Discos rauf und runter gespielt werden. Kurze Ansage und das Set wurde mit „Meaning in Tragedy“ eröffnet. Muss der Mainact auch immer am lautesten sein? Während bei den anderen Bands die Lautstärke sehr angenehm war, wummerte die Bassdrum bei AS I LAY DYING doch schon deutlich in der Magengegend. Auch der Gitarren-Sound war um einiges fetter, jedoch auch um einiges lauter. Das schien den Pit aber nur noch mehr zu motivieren, und es wurde noch eine Stufe härter als bei HEAVEN SHALL BURN. Live ist die Band einfach eine Macht. Sauber hämmerten die Jungs ihre Riffs in die Saiten und rissen ihre Instrumente in die Luft, wie man es auch aus den Videos kennt. Während Drumgott Jordan Mancino, frisch ausgeruht vom Schläfchen, dass er hielt, während wir in ihrem Van saßen, Propeller-Headbanging zeigte, rannte Shouter Tim Lambesis von einem Ende der Bühne zum anderen und zeigte seine typische Armruder-Bewegung. Selbst auf dieser nicht so großen Bühne wirkte das alles sehr beeindruckend und voller Power. Sie mischten die Highlights aus den Alben „Frail Word Collapse“ und „Shadows are Security“. Neben den harmonischen Songs wie „Elegy“ und „Through Struggle“, welche meiner Meinung nach DIE Knaller des Sets waren, spielten sie auch Chaoslieder wie „Distance is Darkness“ und das im Interview angekündigte „Illusions“, dass sich als eine Art Hidden-Track auf der neuen Scheibe befindet. Etwas überschattet wurde das ganze von 2 Unterbrechungen. Nach dem Opener musste Clint sein Bass wechseln und auch der Monitorsound schien ausgefallen zu sein, was aber dem Song „94 Hours“ nicht seine Wucht nahm. Später musste das Set unterbrochen werden, weil 2 Zuschauer kurz davor waren sich zu prügeln und sie von den Ordnern beruhigt werden mussten. Sänger Tim bat die Leute, die nicht zum Spaß hier wären, den Raum zu verlassen und weiter ging’s. Das Stagediving wurde immer extremer, so dass z.B. der kleine Bruder vom DJ der lokalen Band FLUID ENC, erstmal Gitarrist Nick Hipa um ein Haar über den Haufen lief und dann Clints Bass zur Seite drücken musste um wieder von der Bühne springen zu können. (Anm. der Autors: Clint sah wenig begeistert aus! *gg*). Verdienter Abschluss des Abends und Ende des Sets war der Song „Forever“, bei dem manchmal sogar mehr Fans als Musiker auf der Bühne waren. Erinnerte an den Anblick vom gleichnamigen Video. Fettes Ende eines fetten Abends mit einem absolut genialen Line up an Bands.
Einziger Wehrmutstropfen ist, dass aufgrund der Überfülle, der Action in den ersten Reihen und dem nicht vorhandenen Fotograben es uns leider nicht möglich war, angemessene Bilder der beiden Headliner zu machen… Damit auch gleich der einzige Verbesserungsvorschlag: Bitte einen Fotograben, dann gibt’s coole Bilder und Equipment & Musiker werden nicht so schnell von Stagedivern übern Haufen gerannt 🙂 . Na dann, wir freuen uns schon jetzt, wenn das „Hell on Earth“ hoffentlich wieder in Bielefeld Halt macht.
Copyright Fotos: Marie Richart (AILD/ HSB) – Michael Werneke (Rest)
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