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BLACK EASTER FESTIVAL (DERNIÈRE VOLONTÉ – ECHO WEST – KAMMER SIEBEN)

Ort: Übach-Palenberg - Rockfabrik

Datum: 08.04.2007

Wie könnte man den Ostersonntag besser beschließen als auf einer „unheiligen“ Konzertveranstaltung? Da kam das von unseren Kollegen „Krankpop“ organisierte Black Easter Festival gerade recht, um welches sich im Vorfeld schon einige Geschichten rankten. Ursprünglich sollte es nämlich im Bochumer Zwischenfall stattfinden, aufgrund der Agitation der Antifa (so jedenfalls die offizielle Lesart) erfolgte dort aber eine Absage und man musste sich eine neue Location suchen. Das führte schließlich zu einem recht bizarren Auftrittsort, der Rockfabrik in Übach-Palenberg bei Aachen. Bizarr insbesondere durch die gleichzeitig stattfindenden Events in den anderen beiden Decks der ländlichen Großraumdisco: In der „Main Hall“ ein Tanzabend für die rebellische Jugend unter dem Motto „System of a Korn meets Rammstein“ und auf Ebene 2 das „U Can Dance 2 Finale“, dort wurde der beste regionale Hip Hop Tänzer gesucht. Ein Clash der Kulturen also, insbesondere da die Hip Hopper und die Militaries nur von einer EINZIGEN Mauer getrennt wurden. Auch das Line Up war mittlerweile leicht modifiziert worden, KAMMER SIEBEN sollten ursprünglich einen Mehrwert bieten, ersetzten aber schlussendlich die Mülheimer AELDABORN, da einige ihrer Mitglieder aus beruflichen Gründen unpässlich waren. So drängten dann gegen 21 30 Uhr ca. 120 Neofolk/ -klassik-Freunde (auch aus dem benachbarten Ausland) in den relativ kleinen Raum, welcher der Veranstaltung entsprechend geschmückt war. Auch 2 CD-Stände gab es zu bewundern, die entsprechende Devotionalien anboten. An der Wand ein riesiges Banner mit dem Logo der nachfolgenden „Les Fleurs Folkloriques“-Tanzveranstaltung.

Doch soweit waren wir noch lange nicht, zunächst einmal nahmen auf der Bühne einige Herren ihren Platz ein, eine Art Allstarteam bestehend aus den beiden Schlagwerkern Jay_K/ Ennos von den Hannoveranern TRAUM’ERLEBEN, Butow Maler (KAMMER SIEBEN) an den Keys links vorne sowie ein Herr von AELDABORN hinter dem Mikro. Offensichtlich der einzige mit Freigang. Zusammen präsentierte man 2 AELDA-Stücke als kleinen Ersatz für die entgangenen Freuden, darunter das vertonte Heinrich Heine-Gedicht „Wir weben“. Mit einem freundlichen „Gruß“ an die für den Ausfall verantwortlichen Herrschaften erfolgte dann der Sängertausch und Herr Twiggs, etatmäßger Fronter der Bremer Kammer, positionierte sich neben seinem Kameraden, der nun die Gitarre ergriff. Gemeinsam hat man vor kurzem bei Eislicht das Debüt „Unfinished Movies“ veröffentlicht, welches in den Fachorganen einiges an Wohlwollen erfahren hatte. Neoklassik mit militaristischem Zuckerguss. Live wollte der Funke allerdings nicht so einfach überspringen: Der Sänger wirkte extrem nervös und die klangliche Abmischung haute so gar nicht hin. Da hatten es Stücke wie „Dismembered Memories“, „Them” oder „Anywhere“ schwer, eine angenehme Atmosphäre zu kreieren. Dazu kamen noch die Unruhe im zahlenden Volk und das Getöse aus dem Nachbarraum, welches insbesondere in ruhigen Parts die Konzentration aufs Geschehen erschwerte. Erst gegen Ende gewann das Schauspiel wieder an Klasse, als Jay_K nach vorne kam, um gemeinsam mit Twiggs das TRAUM’ERLEBEN Stück „Die Reise“ zu intonieren. Mit dem nicht gänzlich unpassenden Spruch „Jetzt kommt unser letztes Lied, einige warten sicher schon drauf“ wartete man zum Schluss noch mit einer Gastsängerin auf. BIA, ebenfalls von den niedersächsischen Träumern, überzeugte mit strammen Oberschenkeln und ihrer leider etwas zu leise erklingenden Stimme. Alles in allem wird man in Zukunft noch an sich arbeiten müssen, um die Qualität auf Konserve auch live entwickeln zu können, ich bin mir aber sicher, dass dies gelingen wird.

Danach stand eine Portion Angst-Pop auf dem Speiseplan. Das Dortmunder Duo Dirk/ Adrian, gemeinsam bekannt als ECHO WEST, war uns in der Vergangenheit schon so positiv aufgefallen, dass wir es für unser eigenes Festival der Subkulturellen Töne verpflichtet hatten. Dementsprechend hatten wir kaum Zweifel daran, dass es im Saal nun etwas lebendiger zugehen würde. Doch wir sahen uns alsbald getäuscht, was mitnichten an der Leistung der beiden Bühnenherren lag, denn Dirk tauchte wie eh und je in seine Cold Wave-inspirierten Stücke ein und Adrian unterstützte kompetent an den Tasten. Leider blieb das Gros der Zuschauer seltsam leblos, dabei sind einige Titel doch äußerst tanzbar, möglicherweise waren die Allermeisten wirklich nur für den Headliner zugegen. ECHO WEST machten das Beste daraus, präsentierten u.a. „Some thought us dead“ vom gleichnamigen Album oder „Time of brokened Ties“ (Subkultur-Sampler), aber auch 2 Kompositionen des Nebenprojekts SILENT SIGNALS, das eine beendete auch die Performance, wofür die beiden kurzerhand ihre Rollen tauschten. Etwas unverständlich für mich die Maßnahme, mitten im Set die Bühnenbeleuchtung quasi auszuschalten, just als Dirk das einzige Mal an seinem Bass hantierte. Stromrechnung nicht bezahlt, Lichtmensch ins Koma gefallen? Jedenfalls hatten EW eine knappe Stunde wieder eine gute Visitenkarte abgegeben – demnächst wird bei Treue um Treue eine neue Doppel-10inch mit dem Namen „Kreuze“ erscheinen, die ihren Status weiter festigen wird. Kleine Anekdote am Rande: Nach dem Auftritt konstatierte der hauseigene Mischer fassungslos „Was, die haben Räucherstäbchen in die Monitorboxen gesteckt? Sind die irre?“ Findet halt nicht jeden Tag so ein außergewöhnliches Konzert in der Rockfabrik statt…

Nun näherte sich der Auftritt des sehnlichst erwarteten Headliners DERNIÈRE VOLONTÉ aus Frankreich. Seit 1998 veröffentlicht Geoffroy D. nun schon im Spannungsfeld von Military und Pop, sein letztes Album „Devant le miroir“ (wieder erschienen bei Albin Julius’ HauRuck Label) wusste meine Ohren zu faszinieren, von daher war ich gespannt, wie die Stücke live umgesetzt würden. 2 akkurate, wohlfrisierte Herren in schwarzem Leder/ DV-Hemd betraten die Plattform, mittlerweile war es schon ein gutes Weilchen nach Mitternacht. Während sich der Mann links ums Schlagwerk und die elektronischen Klänge aus der Konserve kümmerte, suchte der groß gewachsene Geoffroy mit Ausstrahlung und Stimme zu punkten. Leider wurde das Licht nicht wieder eingeschaltet, so dass es nun zu einem wahren Blitzlichtgewitter kam. Großartige Bühnenaction oder Interaktion mit dem Publikum suchte man vergebens, dafür interpretierte man die Songs auf sehr gelungene Art und Weise. Das Verhältnis „Neues Tonwerk zum Rest“ war etwa halbe-halbe, so enthielt die Setlist u.a. „Au travers des lauriers“, „Nos chairs“, „Douce hirondelle“, „Cran d’arrêt“ und „La nuit revient“, allesamt Favoriten meinereiner. Interessant fand ich das Kreuz, welches am Gelenk des Sangeskameraden hing, auf eine Interpretation will ich diesbezüglich mangels Kenntnis aber lieber verzichten. Zwar waren die schwarzen Seelen nun etwas aufgeschlossener als zuvor, aber so richtig aus sich heraus gingen auch jetzt nur die wenigsten. Das änderte sich dann aber schlagartig, als den Anwesenden bewusst wurde, dass es nun langsam zu Ende gehen würde, plötzlich erfolgten wilde Anfeuerungsrufe. Kommentar Percussionist: „If you want more – say it!“ So einfach ist das manchmal. Von daher kamen wir auch noch in den Genuss einer Coverversion, die man allseits unter dem Namen „Achtung, der Blutharsch!“ kennt und die auf der „Fire Danger Season Compilation” enthalten ist. Wenngleich Geoffroy sich hier die Lunge aus dem Hals gebrüllt hatte, wurde er trotzdem noch mal für einen allerletzten Titel nach oben geklatscht, dann war aber endgültig Schluss und der Mann verließ kurz vor Ende den Raum, vielleicht wollte er nebenan ja ein paar Rapper erschrecken. Eine professionelle und gute Performance mit einer irgendwie „kalten Aura“, welche aber gut mit dem Sound DERNIÈRE VOLONTÉs korrelierte.

Wer nun wollte, durfte noch ein wenig das Tanzbein schwingen, wir aber machten uns auf den nicht unbeträchtlichen Heimweg, erst kurz vor 4 Uhr erreichten wir wieder unsere Brutstätten. Fazit: Eine sehr schräge Konzertstätte mit einer sehr eigenartigen Veranstaltungs-Mischung bot den Rahmen für ein ebenso eigenwilliges Festival, welches sich kontinuierlich steigerte und zu guter Letzt doch einen positiven Nachgeschmack hinterließ. Abgesehen davon, dass derlei Bandauftriebe gerade im Westen der Republik generell lobenswert sind. Warum dann einige Zuschauer eher das Sehen und Gesehenwerden pflegen, denn sich an der Musik zu berauschen, werde ich wohl in diesem Leben nicht mehr verstehen…

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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