DIE ANGEFAHRENEN SCHULKINDER

Ort: Osnabrück - Haus der Jugend

Datum: 12.12.2018

DIE ANGEFAHRENEN SCHULKINDER sind seit mehr als 30 Jahren Kult in ihrer Heimatstadt Osnabrück. Seit wann genau es die alljährlichen Weihnachtsshows gibt, vermag ich nicht zu sagen, aber ich erinnere mich, bereits 2000 ein große Fotomontage von drei nackten Schulkindern und mir in die Lagerhalle getragen zu haben, um mir dieses Geburtstagsschenk von Heaven, Dr. Ignatz Ignatz sowie Jo und Charlie Granada im Anschluss an die Show signieren zu lassen. Das ist jetzt 18 Jahre her und schon damals gehörte ein Abend mit den Schulkindern unbedingt zur Vorweihnachtszeit dazu. Seit geraumer Zeit laden DIE ANGEFANGENEN SCHULKINDER in das Haus der Jugend und nachdem ich 2017 leider aussetzen musste, freute ich mich jetzt umso mehr auf diesen ganz speziellen, schrägen Humor, der nicht selten auf besonders unterhaltsame Art unterhalb der Gürtellinie angesiedelt ist.

Dabei begann der Abend ganz besinnlich mit der Weihnachtsgeschichte, die allerdings heuer von Marianne und Michael in Szene gesetzt wurde. Die hochschwangere Marianne (gespielt von Heaven) und ihr Mann Michael (Jo) waren auf der Suche nach einer Herberge, doch schon bald kam Marianne nieder – lautstark, aber schnell, weshalb sogar noch Zeit für eine deftige Mahlzeit im Wirtshaus gewesen wäre. Marianne war wie üblich hungrig und durstig und vermutlich war die erste Publikumsreihe froh, dass der Vorhang noch geschlossen war, denn wenn das Mariannerl isst, hat auch schon mal das Auditorium in Bühnennähe etwas davon. Ähnliches sollte heuer jedoch nicht passieren, stattdessen wurde die Stage sichtbar, wo auch die X-Mas-Winter-Wonderland-Band, bestehend aus Marcus Praed (Gitarre), Andreas Helmet Müller (Bass) und Dr. Dirk Deko PengPeng Pellmann (Drums & Percussion), Aufstellung genommen hatte.  Denn es sollte musiziert werden! Geboten wurden Weihnachtslieder auf Highspeed – ganz so wie es sich für die Schulkinder gehört, die zudem auch bei AC/DC den besinnlichen Kern zum Vorschein bringen. Nachdem der Saal so in vorweihnachtliche Stimmung gebracht worden war, stand mit dem Singspiel „Mein Penis heißt Black Beauty“ ein Oldie but Goodie auf dem Programm, bevor es eine Live-Schaltung zur Stadthalle im emsländischen Sögel gab. Hier moderierte Schnellsprecher Peter Hänes die Charity-Gala „Menschen für Menschen“ unter dem Motto „Reich die Hand, Araber“. Großartig der Beitrag „Mohammed sin Dromedar“ der Brüder Fitten, Manni und Harry Gösling, auf den eine herausragende Bauchredner-Nummer folgte! Mit „Winnetou 1-3“ war auch ein Klassiker mit von der Partie, während Günther von den Blauen Hähnen Bad Laer mit seinem Song „Feine Mädchen“ ein mit Begeisterung aufgenommenes Novum war. Später intonierte der Herr im karierten Sakko noch „Mach es wie die Sonnenuhr“, war allerdings nicht mit der Beteiligung der Zuschauerschaft zufrieden und beorderte deshalb Heaven zur Unterstützung in den Zuschauerraum. Der Kenner weiß, dass dies zum einen die Stelle für erste heftige Publikumsbeschimpfungen ist und zum anderen im Anschluss die Anwesenden in die Pause geschickt werden.

Nach diesem kurzen Break war die Band abermals involviert und klassisches Liedgut wurde intoniert. Ganz so, wie sich das im Advent gehört. Gut, fast so… Ein weiteres Highlight kündigte sich mit Chris Krüger, dem Tiger aus Cloppenburg an. Der Mann holte den Rock’n’Roll ins Haus der Jugend und bewies, dass Stottern für einen Sänger kein Thema sein muss. Ein ewiges Thema sind für die Schulkinder jedoch Penislieder aller Coleur. Für 3 ½ Stunden haben die Herrschaften nach eigenem Bekunden entsprechendes Material, wollen jetzt jedoch auch verstärkt Vagina-Songs ins Repertoire aufnehmen. Bis dahin erfreute der Vierer seine Fans zunächst mit grandiosen Untenrum-Tracks: „Mittelstrahl ist optimal“ und „Ein kleiner Penis ist keine Entschuldigung“ wissen die Osnabrücker natürlich, aber dass SANTIANO bei den Schulkindern geklaut haben und dass deren Titelsong eigentlich von den ANGEFAHRENEN SCHULKINDERN stammte und „Masturbano“ heißt, war wohl den meisten ebenso neu wie der Umstand, dass sich KAREL GOTT für den „Maja“-Soundtrack ebenso frech bei den Jungs bedient hat. Eigentlich heißt es nämlich nicht „…und diese Biene die ich meine, die heißt Maja“, sondern „…und dieser Penis, den ich meine, das ist meiner…“! Geschunkelt werden durfte auch und zwar zu den Klängen von „Alt werden, tot gehen“ und für die jungen Leute wurde noch „Ein Penis steht am Meer“ performt, ehe Werner „TipTop“ Weverling in die Bütt ging.

Die Zeit war wie im Fluge vergangen und schon stand das der letzte Song auf dem Zettel! Doch Heaven machte der Crowd Hoffnung und verkündete, man habe noch 44 Zugaben vorbereitet. Zuvor standen zwei ganz besondere Gäste auf der Bühne: PETER MAFFAY und UDO LINDENBERG! Man muss es einfach gesehen haben, wenn sich diese beiden Ausnahmekünstler auch noch gemeinsam die Ehre geben! In der gebotenen Ausführlichkeit wurde dieser Auftritt und das Lied „Lass es sein“ abgefeiert, bevor DIE ANGEFAHRENEN SCHULKINDER mit „Pudel Rain“ und „Marina“ abermals bewiesen, dass sich hinter den Anarcho-Komikern begnadete Musiker verbergen, die von ihrer X-Mas-Winter-Wonderland-Band kongenial begleitet wurden. Auf den Evergreen „Tötet Onkel Dittmeyer“ mussten der nahezu voll besetzte Saal zwar an diesem Mittwoch verzichten, dafür gab’s auf der Zielgeraden noch mal „Das Gliedstinkerlied“ zu hören, das bereits verstorbenen Werner Biskup gewidmet war, der 1980-1981 und 1993-1995 den VfL Osnabrück trainiert hat.

Wenn man sich einfach völlig sinnbefreit auf DIE ANGEFAHRENEN SCHULKINDER einlässt, wird man jedes Jahr aufs Neue mit einem Humor belohnt, der sicherlich nicht besonders feinsinnig ist, aber in seiner derben Art einfach Spaß macht. So erging es auch den überwiegend etwas älteren Zuschauern an diesem Abend und wenn Mina, die wohl mit ihren Eltern da war, tatsächlich erst zwölf Lenze zählte, hatten ihre Oldies möglicherweise am nächsten Tag ein bisschen was zu erklären. Wer von der kruden Weihnachtsvorstellung nicht genug bekommen kann, hat jetzt außerdem die Möglichkeit, sich das wilde Treiben auch im heimischen Wohnzimmer zu geben, denn mit „Kill*Destroy*Fuck“ ist die 2016er Weihnachtsshow jetzt auch auf DVD zu haben!

Coyright Fotos: Ulrike Meyer-Potthoff