Ort: Osnabrück – Kleine Freiheit
Datum: 02.10.2011
Nach zwei aufeinander folgenden Abenden in der Großen Freiheit, fand ich mich an diesem Sonntag in der Kleinen Freiheit wieder. Tja, Osnabrück ist eben nicht Hamburg und da ich nicht in einer großen Weltstadt, sondern einer kleinen Großstadt zuhause bin, führen auch die Konzertvenues ähnliche Zusätze im Namen. Solcherlei Umstände haben jedoch nichts damit zu tun, was für Highlights man auf den jeweiligen Stages zu sehen bekommt, denn die Kombination BLACKMAIL und XRFARFLIGHT hatte ich bereits im Mai in der Freien und Hansestadt erlebt und nun waren die beiden Kapellen auch an der Hase angetreten. Bekanntermaßen ist Aydo Abay seit Ende 2008 nicht mehr bei BLACKMAIL mit von der Partie und hat in Mathias Reetz (Ex-JUNIAS, THE HEART OF HORROR) einen würdigen Nachfolger gefunden. Auch ein gemeinsames Album, das auf den Namen „Anima Now!“ hört, gibt es seit dem 29.04.2011 – beste Voraussetzungen für einen bravourösen Abend!
Selbiger wurde kurz nach 21.00 Uhr von XRFARFLIGHT aus Hamburg eröffnet, nachdem auch Drummer Daniel Gädicke den Weg zu seinem Arbeitsplatz gefunden hatte. Anders als beim Hamburger Gig war heuer auch weibliche Unterstützung am Bass und an der Philicorda-Orgel vertreten, während Karsten Genz sich zunächst dem Sechssaiter und Gesang widmete. XRFARFLIGHT wurde 2003 von den beiden Herren gegründet und hat sich einen Mix aus druckvollem Indie und psychedelischem Sixties-Rock auf die Fahnen geschrieben. Den Anfang machte das abwechslungsreiche „Mountain“, bei dem die Osnabrücker noch einen gehörigen Sicherheitsabstand einhielten; Karstens Aufforderung, doch näher zu treten, jedoch schon bald nachkamen und „Spacecramp“ vom aktuellen zweiten Album „Under The Spell of The Cyclops“ aus kürzerer Distanz genießen konnten. Für das folgende „Hideaway“ wechselte die Dame vom Stahlsaiter an die Tasten, bevor Kollege Genz bei „Freq. Ghost“ den Bass übernahm und es nach einem dramatischen Start temporeich weiterging. Beim schlagzeugdominierten Schrammelmonster „Strawberry“ ging’s in der Ausgangsposition weiter, ehe Daniel und Karsten für „Protoplanets“ die Aufgaben tauschten und letzterer weitere Unterstützung am Schlagwerk durch den hübschen Live-Zuwachs bekam. Nachdem die Drei tagsüber noch im Katharinenviertel im Cafe Mojo waren, musste natürlich auch wieder Kohle in die Bandkasse (O-Ton: „Wir haben schließlich auch unsere Ausgaben!“), weshalb den Zuschauern der Kauf der beiden bisher veröffentlichten Platten ans Herz gelegt wurde. Das krachende „Helicopter“ stammte dabei ebenso wie das alles andere als langsame „Slow Motion Hospitalism” vom Erstling „The Early Bird Catches The Worm, So Clever Worms Get Up Late…” aus 2009. Sattes Gefrickel gab’s zudem noch mit „ISS“ und mit dem zackigen „Come Home“ hatten sich XRFARFLIGHT das Beste eindeutig bis zum Schluss aufgehoben. Damit endeten hörenswerte 45 Minuten, die mit freundlichem Applaus bedacht wurden und ich denke, dass die Hanseaten auch noch ein wenig Umsatz am Merch verzeichnen konnten.
Setlist XRFARFLIGHT
Mountain
Spacecramp
Hideaway
Freq. Ghost
Strawberry
Protoplanets
Helicopter
ISS
Slow Motion Hospitalism
Come Home
Eine halbe Stunde später waren dann BLACKMAIL aus Koblenz an der Reihe, die ihr Set mit dem „Santa Rosalia“-Intro krachend begannen. Mit „Resonant Wave“ schloss sich weiteres aktuelles Material an, das von Mathias mit teilweise verzerrtem Gesang vorgetragen wurde, wofür er eigens ein separates Mikro hatte. Derweil konnte man Kurt Ebelhäuser dabei beobachten, wie er den Hals seine Langaxt von oben bespielte, statt die Akkorde wie sonst üblich von unten zu greifen. Das hypnotische „Evon“ (2003 auf „Friend Or Foe?“ erschienen) gefiel mit starken Gitarren, lediglich die Vocals gingen hier ein wenig unter, doch davon war beim Kopfnicker „„Away With The Fairies“ vom 2006er „Aerial View“ nichts mehr zu merken und so konnte es temporeich mit „Deborah“ weitergehen. „Moonpigs“ schlug in die selbe Kerbe und erntete entsprechend viel Applaus. Das Gitarren-Ungeheuer „Telescope“ und auch das ebenso abwechslungsreiche wie packende „The Whys of The Ways“ gab’s vor zehn Jahren noch gar nicht, als BLACKMAIL gemeinsam mit ULME in Osnabrück gespielt haben, wie sich der nach eigenen Angaben schon ziemlich volle Kurt erinnerte. Mit „It Could Be Yours“ stand wieder alter Stuff auf dem Programm – Staub hatte die Vollgas-Nummer jedoch keineswegs angesetzt und so gab’s zu zuckenden Lichtblitzen erneut eine volle Breitseite. Mit „Monographic Doll“ strebte der nächste Knüller mit nur kurzen Verschnaufpausen ziemlich straight nach vorn. Der bassbetonte Hammer „It’s Always A Fuse To Live At Full Blast” mit seinen orientalisch angehauchten Keyboard-Zwischentönen, für die ein gewisser Simon verantwortlich zeichnete, zählt ebenso wie „(Feel It) Day By Day“ zu den BLACKMAIL-Klassikern, auch wenn beide Stücke erst vor drei Jahren auf „Tempo, Tempo“ das Licht der Plattenläden erblickt haben. Mit „Day By Day“, das begeistert mitgesungen wurde, endete nach einer knappen Stunde zunächst das reguläre Set, doch natürlich gab’s auch noch einen schmackhaften Nachschlag in der ehemaligen Bahnkantine am alten Güterbahnhof.
Für den sphärischen Einstieg bei „Night School“ nahmen BLACKMAIL ein wenig Tempo raus und offerierten Kurt und Mathias gemeinsam recht coolen Gesang, bevor es mit „Same Sane“ erneut die volle Packung auf die Mütze gab. Mit grummelnden Bassläufen von Carlos Ebelhäuser legte das grandiose „Friend“ los, bei dem auch Drummer Mario Matthias gut zu tun bekam, denn bei dieser finalen musikalischen Offenbarung wurde noch mal wahrlich scharf geschossen. Mit ausufernden Instrumentalparts bewiesen die Koblenzer, was man mit Strom alles anstellen kann, wenn man weiß, wie man mit seinen Instrumenten und Effektgeräten umzugehen hat. Einzig der Typ in der ersten Reihe, der wohl meinte, mit seinem Smartphone das gesamte Konzert filmen zu müssen, weshalb die ganze Zeit ein helles Licht des Handys insbesondere auf den Fronter gerichtet war, nervte ein bisschen und nachdem er einige Zeit vorher den Wink „dein Licht ist aber ganz schön grell“ nicht verstanden hatte, teilte ihm jetzt ein Crew-Mitglied mit, dass es reichte. Genug gehört hatte zu diesem Zeitpunkt allerdings eigentlich noch niemand, aber mit einer gekonnten Improvisation von Kurt und einem donnernden Finale der gesamten Mannschaft beendeten BLACKMAIL schließlich ihren Osnabrücker Gig nach extrem kurzweiligen 75 Minuten.
Die Jungs mögen es halt kurz und knackig und verstehen zweifelsohne ihr Handwerk. Mathias Reetz hat sich zudem bestens in der Truppe akklimatisiert und überzeugt an der Krachlatte ebenso wie am Mikro. Fragt sich nur, warum BLACKMAIL nach 17 Jahren immer noch nicht in der ersten Indie-Reihe spielen. Verdient hätten sie es ganz eindeutig!
Setlist BLACKMAIL
Santa-Rosalia-Intro
Resonant Wave
Evon
Away With The Fairies
Deborah
Moonpigs
Telescope
The Whys of The Ways
It Could Be Yours
Monographic Doll
It’s Always A Fuse To Live At Full Blast
(Feel It) Day By Day
Night School
Same Sane
Friend
Copyright Fotos: Britta Flachmeier
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