Ort: Osnabrück - N8
Datum: 23.09.2006
Samstag Abend, immer noch sommerlich angenehme Temperaturen und dann um 20.00 Uhr in die Disse??? Heute auf jeden Fall, gab sich doch das Danish Dynamite D-A-D nach sechs Jahren mal wieder die Ehre in dem alten Industriegemäuer. Überraschenderweise prangte auf dem riesigen Backdrop hinter der Bühne der Schriftzug „Disneyland After Dark“. Das gefiel doch einst den Disneyland-Anwälten gar nicht und so nannte man sich von „Disneyland After Dark“ kurzerhand in D.A.D um, woraus dann letztendlich das internetfreundlichere D-A-D wurde. Hat Disneyland jetzt doch nichts mehr dagegen, mit den dänischen Rocklegenden in Verbindung gebracht zu werden? Wer bzw. was fehlte, war jedoch Molly, der Rinderschädel, der in den verschiedensten Ausführungen bei Konzerten in der Vergangenheit mit am Start war.
Mit dabei hatten die gestandenen Herren aus dem hohen Norden jedoch vier Jungspunde aus Irland, die noch ganz am Anfang ihrer Karriere stehen, in den letzten beiden Jahren aber schon ordentlich durchgestartet sind. Und so begann das Quartett auch pünktlich um acht und legte mit „Come Follow Me“ gleich gewaltig los. Immerhin sind THE ANSWER 2005 vom Classic Rock Magazine zur besten Band des Jahres gekürt worden. Der Erstling „The Rise“ ist nach Meinung des Magazins gar das beste britische Rock-Debüt des Jahrzehnts. Ne verdammt hohe Messlatte, aber der Vierer hatte es wirklich drauf. Einziges Manko: Der Sound war einfach viel zu laut, dadurch ging ein bisschen was vom Hörgenuss verloren. Ansonsten sind die Jungs Poser vor dem Herren und gaben wirklich alles. Sänger Cormac Neeson schonte seine Stimme keinesfalls und gemeinsam rockten die Iren das Haus, dass es nur so eine Freude war. Das Ganze erinnerte ein wenig an die frühen AC/DC, bei dem lasziven „Doctor“ von der letztjährigen „Keep Believing“-EP kam mir spontan „The Jack“ der Australier in den Sinn. In dem Tempo sollte es jedoch nicht weitergehen, schließlich waren die Zuschauer, die überwiegend jenseits der 30 waren und das N8 ganz anständig füllten, gekommen, um mal wieder richtig die Sau rauszulassen. Dazu hatten sie auch noch ausreichend Gelegenheit. Dabei stammten die meisten Stücke von „The Rise“, das tags zuvor in die deutschen Plattenläden gekommen war, wie Cormac nicht ohne Stolz verkündete. In den 45 Minuten Spielzeit verführte das Quartett schon vereinzelt zum Tanzen, beifälliges Kopfnicken hatte sich bereits bei einem Großteil des sehr gemischten Auditoriums eingestellt. Autogrammwünsche wurden sogar noch auf der Bühne erfüllt. THE ANSWER sind ihrem Auftrag als Einheizer in jedem Fall hervorragend nachgekommen, da haben D-A-D ein glückliches Händchen bewiesen. Im November sind die Iren übrigens noch einmal in Deutschland unterwegs.
Jetzt hieß es aber noch mal warten, die obligatorische Umbaupause stand bevor. Diese wurde eifrig genutzt, um sich die besten Plätze am Bühnenrand zu sichern. Neben den Damen, die wohl Bassist Stig Petersen nahe sein wollten (der Herr ist für seine extravaganten Outfits bekannt), fanden sich auch eine ganze Reihe Kerle ein, die es mit dem Abrocken wohl noch so richtig vorhatten. Sogar ein Cowboy hatte sich nach Osnabrück verirrt und zog in freudiger Erwartung der Dänen seinen Stetson ein wenig tiefer in die Stirn. Endlich war es soweit:
D-A-D enterten die Bühne und hatten mit den ersten Akkorden von „Lawrence of Suburbia“ ihr Publikum fest im Griff. Obwohl ein Titel vom aktuellen „Scare Yourself“-Album, das erst seit vier Monaten draußen ist, zeigte sich die Crowd schon recht textsicher und feierte die Helden ihrer Jugend frenetisch. Wie nicht anders erwartet, hatte der gutgebaute Stig sich in einen roten Latexanzug gezwängt und verband so den Gig wohl mit einem mobilen Saunabesuch. D-A-D bewegten sich einmal quer durch ihre mehr als 20jährige Bandgeschichte. So sollte es mit „The Road Below Me“ vom 2000er „Everything Glows“ weitergehen, dem auch noch Evil Twin“ und das gleichnamige Titelstück entstammten. Erstmals kein Halten gab es bei „Girl Nation“ vom „No Fuel Left For The Pilgrims“, das 1989 erschien und mit dem D-A-D der internationale Durchbruch gelang. Wie es sich für ein D-A-D-Konzert gehört, wurde aufs Allerfeinste gerockt, mit „Soft Dogs“ gab es jedoch auch mal einen ruhigeren Song, bei dem man die Nähe zum Nachbarn suchen konnte. Natürlich waren auch ganz alte Sachen dabei. „Riding With Sue“ hat es vom Debüt „Call The Wind“ ins Jetzt geschafft und ist heute noch genauso gut wie vor 20 Jahren. Die neuen Stücke wie „Scare Yourself“, „Little Addict“ oder „Camping In Scandinavia“ überzeugten live genauso wie auf dem Album. D-A-D sind einfach eine geniale Live-Band, deren Spielfreude bis in die letzte Reihe zu spüren ist. Außerdem durften die Fans sich über jede Menge Nähe und Aufmerksamkeit freuen. Da schrieb Sänger Jesper Binzer zwischendurch auch mal schnell ein Autogramm oder sein kleiner Bruder Jakob schüttelte ein paar Hände, die ihm entgegengereckt wurden. Zugleich setzte sich Stig für das weibliche Publikum perfekt in Szene, aber auch seine Kollegen verstanden es, mit den Damen zu flirten. Die Stimmung im N8 kochte endgültig auf dem Höhepunkt als „Sleeping My Day Away“ an der Reihe war. Den Song vom 1989er Hammer-Album kannten nun wirklich alle und so wurde aus Hunderten von Kehlen lauthals mitgesungen. Der Band gefiel der Chor sichtlich und jedes Instrument erhielt ausgiebig Gelegenheit zu einem Solo. Wow! Erinnerungen an längst vergangene Zeiten wurden wach und meine alten Knochen verlangten nach Bewegung. Nach einem Abstecher in das Jahr 2000 als D-A-D das letzte Mal in Osnabrück weilten (gleicher Ort, nur hieß das N8 damals noch Works) ging es mit „Bad Crazyness“ von der „Riskin It All“ noch einmal weit zurück, ist die Scheibe doch auch schon 15 Jahre alt. Das war’s dann auch schon mit dem regulären Set. Unglaublich, wie schnell die Zeit verflogen war!
Waren die Jungs (von denen drei nun auch schon das 40. Lebensjahr vollendet haben) nicht eben erst auf die Bühne gekommen? So konnten sie natürlich nicht gehen und lange ließen sie sich auch nicht bitten. Stig war in seinem Latexanzug dann doch wohl etwas warm geworden und überraschte mit bloßem Oberkörper. Natürlich hatte er auch im N8 eine bunte Auswahl an Bassgitarren dabei, die sowohl in Form als auch Saitenanzahl einzigartig sind. Mr. Pedersen zupft nämlich nur an zwei Saiten und das Instrument darf auch schon mal die Form einer Rakete haben. Damit stieg er dann auch noch dann und wann Laust Sonne auf das Dach seiner Schießbude, so dass man fast den Eindruck gewann, der King des Ganzkörperkondoms plante, sich selbst in die Luft zu schießen. Apropos: Auf pyrotechnischen Schnickschnack hatten D-A-D völlig verzichtet, war auch nicht notwendig. Das Licht brachte das Quartett gut zur Geltung, nur Drummer Laust versteckte sich gelegentlich im Nebel. Nach „Jihad“ und „Camping In Scandinavia“ waren alle vier wieder hinter der Bühne verschwunden und unter dem Jubel der Zuhörer kamen dann die Binzer-Brüder allein zurück, um ein tolles Akustikstück zum Besten zu geben. Zu „It’s After Dark“ fanden sich auch Stig und Laust wieder ein. Letzterer hatte sich inzwischen auch seines Oberteils entledigt und prügelte noch einmal inbrünstig auf seine Drums ein, bevor er seine Hölzer an die Fans verschenkte, wie es zuvor Jakob schon mit seinem Plektron getan hatte.
Das sollte es dann tatsächlich gewesen sein. 90 absolut kurzweilige und rockgewaltige Minuten waren zu Ende gegangen und hinterließen ein erschöpftes aber hochzufriedenes Publikum. Mir hätte zu meinem absoluten Glück nur noch „Point of View“ gefehlt, das heute leider nicht zum Repertoire gehörte. Die Songauswahl überzeugte aber auch so. Ein herrlicher Querschnitt durch die Bandgeschichte mit überraschend wenig Material der aktuellen Veröffentlichung. An der Qualität der „Scare Yourself“ kann das nicht liegen, eher ist es ein Zugeständnis an die Fans. Hierzulande sind es doch eher die „alten“ Fans, die zu den Konzerten kommen und die stehen einfach noch mehr auf die alten Sachen, wie mir Laust und Jakob im Interview vor dem Gig verraten haben. Danke für den gelungenen Abend, Jungs!
Setlist THE ANSWER
Come Follow Me
No Questions Asked
Doctor
Keep Believin
Under The Sky
Preachin
Into The Gutter
Be What You Want
Moment
Setlist D-A-D
Lawrence of Suburbia
The Road Below Me
Girl Nation
Scare Yourself
Soft Dogs
Riding With Sue
Reconstrucdead
Little Addict
Everything Glows
Sleeping My Day Away
Evil Twin
Bad Craziness
Jihad
Camping In Scandinavia
Akustikset Jesper und Jakob
It’s After Dark
Copyright Fotos: Ulrike Meyer-Potthoff
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