Ort: Bielefeld - Movie
Datum: 03.04.2007
Gleich drei Electro-Formationen waren für diesen windig-kalten Dienstag Abend im ehemaligen Lichtspielhaus am Bielefelder Hauptbahnhof angekündigt. So sprach bei der gar nicht frühlingshaften Witterung beileibe nichts gegen ein bisschen Warmtanzen, weshalb vielleicht auch etwa 150 Schwarzkittel der Ankündigung gefolgt waren, vermutlich, um in erster Linie beim Hauptact COMBICHRIST ins Schwitzen zu geraten. Aber auch die beiden Support-Bands THE REAPER und NORTHBORNE wollte man sich nicht entgehen lassen.
Wie gewohnt zeigten sich die traditionell zurückhaltenden Ostwestfalen bei den um 20.40 Uhr als Erste startenden NORTHBORNE noch sehr reserviert. So betrat man nur zögerlich die Tanzfläche und ließ einem einzelnen Tänzer direkt vor der Bühne viel Platz für sein Tun; im Laufe der halbstündigen Darbietung kam jedoch noch etwas mehr Bewegung in die Electroheads. Die beiden Jungs, die ebenso wie die Hauptperson des Abends, Herr LaPlegua, aus Norwegen kommen, haben gerade ihr Debüt „Force It“ rausgebracht und präsentierten eine Kombination aus Techno Body Music und Industrial. Neben Alexander Coucheron Jarl, der fürs Mixing, die Live Keys und Vocals zuständig ist, war da noch Christian Lund, der ebenso wie AndyLaPlegua mit ICON OF COIL verbändelt ist. Christian ist der große Knöpfchendreher des Duos und in erster Linie verantwortlich für die harten NORTHBORNE-Beats. Die kamen heuer beim Publikum ein wenig verhalten an, was vielleicht auch daran lag, das hier und dort ein wenig Abwechslung in den Songs fehlte und die Sounds eine Spur zu eintönig waren, um wirklich zu fesseln. Aber es sollte ja auch noch mehr zu sehen bzw. zu hören geben.
Nach dieser doch eher spannungslosen Vorstellung wartete die Menge gespannt auf den REAPER, hinter dem sich kein Geringerer als Vasi Vallis verbirgt. Als Mastermind von NAMNAMBULU (RIP) und FROZEN PLASMA eher dezent im Hintergrund agierend lässt er als „Schnitter“ mal so richtig die Sau raus und das sowohl performancetechnisch wie musikalisch. Doch zunächst enterte ein „teuflisch“ bepinselter Keyboarder die Bühne, der im späteren Verlauf auch mal einen Track alleine tragen durfte. Vasi folgte kurze Zeit später in Kriegsbemalung und suchte sofortigen Kontakt zu den Ostwestfalen, die sich nun doch etwas näher nach vorne wagten. Die Setlist, die sich auf das Debütwerk „Hell starts with an H“ konzentrierte, lud aber auch zum Tanzen ein, was insbesondere einige Damen fulminant umsetzten. Zu nennen wären da Stücke wie „Memento Mori“, „Twisted Trophy Hunter“ oder die quasi SUICIDE COMMANDO-Cover Version „Weltfremd“, die allesamt musikalisch nicht gerade vor Innovation sprühen, aber sehr gut in die Beine gehen. Herr Vallis sprintete von links nach rechts und offenbarte dabei recht ordentliche Entertainer-Qualitäten. Natürlich noch ein Stück weg von einem Kaliber wie LaPlegua, aber keinesfalls peinlich wie so oft in dem Genre. 40 Minuten lang lässiges Warmmachen für die Electro Crowd.
Und die sollte nun richtig heißlaufen, ist der norwegische Alleskönner (siehe auch ICON OF COIL, PANZER AG) doch berühmt berüchtigt für seine schweißtreibenden Performances. Etwas überrascht war ich über seine Begleitmannschaft, aus früheren Live-Begegnungen war mir lediglich ein Keyboarder bekannt, doch nun agierten gleich 3 Herren im Hintergrund: Shaun an den Keys, Joe am Schlagzeug links und Jon (rechts) war für die Percussion zuständig. Das macht natürlich ordentlich was her, vor allem, wenn die drei fast ebenso crazy rüberkommen wie ihr Cheffe Andy. Der schwang sich in einem Gemisch aus Nebelschwaden und Lichtblitzen augenblicklich in einen wahren Rausch aus Emotionen – für Fotographen war der komplette Gig eher ein Albtraum. Zuckende Leiber wirbelten ihre schwarzen Gliedmaßen zu den wummernden Trance-Industrial Hämmern der Marke „This is my Rifle“, „Electrohead“, „Blut Royale“ oder „Enjoy the Abuse“, während Iro Andy wie ein Raubtier auf der viel zu kleinen Bühne wandelte. Eine etwas sehr von sich überzeugte „Gothic Perle“ im kleinen Schwarzen wurde mal eben recht unsanft von einem Bühnentechniker von selbiger gekickt, doch ihr Auftreten danach ließ keinen Lernprozess erkennen. Groupies Forever! Leider hatten COMBICHRIST ihr Set im Vergleich zu beispielsweise Frankfurt etwas zusammen gestrichen, besonders schmerzlich der Verlust von „Get Your Body Beat“ – auf diesen Oberknaller habe nicht nur ich sehnlichst gewartet! Dennoch eine überzeugende Vorstellung, die selbst die sonst eher lahmen Ostwestfalen zum Kochen brachte. Bevor Andy die leider nur aus „This Shit will fuck you up“ bestehende Verlängerung präsentierte, machte er sich noch einen Spaß mit einem Scheinwerfer, mit dem er einige weiter hinten stehende Personen zum Mitmachen „zwingen“ wollte. Zumindest teilweise gelang das auch. Nach eigentlich viel zu kurzen 60 Minuten entließ uns das dämonische Quartett mit einem guten Gefühl in die eiskalte Nacht… und der Hoffnung, dass auch in Zukunft hochklassige Electro Events in Bielefeld stattfinden mögen!
Copyright Fotos: Karsten Thurau
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