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CHARON – SCHIERLING

Ort: Hannover - Faust

Datum: 26.02.2006

Karnevalssonntag. Zeit dem närrischen Treiben eine ordentliche Portion skandinavischer Melancholie entgegen zu setzen. Wer könnte da besser geeignet sein als das finnische Goth Metal Quintett CHARON, welches erstmals in Deutschland als Headiner unterwegs ist?! So machten wir uns an diesem wieder eiskalten Wochenende auf nach Hannover in die „Bettenfabrik“ Faust, gespannt auf das zu erwartende Zuschauerinteresse. In ihrer Heimat sind die Jungs nah dran am Star-Status, hier allerdings doch eher nur ein paar Eingeweihten bekannt, obwohl sie schon einige wunderbare Alben veröffentlicht haben. Da war es sicherlich die richtige Vorgehensweise, lediglich 9 Euro für den Gig zu verlangen (VVK 7 Euro!). So etwas Fan-freundliches findet man selten, da können sich die „Großen“ im Geschäft einiges von abschneiden. Vor Ort war es kurz nach 20 Uhr dann zwar nicht gerade rappelvoll, aber immerhin recht lebendig, den eher Gothic-mässigen Gestalten zum Trotz. Schwarz und weiblich war heute die vorherrschende Devise, auch der deutsche CHARON-Fanclub war natürlich vertreten. Den absoluten Hammer fand man dann aber in der eigentlichen Halle vor: Diese war tatsächlich BESTUHLT, bzw. es handelte sich um eine Art kleines Theater/ Kino, mit niedriger Bühne und immerhin noch einem kleinen Zwischenraum bis zu den ersten Bänken, so dass gut 50 Menschen auch stehend Platz fanden. Insgesamt dürften es so an die 100 Besucher gewesen sein, die zunächst mal gespannt auf den einheimischen Support SCHIERLING warteten.

Das Quartett aus Hannover spielt laut Homepage eine Mischung aus Grunge und Göteborg-Sounds mit deutschen Texten, das hörte sich doch schon mal waghalsig an. Und um ca. 20 30 Uhr kamen dann Christian Kähler (Gesang/ Gitarre), Gerrit Mohrmann am Bass, Giuseppe „Pino“ Calderaro (ebenfalls Git.) und Neu-Drummer Max Dietzmann auf die Stage. Einige Fans in Bandshirts hatten sie offensichtlich mitgebracht, so dass von Anfang an für ordentliche Stimmung gesorgt war. Die Musik selbst entpuppte sich tatsächlich schnell als seltsamer Mischmasch auch klassischem Riffgewichse, brutalen MC-Shouts in den Strophen und cleanen Melodic-Refrains. Wirkte teilweise noch recht ungeschliffen aber nichtsdestotrotz unterhaltsam. Die technischen Fähigkeiten konnten ebenso überzeugen, am Stage Acting gab es erwartungsgemäß noch einiges zu verbessern. Witzigerweise erinnerte mich Shouter Christian optisch ein wenig an Jimmy Pop von der BLOODHOUND GANG, aber es kam zu keinen diesbezüglichen Exzessen. Insgesamt boten sie 8 Songs feil, darunter älteres wie „17c“ aber auch brandneues Material (siehe „Neues Lied“ in der Setlist). Demnächst soll dann wohl das offizielle Debüt „Vorwärts nach zurück“ erscheinen, wir sind gespannt.

Nun aber warteten alle gespannt auf den eigentlichen Grund des Kommens, der musikalisch irgendwie nicht so ganz zum Support passte. Nachdem ein Allround-Roadie sämtliche Instrumente gecheckt hatte, ging es dann auch schon los mit der Melancholic Show! Nach HIM, THE RASMUS und NEGATIVE in der Vorwoche also schon wieder Finnland-Alarm in der niedersächsischen Landeshauptstadt, nur diesmal billiger, hautnah und ohne Alkohol (bezogen auf Herrn Valo). Optisch wurde (besonders den Damen) wieder allerhand geboten: Lauri Tuohimaa an der linken Gitarre mittlerweile mit kurzen Haaren aber kokettem Augenaufschlag, der modisch überaus fitte Teemu Hautamäki am Bass (mit Totenkopf-Hütchen), Pasi, Antti und natürlich Bariton-Meister Juha-Pekka Leppäluoto für den schmachtenden Gesang. Zwar hatte er beim Opener „Colder“ noch kurz Probleme mit seinem Mikro, doch die waren schnell behoben, und es zeigte sich, welch guter Entertainer der langhaarige Beau ist. Neben dem annähernd perfekten Gesang verstand er es auch zu posen und immer wieder mit kleinen Geschichten zu unterhalten. So unterrichtete er die Anwesenden, dass in Finnland niemand sonntags zu Konzerten ginge, weil man sich da nicht so besaufen könne. Auch würden dort alle zwischen den Songs Beziehungsprobleme diskutieren, da wäre doch unsere vermeintliche Ruhe besser und ungekünstelt. Von Ironie versteht der Mann also auch einiges, wobei man zur Ehrenrettung des Publikums anmerken muss, dass man für die 100 Leutchens einiges an Alarm machte. Gereckte Fäuste, Mitklatschen und –Singen, wer vor Ort war, kannte sich mit CHARON gut aus, das war schon mal klar. So ließen sich die Herren dann auch nicht lumpen und boten einen guten Querschnitt durch alle Alben, wobei man insbesondere den Schwerpunkt auf das aktuelle Werk „Songs for the Sinners“ und die Überscheibe „Downhearted“ legte. Die Hymne „Little Angel“, „Ride on Tears“, „Bitter Joy“, „Come tonight“… in der Setlist war kein Ausfall zu verzeichnen. Mal etwas gefühliger doch meist rockiger zog man alle Anwesenden in den Bann und flirtete auch nett mit den netten Damen in den ersten Reihen. Dass man durchaus was von Metal versteht, wurde bei der kleinen „Holy Diver“-DIO-Einlage deutlich. Nach 14 Songs war dann zunächst Schluss, doch mit einer kleinen Soloeinlage von Pasi kehrte man noch einmal für 3 Lieder zurück, die am Ende alle restlos zufrieden zurückgelassen haben dürften. Den Abschluss bildete ein kleines Duell aller drei Saiteninstrumente, bevor es gegen Punkt 23 Uhr wieder hinaus in die melancholisch kalte Nacht ging. Großes Vergnügen zum kleinen Preis mit einer Combo, die den Spaß am Musizieren offensichtlich noch nicht dem schnöden Mammon geopfert hat. Nächstes Mal dann vielleicht auch in der AWD Hall?

Setlist SCHIERLING
Morpheus
Stopp den Wahnsinn
Allein zu zweit
Stille Momente
Angst
Vorwärts nach zurück
„Neues Lied“
17c

Setlist CHARON
Colder
Guilt on Skin
Bullet
If
Bitter Joy
In Trust of No One
Four Seasons Rush (Tearstained)
Ride on tears
Rain
Desire You
Sister Misery
Little Angel
Come tonight
Deep Water

As we die
At the End of our Day
House of the Silent

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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