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COPH NIA – STORMFÅGEL

Ort: Leipzig WGT UT Connewitz

Datum: 27.05.2007

Als wir uns am Sonntag Nachmittag auf zum UT Connewitz machten, um zumindest ein halbes Cold Meat Industry Event mitzunehmen, konnten wir noch nicht ahnen, dass wir direkt in ein Politikum marschieren würden, welches noch geraume Zeit für Diskussionen sorgen wird. Doch der Reihe nach: Das ehemalige Kino mit dem spröden Charme liegt direkt in einer linken Hochburg Leipzigs, in direkter Nachbarschaft zum Werk II, und beherbergt die eher „abgefahrenen“ Künstler des WGTs. Noch im Frühjahr fand dort auch das Punch Records Festival ohne irgendwelche Unannehmlichkeiten seine Heimstatt, doch dieses Mal war alles anders. Gegen 14 Uhr reihten wir uns in die nicht unbeträchtliche Schlange vor dem Laden ein, in der sich erwartungsgemäß auch einige Militaristen befanden, welche die üblichen Devotionalien zur Schau trugen. Geschmackssache sicherlich, aber auch Genre-inhärent und sehr oft von Ausländern verwendet, die einen ganz anderen Bezug zu derlei Dingen haben. Jedenfalls nichts, was in irgendeiner Art und Weise bedrohlich gewesen wäre. Dafür rotteten sich nach und nach auf der anderen Straßenseite Linke/ Autonome zusammen, vorzugsweise mit Sonnenbrille und Halstuch, denn Proteste begeht man ja am besten anonym. Zunächst konnten wir uns gar keinen richtigen Reim darauf machen, denn keiner der 4 Acts stand bislang auch nur irgendwie im Verdacht rechter Umtriebe, doch wie sich hinterher herausstellte, genügen schon bloße Verleumdungen einzelner Personen im Netz, um die Linke zu mobilisieren. So sollte der Opener STORMFÅGEL eine Nazi-Formation sein, weil man auf dem gleichen Label wie DEATH IN JUNE beheimatet sei. Abgesehen davon, dass das faktisch natürlich vollkommener Blödsinn ist, kann ich über derlei Kausalität nur lachen. Vielleicht hatten die etwa Hundert Herrschaften am Pfingstsonntag auch einfach nichts besseres zu tun, als sich wichtigtuerisch mit verschränkten Armen vor dem Eingang aufzubauen. Wie wäre es mal mit Aktionen gegen „richtige“ Nazis, soll es ja in Deutschland gerüchteweise auch wieder geben…

Jedenfalls ließen sich die Anhänger avantgardistischer Sounds nicht beirren und betraten nach und nach den Laden, der sich optisch ein wenig verändert hatte, denn es befanden sich nur noch 2 Sitzreihen darin, was der Kapazität natürlich zu gute kam. Während nun also alles gebannt auf die Sturmvögel wartete, kontrollierte ein Herr die Abzeichen/ Kleidung der Anwesenden, um allzu provozierendes Material zu entfernen. Da mag es manch eher zart besaiteten Seele doch etwas mulmig geworden sein. Jedenfalls legte die schwedisch-ungarische Formation schließlich mit etwas Verspätung los. Andreas Neidhardt und Éva Mag (in Hungaro-Landestracht) wurden live noch von einem Zopfträger unterstützt, welcher u.a. Querflöte und Gitarre bediente, während im Hintergrund Impressionen eines Waldspaziergangs projiziert wurden. Diese mit einer Handkamera aufgenommenen Bilder unterstützen den naturmystischen Charakter der Formation, die bislang 2 Alben bei CMI veröffentlicht hat. „Den nalkande stormen“ und das aktuelle „Ett berg av fasa“ bieten eine Mischung aus Military, Neoklassik und Neofolk, die auch live ansprechend dargeboten wurde. Überwiegend von Frau Mag in schwedisch bzw. ungarisch interpretiert besitzen einige Stücke einen recht folkloristischen Charme, der möglicherweise auch den Chaoten draußen gefallen hätte – hätten sie sich denn selbst ein Bild gemacht. Hin und wieder trug auch Andreas mit einer Art Sprechgesang zum Geschehen bei, ansonsten versuchte er sich an diversen Instrumenten wie beispielsweise einer Triangel. Als besonders gelungen ist mir „Sköldmön“ in Erinnerung geblieben, wenngleich der Auftritt insgesamt positiv zu werten ist, etwas mehr Dynamik wäre für die Zukunft aber vielleicht noch wünschenswert.

Der nachfolgende Act zählt schon zu den „Großen“ in der Cold Meat Fabrik und ist auch auf dem WGT kein Unbekannter mehr. COPH NIA um den charismatischen Aldenon verfügen bereits über eine umfangreiche Discographie und passend zu dem nun anstehenden Gastspiel konnte man auch die brandneue CD „The Dark Illuminati“ erwerben, auf der sich wiederum interessante Coverversionen befinden. „Sympathy for the Devil“ von den STONES hört sich in der COPH NIA Variante jedenfalls überaus interessant an und passt natürlich lyrisch in das nicht gerade kirchenfreundliche Konzept wie die Faust aufs Auge. Aldenon wurde live am Schlagwerk vom sehr hageren Linus Andersson unterstützt, was der Optik nur gut tun konnte, auch musikalisch gewann das Treiben dadurch noch an Intensität. Lediglich die Anzugwahl schien bei den subtropischen Temperaturen im UT nicht die beste gewesen zu sein, wie der Herr mit dem neckischen Bärtchen später augenzwinkernd anmerkte. Zur Tracklist zählten weiterhin „To fix the Shadow“, „Stigmata Martyr“ und die LEAETHER STRIP Bearbeitung „Prime Mover“, besonders abgefeiert wurde aber der aggressive Klassiker „Holy War“, welcher an vorletzter Stelle präsentiert wurde. Mit einem weiteren neuen Stück verabschiedete sich das Duo dann bereits wieder, das zwischendurch auch ein wenig dem Alkohol gefrönt hatte – getreu dem Motto „Ein wenig Dekadenz kann dem Satan nur recht sein“…

Nach dieser überzeugenden Vorstellung standen noch BRIGHTER DEATH NOW und DESIDERII MARGINIS auf dem Programm, wir aber wollten uns anderweitig amüsieren, wozu wir allerdings erst noch einmal durch die linke Phalanx brechen mussten. Das stellte sich dann aber als nicht allzu schwer heraus, zumal noch eine recht lange Schlange draußen Einlass begehrte. Nicht verborgen blieb uns allerdings das lächerliche Plakat mit der Aufschrift „Stormfågel abschießen – Nazis raus beim WGT!“ sowie im Nachhinein die traurige Gewissheit, dass es auch zu Gewalttätigkeiten kam. Eine Straßenbahn wurde mit Steinen beworfen, was zu 5 Verletzten führte. Insofern ein zwiespältiger WGT Sonntag, der sich hoffentlich so nicht mehr wiederholt.

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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