Ort: Berlin - Tempodrom
Datum: 09.02.2007
Als Gewinner des letzten BUNDESVISION SONGCONTESTs holten SEEED den Wettbewerb in die Hauptstadt der Republik – nach Berlin! Der Hauptgrund, sich dieses Spektakel mal live anzusehen, waren für mich allerdings die Electro-Popper MELOTRON aus meinem Heimatbundesland Mecklenburg-Vorpommern, die in diesem Jahr am Grand Prix der Bundesländer teilnehmen sollten (vom Chef bereits im Vorjahr vorausgesagt, Anm. des Chefs:-). Nach der plötzlichen Terminverschiebung des zum dritten mal stattfindenden Events vom 10.02. auf den 09.02., chaotischer Online-Ticketbestellung und Ausverkauf nach 2 Tagen, klappte dann doch alles und wir machten uns am Freitagnachmittag unter Schneeschauern und Straßenglätte auf nach Berlin. Das Tempodrom in der Nähe des Potsdamer Platzes erstrahlte schon von weitem im rot-weißen PRO7-Look und meterlange Schlangen von Besuchern warteten bei Minusgraden auf Einlass, der eigentlich schon um 18.30 Uhr beginnen sollte. Gute zwanzig Minuten warteten wir in der Kälte, in denen wir unter anderem die Ankunft des NORTHERN LITE Fan-Busses aus Thüringen erlebten, dessen Insassen mit euphorischen Sprechchören auf ihre Favoriten aufmerksam machten. Bei allen anderen Wartenden konnte man meist nicht erkennen, für welches Bundesland bzw. Band sie gekommen waren. In der Vorhalle des Tempodroms gab es Bundesland-Fähnchen gratis und in Massen, allein die Berlin-Fähnchen waren schon komplett weg.
Ein lauter Gong und eine energische Stimme ertönte, welche die herumwuselnden Gäste ermahnte, die Plätze einzunehmen. Der Saal bestand aus einer runden Bühne, einem darum liegenden Block mit Sitzplätzen und einem weiteren Ring aus Sitzplätzen in der oberen Etage, indem auch wir unsere Plätze fanden. Im unteren Bereich wurden den Fans jeder Band die Plätze zugeteilt. Wahrscheinlich passierte die Zuteilung direkt nach dem Einlass. Wir saßen hauptsächlich hinter und neben Bremer Publikum, was unschwer an den Bremen-Fähnchen und LEA FINN-Plakaten zu erkennen war. Bevor die Live-Sendung losging, übte die Aufnahmeleiterin mit uns das Applaudieren, was auf Anhieb super klappte. Dann endlich betrat auch der Initiator und Moderator der Show Stefan Raab die Bühne und ließ sich ordentlich feiern. Die JAN DELAY Fans in roten Shirts machten lauthals auf sich aufmerksam und auch die NORTHERN LITE-Kurve fiel wieder positiv mit ihrem Engagement auf. Die Stimmung der 2.500 Fans war gigantisch und Stefan Raab sichtlich begeistert. Schon ertönte die Ansage, dass die Livesendung in 10 Sekunden beginnen würde, was das anwesende Publikum nochmals anheizte. An den Bildschirmen der aufgehängten Fernseher und der großen Leinwand im Hintergrund konnten wir das Intro für die Sendung auf PRO7 mitverfolgen.
Stefan und seine hübschen Fahnenträgerinnen bekamen nochmals einen herzlichen Empfang und massenhaft Fähnchen und Plakate wurden im Publikum geschwenkt. Die Hütte brannte, wie der „Fleischer“ sich ausdrückte und daraufhin seine bezaubernde Co-Moderatorin Johanna Klum vorstellte, die sympathisch/ intelligent wirkte (vor allem im Vergleich zur Assistentin im Vorjahr) und zauberhaft gekleidet war. Einigen mochte die waschechte Berlinerin eventuell aus diversen VIVA-Sendungen bekannt gewesen sein. Unter großem Applaus wurden die Vorjahressieger SEEED angekündigt, die in voller Bandgröße mit dem Pokal hereinmarschierten. Vorfreude und Spannung lagen förmlich in der Luft und die gegnerischen Fans heizten sich selbst mit Schreien und Sprechchören an. Einheitliche Shirts, Schilder, Kostüme und Luftballons zeigten deutlich die Zugehörigkeit der Fangruppen. Von unserer doch „neutralen“ Ecke aus, ergab das ein witziges Schauspiel. Hin- und wieder wurden die Künstler backstage im „Green Room“ gezeigt und moderiert von Raabs Ex-Assistent Elton. Eine Live-Schaltung u.a. nach Stuttgart, brachte eine große Überraschung, denn der dortige „Star-Gast“ SIDO wurde trotz Berliner Wurzeln im großen Rahmen ausgebuht. Währenddessen konnten sich die Zuschauer im Tempodrom die Aufbauten zum MIA-Auftritt ansehen und Frontfrau Mieze Katz musste minutenlang unter der Kuppel des Saals auf dem Trapez verharren, bis es endlich losging.
Die Berliner Elektropop-Band startet mit dem Song „Zirkus“ in einer dafür errichteten Manege. Die passend gekleideten Fans (einer im Bärenkostüm) flippten total aus und bejubelten den gelungenen Auftritt. Dann ging es Schlag auf Schlag weiter, die Auftritte waren allesamt sehr kurz gehalten und jeder Künstler präsentierte mit einem im voraus aufgezeichneten Trailer sein Bundesland. Während dieser Zeit wurde die Bühne umgebaut und die Bands standen in den Startlöchern. Als Zuschauer im Tempodrom war man von den vielen Eindrücken total hin- und hergerissen und konnte sich teilweise nicht entscheiden, wohin man zuerst schauen sollte. Der hessische Rapper D-FLAME, im schicken Zwirn und Begleitung seiner Tänzer und eines Gospelchors ging als nächster auf Stimmenfang und präsentierte mit „Mom’s Song“ eine geschickt gewählte Liebeserklärung an alle allein erziehenden Mütter. Endlich mit Startnummer 3 betraten die Neubrandenburger MELOTRON die Bühne und nahmen ihre Positionen ein. Die aktuelle Single „Das Herz“ sangen sie für Mecklenburg-Vorpommern und wurden von vielen Fans aus allen Ecken des Tempodroms angefeuert. Sänger Andy Krüger im Eyecatcher knallrotem Hemd und Hose war sichtlich nervös. Live vor Ort klang der Gesang richtig gut, was man von der TV-Sendung leider nicht behaupten konnte, denn die Stimme klang viel zu leise und der Sound war schlecht abgemischt. Mit unserem selbst gebastelten Plakat hielt uns nichts mehr auf den Plätzen. Die Band strahlte Energie und Freude aus, während ein Dutzend hübscher Damen in kurzen Kleidchen und rote Fahnen schwenkend, um sie herum marschierten. Viel zu kurz, aber dafür „brennend“ geliebt verließen unsere Lieblings-Elektro-Popper die Bühne. Abwechslungsreich ging es weiter mit dem Bundesland Sachsen und der hübschen, rothaarigen Sängerin und DJane MANJA, die ihren gefühlvollen Song „Es ist die Liebe“ im Reggae-Stil vortrug.
Es wurde Zeit für die erste Werbung und genauso wie zu Hause, stürmten alle hoch von ihren Plätzen. Trotz der strengen Durchsage, dass bitte alle in 4,5 Minuten wieder da seien, wurde das eher locker gehandhabt und man konnte jederzeit überall hingehen. Jeweils 10 Sekunden vor der Live-Schaltung bekamen wir eine Aufforderung zum Applaudieren und das klappte auch hervorragend. Erst ein Viertel aller Bands waren bisher angetreten und deswegen ging es zügig weiter mit dem Geschwisterpaar JENNA & RON aus Sachsen-Anhalt. Genau wie ihr Titel „Jung und willig“ kam das Duo flippig, trendy und verrückt rüber. Der eingängige Sound und die wilde, rockige Tanzperformance der Newcomer waren eher auf die jüngere Zielgruppe ausgerichtet. Beeindruckend und wieder mehr nach meinem Geschmack rockten B-STINGED BUTTERFLY aus dem Saarland mit ihrem selbst betitelten, emotionalen Heavy-Schlager-Song „Liebe“ den Saal. Eine riesige Fangemeinschaft hatte sich die folgende Band BEATPLANET mitgebracht. Für Brandenburg trat die 8-köpfige Tanzgruppe an, die mit gepflegter, poppiger BigBeat-Musik, in bunten Sixty-Outfits und dem Song „Dreh Dich um und geh“ für ordentliche Stimmung im Saal sorgten. In diesem Zusammenhang möchte ich den außerordentlichen Tänzer im Block 9 grüßen, der den ganzen Block mit seinem einmaligen „Tanz-Stil“ begeisterte! Bevor die nächste Werbepause anstand, gab sich Stefan Raab ganz und gar nicht unparteiisch und zeigte seinen Lokalpatriotismus, indem er den Künstler POHLMANN aus seinem Bundesland Nordrhein-Westfalen anpries. Der charmante Frauenschwarm setzte ganz auf Purismus, Gitarre und Stimme. Sein verträumter Song „Mädchen und Rabauken“ ging ins Ohr und konnte auch live im Tempodrom begeistern, was Raab sichtlich zufrieden stellte und er POHLMANN einen guten Platz wünschte. In der nächsten Werbepause wurden uns alte „Raab in Gefahr“-Folgen gezeigt. Spannender waren allerdings die Umbauten und das Beobachten der Moderatoren, wie sie sich auf den weiteren Verlauf der Sendung vorbereiteten.
Der Vertreter des Bundeslandes Rheinland-Pfalz KALLE FEAT. M.A.R.S.-ALLSTARS hatte sich gleich zwei bekannte Gesichter mitgebracht, Thomas D. (DIE FANTASTISCHEN VIER) an der Trompete, mit dem er zusammen in einer Kommune lebt und den Lindenstraßen-Star Moritz Zielke (Momo-Darsteller) an den Percussion, der optisch gut in die riesige Band passte. Bunte Reggaerhythmen, gute Laune und katastrophale Sangeskünste zeichneten den Neuling Kalle und seinen Song „Aber Nice“ aus (so etwas Grauenhaftes habe ich seit Jahren nicht mehr erlebt, wie ein Dackel auf Valium… Anm. des Chefs) Während der Bundesland-Trailer für Bayern durch deren Vertreter ANAJO angekündigt wurde, ging ein lauter Gesang durch die Reihen des Tempodroms: „Zieht den Bayern die Lederhosen aus…“, was im Fernsehen nur sehr schwach zu hören war, ganz anders als vor Ort. Das Augsburger Trio hatte sich eine optische und gesangliche Unterstützung durch KLEE-Sängerin Suzie Kerstgens mitgebracht. Eine taktisch kluge Entscheidung, denn so kann man locker die doppele Anzahl Stimmen einholen. Mit dem Titel „Wenn Du nur wüsstest“ und fluffigem Gitarrenpop zum Mitsingen und Wohlfühlen, eroberten die Bayern das Tempodrom im Sturm und verließen unter großem Gejubel die Bühne. Doch noch war keine Zeit zum Verschnaufen, denn schon die nächste Band stand in den Startlöchern. Auch die Niedersachsen OOMPH! hatten sich Verstärkung geholt, keine geringere als Marta Jandová (DIE HAPPY), die sich im sexy strengen Kostüm ein Gesangsduell mit OOMPH!-Frontmann Dero lieferte. Die Gothic-Rocker stellten ihre aktuelle Single „Träumst Du“ vor, die frenetisch von den Fans mitgesungen und gefeiert wurde. Eine Reihe knapp bekleideter Cheerleader sorgten mit ihrem Tanz für zusätzlichen optischen Reiz. Der Song kam richtig gut an und das Moderatorenpaar prophezeite schon zu diesem Zeitpunkt eine gute Platzierung. Etwas ruhiger verlief der nächste Act TELE aus Baden-Würtemberg. Mit dem Gute-Laune und Ohrwurm-Song „Mario“ kämpfte das Indie-Sextett ohne großartige Bühnenshow um den Titel. Das nächste Bundesland Bremen erreichte im letzten Jahr mit REVOLVERHELD den zweiten Platz des Contests. Ein großes Ziel für die hübsche, blonde LEA FINN, die in diesem Jahr mit ihrem Song „Ich weiß und Du weißt“ für Bremen antrat. Um uns herum kamen die Bremer Fans das erste Mal aus sich heraus und tanzten zu dem deutschen Popsong, der auch jazzige Passagen enthielt. Nach einer weiteren Werbepause wurde einer der Favoriten des Abends angekündigt: Ex-ECHT-Sänger KIM FRANK startete seinen Comeback-Vesuch mit dem Schmusesong „Lara“ und einem großen Orchester im Hintergrund. Der sehr erwachsen wirkende, ehemalige Teenie-Star trat für Schleswig-Holstein an. Bekanntheit, der eingängige Song und viel PRO7-Werbung sollten KIM FRANK den Weg ebnen. Als vorletzte Band starteten NORTHERN LITE aus Thüringen, ebenfalls mit weiblicher Verstärkung durch Labelkollegin CHAPEAU CLAQUE und dem Song „Enemy“. Coole, elektronische Beats gepaart mit harten Gitarrenklängen, zwei wahnsinnig tiefgehende Stimmen und musikalische Einflüsse aus Blues, Rock und Wave entwickelten sich zu meiner Neuentdeckung des Abends. Während des viel zu kurzen Auftritts entstand immer dann Gänsehautfeeling pur, wenn die Masse der angereisten Fans lauthals mitsang. Als absoluter Top-Favorit des Abends wurde Hip Hopper JAN DELAY nicht umsonst als letzter Teilnehmer des Contests angekündigt und PRO7 sendete als kleine „Unterstützung“ bereits am Vorabend ein Konzert des Gründungmitglieds der ABSOLUTE BEGINNER. Passend zum Songtitel „Feuer“ startete JAN DELAY mit einer explosiven Show für Hamburg. Feuer brannte rund um die Bühne und der Sound war lauter und klarer als bei allen anderen Bands. Ein erschreckend lauter Knall beendete den stimmungsvolle Auftritt, woraufhin die Hamburger Fans energisch nach Zugabe schrieen.
Nachdem alle Teilnehmer ihren Auftritt hinter sich hatten, begann das Moderatorenteam mehrmals und deutlich das Votingsystem zu erklären, bei dem man per SMS und Telefon seine Stimme(n) vergeben konnte. Überall wurden die Handys gezückt und eifrig getippt, obwohl die Geräte während der Live-Sendung ausgeschaltet bleiben sollten. Nachdem wir mindestens jeder zehn SMS für unsere Favoriten MELOTRON gesendet hatten, zog sich die Zeit doch ziemlich in die Länge und Langeweile machte sich breit, während immer und immer wieder die Ausschnitte und Telefonnummern gezeigt wurden. Erst als die Vorjahressieger SEEED die Bühne betraten, steigerte sich die Stimmung. Das Tempodrom brodelte bei der türkischen Spezialversion des Hits „Ding“. Wieder gab es eine kurze Werbepause, um mehr Zeit für das Voting rauszuholen. Aber dann endlich begann die Punktvergabe. Nach und nach gaben alle Bundesländer auf mehr oder weniger stimmungsvollen Voting-Parties ihre Ergebnisse ab. Schnell entwickelte sich ein Trend und die meisten Punkte kassierten immer wieder OOMPH!, JAN DELAY, KIM FRANK und MIA. Spannend blieb es bis zum Schluss, bis das letzte Bundesland Sachsen-Anhalt seine Punkte verkündete, mit dem Ergebnis, dass OOMPH! den Titel für Niedersachsen nach Hause holten!
Leider erwiesen sich die Berliner als schlechte Verlierer und buhten die Gothic-Rocker lauthals aus. Einige verließen sogar ihre Plätze und gingen, während sich die Sieger freudestrahlend in den Armen lagen und ihren Pokal entgegennahmen. Stefan Raab versuchte die Situation zu retten, woraufhin OOMPH!-Sänger Dero es sich nicht nehmen ließ, sich voller Ironie für die Fairness der Berliner zu bedanken. Der Siegertitel „Träumst Du“ wurde trotz der sich leerenden Reihen ein zweites Mal energetisch und voller Power vorgetragen und alle Künstler kamen gemeinsam auf die Bühne, tanzten und beglückwünschten die Sieger. Die OOMPH!-Fans und Presse stürmten dicht an die Bühne und rissen sich um Fotos und Interviews der Künstler. Stefan Raab bedankte sich und lobte das Publikum im Tempodrom. Damit ging ein spannender und interessanter Abend vorbei, ein lohnender und empfehlenswerter Blick hinter die Kulissen einer großen Live-Sendung war es allemal. Auch wenn die Enttäuschung groß war über den 13. Platz, den MELOTRON mit ihrem Song belegten. Der BUNDESVISION SONGCONTEST bot wieder ein abwechslungsreiches Programm und vielen weniger bekannten Bands die Möglichkeit, an Bekanntheitsgrad zu gewinnen, unabhängig von der erreichten Platzierung. Wahrscheinlich wird auch niemals eine Band gewinnen, die nicht die Mittel und Unterstützung einer großen Plattenfirma im Rücken hat, wie beispielsweise OOMPH!, die mit einer großen Prepaidkarten-Verlosungsaktion an den Start gehen konnten. Auf ein nächstes Mal BUNDESVISION SONGCONTEST aus Niedersachsen!
Endergebnis 2007:
1. OOMPH! feat. Marta Jandová – 147
2. JAN DELAY – 138
3. KIM FRANK – 101
4. MIA – 96
5. POHLMANN – 95
6. Northern Lite feat. Chapeau Claque – 88
7. D-FLAME – 67
8. JENNA + RON – 56
9. ANAJO feat. Suzie Kerstgens – 33
10. TELE – 23
11. LEA FINN – 20
12. B-STINGED BUTTERFLY – 17
13. MELOTRON – 13
14. MANJA – 13
15. BEATPLANET – 11
16. KALLE feat. M.A.R.S. ALLSTARS – 10
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