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BAUHAUS

Ort: Berlin - Columbiahalle

Datum: 10.02.2006

BAUHAUS – Peter Murphy und Co. machen Berlin unsicher! Wieder ein Punkt auf der Alte-Helden-Liste, den es abzuhaken gilt. Diese Tour in Originalbesetzung kann man sich ja nicht entgehen lassen! Also ging es nach Tempelhof, zur schon wohlbekannten Columbiahalle. Bereits eine halbe Stunde vor Einlass wartete eine dunkelbunte Schlange vor dem Eingang und beschäftigte sich entweder mit Frieren oder dem Knüpfen neuer Bekanntschaften. Erstaunlich, wie vielfältig die potentiellen Zuschauer waren, von der 17jährigen Batcavemieze über den Möchtegern-Bowie bis zum 40jährigen Karohemdenträger war alles vorhanden. Und multinational außerdem, allenthalben hörte man neben polnischen und russischen Sprachfetzen sogar auch Portugiesisch.

Zuerst sah es allerdings nicht so aus, als würden die Kapazitäten der Lokalität wirklich ausgeschöpft werden. Erstaunlich für ein angeblich ausverkauftes Konzert. Aber die Berliner schienen wohl mit einer Vorgruppe gerechnet zu haben, besser spät als nie trudelten immer noch schwarze Gestalten ein – und als gegen 20:30 Uhr die ersten Klänge von BAUHAUS ertönten, waren Halle und Galerie mit rund 4000 Zuschauern rappelvoll. Leider bekam ich nur von der Tür aus mit, wie mit „Burning From The Inside“ das Set eröffnet wurde. Während nach lautem Applaus der Titelsong des ersten Albums „In The Flat Field“ intoniert wurde, kämpften sich die Fotografen durch die Menschenmenge, um nach vorn zum Graben zu gelangen. Die folgenden 3 Lieder: Die Band hautnah. Der Zahn der Zeit nagt natürlich an jedem, und Mr. Murphy sieht mit kleinem Mönchskreis definitiv nicht mehr taufrisch aus. Der flippige Gitarrist und Saxophonist Daniel Ash sowie Drummer Kevin Haskins hatten sich aber noch gut gehalten, so dass es mir schwerfiel, an die Originalbesetzung zu glauben. Das Charisma allerdings war ungebrochen, die Herren faszinierten wie eh und je ihr Publikum, und die Dynamik auf der Bühne war ein Augenschmaus. Nach „Gothic“ sah das ganze allerdings überhaupt nicht aus. Hier Anzug, da Fellstola, dazu übergroße Sonnenbrillen, Marke „Puck die Stubenfliege“. Stilistisch gewagt war es allemal.

Das restliche Konzert beschaute ich mir vom hinteren Teil der Halle. Murphy poste so exaltiert wie in den 80ern; die Lichtshow war perfekt darauf ausgelegt, so sah man ihn z.B. als übergroßen Schattenriss an der Bühnenwand gestikulieren. Das Publikum war auf jeden Fall begeistert, und als Klassiker wie „She’s In Parties“ ausgegraben wurden, gab es kein halten mehr. Das nachfolgende „The Passion of Lovers“ entzückte mich allerdings noch mehr: Eine anrührende und mir bis dato nicht bekannte Ballade. Überhaupt war das Set perfekt ausbalanciert zwischen langsamen und schnellen Stücken, mit Hauptaugenmerk auf den frühen Songs, die die Leute hören wollten. Die flickernde, sägende Gitarre, das sparsame Drumming, die Bassläufe von David J: alles sehr oldschool, allerdings mit frischem Druck und jugendlicher Dynamik. „Stigmata Martyr“, der nächste Reißer, tatsächlich konnte sich wohl keiner beschweren, dass die Lieblinge nicht gespielt wurden. Nach „Dark Entries“ kam dann der vorläufige Abschied, jedoch nur, um 3 weitere Lieder nachzulegen, erneut von der Bühne zu gehen und die Gäste mit „Telegram Sam“ erneut zu empfangen. Ein Aufschrei, als die ersten Riffs einer wohlbekannten Coverversion erklangen, der Möchtegern-Bowie mochte wohl am lautesten seine Stimme erhoben haben: Murphy als „Ziggy Stardust“. Selbst als hartgesottener DAVID BOWIE-Fan muss man zugeben, wie genial die BAUHAUS’sche Umsetzung des Klassikers ist. Die Halle rockte. Und die Band verschwand wieder. Ließ sich Zeit. Ließ sich bitten. Und kam wieder, um die letzten fulminanten Riffs von „Ziggy“ ausklingen zu lassen. Das war nur noch durch eins zu toppen, der Hit schlechthin fehlte noch und wurde sehnsüchtig erwartet. Wer einmal den Film „The Hunger“ (im deutschen „Begierde“, übrigens auch mit DAVID BOWIE in einer Hauptrolle) gesehen hat, erinnert sich vielleicht an die Eingangssequenz, in der eine junge Band in einem Club performte. Richtig, das waren BAUHAUS und dieser Song, der All-Time-Favourite, erstrahlte als helles Schlusslicht des abendlichen Konzerts: „Bela Lugosi’s Dead“. Im roten Mantel wirbelte Murphy pathetisch über die Bühne, zog noch einmal alle Aufmerksamkeit auf sich und bewies, das alt nicht immer schlecht bedeutet.

Nach diesem dritten Zugabenblock und brausendem Applaus war aber endgültig Schluss und nach reichlich 90 Minuten zogen 4000 zufriedene Gesichter wieder in die Nacht hinaus. Und als ich mich bei dem Gedanken „Dass ich das noch erleben durfte“ ertappte, wusste ich nicht, ob ich mich nun zu alt oder zu jung fühlen sollte…

Setlist BAUHAUS
Burning From The Inside
In The Flat Field
A God In An Alcove
In Fear Of Fear
Terror Couple Kill Colonel
Swing The Heartache
She’s In Parties
The Passion Of Lovers
Silent Hedges
Kick In The Eye
Hollow Hills
Rose Garden Funeral Of Sores
Stigmata Martyr
Hair Of The Dog
Dark Entries

All We Ever Wanted
Severance
Transmission

Telegram Sam
Ziggy Stardust

Ziggy Stardust (reprise)
Bela Lugosi’s Dead

Copyright Fotos: Antje Wagler

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