Ort: WGT Leipzig agra-Halle
Datum: 05.06.2006
Am leider letzten Tag des WGTs war in der agra-Halle „Dudelsackabend“ – wie der heilige St. Brandanarius von CULTUS FEROX sehr treffend bemerkte. SCHELMISH hatten wir aus einiger Entfernung zur agra-Halle vernehmen können und wie es schien, machten sie wieder einmal richtig Party. Dann mussten wir allerdings etwas hetzen, denn kurze Zeit darauf hörte man bereits die ersten Klänge von CULTUS FEROX – und als wir die Halle betraten, erfuhren wir, dass NAIO SSAION (die wir nicht sehen wollten, da sie uns noch als Vorband von IN EXTREMO bekannt waren) ausgefallen waren. Warum, ließ sich bis zum Ende des Abends nicht herausfinden – vielleicht lag es daran, dass NAIO SSAION irgendwie so gar nicht ins Programm passten zwischen all den Mittelalterbands. Die Anfangszeit hatte sich dadurch allerdings „nur“ um ca. 20 Minuten nach vorne verschoben – zum Glück.
Also eigentlich eine angenehme Überraschung – und CULTUS FEROX legten auch im bewährten Piratenoutfit mit dem Intro los. Obwohl man nach und nach schon abreisende WGTler hatte beobachten können, war die agra-Halle recht voll – die Mittelalterfans waren aus dem heidnischen Dorf und anderen Ecken „gekrochen“. Und es fiel wieder einmal auf: Wenn man CULTUS FEROX schon öfters gesehen hat – macht nichts. Donar, Pan Peter und die anderen schaffen es jedes Mal wieder, die Stimmung in Sekundenschnelle anzuheben. Ob dies durch Lieder wie „Zorn Gottes“ oder durch einen heimlichen „Wer-hält-den-längsten-Dudelsackton“ – Wettbewerb bei den Dudelsackliedern geschieht, ist egal – zum Tanzen und mitsingen verführt wird man sowieso.
Den zeitlichen Vorsprung konnte man beim Auftritt von SALTATIO MORTIS nicht ganz einhalten – so begannen Alea der Bescheidene, Ungemach der Missgestimmte und die anderen gegen 21.20 Uhr mit ihrem Auftritt. Feurig ging es los – mit schönen, warmen Pyros am Rand der Bühne und dem Hit „Tritt ein“ vom letzten Album, das zur Freude vieler Fans ja weniger auf die elektronischen Unterklänge ausgelegt war als das vorhergehende. Die Fans bekamen in der folgenden Dreiviertelstunde eine perfekte Mischung aus Songs wie „Falsche Freunde“ und „Schwarzer Engel“, sowie „Keines Herren Knecht“. Ein besonderes Highlight war diesmal doch tatsächlich das überall und immer wieder von allen möglichen Gruppen dieses Sektors gedudelte „Palästinalied“ – dieses spielten SALTATIO MORTIS zusammen mit den Bandkollegen von FEUERSCHWANZ, SCHELMISH und CULTUS FEROX – geballte Dudelsackpower, könnte man sagen. Aber auch das heißgeliebte „Schweinskram“ von Lasterbalk dem Lästerlichen durfte nicht fehlen – nachdem SALTATIO MORTIS bewiesen, dass sie durchaus Französisch beherrschen. Also, natürlich die Sprache: Bei dem Song „Maitre de la maison“, der „von dem französischen Schweinskram erzählt, der unter Brücken passiert“. Aber auch Spanisch (wer wird denn gleich wieder wie soeben etwas Böses denken) beherrschen die Jungs perfekt, wie sie bei „Shudrinka“ zeigen konnten. Allerdings konnte ihr Auftritt stimmungsmäßig mit dem von CULTUS FEROX nicht ganz mithalten – trotz der erneuten Pyros zum Abschied.
Hörte man aus dem Publikum das ein oder andere Murren, dass die Umbauphase zu CANTUS BURANUS eine Dreiviertelstunde dauern sollte, verschob sich hier die Planung noch um eine Viertelstunde nach hinten – so dass CANTUS BURANUS nach einigem Hin- und Hergeschiebe der vielen Instrumente im Endeffekt „pünktlich“ um 23.05 Uhr beginnen konnten. Schon bei der Dekoration der Bühne hatte man ahnen können, dass dieses Werk wirklich groß ist – auch in dieser sehr abgespeckten Version. Das Licht verdunkelte sich und das Intro begann – und war für ein Festival eindeutig zu lange. Die ungefähr 10 Minuten, bis alle Musiker von CORVUS CORAX auf der Bühne waren, führten zu „Anfangen“ –Rufen aus dem Auditorium und einigem Gemurre. Da half auch der erzeugte Spannungsbogen nicht – das Auftreten des Dirigenten, die Begrüßung des ersten Geigers – nicht auf dem Festival.
Als es dann losging, war aber der Großteil der Anwesenden schnell entschädigt. CANTUS BURANUS – und was wir zu sehen bekamen war ja nur der erste Teil – ist ein wirklich opulentes und mehr als gelungenes Werk. Unterstützt durch einen Teil des Orchesters – ähnlich wie beim Wacken letztes Jahr, allerdings hier wesentlich passender als dort – zeigten die Jungs, wie sie die mittelalterliche Handschrift umgesetzt haben. Ob Norri die Trommeln verlässt und vor dem Publikum ein Solo auf einem der Instrumente gibt oder die Sängerin geschmückt mit Pfauenfedern nicht nur für akustische Reize sorgt – bei CANTUS BURANUS macht es letztendlich doch das Gesamtbild und der Gesamtklang. Natürlich dürfen die Dudelsäcke nicht fehlen, und der meiste Applaus fällt nach den Stücken mit gemeinsamem Dudelsackspiel. Sicherlich für den ein oder anderen, der noch nicht in das Opus hineingeschnuppert hat, gewöhnungsbedürftig – aber der gelungene und krönende Abschluss des diesjährigen WGTs!
(Und ein schneller, denn nach dem Verklingen der letzten Töne wurden die Anwesenden recht schnell hinausgebeten – vielleicht ein klein wenig übertrieben schnell, auch wenn sicherlich jeder versteht, dass ein großer Aufräum- und Abbauaufwand besteht).
Copyright Fotos: Steve Urbanczyk
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