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CORVUS CORAX

Ort: Herford - Kick

Datum: 08.12.2003

Ostwestfalen ist für die mittelalterliche Vereinigung CORVUS CORAX ein gutes Pflaster. In regelmässigen Abständen kommen die Könige der Spielleute (oder auch ihr „weltlicher“ Arm TANZWUT) in die Gegend, um ihre zahlreichen Gefolgsleute zu erfreuen. Dieses mal fand die Tour anlässlich der DVD/ Live-CD-Veröffentlichung „Gaudia Vite“ statt. Es war ein äußerst kalter Montag abend, an dem schon kurz nach 19 Uhr die ersten Fans in der Warteschleife vor dem Kick standen, obwohl man doch hätte wissen müssen, dass erst 1 Stunde später die Tore geöffnet werden sollten. Für mich jedenfalls genug Zeit noch einmal nach Bielefeld zurückzukehren, um meine Kamera abzuholen, die ich aufgrund fortschreitender Altersdemenz auf dem Küchentisch vergessen hatte. Kurz vor 21 Uhr war ich dann endgültig in Herfords schwarzer Perle angelangt, in Begleitung einer sehr fachkundigen CORVUS CORAX-Anhängerin der ersten Stunde.

Etwa 300 Leute hatten den in meinen Augen doch etwas happigen Eintrittspreis von 19 Euro berappt und durften dafür auf eine Vorband verzichten. Somit war ich gespannt, was CC ihnen zu bieten hatte. Die Bühne war bereits aufgebaut und reichlich geschmückt, mit Fahnen und allerlei mittelalterlichem Gedöns. Zuerst betraten die Perkussionisten Hatz, Harmann, der Drescher sowie Kalauer (bürgerlich Patrick und Nachfolger des ausgestiegenen Strahlis) das Geläuf und läuteten mit einem lauten Gongschlag das Spektakel ein. Gespannt war ich auch auf Ardor vom Venushügel, den Ersatz von Brandan, der sein Glück ja mittlerweile bei CULTUS FEROX versucht. Und dann war es soweit, die 5 „Bläser“ vor dem Herrn erfüllten die Bühne mit Leben, noch in edle, mittelalterliche Gewänder geschmückt. Während Instrumentenbauer Wim deutlich an Leibesfülle zugelegt hat, überraschte Meister Selbfried mit einigen abgelegten Kilos. Sein Markenzeichen, der Bart, war natürlich noch dran! Der Einstieg erfolgte mit der Prozession/ dem Türkischen Tanz und schnell wurde deutlich, dass Ardor schon eine führende Rolle in der Formation innehat. Zudem sieht der Mann nicht ganz schlecht aus, mit seinen vielen Piercings, Tattoos und den schwarzen langen Haaren. Na warten wir mal 2 Jahre und schauen, ob er nach den vielen Gelagen der bekanntermaßen sinnenfrohen Jungs nicht auch zulegen wird… Nach 7 Stücken war zunächst mal Schluß und das Publikum wurde aufgefordert, sich in der Pause a) zu betrinken und b) zu entkleiden, ersterem wurde natürlich auch nachgekommen.

Nach einer recht langen Unterbrechung (es werden so 20, 25 Minuten gewesen sein) kehrten die Musiker deutlich luftiger bekleidet zurück, Wim und Selbfried verzichten allerdings darauf, ihren nackten Oberkörper zur Schau zu stellen. Dafür wurden schon deutlich die Mädels für die After-Show-Party anvisiert, die sich naturgemäß in den ersten Reihen aufhielten. Musikalisch ging es jetzt erst richtig los, ein Klassiker nach dem anderen versetzte die Meute in Ekstase. Darunter befanden sich Gruftis, Metaller, Naturfreaks, Mittelaltermägde und einige Sozialkundelehrerinnen im Wollpulli, die offensichtlich noch einen guten Umgangston pflegen (Zitat: „Entschuldigen Sie, ich habe hinter ihnen nichts gesehen, ist es für Sie ok, dass ich mich jetzt vor Sie gestellt habe?“). Alle Arten von Dudelsäcken (auch Europas kleinster von meinem Namensvetter Castus) und anderen Blasinstrumenten kamen zum Einsatz, dazu wurde in Formation geblasen und allerlei Schabernack getrieben. Immer wieder versuchte sich auch das Publikum am Gesang, so vor allem bei der den regulären Set abschließenden Bandhymne „Dam Dam (Admissio)“. Der „Corvus Corax“-Schrei durfte natürlich nicht fehlen. Besonders schön, dass sich auch die drei Schlagwerker danach mal ins Rampenlicht stellen durften. „Der Drescher“ mit seinem unglaublichen Rückentattoo ließ einem mit seinem Solo im positiven Sinne die Haare zu Berge stellen und der kleine (fast chinesisch ausschauende) Hatz sollte ebenfalls mehr Beachtung erfahren für sein energisches Spiel.

Damit war noch lange nicht Schluß, noch 2 ausgedehnte Zugabenteile streckten die Angelegenheit bis kurz vor Mitternacht. CORVUS CORAX besitzen neben ihrer enormen physischen Präsenz vor allem eines: LEIDENSCHAFT für ihre Musik, die sich unweigerlich auf die Zuschauer überträgt. Für kurze Zeit kann man einem Lebensstil huldigen, der vielleicht archaisch aber in gewisser Weise ehrlich war. Und so werden die 8 noch lange Zeit durch die Gegend touren und die Massen begeistern, auch wenn der Mittelalter-Trend irgendwann wieder beendet sein wird. Denn sie sind die Vorreiter und nicht die Epigonen!
TK

Setlist
Prozession/ Türkischer Tanz
Never Cengi Harbi
Totus Floreo
Cheiron
Douce Dame Joliet
Palästinalied
Satyricon

Suam Elle Ires
Oro Se Vie
Mazedonischer Tanz
Maienzit
Balade De Mercy
Tackadans
Nominalto
Albanischer Tanz
In Taberna
Titenka
Ductia
Platerspiel
Saltarello
Dam Dam (Admissio)

Bärentanz
Fili Neidhardi
Chou Chou Sheng

Hymnus Apollion

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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