Ort: Essen - Zeche Carl
Datum: 04.04.2006
ALTER SCHWEDE! Neben BOLT THROWER zeigte auch dieses Hammerpackage, dass es sehr wohl im Jahre 2006 noch möglich ist, Überkult-Death Metal-Tourneen aus vergangenen Jahrzehnten zu erreichen (u.a. MORBID ANGEL/ NAPALM DEATH 89 oder NAPALM DEATH/ OBITUARY/ DISMEMBER 92)! Brechend volle Zeche, gnadenloser Sound bei allen Bands und ein komplett durchdrehendes Publikum bis in den letzten Winkel der Empore! Wobei sich alt und jung erstaunlicherweise ganz gut die Waage hielten. Sehr gut, dass endlich wieder vermehrt „Nachwuchs“ auftaucht und die Konzertsäle füllt, trotz eines stolzen Kurses von 28 Euronen an der Abendkasse. Das war dieses Package aber auch wahrlich Wert, sogar ohne die kurzfristig ausgefallenen FINNTROLL, die ja ihren Sänger rausschmeißen mussten. Die wären aber eigentlich auch zu viel gewesen an diesem Abend.
Der ging mit den Norwegern GRIMFIST in die Aufwärmrunde, da die Australier PSYCROPTIC wohl ziemlich pünktlich zur Toresöffnung loslegten und somit verpasst wurden. Die Norweger wurden allerdings mit zunehmender Spieldauer ein wenig anstrengend, ob der manchmal schwer nachvollziehbaren Songstrukturen. Hilft auch nix, dass Übertrommler Horgh die Combo seinerzeit mal gegründet hat. Da Fronter Frediablo wohl ein wenig viel Phil Anselmo verinnerlicht hat, kam er nicht nur optisch, sondern auch vom Stageacting her wie der Meister höchstselbst rüber. Was nicht so wirklich zu dem grimmig-klirrenden Sound der Herren passt. Die Passagen mit dem cleanen Gesang waren allerdings Sahne und das Publikum anzustacheln und zum Mitmachen zu animieren, verstand er ebenfalls hervorragend, so dass der Mob zum Teil schon schwer tobte in der sehr gut gefüllten Halle bei hauptsächlich vom letzten Album „10 Steps to Hell“ dargebotenen Songs.
Mit den nachfolgenden ex-OCCULTen LEGION OF THE DAMNED startete einer DER „Newcomer“ der letzten 10 Jahre vollkommen durch. Nun gut, die Herren machen ja nix Neues, das aber in absoluter Perfektion! Und schon nach den ersten Takten von „Werewolf Corpse“ war klar, wer hier gaaanz schwer abräumen würde nach allen Regeln der Kunst! Die Hütte war brechend voll, und der gesamte Saal thrashte sich die Seele aus dem Leib. Kein Wunder bei Abrißbirnen wie „Legion of the Damned“, „Bleed for Me“, „Malevolent Rapture“ oder der Groovebombe „Into the Eye of the Storm“. Da geht alles und die Meute fraß Monstermatten-Fronter Maurice aus der Hand. Der Sound ballerte und die Band spielte tight-as-Arsch! Das ließ an glorreichste SLAYER-Zeiten erinnern und genauso wurden die neuen Helden abgefeiert… THRASH as Thrash can be! Definitiv DIE Band der Stunde im Thrashbereich! Was sich auch daran abzeichnete, dass man zu Beginn des Sets kaum eine Chance hatte in den Saal zu drängen, und das bei einer eigentlichen Vorband! Ganz großes Kino, welches das Amphitheater in Gelsenkirchen Anfang Juni in seinen Grundfesten erschüttern wird! Essen ist schon zerstört seit gestern…
Woran auch KATAKLYSM maßgeblichen Anteil haben! Was mit dem ersten Track „Shadows and Dust“ losbrach, kann man gar nicht mehr beschreiben – Inferno! Einen komplett vollen Saal versetzen sonst nur noch BOLT THROWER dermaßen in Ekstase. Und mit denen zusammen thronen KATAKLYSM mittlerweile meilenweit über allen anderen! Absolut fetter und klarer Sound, der voll ins Gebein fuhr. Lediglich das Fehlen der 2.Klampfe macht sich halt ab und an bemerkbar, sowie das an diesem Abend noch nicht ganz tighte Spiel von Drum-Rückkehrer Max Duhamel, der den einen oder anderen Einsatz versemmelte. Auch die unmöglichen Ultra-Blasts von Vorgänger Martin Maurais konnte er nicht aufbringen, obwohl er teilweise schon nah dran ist (er übt anscheinend fleißig…). Das fiel natürlich besonders bei Überschall-Songs wie „Ambassador of Pain“ ins Gewicht, allerdings bekommt wohl auch nur Mr. Maurais als einziger Schlagzeuger dieses Planeten einen solchen Track fehlerfrei wie auf Platte auch Live hin. Egal, im ganzen Saal wurde gebangt, was die Haare/ Glatzen hergaben zu Hits wie „Manipulator of Souls“, „Illuminati“, „Crippled and Broken“, „Let them Burn“, „Face the Face of War“, „To Reign Again“ oder „Like Angels Weeping“. Dabei entfachte die Band eine absolute Urgewalt und produzierte Pits und Diver am Fließband. Ferner wurden auch mal schön die Positionen auf der Bühne gewechselt – Fronter Maurizio Iacono hatte die Meute voll im Griff und spielte immer wieder gerne den Animateur. Etwas, was sich die CORPSE-Herren mal ein wenig abschauen könnten… Somit also ein absoluter Triumpfzug der Kanadier, die im September auf Headlinertour kommen werden. Schon heute sah man, wegen wem etliche Besucher angereist waren…
Denn als die Kannibalen um gerade mal kurz nach halb 11 in ihren gut 70-minütigen Set einstiegen, war doch erheblich mehr Platz im Saal, wenn auch immer noch sehr gut gefüllt. Gleich zu Beginn tobte der Mob auch gut los zu „The Time to Kill is Now“, dem Opener der neuen Hammerscheibe „Kill“. Und ebenfalls von Anfang an plättete einen der enorm druckvolle und absolut glasklare Sound! Ich habe noch nie einen geileren Sound bei einer Death Metal-Band gehört, das war verdammt nahe an Perfektion dran heut Abend, und CANNIBAL CORPSE werden wohl auch die einzige Extremband bleiben, die diesen absolut perfekten Livesound haben. Da klappten den versammelten Musikerkollegen im Saal erst mal sämtliche Kauleisten runter. Paul Mazurkiewicz spielte tighter wie ein Schweizer Uhrwerk, Basser Alex Webster vollführte wie gehabt extremste Fingerübungen, Stiernacken „Corpsegrinder“ am Mikro bangte mal wieder wie ein Lebensmüder und verpasste wie immer keinen einzigen Einsatz! Nach wie vor ein Phänomen der Kerl. Über die Saitenakrobaten Pat O’Brien und Rückkehrer Rob Barrett muss man ja eh keine Worte mehr verlieren. Neben neuen KILLertracks wie „Make them Suffer“, „Five Nails through the Neck“ oder dem neuen Bandhit „Death Walking Terror“ hatte die Setlist auch einige Überraschungen parat mit Uralt-Hits wie „Covered with Sores“ oder „Born in a Casket“. Allerdings übertrug sich die fabelhafte Darbietung auf der Bühne nicht so ganz aufs Auditorium und mit zunehmender Spielzeit verflachte das Ganze doch enorm. Ein Hauptgrund war mit Sicherheit der erneute fast völlige Kommunikationsmangel zwischen Band und Publikum. Zwischen den Songs herrschte absolute Funkstille, zudem noch meist über eine Minute lang, ohne dass jemand ein Tönchen von sich gab! Und das nach fast jedem Song. Während dieser Pausen wurde ein wenig an den Instrumenten rumgefummelt, ein Schluck Wasser genommen oder das Handtuch geschwungen. So baut man natürlich keine Stimmung auf! Die es dann auch trotz solcher Granaten wie „The Wretched Spawn“, „Devoured by Vermin“, „Fucked with a Knife“ (wie immer „dedicated to all the women…“ langsam wird der Witz alt…), „Pit of Zombies“ oder „Decency Defied“ nicht wirklich gab. Die Band spielte ihren Stiefel routiniert runter und das Publikum schaute sich das routiniert an. Allerdings wurde man dann um kurz nach halb 12 aus seiner fast-schon-Lethargie gerissen, mit einem niemals geglaubten Weckruf namens HAMMER SMASHED FACE! Und DAS Inferno, welches dann beim Ertönen der ersten Akkorde des größten Death Metal-Hits aller Zeiten losbrach, muss man erlebt haben! Urplötzlich befand sich nahezu die gesamte Hallenmannschaft nur noch auf halber Höhe, auf Grund von Ganzkörperbanging – irrer Anblick! Warum der Track nun wieder auch in Europa aufgeführt werden darf? Keine Ahnung. Interessierte auch keinen! Danach folgte noch ein mordsmäßiges „Stripped, Raped and Strangled“ und dann war Schicht! Keine Zugaben, keine große Verabschiedung.
Musikalisch sind und bleiben CANNIBAL CORPSE das Maß aller Dinge im extremen Death Metal-Sektor, sowohl Live wie auch auf Tonkonserve. Dass man aber in Sachen Show und Stageacting (alle Mann! mit absolutem Bierdeckelradius!) hinterherhinkt, hat sich am heutigen Abend einmal mehr bewiesen.
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