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COLD MEAT INDUSTRY FESTIVAL

Ort: WGT Leipzig

Datum: 08.06.2003

Ein Abend mit Cold Meat Industry – so oder ähnlich könnte eine schlichte Kurzbeschreibung dessen lauten, was im Rahmen des Wave Gotik Treffen 2003 am Pfingstsonntag im Werk II stattfand. Tatsache ist jedenfalls, das ausschließlich Bands des schwedischen Labels dort ihre Aufwartung machten und ich mir bereits im Vorfeld berechtigte Hoffnungen auf eine der eher selteneren Konzert-Veranstaltungen machen durfte.
Als Ort des Geschehens wurde mit dem Werk II eine längliche steinige Halle gewählt, die gegen den Kampf mit der Sonne unter anderem im Deckenbereich mit schwarzem Stoff abgehangen war. Alles andere als ein komplett abgedunkeltes Ambiente hätte dem Ganzen schließlich auch keinen passenden Rahmen verliehen und der zu erwartenden Musik nicht gebührend Rechnung getragen.

So war es auch etwas wie der Gang ins Ungewisse, den die Interessierten von etwa 30 Grad Außentemperatur und grellem Sonnenschein ins finstere Innere der Halle auf sich nehmen mussten, als COPH NIA als erster Act in 2-Mann-Besetzung gegen 17 Uhr die Bühne betraten, vor der sich zu diesem Zeitpunkt schon an die 400 neugierige Augenpaare eingefunden hatten. Die Bühne selbst hatte eine recht schlichte Ausstattung, hervorstechend war lediglich eine Leinwand, die in der Folge sämtliche Bands nutzten, um zur Untermalung ihrer Auftritte Videomaterial abzuspielen. Es erklang zunächst ein Intro mit einer zarten weiblichen Stimme, welche zur völligen Entspannung von Körper und Geist einlud, bevor die ruhigeren Töne aber dabei nach und nach von einer bedrohlichen Klangkulisse unterwandert wurden. Bei der Songauswahl lag ein kleines Übergewicht bei Stücken vom neuen Album „Shape Shifter“, wie z. B. das pulsierende „Hymn to Pan“, das rituelle „Gnostic anthem“ sowie die Bauhaus-Coverversion „Stigmata Martyr“. Höhepunkt war aber „Holy war“ von der gleichnamigen EP mit seinem eindringlichen Drumming und harten Gesang, welcher COPH NIA mehr als einen Achtungserfolg zukommen ließ.

Bei RAISON D`ÊTRE hatten sich dann mittlerweile circa 500-600 Personen in der Halle versammelt um Peter Andersson dabei zuzusehen, wie er unter Zuhilfenahme verschiedenster Alkoholika, die sich in seiner Reichweite zur Auswahl befanden, Stimmungen seines Ambient-Industrial gekonnt transportiert und Gelegenheit zur Reflektion bietet. Hier zeigte sich eine knappe Dreiviertelstunde lang, dass er durchaus berechtigt als Koryphäe auf dem Gebiet düsterer experimenteller Soundlandschaften bezeichnet werden kann.
Anschließend lud General Lina Baby Doll dazu ein, in die Tiefen von DEUTSCH NEPAL einzutauchen. Die sich überwiegend langsam aufbauenden Songs, welche in gelegentlichen Eruptionen mündeten und dann mit verzerrten Vocals versehen wurden, setzten sich im Wesentlichen aus massiven und entstellten Klangkaskaden mit einem Schwerpunkt auf Atmosphäre sowie teils hypnotischer oder psychedelischer Rhythmik zusammen. Dazu liefen im Hintergrund Impressionen von Greifvögeln, die wohl den Freiheitsgedanken in dem Werk DEUTSCH NEPALs symbolisieren sollten. Insgesamt aber dennoch ein eher unspektakulärer Auftritt.

Als zweites richtiges Highlight erwies sich dann fast erwartungsgemäß ORDO ROSARIUS EQUILIBRIO. Deren ritueller (Neo)Folk stellte eine willkommene Abwechslung nach den bisherigen Künstlern dar. Auch konnte man erstmals so etwas wie eine Bandperformance erleben, da neben dem Sänger Tomas Pettersson, der gelegentlich auch für zusätzliche Perkussion sorgte, noch eine weibliche Gesangsunterstützung sowie ein Drummer die Bühne füllten. Von Band kamen daher nur noch die Akustikgitarre und die Synthie-Sequenzen. Während des hymnischen Intros der aktuellen Scheibe „Cocktails Carnage Crucifixion and Pornography“ wurden im vorderen Teil der Bühne zwei Fackeln erzündet, die zu Anfang neben dem Video und nur wenigen Strahlern für Licht sorgten. Zu den dargebotenen und besonders erwähnenswerten Tracks gehörten unter anderem „Hunting for the black september“ und „Rituals of love in the passage of genocide, Song of Rose“. Außerdem gesellten sich zwischenzeitlich noch zwei Fahnenträger/innen mit entblößtem Oberkörper zu den Musikern.

Dann waren IN SLAUGHTER NATIVES an der Reihe und bei ihnen öffnete sich unmittelbar ein Schlund voller heftiger Rhythmen, während gleichzeitig auch vor der Halle, fast so als ob es hier einen Zusammenhang gegeben hätte, ein Wetterumbruch mit Sturm und Regen einsetzte. Zuzutrauen wäre es IN SLAUGHTER NATIVES nach bereits etlichen Jahren an der Front. 50 Minuten lang trafen bombastische Drums, harter aber nicht noisiger Industrial und epische Flächen aufeinander und vermengten sich zu einem apokalyptischen Soundgebilde.
Die erste offizielle Liveshow von BRIGHTER DEATH NOW seit mehr als drei Jahren, die zumindest zu den Mitbegründern des Death Industrial gehören, fiel aus meiner Sicht danach einem schon fast nächtlichem Imbiss zum Opfer, um Kraft zu tanken für den Headliner des Abends.

Dieser hieß ARCANA. Der Terrorverlag konnte zufälligerweise schon einen Tag zuvor beobachten wie Peter Pettersson und Begleitung, ebenso wie auch andere Teile des CMI-Trosses, erst nach 4-stündiger Wartezeit im gemeinsamen Hotel einchecken konnten. Geschadet haben solche Unwegbarkeiten der Veranstaltung zum Glück nicht, denn an diesem Abend erschienen alle motiviert und gut vorbereitet zu sein. Für ARCANA bedeutete dies, mit vier Personen auf der Bühne eine Einheit zu bilden, was auch gelang. Frontmann Peter und seine beiden Mitsängerinnen zeigten sich stimmlich von einer guten Seite, was besonders anfangs bei eher ruhigeren Songs ohne größeren orchestralen Bombast von Vorteil war. So überzeugte man mit einem Querschnitt von 10 Stücken durch das eigene Schaffen, wenngleich dabei aufgrund der großen Auswahlmöglichkeit immer noch der ein oder andere „Hit“ auf der Strecke blieb.
Jedoch dürfte nach insgesamt mehr als sieben Stunden daran niemand wirklich etwas zu bemängeln gehabt haben.

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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