Ort: Cuxhaven – Seeflughafen
Datum: 18.07.2010
Dem Körper ging es heute besser und wir freuten uns auf den dritten und letzten Tag unseres Festivalwochenendes, welchem am Abend noch die Heimfahrt folgen sollte. So packten wir zunächst die Taschen ins Auto und machten uns dann mit Murphy’s Law vertraut. Denn wir waren draußen, die Gepäckstücke im Kofferraum und dort befand sich nun dummerweise auch noch der Autoschlüssel. Kein Problem, wäre das Auto offen gewesen. Ein prüfender Griff sowohl an Fahrer – als auch Beifahrertür bestätigte aber, dass dem nicht so war. So sind wir dann jetzt Neumitglied beim ADAC und konnten noch eine mehr oder weniger unfreiwillige Stunde am Strand verbringen. Immerhin bekamen wir dann dank eines kundigen „gelben Engels“ den Schlüssel wieder und auch das Mittagessen fiel an diesem Tage besser aus. Danach ging es dann schnell Richtung Festivalgelände, auf dem wir pünktlich zu AN HORSE ankamen.
AN HORSE
AN HORSE sind Kate und Damon aus Australien und die beiden machen netten Indierock. Als die zwei die Bühne betraten, fragte ich mich zunächst, wo denn die Sängerin sei, denn von weitem könnte Kate durchaus als junger Mann durchgehen, bis sie ihre Stimme erhob. Das Duo machte von Beginn an einen sympathischen Eindruck, den sie mit ihren teils sehr lustigen Ansagen noch untermauerten. Den Namen hat die Band übrigens von einem Pullover, den Kate mit eben jener Aufschrift (in dem Glauben sie sei korrekt) von einem Freund geschenkt bekam. Laut ihrer Homepage trägt sie ihn auch heute noch, obwohl das schon ein paar Jahre her ist. Bisher hat man ein Album mit Namen „Rearrange Beds“ veröffentlicht, von dem man Titel wie „Postcards“, „Little Lungs“ oder „Scared as fuck“ zum besten gab. Ich muss sagen, dass mir die Musik, obwohl nur aus Schlagzeug und Gitarre bestehend, ausgesprochen gut gefiel und ich dieser in den gut 45 Minuten gerne gelauscht habe. Außerdem war Kate irgendwie niedlich. Mit einem höflichen Applaus seitens der Zuschauer verabschiedete man sich dann aber auch alsbald wieder, denn neben der Fire Stage scharrten schon alte Bekannte mit den Hufen.
DÙNÈ
DÙNÈ aus Dänemark waren schon im letzten Jahr Gast auf dem DEICHBRAND FESTIVAL und haben dort ordentlich die Menge gerockt. Von daher war es sicher nicht die schlechteste Entscheidung seitens der Veranstalter, die Truppe erneut an den Start zu bringen. Und Truppe ist hier durchaus wörtlich zu nehmen, denn die Dänen (lügen nicht) kommen mindestens zu siebt und sind in die Kategorie „Hyperaktiv“ einzustufen. Ich muss sagen, dass mir ihre Musik und ihre Show zu anstrengend ist, aber dennoch hatten sich reichlich Zuschauer vor der größeren der beiden Bühnen eingefunden, Dort gab es dann zunächst „Time to leave“ auf die Ohren, dicht gefolgt von „Bloodlines“ der ersten Single aus dem Jahre 2006. An dieser Stelle hatten sich meine Ohren aber schon auf Durchzug gestellt während das Publikum lautstark feierte. Da unser Mittagessen ja auch schon wieder einige Zeit her war, kümmerten wir uns an dieser Stelle erstmal um Nahrung und Getränke, welche wir dann im hinteren Teil des Geländes verspeisten und kamen dann pünktlich zu „Dry Lips“ wieder vor der Bühne an, um noch den restlichen Auftritt der rockenden Dänen zu sehen bzw. zu hören. Danach durfte ich dann für zwei Bands eine Pause machen und die Schreibarbeit an meinen mitgereisten Fotografen abgeben, denn als nächstes standen die Herren von SKINDRED in den Startlöchern.
SKINDRED
Auf die nächste Band der Water Stage freute ich mich besonders, waren SKINDRED doch einer der wenigen Acts beim Deichbrand 2010, die ich noch nie live genießen durfte. Zudem verfolge ich die Aktivitäten von Frontschwein Benji Webbe schon seit vielen Jahren, den Vorgänger DUB WAR (aktiv in den 90ern) habe ich beinahe kultisch verehrt. Mittlerweile mit komplett neuer Mannschaft und einem ebensolchen Album („Shark Bites and Dog Fights“) unterwegs ist der Roots Ragga-affine Waliser ein echter Sympathieträger, der mit seinem wilden Army Outfit auch optisch ein Hinschauer ist. Und wie so viele Kollegen ein Laberkopp, der immer wieder nette Sprüche und Anekdoten zum Besten gab. Zum Beispiel gab es Praxis-Tipps, wie mit spießigen Nachbarn umzugehen sei (Stichwort: Mittelfinger). Der wilde Stilmix aus Metal, Core, Punk, Crossover und Reggae verfehlte seine Wirkung zumindest bei den anwesenden Härtnern nicht und so wurde zu Songs wie „Pressure“ oder „Bruises“ ordentlich gepogt. Ein schöner Farbtupfer des Festivals!
DANKO JONES
Als drittletzte Band des Tages war es nun an den Kanadiern DANKO JONES, die Massen auf die Headliner vorzubereiten. Wie immer in schwarz gewandet lieferten Basser JC, Schlagwerker Dan Cornelius und natürlich der Namensgebende Fronter eine hoch energetische Rock Show mit den bekannten Trademarks ab. Dazu gehören sexistische Sprüche („This Song is about lickin’ Pussy“), eine Hommage an die verstorbenen Größen der Rock Musik (diese Liste wird leider immer länger, siehe insbesondere Ronnie James Dio) sowie das bekannte Zungenspiel des sarkastisch-großmäuligen Sängers. Dazu kam in Cuxhaven-Nordholz ein Circle Pit immensen Ausmaßes, der Danko immer wieder zum Staunen brachte. Das Lob hierfür wirkte tatsächlich nicht gespielt, lag vielleicht auch daran, dass dies der letzte „harte“ Act des Wochenendes war. Neben bekannten Klassikern wie „Sticky Situation“, „Sugar Chocolate“ oder „Cadillac“ war mit „Full of Regret“ auch die erste Single des neuen Albums „Below the Belt“ in der Setlist zu finden. Ein zwar etwas routinierter aber durchaus gelungener Auftritt.
TOCOTRONIC
Die Herren von TOCOTRONIC kannte ich bisher nur aus der Konserve und war demnach gespannt auf den Live-Auftritt. Obwohl man eine große Bühne zur Verfügung hatte, wurde das Equipment doch sehr kompakt aufgebaut, als würde man eine kleine Clubshow imitieren wollen. Nachdem man also mit JOCHEN DISTELMEYER am Vortag schon einen Hauch von Hamburger Schule erahnen konnte, kam diese jetzt in geballter Ladung. Gestartet wurde mit „Eure Liebe tötet mich“, der Opener auf ihrem aktuellen Album „Schall und Wahn“. Immerhin kann man inzwischen auch auf gute 16 Jahre Bandgeschichte zurückblicken und hat so einiges an Material an der Hand, um die Massen zu unterhalten. Weiter ging es mit „Die Folter endet nie“ vom eben genannten Silberling und „Verschwör dich gegen dich“ vom Vorgänger „Kapitulation“. Wir machten an dieser Stelle noch mal einen Rundgang über das Gelände, um die angesammelten Pfandbecher loszuwerden, dem Dresdner Handbrot Stand noch mal einen Besuch abzustatten (das Zeug war aber auch saulecker) und kurz auf den Bierbänken die Rückenmuskulatur und die strapazierten Füße zu entspannen. Auf der Bühne ging es indes weiter mit „Jungs hier kommt der Masterplan“ aus den Anfängen der Band und dem allseits beliebten „Let there be rock“, einem der wenigen englischsprachigen Songtitel in der Bandhistorie. Mit „Macht es nicht selbst“ ging es dann aber langsam aber sicher dem Ende zu und man wurde unter reichlich Applaus verabschiedet. Doch so schnell waren die Jungs nicht zu vertreiben und so gab es mit „Mein Ruin“ noch eine Zugabe auf die Ohren, bevor es dann auf der Fire Stage Zeit für den Hauptact des Abends war.
JAN DELAY & DISKO NO. 1
Hatte ich im letzten Oktober schon das Vergnügen mit JAN DELAY und seiner DISKO NO. 1 auf seiner Deutschlandtour, freute ich mich umso mehr auf den heutigen Auftritt, denn Jan rockt ganz einfach. Manchmal raved er aber auch oder bedient sich des Souls oder des Funks. Auf jeden Fall ist seine Show ein Erlebnis und meistens ausgesprochen unterhaltsam. Zu Beginn betrat zunächst seine Band DISKO NO.1 die Bühne, gefolgt von den drei Backroundsängerinnen im glitzernden Silberfummel und JAN DELAY. Heute stilvoll in schwarz / weiß. Das scheint wohl der Hit des Sommers bei den Herren zu sein (remember BELA B). Los ging es, wie schon auf der Tour mit „Türlich, türlich“ auf die „Word up“ Melodie nur dieses Mal ohne DAS BO. Nach „Die Sonne die scheint“ folgte dann direkt das nächste Cover, hier hatte man sich „Everybody“ von den BACKSTREET BOYS vorgeknöpft. Irgendwie ziemlich cool. Und auch die Geschichten und Anekdoten, die Herr Delay zwischendurch zum Besten gab, waren mehr als amüsant. Zum ersten Mal an diesem Wochenende wurden LED Leinwände im Bühnenhintergrund genutzt und trugen nur noch mehr zur Stimmung bei. So konnte man diese auch gleich in ein lustiges Spielchen mit den Zuschauern mit einbeziehen. Erinnert ihr euch noch an eure Kindergeburtstage? Da wurde ab und an „Freeze“ gespielt. Sprich, alle bewegen sich zur Musik und sobald diese stoppt muss man in der Bewegung einfrieren. Dies gab es dann an diesem Abend im großen Stil und sobald auf den Leinwänden das Wörtchen „Freeze“ aufleuchtete stand ein ganzes Publikum still. Zwischendurch gab es dann wieder ein bisschen Musik, unter anderem „Abschussball“, „Überdosis Fremdscham“ und „Disko“ mit stilechter Discokugel im Hintergrund. Die Zuschauer gingen ordentlich mit, beteiligten sich an sämtlichen Spielchen und beklatschten alles artig. Und auch ich hatte durchaus meinen Spaß an der Sache und konnte sogar meinem mitgereisten Fotografen einen Hüftschwung abringen, obwohl das sonst gar nicht so seine Musik ist. Mit „Feuer“ vom Vorgängeralbum „Mercedes Dance“ ging es dann aber auch schon wieder auf das unausweichliche Ende zu und wir machten uns zu „Klar“ auf den Weg gen Auto und auf den Heimweg in Richtung der gut 300 Kilometer entfernten Stadt, die es gar nicht gibt.
Abschließend kann man sagen, dass es wieder ein tolles Wochenende in Cuxhaven war und das DEICHBRAND zu einem der entspanntesten Festivals gehört, die ich bisher erlebt habe. Zwar fand ich die Bandauswahl dieses Jahr nicht ganz so optimal, aber dennoch waren genügend Highlights dabei und auch so wurden noch mal einige Sachen (zum Beispiel das Einlassprocedere) verbessert. Und ich denke, dass man mit dem Gelände des Seeflughafens den idealen Veranstaltungsort für das Festival gefunden hat. Wir freuen uns schonmal aufs nächste Jahr und hoffen, dass es dann wirklich mal gar nicht regnet.
Copyright Fotos: Karsten Thurau
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