Ort: Essen – Campus
Datum: 04.07.2010
Am ersten Juli Sonntag 2010 fand auf dem Campus in Essen zum zweiten Mal das „Devil Side“ Festival statt. Und obwohl ich am Wochenende vorher bereits in Belgien auf dem „Graspop Metal Meeting“ zugegen war, konnte ich dem Ruf der gepflegten Gitarrenmusik nicht widerstehen! Außerdem hatte die WM gerade spielfrei… Also in aller Herrgottsfrühe raus aus den Federn und ab Richtung „Campus To Hell“. Denn das „Devil Side“ beschränkt sich auf einen Tag und beschallt seine Gäste von 10.00 Uhr bis 23.00 Uhr. Im Gegensatz zum letzten Jahr im Landschaftspark Duisburg bietet der Campus in Essen gute Parkmöglichkeiten und eine gute Verkehrsanbindung zum Hauptbahnhof. Auch MTV war hier schon mit seiner Campus-Invasion zu Gast. So konnten wir ganz gemütlich fast direkt vor dem Eingang parken und nach einem ein-minütigem Fußweg das Gelände betreten, wo wir auch schon von V8 WANKERS aus Offenbach empfangen wurden. Diese ließen ihre 20 Minuten von der Frau des Sängers aufzeichnen und gaben mit ihrem letzten Song das Motto des Tages vor: „We’re here for the beer“. Musikalisch bezeichnen sie sich selber als High Speed Rock’n’Roll. Ab jetzt ging es dann Schlag auf Schlag weiter.
Sobald die letzte Note auf der Devil Stage verklungen war, begann auch schon der nächste Gig auf der Hell Stage. Dort folgten BLACK SPIDERS aus England mit ihrem 70er-Rock à la BLACK SABBATH oder LED ZEPPELIN, was genau meinen Geschmack traf. Deren Sänger hatte um 10.30 Uhr an einem Sonntag auch bereits die Dreistigkeit zu fragen, ob das Publikum schon betrunken wäre. Dann wären eigentlich THROWDOWN an der Reihe gewesen, aber diese mussten ihren Auftritt leider absagen und so bekamen FAILED PERFECTION aus Bochum ihre Chance. Diese mussten sich zwar auch erst noch einen Ersatzmann am Bass organisieren, aber spielten dann souverän ihren melodischen Death Metal. Zu den Nordmännern von THE HAUNTED begann dann der Campus sich auch langsam zu füllen. NEAERA aus Münster ließen ihr Publikum dann schon richtig schwitzen. Frontmann Benny ist auf der Bühne nicht zu bremsen und steht nicht eine Sekunde still. Wenn er nicht gerade seine Bandmitglieder ärgerte, verlangte er einen schönen Circle-Pit um den Turm mit den Mischern oder eine gepflegte Good-Morning-Wall-Of-Death zu ihren Death Metal Klängen.
Danach gab‘s dann was von den drei Sjunnesson-Brüdern aus Schweden auf die Ohren. Gemeinsam mit ihren Kollegen/Innen (am Bass steht eine Frau ihren Mann) bilden sie das SONIC SYNDICATE. Das Gelände war mittlerweile auch gut gefüllt und die letzten Morgenmuffel hatten endlich ihren Weg aus dem Bett zum Gelände gefunden. Nachahmenswert für andere Festivals sind übrigens die Größe der Bierbecher! Neben den herkömmlichen 0,3l Bechern gab es auch ganze Bierkrüge mit 1 Liter Fassungsvermögen. Nun waren DEVILDRIVER mit schnörkellosem Metal aus den Staaten an der Reihe. Und die Jungs wussten auch, wie man sich beliebt macht. Ein Lob für die deutsche Nationalmannschaft und ein Hoch auf deutsches Bier – schon hat man die Massen auf seiner Seite! Dass deutsches Bier das beste der Welt ist, war den Kielern von SMOKE BLOW aber sicherlich schon vorher bekannt. Begannen sie noch als ZZ TOP- und LYNYRD SKYNYRD-Coverband, so mixen sie nun geschickt verschiedene Stilrichtungen zu ihrem ganz eigenen Sound.
Nun gab es eine kleine musikalische Abwechslung. MR. IRISH BASTARD kommen zwar nicht aus Dublin, sondern aus Münster, aber sie spielen – wie der Name vermuten lässt – eine Mischung aus Irish-Folk und Punk. Begleitet wird das ganze u.a. von einer Quetschkommode und einem Banjo, was auf einem Metal-Festival auch nicht unbedingt zum Standard zählt. Ihre Coverversion des SISTERS OF MERCY-Klassikers „Temple of Love“ wusste jedenfalls zu gefallen. Für uns war dann aber mal die Zeit für eine kleine Stärkung gekommen, so dass wir von den EMIL BULLS nicht allzu viel mitbekommen haben, sondern sie nur beim Würstchenverzehren hören konnten. Diesmal gab es auch die Möglichkeit, das Gelände kurz zu verlassen und wieder zu kommen – das war beim 1. Devil Side leider nicht der Fall, aber sehr nützlich, wo doch der Wagen direkt vor der Tür parkte. Gut erholt ließen wir uns dann von MAD SIN berauschen. Die Psychobillys aus Berlin machten sowohl optisch als auch musikalisch eine gute Figur.
Es folgte ein amerikanischer Block mit den Hardcore-Urgesteinen von AGNOSTIC FRONT und Snapcase, dem Industrial-Metal von FEAR FACTORY, der Punk-Band ZEBRAHEAD, sowie der Thrash-Metal-Legende OVERKILL, die allesamt der Masse ordentlich einheizten. Dabei lag FEAR FACTORY BPs Verantwortung für die Ölkatastrophe sehr am Herzen, die dafür zur Rechenschaft gezogen werden sollten. Die Sportlichkeit des Publikums war auch nicht zu verachten. So schafften es doch einige, den einen oder anderen Baum zu erklimmen, um von dort eine bessere Sicht genießen zu können. Zwei ganz Gewiefte haben es sich einfach auf dem äußeren Fluchtweg des obersten Stockwerks eines Uni-Gebäudes bequem gemacht und von dort das Festival genossen.
Dort bekamen sie als nächstes den straighten kanadischen Rock von DANKO JONES serviert. Deren gleichnamiger Frontmann liebt die Kommunikation mit dem Publikum und hat das auch perfekt drin. Er hatte nur Probleme, immer wieder eine Überleitung von Fussball zu diversen sexuellen Praktiken, und somit zu seinen Songs, zu finden. Das kommt davon, wenn man gleich zu Anfang darauf hinweist, dass man auf dieser Tour nur für Gewinner spielen würde und daher Auftritte in Argentinien gar nicht zur Diskussion gestanden hätten. Sozusagen als Ruhe vor dem Sturm betraten dann NEW MODEL ARMY die Bühne. Die Briten sind ja eher dem Independent-Bereich zuzuordnen, aber sie fügten sich nahtlos ins bisherige Festival-Gefüge ein.
Dann gab’s den Endspurt mit SICK OF IT ALL, AMON AMARTH und AIRBOURNE. Die New Yorker Hardcore-Band feiert im nächsten Jahr ihr 25-jähriges Bandjubiläum – und das ohne irgendwelche Pausen und Reunions! Die Death-Metal-Combo aus Schweden ist zwar noch nicht ganz so lange dabei, aber auch sie verfügen über ordentlich Routine und zeigten Thor erst einmal, wo der Hammer hängt! Die in die Luft gestreckten Trinkhörner zu den Texten aus der nordischen Mythologie zeigten deutlich, dass hier bereits ein kleiner Höhepunkt des Konzerts erreicht wurde. Dieser konnte aber von den Hard-Rockern aus Down Under noch gesteigert werden. Die vier Australier gehen mit einer unglaublichen Energie an die Sache, dass mir Vergleiche mit den frühen METALLICA durch den Kopf gingen. Musikalisch erinnern sie natürlich stark an die Kollegen von AC/DC, aber wie die Jungs in Jeans und T-shirt (oder nur in Jeans) ganz bodenständig und ohne irgendwelchen Körperschmuck drauf los rockten, rief mir den Vergleich ins Gedächtnis. Auch zeigte deren Bassist einen 60-minütigen Propeller, wie ich ihn zuletzt bei Newstedt gesehen habe. Die Zeit wird zeigen, ob sie dem Vergleich standhalten und eine ähnliche Karriere hinlegen können. Das Zeug dazu haben sie allemal!
Zu guter Letzt darf ich festhalten, dass das „Campus To Hell“ mit ca. 6000 Zuschauern ein voller Erfolg war und alle Bands einen guten Eindruck hinterlassen haben. Vielleicht sollte man beim dritten „Devil Side“ jedoch darüber nachdenken, ob man nicht lieber drei, vier Formationen weniger bucht und den anderen etwas mehr Spielzeit gönnt. Aber auch so habe ich es nicht bereut, meinen Sonntag im Ruhrgebiet verrockt zu haben! Bis zum nächsten Mal.
Copyright Fotos: Karsten Rzehak
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