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DINOSAUR JR. – TRÜMMER

Ort: Frankfurt - Batschkapp

Datum: 12.02.2013

Zeitreise in Frankfurt. Nicht nur die Auswahl des Live Acts fiel letzte Woche dezidiert in den Zuständigkeitsbereich längst verrotteter – wenn auch, wie sich, besonders am Faschingsdienstags-unabhängigen Verkleidungsspaß der Zuschauerschaft zeigte, leider noch nicht vollends aus dem kollektiven Unterbewusstsein getilgter – Jahrzehnte. Auch die gute alte Frankfurter Batschkapp, im 37. Jahr ihres siffigen, nun ja, renovierten Seins und trotzdem kurz vorm Abriss und neuem Erstehen in größerer und mieseren Bands zu Pass kommender Facon, ist wohl DER ORT schweißgetränkter Konzertabende initiationsritueller Zeiten eines jeden pubertätsgeschüttelten Jünglings im erweiterten Rhein-Main-Gebiet. Passend lokal auch hier ein frei angeglichener Adorno: Es gibt keine richtigen Clubs in der falschen Stadt. Veränderte Zeiten bringen einen Konzertbeginn mit sich, der mit der Zahl auf dem hässlichen Computerticket übereinstimmt. Zu viele verkaufte Exemplare eben dieser Tickets und mit TRÜMMER eine Vorband, die meine wind- und wetterfeste These vom unter Prügelstrafe durchzusetzenden Verbot dieser Art von Musik erstaunlich plausibel scheinen ließ. Einmal mehr.

Drei schlonzige Schweighöfer-Schlakse mit Sakkos und Hamburger Herkunft wie eine – inzwischen schwerst nach Fischranz riechende – Qualitätsplakette am Promo-Revers. Musik zwischen schlecht gezupft und schlechter geschrammelt, erstickt von nicht mal mehr getarnten Schlagertexten, für die als inspiratorischer Einfluss genannt werden BLUMFELD oder TOCOTRONIC mit rechtlichen Schritten drohen müssten. Es ging viel um die Mähn-schöön und um Berlin. Kokain bleibt eine furchtbar idiotische Droge und Träumer, die sich noch zu träumen wagen, würden heute nicht einmal mehr PUR aufs Textblatt vomitieren. Haben sie nämlich schon vor 20 Jahren, deucht mich. Larmoyanzmassaker, das. Die neben mir mitwippenden Mediokritätsglanzlichter gehörten somit auch zur Kategorie Festivalbesucher-Deppen, die auf Nachfrage keine gesehene Band – letzte zwei Worte in Gänsefüßen lesen, bitte – mit Namen nennen können.

Nach dem Wegräumen der Schandwerkzeuge TRÜMMERs durch, Zeitreise, langhaarige Roadies in Levellers-Shirts, schlurften die alten Männer vom Plakat auf die Bühne und zerstreuten jegliche philanthropischen Ideen, J. Mascis lust- und teilnahmsloser Habitus sei so etwas wie das verspielte Persiflieren des Klischeebildes von gealterten Slacker. Nein, der unbewegte Schlechtgelaunte mit weißem Haar und Bart, der die 90 Minuten Spielzeit mit ganzen neun Worten Publikumskontakt garnierte, ist tatsächlich so und für Plausch mit den Zuhörern hat man ja Basser Lou Barlow dabei. Musikalisch war die Chose erwartungsgemäß gut. Früh 90er Alternative Rock mit stellenweise hochinspirierten Solos von Neil Young-Bewunderer Mascis. Für richtig Dampf fehlt leider eine zweite Gitarre, was den Livesound bei jedem Lead-Moment weit dünner als das Studiopendant klingen lässt. Songs vom sehr gelungen aktuellen Longplayer „I Bet On Sky“ wurden so begeistert aufgenommen wie die alten Hits von „Freak Scene“ bis zur großen CURE-Coverversion „Just Like Heaven“. Lahmere Momente fielen im typischen Frankfurter Blasé-Publikum mit seinen festbetonierten Füßen kaum auf.

Amüsement auch über die zwei Handvoll jüngerer Besucher, inmitten der Kohorten alter Säcker inklusive des Autors. Hatten sich doch wahrhaftig ein paar prächtig bartbewachsene Bürschchen mit Strickjäckchen und Kurt Cobain-Gedächtnisleere (leider ohne Schrot) im Gesicht in die Batschkapp verirrt. Ich erwähnte die Karnevalsnähe bereits eingangs. Ihre weiblichen Begleitungen trugen wuchtige Horngläser auf den Näschen, die in Zeiten, da jene Dämchen noch im Waldorfkindergarten ihre Namen pupten, ein Statement wider einen Modezwang dargestellt haben könnten. Im Jahre 2013 kann ich diesen meinen Konzertmitbesucherinnen allerdings nur wünschen, dass ihnen ausschließlich die Brille aus den Gesichte fallen möge, wenn beim nächsten Banktermin zur Häuslebaufinanzierung die Dame am anderen Ende des Schreibtischs den gleichen Protestklotz auf der an alternativem Leben ganz und gar uninteressierten Nase sitzen hat.

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