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CORVUS CORAX

Ort: Herford - Club X

Datum: 09.12.2006

Eine Mittelalterband ist immer nur so gut, wie sie sich live präsentiert. Was jeder weiß, der mal Mittelalterliches auf CD gehört hat und früher oder später auf einem entsprechenden Markt oder Konzert war, sollte sich an diesem doch endlich mal sehr kühlen Dezemberabend wieder einmal zeigen. CORVUS CORAX, unterwegs auf der „Venus Vina Musica“-Tour, sollten uns an diesem Abend im X in Herford ein mittelalterliches Aufspiel bieten. Die Könige der Spielleute, wie sie sich selbst ganz unbescheiden betiteln, gönnen sich derzeit bis Weihnachten keine Pause – jeden Tag steht ein Konzert an. Nicht nur früher war das Musikantenleben hart… nach der Weihnachtspause geht es dann gleich weiter nach Mexiko. Wir hatten uns dann doch eher für die nahe Lösung in Herford entschieden. Als wir ankamen, hatte sich vor dem X schon eine lange Schlange gebildet. Der Einlass war leicht verspätet, doch als die Tore sich geöffnet hatten, füllte sich die Konzerthalle rasch. Das Schlagwerk und weitere Instrumente standen schon auf der Bühne bereit, die außerdem mit rotem Samt und zwei eindrucksvollen CORVUS CORAX-Bannern geschmückt war.

Die Viertelstunde Verspätung zog sich auch zum Konzertbeginn hin: Nach einiger Einnebelei der Bühne betraten Norri, Patrick, Hatz, Teufel und die anderen, bereits spielenderweise, die Stage. Und sie legten wie gewohnt gleich so richtig los. Besonders gespannt waren wir natürlich auf Jordon, den neu dazugekommenen Musikanten an Dudelsack und Schalmei. Was von Anfang an auffiel, war, dass er optisch noch nicht so hundertprozentig in die Band integriert ist – vielleicht ist die Tour ja die Bewährungsprobe (so was soll es ja geben), oder die Zeit war vor der Vielzahl von Auftritten doch zu kostbar, um sie mit Kleidungsfragen zu verschwenden und man hatte sich lieber in den Proberaum zurückgezogen. Wenn ja, erklärt dies auf jeden Fall, dass Jordon musikalisch hervorragend zu CORVUS CORAX passt und sich sowohl an den Instrumenten als auch in die Bühnenshow zwar noch etwas zurückhaltend, aber grandios einbringt. Ob bei „Scotus“ oder „Venus Vina Musica“, nicht eine Sekunde merkte man, dass er erst seit kurzem zu den anderen dazu gestoßen ist.

Und das muss man CORVUS CORAX wirklich anerkennend zugestehen: Sie sind einfach unübertroffen, was den Flirt mit dem Publikum und die Power auf der Bühne angeht. Nicht nur, dass gehüpft, gesprungen und getanzt wird, auch der Wechsel zwischen den Instrumenten erfolgt im Fluge. Das alles dann noch nicht einstudiert wirken zu lassen, ist das Kunststück, das CORVUS CORAX immer wieder live vollbringen. Nun mangelt es ihnen, wie anfangs erwähnt, auch nicht an Selbstbewusstsein – „Wir, die den Dudelsack erfunden haben“ und an Selbstdarstellung. So wurde „Tanzwut“ gespielt und jeder Musiker einzeln mit einem Spot nacheinander beleuchtet inklusive Solo am jeweiligen Instrument, und wie immer heftig in die ersten Reihen geflirtet. Die obligatorische Saufpause nach der Hälfte des Konzerts durfte ebenso wenig fehlen wie der Song „In Taberna“, wobei erstere dann doch etwas zu lang ausfiel.

Nach über einer halben Stunde marschierten CORVUS CORAX – diesmal mit Schelleninstrumenten – in derselben Reihenfolge wie am Anfang wieder ein, und es konnte weitergehen. Ebenso wild wie in der ersten Hälfte, und mit demselben Manko (wohl das einzige auf diesem Konzert): Nach jedem (!!) Titel ging das Licht im Publikum an, was nicht nur blendete, sondern auch verwunderte, und man fragte sich dann doch, ob die erste Reihe diesmal nicht genug hergab und man daher mal den Rest der Halle ausleuchten musste… Bei genauer Betrachtung fiel auch auf, dass diesmal wirklich alle Alters- und Interessensgruppen vertreten waren, vom geschätzt neunjährigen Jungen bis hin zum rüstigen Rentner – und alle rockten fleißig mit. Allerdings waren insgesamt nur um die 250 Personen anwesend, was uns doch eher erstaunte.

Vor allem aber ging es natürlich um die Jungs im Vordergrund und an den Dudelsäcken. Castus, Jordon, Wim, Teufel und Ardor wechselten die Instrumente immer wieder einmal und tanzten sich die Seele aus dem Leib, während sich Hatz, Patrick und Norri an den Trommeln, Gongs und Becken verausgabten. Zur „Ballade de mercy“ wurden dann die Trumscheite herausgeholt und von Teufel und Ardor gespielt – da fragt man sich, ob der ein oder andere nicht doch irgendwie etwas kompensieren möchte. Auf jeden Fall bewahrheitet sich immer wieder Castus Ansage, dass sich CORVUS CORAX mit den Todsünden auskennen – vor allem mit der Völlerei (wenn auch mit Wein) – und sicherlich auch mit der Wollust (den Rest denke man sich dazu). Dass sie selbst auch Spaß haben, musste CORVUS CORAX Niemandem beweisen: Ob Norri an den Trommeln im Takt einen doch sehr weiblichen Hüftschwung vollführte, was Ardor zu Lachanfällen trieb, oder Teufel Grimassen schnitt – wie immer waren CORVUS CORAX voll beim Auditorium, und selbiges bei ihnen.

Beim letzten Song vor der Verlängerung stellten sich dann alle noch einmal kurz vor – um dann an die Bühnenseiten zu verschwinden und auf die „Zugabe“-Rufe zu warten. Die kamen ohne Verzögerung, und so betraten CORVUS CORAX für einen letzten Song die Bühne – bei dem sie sich zumindest einen Teil der Bühnenshow kaputtmachten, als Ardor eine neunschwänzige Katze nahm, seine Weste fallen ließ und sich mit dem Rücken zum Publikum auspeitschte, unterstützt von Hatz durch ein Instrument, das Klatschgeräusche erzeugte. Immerhin gab es ein paar rote Striemen, aber das hat doch wirklich niemand sehen wollen. Nun gut, jede Band braucht ihren Piraten, und Ardor als Jack-Sparrow-Verschnitt ist da ja schon ganz gut dabei. Nichtsdestotrotz ein sehr gutes Konzert, unterstützt durch eine geniale Lichttechnik und viel Spaß an der Musik – es lebe das Mittelalter! Und das tut es – mit CORVUS CORAX.

Copyright Fotos: Jörg Rambow

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