Ort: Mülheim - Schloss Broich
Datum: 12.07.2003
Alle Jahre wieder kommt das Castle-Rock. Auch an diesem Wochenende im Juli sollte Schloss Broich in Mülheim a.d.R. wieder im Mittelpunkt der dunkelgewandeten Aufmerksamkeit stehen. Das Programm war vielversprechend, die Karten günstig, das Wetter gut, was konnte man mehr von einem One-Day-Open-Air erwarten?
Schloss Broich war nach einiger Fahrerei dank der plötzlich aufkommenden Schwärze der Personen recht schnell gefunden. Froh sein konnte der, der sich eine Karte im Vorfeld gekauft hatte, denn das Castle-Rock war bereits seit Wochen restlos ausverkauft. Nur 1800 Menschen sollten Platz auf dem Gelände finden. Romantisch verspielt zeigte sich das Schloss, irgendwie ein interessanter Kontrast zu den anstehenden Rock-Konzerten, aber doch wirkte es irgendwie verloren gegen die vielen Menschen, die sich ab 13 Uhr auf dem Hof tummelten. Für Verpflegung war gesorgt. Zu günstigen Preisen konnte man hier Frikadellen, Würstchen, Folienkartoffeln, Krautsalat oder andere Leckereien erstehen. Erstaunlicherweise gab es keinen Met am Getränkestand, den ich auf einem mittelalterlich angehauchten Festival wie diesem doch erwartet hatte.
THANATEROS starteten um kurz nach eins. Das Publikum eher weniger. Die Truppe um Ex-„EVEREVE“-Sänger Ben Richter und Ex-„DREADFUL SHADOWS“-Bassist Jenne Riediger legte ein schnelles, metal-lastiges Programm auf die Bühne, durchsetzt mit keltischen Einflüssen. Frontmann Ben ließ insbesondere die Frauenherzen höher schlagen, mit seiner ausdrucksstarken, Gänsehaut verursachenden Stimme. Sie spielten einige ihrer neuen Songs vom Album „Circle of Life“, darunter z.B. „Tir na n’Og“, „Falling away“, „Turn the tide“ und das relativ ruhige, indische Mantra „Gayatri“. Vom ersten Album „The First Rite“ spielten sie, aufgrund des nur halbstündigen Auftritts, nur „Ocean of mind“. Nach dem Konzert kam so mancher sicherlich nicht am Merchandising-Stand vorbei, den die Jungs von THANATEROS selbst führten, ohne sich die eine oder andere CD oder ein T-Shirt gekauft zu haben.
Sehr freundlich und ohne einen Anflug von Arroganz trotz ihres doch teils schon recht großen Bekanntheitsgrades gaben die Jungs bereitwillig Autogramme und lächelten nett in gezückte Kameras.
Und schon standen SALTATIO MORTIS in den Startlöchern. Mittlerweile waren auch die letzten Gäste eingetrudelt und füllten den Schlosshof bis auf den letzten Platz. Die Mittelalterrocker tauten das Publikum binnen kürzester Zeit auf, es durfte getanzt werden. Durchmischt mit lockeren Sprüchen und Ansagen der Bandmitglieder gaben sie ihre besten Songs vom Album „Das zweite Gesicht“ zum Besten. Auch nicht fehlen durfte natürlich ihre Ode an Jim Knopf, den Lokomotivführer: „Eine Insel mit zwei Bergen“ sorgte für ein lächelndes und lauthals mitsingendes Publikum, dieser Stimmung konnte man sich kaum entziehen. Die Mitglieder von SALTATIO MORTIS konnte man nach dem 30minütigen Konzert auch aus der Nähe bewundern, sie mischten sich einfach unters dunkle Publikum.
DIORAMA – ich hatte bis dato nie etwas von den Jungs gehört – rockten das Haus nun nicht wirklich. Im Vergleich zu den vorherigen schnellen und rockigen Klängen, wirkte das Trio mit den ruhigen Keyboard-Songs völlig deplaziert. Es wollte einfach keine Stimmung aufkommen, obwohl sich im Publikum einige Fans der Gruppe aufhielten. Mir schien, als würde die Menge erleichert aufatmen, als DIORAMA nach 45 Minuten die Bühne verließen und den Platz räumten für QNTAL.
Ein Keyboard, eine Trommel, eine Gitarre, zwei Herren, eine Dame. Wenig Bühnenausstattung, für ein dermaßen atmosphärisches Konzert. Die Sängerin von QNTAL nahm die gesamte Bühne mit ihrer Ausstrahlung ein. Trotz der fehlenden Begleitstimmen schaffte sie es, ihre Hits wie z.B. „Ad mortem festinamus“ wunderbar zu verpacken. Wenngleich auch dieses Konzert eher der ruhigeren Art war – wir hatten uns dank DIORAMA ja bereits daran gewöhnt – gab es großen Applaus zum Abschluss für eine glücklich lächelnde Sängerin.
Braungebrannt mit Sonnenbrille betrat der Sänger von SECRET DISCOVERY 30 Minuten später die Bühne und ich konnte manch belustigtes Gesicht im Publikum entdecken. Welch ein Kontrast zu den vorherigen Bands. Auch musikalisch: Einige Leute im Publikum deuteten aufgrund ihrer KORN-T-Shirt schon im Vorfeld an, was uns in etwa erwarten würde. Die drei Jungs hatten das Publikum mit ihrem NuMetal-artigen Sound fest im Griff, schafften Stimmung mit ihrer Power auf der Bühne, spielten mit dem Publikum – es machte Spaß, dem Treiben einfach zuzusehen. Besonders gelungen fand ich die Cover-Version von „With or without you“ – auch wenn man als zwischenzeitlich sitzende Person Gefahr lief, von der Menge überrannt zu werden.
Nach einer Stunde lauten aber wahrlich guten Musikprogramms konnte man den Sänger noch mit seiner kleinen Tochter in einer Ecke der Bühne bewundern, die während des Konzerts einfach nur süß lächelnd im Fotograben gesessen hatte. Wirklich ein schöner Anblick!
SECRET DISCOVERY gingen, die CRÜXSHADOWS kamen. Man hörte sie zumindest in Form von Sänger Rogue, der sehr publikumsnah von hinten durchs Publikum marschiert kam… Die Truppe legte eine – für sie bereits bekannte – Wahnsinnsshow auf die Bretter. Rogue stand kaum einen Moment ruhig, die beiden Tänzerinnen noch viel weniger. Die Publikumsnähe ging auch während des weiteren Konzerts nicht vorbei, immer wieder kam Rogue in den Fotograben oder stieg über die Absperrung in die Menge, um mitten im größten Gewühle seine kleine Leiter aufzubauen und von dort weiterzusingen. Schon als begeisterter Kletterer bekannt machte er auch vor der Castle-Rock-Bühne nicht halt. Eins ist sicher: in dem Moment wurden die meisten Fotos gemacht… Auch die CRÜXSHADOWS spielten vorwiegend Songs aus ihrem neuesten Album, darunter „Deception“, das nun wirklich jeder kannte – neben einem Geburtstagsständchen des Publikums für die Tänzerin, die erst am nächsten Tag Geburtstag haben sollte – und Rogue wies abschließend in gebrochenem Deutsch noch augenzwinkernd auf das bald erscheinende neue Album hin und dass wir es doch bitte alle kaufen sollen.
SUBWAY TO SALLY machten sich rar. Der Soundcheck war aber witzig. Der Roadie erzählte lustige Witze. Wir hatten unseren Spaß. Leider war das Publikum mittlerweile vom vielen Stehen auf dem leicht abschüssigen Hof ziemlich genervt. Ich war auch bereits versucht, meinen harterkämpften Platz in der zweiten Reihe aufzugeben und mir was zu essen zu holen, als die Klänge von „Geist des Kriegers“ ertönten. Da waren die ganze Warterei und die Rückenschmerzen vergessen und wir genossen das energiegeladene Programm der Engelskrieger-Tour von SUBWAY TO SALLY. Eric Fish turnte quer über die Bühne, gab alles, auch sein vorletztes Hemd. Neben älteren Sachen wie „Abrakadabra“, „Sag dem Teufel“, „Henkersbraut“ und „Ohne Liebe“ wurde ein Grossteil der Alben „Engelskrieger“ sowie „Herzblut“ gespielt. Die Stimmung war angenehm, die Lichteffekte dank der langsam einsetzenden Dämmerung sehr intensiv. Die Band wirkte nicht hundertprozentig zufrieden mit dem für SUBWAY TO SALLY-Verhältnisse ziemlich ruhigen Publikum, machte aber trotzdem das Beste aus der Show und wurde, nachdem das lautstark geforderte „Julia und die Räuber“ als Finale gespielt wurde, unter großem Jubel um halb elf verabschiedet.
Ich hatte mich zwischenzeitlich aus der Menge abgesetzt, gut für mich, wie ich später feststellte, denn auf der Toilette war danach kein Durchkommen mehr.
Der Tag im Ganzen betrachtet war wirklich gelungen, auch wenn organisatorisch einiges hätte besser laufen können… 1800 Leute waren für das kleine Gelände meiner Meinung nach zu viel und als sehr störend empfand ich die sehr langen Soundchecks. Vielleicht hätte man die groben Einstellungen schon vor dem Festival testen können… Schwierig war auch das Durchkommen an dem einzigen Getränkemarkenstand auf dem Gelände und wer großen Durst hatte, durfte auch an der einzigen Getränkebude erst mal länger anstehen, als es nötig gewesen wäre. Schön dagegen fand ich aber die kleinen Verkaufsstände, wo man alles von Klamotten, über Puppen bis hin zu Armbändern und Postern kaufen konnte. Die Leute haben sicherlich einen guten Umsatz gemacht. Ich kann nur jedem wärmstens empfehlen, auch wenn es vielleicht weit zu fahren ist, wenigstens einmal da gewesen zu sein. Ich selbst werde sicherlich im nächsten Jahr wieder dabei sein, sofern das Line-Up wieder ähnlich vielversprechend ist!
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