Ort: Bielefeld - PC 69
Datum: 21.09.2003
Die lange Konzertwoche im Bielefelder PC neigte sich dem Ende zu. Nach ZEROMANCER am Dienstag und den neuen Helden um Frau Holofernes am Samstag abend (ausverkauft) kündigten sich für den Sonntag ganz alte Helden an und das ist nicht despektierlich gemeint. CAMOUFLAGE waren in der Stadt und immerhin 350 Genossen folgten ihrem Ruf. Darunter ein paar wenige Gruftis und umso mehr in die Jahre gekommene Alt-80er, sogar jemand mit einem GRÖNEMEYER-Shirt wurde gesichtet…
Doch zunächst enterten KAYCEE die Bühne, welche mir vorher vollkommen unbekannt waren. Ein Blick auf die Homepage brachte auch nicht gerade Erhellendes. „Beg 4 More“, das Debüt des Trios, war vor kurzem erschienen, davor eine Single mit der Coverversion „Love will tear us apart“. Eben dieses Stück bildete auch den Abschluss des Sets, welches vom Publikum mit wachsender Begeisterung aufgenommen wurde. Zwar passte der eigenwillige Chill-out-House-Elektronik-Sound mit weiblicher BJÖRK-Stimme nicht unbedingt zum Headliner, besaß aber einen gewissen spröden Charme. Den kann man auch Sängerin Jette nicht absprechen, die locker auch eine Modellkarriere verfolgen könnte. In einem roten engsitzenden Einteiler auf hohen Stelzen sicher balancierend bildete sich den optischen Mittelpunkt zwischen zwei Elektronikern. Die sahen ähnlich aus, hatten keine bis wenig Haare auf dem Kopf und trendige Brillen auf. Ein sehr netter Einfall war die jeweilige Projektion von Bildern, Filmen, Animationen auf die weißen T-Shirts der beiden Musikanten. Wie schon gesagt: eigenwillig und leicht yuppiesk, aber durchaus ausbaufähig.
CAMOUFLAGE bestritten ihren Set zu viert. Neben dem Trio Kreyssig/ Maile/ Meyn, die alle stramm auf die 40 zugehen, gab es in den allermeisten Stücken noch einen Live-Schlagzeuger zu hören, der an späterer Stelle noch wichtig werden würde und für einen sehr organischen Sound sorgte. Ansonsten war Meyn (optisch ein Bruce Dickinson Lookalike!) in den ersten 7 Stücken zunächst Sänger und Mittelpunkt, während die anderen zwei links und rechts die Tasten bedienten. „I`ll follow behind“ konnte als Opener überzeugen, handelt es sich doch um das flotteste und vielleicht auch beste Lied vom Sensor-Comeback-Album. Einige weitere Stücke von dieser CD wurden im vorderen Teil des Sets integriert wie „Perfect“, „Here she comes“ und das ordentlich abgefeierte „Me and You“. Daneben hatte Marcus genügend Zeit auf 20 Jahre Bandvergangenheit zurückzublicken, welche wahrlich nicht immer positiv verliefen, ein paar Seitenhiebe auf das Business inbegriffen. Allerdings hatte man auch aktuell mit Problemen zu kämpfen, so fiel an 2 Stellen die Elektronik aus (Stromausfall), einmal in einem Instrumental („Je suis le dieu“), welches abrupt endete und dann in der 99er Single „Thief“. Es blieben lediglich Schlagzeug und Gesang übrig, aber die drei schlugen sich sehr achtbar und wurden gut vom Bielefelder Publikum unterstützt. Für mich war dieses Erlebnis der emotionalste Moment des Abends. Bei der dreisprachigen Ode an KRAFTWERK „Kraft“ standen dann alle drei nebeneinander an der Bühnenfront und teilten sich den Gesang, etwas experimentell, aber gerade dadurch gelungen. Überhaupt konnten die Sangesleistungen aller Beteiligten überzeugen, was ich nicht unbedingt erwartete. „I can`t feel you“, die neue Single sowie natürlich der Überhit Nr.1 „The Great Commandment“ beendeten den regulären Set nach immerhin 18 Liedern. Was die Light Show anging, so war ich zunächst etwas enttäuscht, da es im Hintergrund nur die Konterfeite der Musiker analog Sensor-Album-Cover zu sehen gab. Ab der Mitte des Sets wurden dann aber die Lampen ausgepackt und es waren genau 192, die jeweils in Viererpacks zusammengefasst waren (sogenannte „Mood Lights“). Damit ließen sich allerlei interessante Spielereien von Fading bis verschiedenfarbigen Mustern erzielen.
Zwei Zugaben sollten noch folgen: „X-Ray“ und „Together“ enttäuschten mich etwas, da meiner Meinung nach nicht zugabenfähig, da hätte man lieber „Suspicious Love“ dorthin stellen sollen, aber das wiederum lautstark mitgesungene „Love is a Shield“ entschädigte dann wieder vollends. Nach einer weiteren kurzen Bühnenabstinenz gab es für den Heimweg noch das uralte und stimmungsvolle „One Fine Day“ mit auf den Weg, bevor über 100 Minuten CAMOUFLAGE endgültig ihr Ende gefunden hatten. Die Jungs sind zwar älter geworden, aber immer noch hungrig und wenngleich nicht jedes Stück zu Begeisterungsstürmen führte, war das Gros der Massen doch sehr gut unterhalten worden! Ach ja und das nächste mal doch bitte ausreichend Merchandise-Artikel mitnehmen…
Copyright Fotos: Jörg Rambow
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