Ort: Leipzig WGT Moritzbastei
Datum: 24.05.2007
Unser WGT begann dank Urlaub schon am Donnerstag den 24.05., als wir gegen 10 Uhr früh Richtung Leipzig aufbrachen. Bilderbuchwetter, strahlender Sonnenschein und glücklicherweise ein Haufen gut gekühlter Getränke begleiteten uns auf der fast vierstündigen Fahrt. Die gemietete Ferienwohnung lag im Westen des Zentrums und leider nicht im besten Wohnviertel. Ein Eldorado an Trödelmärkten, wohin das Auge reichte. Schnell wurden die Sachen abgelegt und die erste Straßenbahnfahrt in Angriff genommen. Hilfe bekamen wir vom netten DJ Funker Jan, den wir an der Haltestelle trafen. Gute 20 Minuten dauerte die Fahrt zum Agra-Gelände vom Hauptbahnhof aus und schon jetzt konnte man etliche schwarze Gestalten in jeder Straße beobachten. Unproblematisch und schnell funktionierte der Umtausch der Tickets gegen Bändchen und so waren wir schon recht früh wieder im Leipziger Zentrum. Ein kurzer Stopp an der Moritzbastei ließ uns am Soundcheck von DIORAMA teilhaben, die an diesem Abend auf der offiziellen WGT-Eröffnungsparty ein Konzert geben sollten. Die Vorfreude stieg und weiter ging es vorbei am Gewandhaus über den Augustusplatz zum gemütlichen Italiener direkt an der Thomaskirche. Gut gestärkt konnten die ersten Konzerte beginnen, die nicht zum offiziellen WGT-Line Up gehörten, aber freier Eintritt mit Bändchen war garantiert. Die entspannte Atmosphäre in und um die Moritzbastei herum und das gut gekühlt Fassbier genießend warteten wir auf den Beginn der Bands, wobei die Leipziger PAINBASTARD den Anfang machen sollten.
Eine nette Überraschung und umso mehr freute ich mich nun auf die Stimmungsmacher, die herzlich im dunklen Gewölbe begrüßt wurden. Sänger Alex P. ist schon eine imposante Erscheinung in seiner schicken „Rüstung“. Keyboarder Alex K. versteckte sein Gesicht wie gewohnt hinter einer riesigen Fliegerbrille. Die Show ging sofort in die vollen mit aggressiven aber doch melodischen Elektro-Songs wie „When the rats desert the sinking ship“ oder „Poison for your Soul“. Vorne mittig bildete sich ein Pulk aus tanzenden EBMlern, die Alex teilweise auch persönlich zu kennen schienen. Wohl kein Wunder bei diesem Heimspiel, welches gute Stimmung in die Moritzbastei brachte. Alex fegte dynamisch mit straightem Blick auf der Bühne hin und her und spiegelte das Tempo seiner Songs in seinen Bewegungen wider. Eine tolle Lichtshow unterstrich den rasanten Auftritt und dem Publikum schien es zu gefallen, was man dem Beifall ohne Zweifel entnehmen konnte. Hauptsächlich wurden Songs des 2006er Albums „No need to worry“ präsentiert, doch auch alte Stücke wie „Damned to suffer“ gehörten zur Setlist. Mit „Sternentanz“ folgte sogar einer meiner absoluten Favoriten, schnell, tanzbar und mit wunderschönem Text. Schnell war das Ende des Auftritts erreicht, Alex bedankte sich bei allen, die diesen Auftritt möglich gemacht hatten und unter Zugabe-Rufen wurde die Bühne geräumt. Ein schöner Auftritt, der Spaß machte und gerne hätte länger dauern dürfen!
Doch es blieb nicht lange Zeit zum Trauern, denn die nächsten Leipziger, die Elektroband AMNISTIA enterte die Bühne. Dunkle, kraftvolle und elektronische Songs bot uns das Trio um Stefan, Jan und Sänger Tino. Im Stil von FRONTLINE ASSEMBLY und SKINNY PUPPY stellten sie ihr gerade erschienenes erstes Full Length Album „Neophyte“ vor. Kritische Texte über Zorn, Hass und Liebe, treibende und hämmernde Beats brachte den vorderen Bereich der Moritzbastei zum Kochen. Weiterhin ist Tinos markanter Gesang ein Markenzeichen der Band. Im Hintergrund wurden düstere Videos und Schriftzüge projiziert, die mit der fantastischen Lightshow harmonierten. Das feierwillige Publikum tanzte durchgängig zu jedem Song und am Ende des Auftritts wurden die Einheimischen mit anhaltendem Applaus belohnt.
Meine Vorfreude stieg mit der Gewissheit, endlich wieder DIORAMA live zu erleben. Als Drummer Marquess, Gitarrist Sash Fiddler und Keyboarder Felix Marc (FROZEN PLASMA) zum Intro auf die Bühne kamen war der Applaus noch ein wenig verhalten. Das änderte sich beim Erscheinen von Sänger Torben Wendt gewaltig und eine freudige und erwartungsvolle Stimmung lag in der Luft. Mit dem älteren Song „Hla“ ging es los und Torben zog das Publikum sofort in seinen Bann. Fast unbeschreiblich sind seine Mimik, sein Auftreten, sein Charme und natürlich seine Stimme. In jedes Wort, jeden Satz legte er all seine Gefühle, soviel Ausdruck und Kraft, was das Publikum sichtbar berührte. Insgesamt wirkte der Auftritt viel härter, aggressiver und intensiver als teilweise in der Vergangenheit, wie auch das aktuelle Album „A different life“ in diese Richtung geht. Gespielte Songs daraus waren unter anderem „Burning Out“, der Single-Hit „Synthesize me“ oder „Definition Power“. Auch mein absoluter Favorit „Kein Mord“ beeindruckte mich live und rief Gänsehautalarm bei mir hervor. Natürlich waren auch ältere Songs wie „Klarheit“ oder der Clubhit „Advance“ vertreten, die aber ebenfalls neu arrangiert, viel wuchtiger und moderner erschienen. Felix unterstützte die Songs mit seiner wundervollen Stimme und Sash gab den Songs eine gewisse rockige Note. Alle hatten sichtlich Spaß und strahlten Harmonie aus. In ganz viel Nebel gehüllt sang Torben mit geöffnetem Hemd „Someone Dies“, einen Song zum Dahinschmelzen, dessen Refrain die vorderen Reihen textsicher mitsangen. In den Pausen zwischen den Songs tobte aber regelmäßig der ganze Keller bis in die allerletzten Reihen. Die Temperaturen stiegen unaufhörlich und nach einigen Titeln des Erfolgsalbums „Amaroid“, wie „The Girls“ oder „The Pulse of Life“, bei dem Sash auf dem Boden liegend rockte und den Refrain sang, war der reguläre Teil auch schon beendet. Was dann folgte, habe ich so auch noch nicht erlebt. Eine Welle nicht endend wollender Applaus ließ den Saal erbeben. Die gesamte Band freute sich sichtbar, verneigte und bedankte sich, um für ganz kurze Zeit die Bühne zu verlassen. Eine Zugabe konnte man diesem Publikum jedoch nicht verwehren. Nach einem schweißtreibenden „Erase me“ konnte man es schon erahnen und mit den Worten „okay wir tun’s“ nahm Torben am Piano Platz und spielte „Das Meer“ an. Jubel und Begeisterungsschreie dankten es ihm. Ehrfürchtige Stille und leichtes Schunkeln überall. Einfach wunderschön war es Torben beim klavierspielen zuzusehen, wie er darin versank und seine Stimme mit der Musik verschmolz. Es hätte stundenlang so weitergehen können. Packend und mitreißend ging es dann wieder schneller zur Sache mit „Friends we used to know“. Danach verabschiedete sich die sympathische Band und versprach bald wiederzukommen. Doch sie hatten nicht mit einem dermaßen begeisterten Publikum gerechnet, die schrieen, applaudierten und auf gar keinen Fall aufhören wollten. Sichtlich gerührt kamen die Reutlinger zurück auf die Bühne, schüttelten ungläubig die Köpfe und genossen den Zuspruch. Sash flüsterte dem schweißüberströmten Torben zu „Du schaffst das!“. Torben selbst verkündete, dass diese letzte Zugabe nicht im Vertrag stehen würde und dass ihm das ziemlich egal sei an diesem besonderen Abend. Den letzten Song „Leaving Hollywood“ widmete er Alex von PAINBASTARD und seiner Familie. Das Publikum flippte nochmals total aus, schon allein, weil es einen so alten und geliebten Klassiker zu hören bekam. Tanzende und textsichere Leute, so weit das Auge reichte, begleiteten Torben. Nach über 90 Minuten ging das Konzert gegen 1.00 Uhr dann wirklich zu Ende und warf bei mir die Frage auf, ob ein so einmaliges Konzert in den folgenden WGT-Tagen wirklich noch getoppt werden konnte?!
Setlist DIORAMA
Intro
Her Liquid Arms
Burning Out
Synthesize me
Klarheit
Kein Mord
The Girls
Definiton Power
Last Minute
Someone Dies
Advance
The Pulse of Life
Why
Erase me
Das Meer
Friends we used to know
Leaving Hollywood
Copyright Fotos: Cath Niemann
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