Ort: Geiselwind
Datum: 06.07.2007
„Battle of Metal“ – Ein klangvoller Name für ein Open Air Festival, das heuer zum 2ten Male im fränkischen Geiselwind seinen Lauf nehmen sollte. 2005 fand auf selbigem Gelände noch das aus vielerlei Gründen legendäre Earthshaker mit MANOWAR als Headliner statt, doch mittlerweile ist dieses Event an einen anderen Ort verzogen. Kein Grund für die Familie Strohofer lange Trübsinn zu blasen, schon 2006 versuchte man mit dem BoM gegenzuhalten, allerdings war die ganze Sache ein wenig kurzfristig arrangiert. Nunmehr war hingegen alles für ein dreitägiges Gourmetgericht harter Gitarrenklänge angerichtet, entgegen dem Titel auch gespickt mit einigen Gothic Größen. Wem der Name Strohofer nicht geläufig ist, dem sei gesagt, dass diese Dynastie den halben Ort sein Eigen nennt und das ist wahrscheinlich noch untertrieben. Jedenfalls gibt es am späten Vormittag auf nach Franken, doch bereits die Autobahnauffahrt bot ein Bild des Schreckens – in mehrfacher Hinsicht. So fuhren wir direkt in einen heftigen Stau, dem ein noch üblerer Unfall (leider mit Todesfolge) vorausgegangen war. Indirektes Opfer war auch Herr MAMBO KURT, dessen singende Heimorgel ich gerne einmal live begutachtet hätte. So aber kamen wir bei erstaunlich gutem Wetter kurz vor 16 Uhr auf dem riesigen Areal an, auf dem sich 2 Tankstellen, ein Burger King, eine Autobahnkapelle und und und befinden. Es wurde allerdings schnell deutlich, dass die Zuschauerzahl sich in Grenzen halten würde. Gute 5000 Nasen verloren sich doch etwas auf der riesigen Fläche, die locker auch das Vierfache beherbergt hätte (dennoch ist ein deutlicher Besucheranstieg zum Vorjahr festzustellen!). Über die Gründe kann nur spekuliert werden: Das Festival noch nicht richtig etabliert in der Metallerseele? Die Wochenend-Konkurrenz mit dem Magic Circle Festival (und wieder MANOWAR…) und dem Rock Harz zu groß? Die Headliner zu artfremd bzw. nicht bedeutend genug? Die Mischung aus Metal und Gothic zu heterogen? Man weiß es nicht, dennoch stand einem gelungenen Festival natürlich nichts im Wege. Haben die Leutchen eben Pech gehabt, die nicht vor Ort waren, wir würden schon unseren Spaß haben und das kam so…
Musikalisch starteten wir kurz nach 16.00 Uhr auf der kleineren Bühne (in einer allerdings sehr großen Eventhalle) mit BELOVED ENEMY aus dem nahen Nürnberg. Die Düster-Metaller hatten Songs ihrer diesjährigen Debütscheibe „Enemy Mine“ im Gepäck und mit „Drowning“ und dem Titelstück gab’s gleich mal ein fettes Gitarrenbrett auf die Ohren. Sänger Ski „Dead L-vis“ hatte auch an die anwesenden Damen gedacht und präsentierte mit „Lorraine“ einen nicht ganz so harten Song, dem das leicht balladeske „The Other Side“ folgte, zu dem es inzwischen auch schon ein Video gibt. Songwriter und Gitarrist Peter „Kafka“ (ex-FIDDLERS GREEN, Live-Musiker bei BIG BOY) nahm hierzu auf einem Stuhl Platz, was Dead L-vis ein wenig schwul fand. Gut, mit seinem imposanten, über und über tätowierten, nackten Oberkörper hätte man ihm höchstens den Lederschwulen abgenommen, aber ob die in schrägen Horrorfilmen mitspielen, wie der BE-Fronter, der mit dem vorgetragenen „Virus Undead“ auch gleich den Soundtrack liefern konnte, weiß ich nicht. Auf jeden Fall hatten die Jungs noch eine bunte Mischung ihrer Songs von eher ruhig („Rain“), über schneller („Fake“, „The Others“) bis hin zu heftigem Geknüppel („Finden“) und außerdem auch noch ein PRINCE-Cover dabei. „When Doves Cry“ machte sich mit ordentlichen Gitarrenriffs und Dead L-vis ausdrucksstarker Stimme sehr gut, zum Abschluss durfte der Herr jedoch noch einmal für seine Frau singen, die Geburtstag hatte und mit dem ebenso gefühl- wie kraftvollen „Cyanight“ beschenkt wurde.
Schnell hinüber zur riesigen Outdoor Stage One, auf der die deutschen DISBELIEF in den letzten Zügen mörtelten, vor einem riesigen „Navigator“ Backdrop. Die 1990 gegründeten, im weitesten Sinne Deather um den imposanten Shouter Karsten Jäger machten einen sehr ordentlichen Eindruck vor noch etwas versprengter Zuschauermenge und so konnte sich der bärtige Herr ein breites Grinsen nicht verkneifen.
Nun folgte mit SAMAEL gleich ein weiteres Highlight am späten Nachmittag. Für die Schweizer gilt natürlich besonders die Platitude, dass sie im düsteren wesentlich besser kommen, doch man kann nicht alles haben im Leben. Nachdem labeltechnisch nun endlich wieder alles im reinen ist, konnte man justament das aktuelle Werk „Solar Soul“ bei Nuclear Blast vorlegen, von dem natürlich Exponate gereicht wurden. Doch auch Klassiker wie „Baphomet’s Throne“ aus den früheren Jahren sorgten für Stimmung. Währen das Gros des Schlagzeugklangs vom Band stammte, hämmerte Xytraguptor hin und wieder auf die bereitgestellte Percussion ein, wenn er sich nicht um die synthetischen Klänge kümmerte. Neben Sänger Vorph(alack) im bekannten Gehrock fiel besonders die wilde Show von Basser Masmiseim auf, der wild grimassierend wie ein Flummi um sich sprang und die ansonsten leicht statische Show ungemein auflockerte. Demnächst darf man die NINE INCH NAILS supporten, sicher ein absolutes Highlight in der Tourhistorie der Eidgenossen.
Auf dem Second Stage, in der anderentags auch Biker-Partys steigen oder Country-Größen auftreten, erwarteten uns nun ELIS, die vor ziemlich genau einem Jahr den plötzlichen Tod ihrer Sängerin Sabine Dünser verkraften mussten, die kurz vor Beendigung des Albums „Griefshire“ an den Folgen einer Gehirnblutung starb. Ihr zu Ehren wurde die Platte jedoch fertiggestellt und inzwischen ist auch eine neue Sängerin gefunden. Sandra Schleret kommt aus Innsbruck und hat bereits verschiedenen Bands ihre Stimme geliehen, zu nennen wäre z.B. DREAMS OF SANITY. Nun ist die Dame also bei ELIS angekommen und enterte zu einem Geigenintro die Second Stage, um mit „Tales From Heaven Or Hell“ der „Griefshire“ zu beginnen. Weiter ging’s mit „Die Zeit“ der Vorgänger-LP „Dark Clouds In A Perfect Sky“, welches deutlich machte, dass man den etwas pompösen, opernhaften Gesangstil mögen muss, um mit dem ELIS-Sound klar zu kommen. Mir persönlich liegen rockigere Midtempo-Stücke, wie das Sabine gewidmete „Show Me The Way“ oder „Such A Long Time“ von der „God’s Silence, Devil’s Temptation“-Langrille da mehr. Mit „Brothers“ und „Lost Soul“ gab es in dieser Richtung ja auch noch einiges zu hören und in den vorderen Reihen wurde durchaus eifrig mitgeklatscht. Wie es scheint, hat sich Sandra schon ganz gut in die Band integriert, nur an ihren ausladenden Armbewegungen sollte sie vielleicht etwas sparen. Sieht bei WITHIN TEMPTATION-Frontfrau Sharon den Adel schon gewöhnungsbedürftig aus und wird auch durch Nachahmung nicht besser.
Auf das nun folgende polnische Abrisskommando auf der Main hatte ich mich besonders gefreut. BEHEMOTH stehen seit vielen Jahren für technische Extremmucke höchsten Niveaus, mittlerweile hat man sich ja deutlich im Death Metal positioniert. Bei unserer Ankunft hatten wir noch beobachtet, wie der Musikertross mit Anhänger von ein paar freundlichen Herren in grün begleitet worden war, anscheinend konnte dies die Konzentration auf den Gig aber in keinster Weise behindern. Mit recht beeindruckendem Warpaint bei hellstem Sonnenschein enterte das Quartett um Mr. BEHEMOTH himself (Nergal alias Adam Michal Darski) die Stage und legte direkt wie ein Uhrwerk los, technisch äußerst präzise gespielter Death flog uns um die Ohren und auch das Bühnen Acting sah sehr ausgefeilt aus. Eben so, wie man es von den Perfektionisten erwarten konnte. Lediglich gegen Ende gab es ein Problem mit Nergals Sender, der Herr spielte aber im hinteren Bühnenbereich während der Reparatur unberührt und fehlerfrei weiter. Neben „Christgrinding Avenue“ vom aktuellen Scheibchen „The Apostasy“ unterhielten des weiteren Stücke wie “Conquer All”, “As Above So Below”, “Christians to the Lions” oder das immer wieder gern gehörte “Chant for Eschaton 2000” vom „Satanica“-Album. Alles nicht gerade sehr religionsfreundliche Titel, die da ein paar Meter vor der Autobahnkirche vom Stapel gelassen wurde, aber der „Herr“ soll ja tolerant sein. Ein sehr fetter Gig und eine gute Grundlage für die baldigen Auftritte beim Ozzfest!
Danach ging es flugs wieder hinein ins Dunkel, wo sich das erste Mal an diesem Freitag eine größere Menschenmenge zusammen gefunden hatte. EISREGEN, die Meister aus Thüringen, standen kurz vor ihrer Darbietung und man hatte das Blutkehlchen Michael Roth schon mehrfach in seinem „Battle Royale“-Shirt über das Festivalgelände flanieren sehen. Immer noch gilt: Man mag EISREGEN oder man mag sie nicht. Dazwischen gibt es kaum etwas. Objektiv betrachtet fahren halt insbesondere jüngere Fans auf den einfach gehaltenen Dark Metal mit den krassen deutschen Texten ab, über denen eine Art Aura des Verbotenen schwebt. Auf der Bühne selbst tat sich showtechnisch nicht viel: Mittlerweile musiziert man zu viert, ganz ohne Bass, und die Herren abseits des charismatischen Shouters sind optisch nicht gerade Wundertüten. Keyboarder Franzi schaut beispielsweise überwiegend wie ein geprügelter Hund aus der Wäsche. Doch wenn die Blutkehle den bösen Blick aufsetzt und zu Stücken wie „Leichenlager“, „Westwärts“, „Ein Hauch von Räude“ oder „Schnäuz den Kaspar!“ seine grimmigen Posen einnimmt, kann das durchaus beeindrucken. Letztgenannte Komposition beschäftigt sich übrigens mit einer körperlich sehr angenehmen Tätigkeit, die von der katholischen Kirche nicht so gerne gesehen wird… Nach einem kleinen Seitenhieb auf unsere Hüter von Gesetz und Ordnung eilten wir allerdings wieder nach draußen, um die nächste Death Metal Walze nicht zu verpassen.
Die hörte auf den Namen KATAKLYSM und die frankophonen Kanadier gehören mittlerweile auch anhängertechnisch zur Crème de la Crème technisch-harten Todesbleis. Durch die direkte Konkurrenz der ostdeutschen Todesmeister hatte sich das Publikum zwar etwas geteilt, doch die im hellen Tageslicht verweilenden Menschen bekamen eine sehr tighte Show geboten, der von Maurizio Iacono die Krone aufgesetzt wurde. Der bullige Shouter gibt sich freundlich und fannah, von der Klasse seiner Stimme mal ganz abgesehen. In derselben höchsten Liga bolzen auch die Instrumentalisten, allen voran Schlagzeuger Max, wenngleich sich ihr optischer Beitrag fast ausschließlich aufs Bangen reduziert. Das ist aber ziemlich egal bei Krachern wie „As I slither“, „Illuminati“, „Serenity in Fire“ oder „Crippled & Broken“ vom aktuellsten Langeisen “In the Arms of Devastation”. Das stammt allerdings bereits aus 2006 und so nahmen die Fans die Ankündigung des Shouters freudig auf, wonach man 2007 nur 2 kleinere Festivals spielen werde, um die Hörerschaft mit ausgefeiltestem neuem Material zu beglücken. Wer würde da widersprechen?
Ein ordentliches Kontrastprogramm bildete den Abschluss in der Indoor Halle, die an diesem 2ten Festivaltag recht gothisch angehaucht war. Die schwedischen DEATHSTARS versprachen noch mal Futter für (weibliche) Augen und Ohren, in letzter Zeit gab es ja schon einige Gelegenheiten den Death Glammern zuzuschauen, beispielsweise bei der Tour mit MORTIIS. Das Quintett um den exzentrischen „Whiplasher Bernadotte“ durfte dann auch in einige Augenpaare blicken, als man am späten Abend loslegte. Natürlich wurde wieder geposed wie Sau, natürlich gab es einige sexuelle (überwiegend homoerotische) Anspielungen und natürlich griff man auf Songs der bisherigen 2 Alben zurück. Zu nennen etwa „Synthetic Generation“, „Blitzkrieg Boom“, „The last Ammunition“, “Trinity Fields”. Als sich der Mikrophon-Held dann schließlich oben rum entblätterte, war klar, dass auch diese Darbietung ein gutes Ende nehmen würde…
Das wir allerdings nicht weiter verfolgen konnten, denn mit den Norwegern SATYRICON stand DAS Highlight des Tages aus unserer Sicht nun kurz bevor. Die Black Metal Großmeister um die Szene Ikonen Satyr und Frost lockten dann auch eine große Gefolgschaft vor die Bühne, in Anbetracht der vorhandenen Brutto Menge. Das Licht wurde runtergefahren und neben dem Kern der Formation traten 4 weitere Live Musiker in selbiges, darunter die optisch sehr ansprechende Keyboarderin Jonna Nikula, die links hinten ordentlich bangte. Währenddessen erfreuten kalt-elitäre Klänge unsere Ohren, eingebettet in eine erhabene Performance, wenngleich man sich heutzutage längst nicht mehr so unnahbar gibt. Da wird auch mal zum Klatschen aufgefordert zwischendurch. Vom – Zitat Satyr – „Most Recent Album“ gab es beispielsweise den Titeltrack „Now Diabolical“ für die Menge, welche ältere Klamotten wie “Repined Bastard Nation”, “Fuel for Hatred”, “Havoc Vulture”, “Nemesis Divina” oder das unvermeidliche “Mother North” aber natürlich genauso (wenn nicht mehr) abfeierte. Vielleicht nicht die allerbeste SATYRICON Show aller Zeiten, aber dennoch eine runde und sehr beeindruckende Sache – vorgetragen von Vordenkern und nicht Mitläufern.
Zum Abschluss des Abends erwarteten uns jetzt noch die Barmherzigen Schwestern des Goth Rocks. Üblicherweise gehört zu den SISTERS OF MERCY noch eine Unmenge an Trockennebel, so dass man gar nicht so genau weiß, ob Mr. Andrew Eldritch nun wirklich auf der Bühne steht oder nur irgendein Typ mit Sonnenbrille, der die Lippen zur Musik bewegt. Diesmal trieb der Wind die Nebelschwaden jedoch seitlich ab, so dass wir seiner tatsächlich ansichtig wurden. Der Herr schien auch ausgesprochen gut aufgelegt, begrüßte das Publikum freundlich und zeigte sich recht bewegungsfroh. Los ging’s mit „Walk Away“ und „First And Last And Always“, dem sich alsbald „Detonation Boulevard“ anschloss. Insgesamt wurde wieder mal ein Feuerwerk der alten Hits abgeschossen, neues Material lässt ja nun auch schon seit annähernd 15 Jahren auf sich warten. Letzter Titel des regulären Sets war dann auch „This Corrosion“, dem als Zugaben noch „Temple of Love“ und „Vision Thing“ folgten. Die Songs sind wirklich zeitlos und machen immer wieder Spaß, was Frisches fände ich allerdings auch durchaus mal reizvoll. Immerhin erwies das Gros der Anwesenden dem Freitag Headliner seine Referenz und bewies damit szeneübergreifende Kenntnis zu nachtschlafender Zeit.
Copyright Fotos: Karsten Thurau
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