Ort: Georgsmarienhütte – Tor 3
Datum: 15.01.2005
Es ist wirklich erstaunlich, wie viele bekannte Bands mittlerweile in dem kleinen Ort kurz vor Osnabrück gastieren. Im Tor III standen schon MAYHEM, GORGOROTH und GOD DETHRONED auf der Bühne und in der nahe gelegenen Dütehalle stoppte vor einiger Zeit die berüchtigte Eastpak Resistance Tour und demnächst werden KREATOR und DARK TRANQUILLITY dort Halt machen. Und das alles, wo diese kleine Ortschaft sicherlich alles andere als eine Metal-Hochburg ist.
So machte ich mich an diesem schönen Wintertag natürlich gerne auf den Weg dorthun, um mir eine weitere norwegische True Black Metal Band anzutun. Und bei CARPATHIAN FOREST muss man ja immer auf einiges gefasst sein, denn nicht ohne Grund sind die Satansbraten für ihre Shows berüchtigt. (Vor einigen Monaten brach sich Fronter Nattefrost z.B. das Schlüsselbein, als er volltrunken von der Bühne plumpste).
Pünktlich um 20 Uhr ging’s dann auch los. E-FORCE betraten die Bühne, und damit auch gleich eine kleine Berühmtheit. Denn hier handelt es sich um die neue Band vom ex-VOIVOD-Sänger/ Bassisten Eric Forrest. So war auch eigentlich klar, was nun kommen würde. 80er Thrash Metal auf die Glocke. E-FORCE performen old-schooligen Thrash auf höchstem Niveau und ballerten eine Granate nach der nächsten vom Album „Evil Forces“ in die bislang nicht sehr zahlreich vertretene Metaller-Meute. Leider waren E-FORCE in diesem Package gänzlich deplaziert, so dass nur magere Resonanz aufkam. Im Vorprogramm von z.B. KREATOR wäre der Vierer sicherlich um einiges besser aufgehoben. Doch wacker zockte man die 30Min. runter und konnte jedenfalls bei mir einen sehr guten Eindruck hinterlassen.
Ich frage mich echt, ob die Mitglieder von WYKKED WYTCH vielleicht masochistisch veranlagt sind. Erst mal habe ich eher selten eine positive CD-Rezi über die Amis gelesen, noch waren sie jemals gut auf der Bühne und von einer Akzeptanz bei den Metalfans wollen wir gar nicht erst reden. So hatte es die Band um Kreischerin Ipekan auch an diesem Abend verdammt schwer. Denn was soll man machen, wenn von den mittlerweile gut 100 Leutchens wirklich überhaupt keine, aber auch gar keine Reaktion kommt? Da hüpft man doch glatt mal eben von der Bühne, denn davor ist weit mehr Platz als auf derselbigen. So tat es die Sängerin der Florida-Band und konnte damit immerhin einen Langhaar dazu bringen, die Mähne zu schwingen. Wobei ich eher davon ausgehe, dass dies mehr Hohn als Zuneigung war. Nachdem die rothaarige Frontfrau dann auch ihre bei der Aktion verloren gegangene Fingerkralle wiedergefunden hatte, versuchte sie zurück auf die Bühne zu klettern. Das kann zu einem schweren Unterfangen werden, wenn eben diese fast genauso hoch wie man selbst ist. Ach ja, während dieses interessanten Schauspiels spielte die restliche Band tapfer ihre CRADLE-Kopien und machte ihre Sache, obwohl die Songs alles andere als relevant sind, gar nicht mal schlecht. Ordentliche Drums, die Gitarristen haben auch was drauf, bloß die Songs sind mies. Nachdem Frau Ipek dann noch ihre Beschimpfungen in Richtung Publikum abgelassen hatte, verließ man nach gut 40Min. die Bretter. Ja, manchmal kann so ein Band-Leben richtig frustrierend sein…
Dass sie aber auch anders können, zeigten die Fans dann aber direkt anschließend. Denn kaum schickten sich TSJUDER an die Bühne zu betreten, versammelten sich so gut wie alle Schwarzheimer am Bühnenrand, um die Band gleich vom ersten Song an abzufeiern. Bis vor einigen Monaten war mir die Band noch völlig unbekannt. Dabei ist man schon seit gut 10 Jahren am Start und kann drei gute Alben vorweisen. Doch erst mit ihrem Wechsel von Drakkar zu Season of Mist wurden die Norweger auch über die Grenzen ihres Heimatlandes bekannt. Und nun steht man endlich auch auf deutschen Bühnen und präsentiert den Anwesenden old-school Black Metal erster Güte. OK, von der Show an sich gibt es nicht viel zu berichten, denn sowohl Sänger/ Bassist Nag als auch der sehr gute Gitarrist verließen ihre Positionen eigentlich gar nicht und konzentrierten sich darauf ihre Songs ordentlich zu performen. Und das gelang voll und ganz! Ob pures Geknüppel oder Midtempo-Kracher, TSJUDER spielten die Songs äußerst solide und präzise. Zusammen mit dem sehr ansprechenden Sound ergab dies eine richtige gute Darbietung. Vor allem Drummer Anti-Christian wusste absolut zu überzeugen. Mit so einer Leistung sollten sich die Norweger doch bald einen sicheren Platz in der oberen Schwarzheim-Liga sichern können.
Wie schon erwähnt, sind CARPATHIAN FOREST immer eine Reise wert. Und in unserem Interview vor der Show versicherte mir Sänger Nattefrost, dass er auch diesmal eine Überraschung auf Lager habe. Zwar ließ man die zwei fülligen Damen zuhause, aber um den Faktor „Frau“ nicht ganz zu vernachlässigen, hatte sich der „leicht“ angetrunkene Band-Chef heute in ein nettes Kleidchen gewandet und darüber noch künstliche Frauen-Brüste geschnallt. Zusammen mit dem Corpsepaint gab das ein äußerst amüsant anzusehendes Outfit. Natürlich ließ es sich der Frontmann nicht nehmen, der Meute zu zeigen, was man als echter Black Metaller so unter einem Kleid trägt: Nämlich gar nichts. Provokation war schon immer ein wichtiger Bestandteil der Show und so fuchtelte Nattefrost auch heute wieder mit seinem umgedrehten Kreuz mit der Aufschrift „Suicide, just do it“ umher, fragte nach, ob irgendjemand bewusstseinserweiternde (und nicht unbedingt legale) Substanzen dabei habe, oder rief dazu auf, sich doch mal gerade an irgendwem sexuell zu vergehen. Kein Wunder, dass der Herr Sänger mit einigen Beschwerden diverser Ämter und Vereinigungen zu kämpfen hat. Ach ja, Mucke gemacht wurde auch noch. Und das haben CARPATHIAN FOREST auch mehr als gut drauf. Denn hier sind mit Kobro (Drums, ex-IN THE WOODS) und Tchort (Gitarre, ex-EMPEROR, ex-SATYRICON, GREEN CARNATION) zwei mehr als namhafte Musiker am Start. Das Set bestand zum Großteil aus Songs von „Black Shining Leather“ und „Morbid Fascination of Death“, wobei der Titelsong zum letzteren Album mal eben zu „Morbid Fascination of my Penis“ wurde. So überließ die Band ihrem Fronter die Show und zockte derweil einen Black Metal-Rock `n` Roll-Hammer nach dem nächsten runter. Mit „Black Metal-Machine“ (sofern ich das richtig verstanden habe) wurde auch ein neuer Song vom im Herbst erscheinenden neuen Album präsentiert und auch dieser geht in die bekannte Richtung. Vor der Bühne ging’s auch gut ab. Da wurde gesoffen, gegrölt, gemosht und gepogt. Black `n` Roll halt. Nach gut 55 Min. war es auch dann geschafft. Während die Klampfer sich noch von den Fans verabschiedeten und Nattefrost von der Bühne torkelte, machte auch ich mich auf den Heimweg durch die eisige Nacht.
So ging ein sehr cooler und amüsanter Metal-Abend zu Ende. Wunderlich nur, dass trotz des Kults um die Hauptband, des idealen Wochentags und den gut besuchten Konzerten der letzten Monate nur relativ wenige Fans des Schwarzmetalls den Weg ins Tor III fanden.
Copyright Fotos: Michael Werneke
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