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DE/VISION – MICHIGAN – AKANOID

Ort: Bielefeld - Stereo

Datum: 25.09.2007

Drei Formationen des gepflegten Elektro-Pops, alle mit ähnlichem Hintergrund, alle mit männlichen Vokals ausgestattet, ein recht homogenes Package also, das uns an diesem Abend im Bielefelder Stereo erwarten sollte.

Los ging es mit AKANOID, ursprünglich ein Projekt der Herren Hilton Theissen und Uwe Lübbers, die bereits im Trance-Bereich Lorbeeren ernten konnten. Leider geht Soundtüfftler Uwe neuerdings andere Wege, was laut Hilton „nach über 10 Jahren einer Scheidung gleichkommt“, wie er mir nach dem Gig an der Theke auf Nachfrage erzählte. Doch Hilton hat einige junge Gesichter um sich geschart und so performt man nun mit Phil an der Gitarre, Daggy an den Synth und Dirk an den Drums zu Viert. Nach zwei EPs ist im April diesen Jahres ihr erstes Album „Cocktail Pop“ erschienen, 7 Titel daraus bekamen die Anwesenden nun zu Gehör gebracht. Die meisten der vielleicht 100 Leute (darunter die üblichen Verdächtigen) dröselten sich zu dieser Zeit noch OWL-like um die große Theke, spendeten jedoch wohlwollenden Applaus für eine warme, eher ruhige Performance, in der die Gitarre (wie bei „Under the line“) hier und da Akzente setzte. Ein melodischer Cocktail mit Zutaten aus dem Wave-, Dance- und Indiebereich, einen Spritzer 80er-Feeling schmeckte man auch heraus und Fronter Hilton (erinnerte etwas an den „jungen“ Marcus Meyn/ CAMOUFLAGE) gab der Mischung die passend emotionale Stimme.

Setlist AKANOID
Intro
Under the line
Nexx
On air again
?
I swear
Game boy
No matter

Es folgten die Schweden MICHIGAN, im Jahre 2002 als Trio gestartet und nach 2 Alben jüngst durch den Weggang von Knöpfchendreher Jesper auf ein Duo geschrumpft. In wenigen Tagen erscheint ihr drittes Album „Pulse of pain“, mit dessen Titelsong nun auch Sänger Peter und Kompagnon Jonas an den Keys ihre Darbietung begannen. Es ging zunächst mit aktuellem Material weiter, ehe man mit„Sad Queen“ und „Sorrow“ einen Ausflug in die ältere Diskografie unternahm. Doch egal ob aktuell oder älter, alle Songs zeichnen sich durch hohe Tanzbarkeit und eingängige Melodien aus, von Peter mit kernig-klarer Stimme vorgetragen und oftmals passend von Jonas’ Backgroundvocals unterstützt. Das düstere „Demon’s inside“ lässt Assoziationen zu DEPECHE MODE aufkommen, anschließend wurde es mit „My own denial“ und „Hang on“ eine Spur rockiger und Peter bemühte sich nach Kräften, das Publikum zum Mitklatschen zu animieren. Die wunderschöne aktuelle Single „The Nomad“ beendete die Setlist eines sympathischen Duos, das an diesem Abend sicherlich einige Fans dazu gewonnen haben dürfte.

Setlist MICHIGAN
Pulse of pain
Shine in silver
Juveniles
Sad Queen
Sorrow
Valley of death
Demon’s inside
Decadence
My own denial
Hang on
The Nomad

Um 21.20 Uhr starteten dann die Hauptakteure des Abends. Seit einigen Jahren zum Duo geschrumpft, hatten sich Frontmann und Songwriter Steffen Keth sowie Keyboarder Thomas Adam für die Live-Performance wie üblich der Unterstützung eines Drummers (Markus Köster) und eines Gitarristen (Lars Baumgart) versichert, die sich aber eher bedeckt rechts und links am Bühnenrand hielten. Nachdem das eröffnende Intro verklungen war, ging’s mit Deep Blue“ vom brandaktuellen Album „Noob“ los und sofort wurde auch eifrig mitgetanzt. Während die Ostwestfalen sich bei den beiden Vorbands auch räumlich sehr zurückgehalten hatten, waren nun die Plätze vor der Stage stark frequentiert. Immerhin gab es auch ne Menge zu sehen, die deutschen Electro-Pioniere hatten eines an Licht und Nebel aufgefahren. So auch eine Lightshow, die aus mehreren „Tafeln“ im Hintergrund bestand, die in den verschiedensten Farben, Formen und Figuren für eine perfekte optische Untermalung der Show sorgten. Nachdem Steffen sein heute im Vergleich zu anderen Shows nicht ganz so zahlreiches Publikum begrüßt hatte, folgte ein relativ hartes „Noob“-Stück: „What It Feels Like“ sorgte dafür, das alle Beteiligten zügig auf Betriebstemperatur kamen und so konnte sich „Obsolete“ nahtlos anschließen. Obwohl die neue Scheibe erst seit vier Wochen erhältlich ist, zeigten sich doch viele der Anwesenden bereits textsicher, immerhin ist das Album aber auch gleich von Null auf 44 in den deutschen Charts eingestiegen, da hatten sich wohl auch schon viele Bielefelder mit dem Tonträger eingedeckt. Sehr schön übrigens auch die Hinweisschilder mit der Aufschrift „You are in Bielefeld“, die auf dem Bühnenboden klebten. Ob es da wohl schon mal Ratlosigkeit gegeben hat, wo man sich gerade aufhielt? Vorstellen kann ich mir schon, dass man diesbezüglich im Laufe einer langen Tour die Übersicht verlieren kann. Im Stereo sollte es jetzt allerdings mit „Addict“ ein Jahr zurückgehen, 2006 ist der Song nämlich auf der „Subkutan“ erschienen, und lud erneut zum Tanzen ein. Genauso wie „God Is Blind“, welches jedoch inzwischen bereits neun Jahre auf dem Buckel hat und der „Monosex“ entnommen wurde. Auch „Freedom“ („Void“ – 2000) gehört inzwischen schon zu den D/V-Klassikern und wurde entsprechend von den Fans abgefeiert, bevor man mit „Dress Me When I’m Bleeded“ ganz weit in die D/V-Diskografie abtauchte. 1995 auf dem zweiten Album „Universed In Love“ erschienen, hat der Track jedoch nichts von seiner Intensität verloren, da schreckte man fast ein wenig auf, als es zum aktuellen „Life Is Suffering“ plötzlich recht hell im Saal wurde und das Tempo wieder deutlich anzog. Zu „New Drug“ erschien hinter Thomas (angetan mit einem Cowboyhut, den er sich in Mexiko zugelegt hat, wo DE/VISION kürzlich einen erfolgreichen Gig spielten) erstmals ein DE/VISION-Schriftzug, der im Laufe des Abends noch häufiger zu sehen sein sollte, während vorn Steffen seinem exaltierten Tanzstil frönte. So auch bei „Love Will Find A Way“, bei dessen Instrumentalteil Steffen sich ausgiebig der Körperertüchtigung widmete, aber auch im Auditorium kräftig mitgetanzt- und geklatscht wurde. Dies setzte sich bei „The End“ in gleichem Maße fort, glücklicherweise besiegelte der Titel aber noch nicht das Ende des Abends, stattdessen sollte es mit „Living Fast Dying Young“ flott weitergehen, bevor zu „Your Hands On My Skin“, der ersten Single überhaupt, die 1990 erschienen ist, das Plenum ausgiebig seine Sangeskünste unter Beweis stellen konnte. Und das tat es auch, selbst als Steffen bereits die Bühne verlassen hatte. Auch die Ansage, dass dies der letzte Song gewesen sei, störte niemanden und es wurde voller Inbrunst weiter gesungen, so dass Steffen wieder auf die Stage zurückkehrte und feststellte, dass es zwar heute nicht so viele Zuschauer seien, die dafür ihre Sache aber super gemacht hätten. Als Belohnung gab’s „Flavour of The Week“ auf die Ohren, das noch mal eine richtige Party startete. Um 22.50 Uhr schien es fast, als sollte tatsächlich Schluss sein, Steffen hatte sich bedankt und mit seinen Mannen die Bühne verlassen, doch so einfach ließen die Fans, die zum größten Teil jenseits der 30 waren und somit die Band von Anfang an begleitet haben könnten, die Herrschaften nicht davonkommen und die Party ging vor allem mit „Try To Forget“ noch mal in die Verlängerung. Erneut verließ der Vierer ihre Wirkungsstätte, doch trollte sich nach einer kleinen Weile Thomas noch mal hinter sein Keyboard, um ein Solostück anzukündigen. Das war natürlich überhaupt nicht ernst gemeint und wenig später fanden sich auch seine Mitstreiter wieder ein, um das finale „Strange Affection“ zum Besten zu geben, bei dem Steffen nochmals tänzerisch alles geben konnte und es sich auch nicht nehmen ließ, einige Hände in der ersten Reihe zu schütteln.

So endete nach gut 100 Minuten ein sehr stimmungsvolles Konzert, das einmal mehr bewiesen hat, weshalb sich DE/VISION in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer der deutschen Vorzeige-Electrobands entwickelt hat. Auch die beiden Vorbands haben ihre Sache gut gemacht und den Abend zu einer runden Sache werden lassen.

Setlist DE/VISION
Intro
Deep Blue
What It Feels Like
Obsolete
Addict
God Is Blind
Freedom
Dress Me When I Bleed
Life Is Suffering
New Drug
Nine Lives
Love Will Find A Way
The End
The Far Side of the Moon
Living Fast Dying Young
Your Hands On My Skin

Flavour of the Week
I regret

Re-Invent Yourself
Try To Forget

Strange Affection

Copyright Fotos: Jörg Rambow

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