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DONG OPEN AIR 2006

Ort: Neukirchen-Vluyn - Dongberg

Datum: 14.07.2006 - 15.07.2006

Tag 1

Das Dong Festival hatte schon immer den Ruf, eines der fanfreundlichsten Festivals überhaupt zu sein und nachdem man den bösen bösen Dongberg ächzend, schwitzend und fluchend samt Gepäck erklommen hat, löst sich der Entschluss „Nie wieder!“ auch ganz schnell in Wohlgefallen auf – im wahrsten Sinne des Wortes! Die Location auf dem Gipfel des Dongberges ist geradezu malerisch-idyllisch, das Wetter mehr als gut und die Organisation des kleinen aber feinen Festivals das Metaller-Paradies. Wo sonst ist man, egal wie spät man auch ankommt und wo man sein Zelt aufbaut, keine 5 Minuten von Der Bühne entfernt? Wo sonst herrscht so eine positive, nahezu familiäre Atmosphäre? Hat man je von einer Festivalorganisation gehört, die umsonst Ohrstöpsel und Wodka (!) verteilt? Kurz und gut: Das Dong wurde auch dieses Jahr seinem Ruf wieder mehr als gerecht und lässt die einzige kleine Kritik, dass es weder Duschen noch andere Waschgelegenheiten gab, nahezu verblassen. Musikalisch setzt das Dong Festival hauptsächlich auf – oft lokale – Bands aus dem Underground, kombiniert mit jeweils zwei namhaften Headlinern pro Abend.

Leider nahm der Aufstieg doch um einiges mehr Zeit in Anspruch, als gedacht, und so konnte sich die noch immer leise ächzende Terrorverlegerin erst zur dritten Band des Tages, CONTRADICTION, ins Partyzelt, sprich Festivalgetümmel, stürzen, um sich von den vier Kollegen aus Wuppertal ordentlich mit dem Thrashmetalbrett eins überbraten zu lassen! Auch bei den restlichen Langhaardackeln kommt die Kombo super an, kein Wunder, wenn sich eine Band so ins Zeug legt, tierisch abgeht und Spaß auf der ganzen Linie hat. Die gute Stimmung verleitet Live-Basser Andreas Westphal gar dazu, samt Instrument von der Bühne zu hüpfen und eine Runde durchs Publikum zu drehen. Fazit: Ich geb Gas, ich hab Spaß!

Und weiter geht’s im Partyzelt. MYSTIC PROPHECY, die einigen Festivalbesuchern schon vom diesjährigen Rock Hard Festival ein Begriff sein dürften, setzen Kontraste mit ihrem schnörkellosen, straighten Powermetal, der auf nerviges Rumgekreische vollkommen verzichtet – trotz Gratis-Ohrschutz eine Wohltat. Auch sonst gibt’s wahrlich nichts zu meckern. Die Songs knallen, gehen aber trotzdem ins Ohr, die Gitarreros spielen und posen wie aus dem Bilderbuch und Sänger R.D Liapakis ist, mal abgesehen von seinen stimmlichen Qualitäten, ein mehr als begnadeter Frontmann, rennt über die Bühne wie ein junger griechischer Gott und bezieht das Publikum immer wieder gekonnt mit ein. Live hat sich die Band absolut gesteigert, sowohl spielerisch, als auch das Stageacting betreffend.

Nach so viel schweißtreibender Action musste erstmal eine Verschnaufpause her. Weiter im Text geht’s mit TURISAS. Die finnischen, in Felle und Häute gewandeten Krieger, verwandelten mit ihrer Mischung aus Humppa-, Folk- und Pagan Metal, oder in ihren eigenen Worten schlicht und ergreifend Battle Metal und einem witzigen Medley aus der deutschen Nationalhymne, der Europahymne und „Those were the days, my friend“ in ein hüpfendes, tanzendes, den Holzboden zum Erbeben bringendes, moshendes, crowdsurfendes, in jedem Fall aber Spaß-habendes Chaos!

Dieser Auftritt war selbst für den Headliner SAVAGE CIRCUS schwer zu toppen, zumal der heimliche Star der Band, Ex-BLIND-GUARDIAN-Drummer Thomen Stauch, krankheitsbedingt gar nicht mit dabei war. Umso beachtlicher, dass die deutsch-schwedische Kombo trotzdem aufspielte und umso bedauernswerter, dass das Zelt sich nach TURISAS merklich leerte. Dabei waren die wilden Zirkusartisten durchaus sehenswert und zogen das verbleibende Publikum nach anfänglichen Soundproblemen schnell in einen Bann aus Fantasy- und Powermetal und zogen eine gekonnte Bühnenshow ab. SAVAGE CIRCUS beweisen auch – oder gerade – live, dass sie keinesfalls nur ein BLIND GUARDIAN- Abklatsch, sondern eine eigenständige, kreative Band sind.

Außerdem spielten, rockten und siegten am ersten Tag: THE BONNYSITUATION, MOTORJESUS, COMMANDER sowie HIDDEN IN THE FOG.

Tag 2

Und auf geht’s, raus aus den Federn, die Sonne lacht und der Schlafsackbewohner schwitzt. Eine neue Festivalrunde – wer hat noch nicht, wer will noch mal?

Die erste Band des Tages jedenfalls hat es so noch nicht gegeben und alle wollen sie: die GRAILKNIGHTS aus Hannover schaffen ein wahres Wunder: sie kriegen das Zelt mühelos voll und haben zum Ende hin sogar mehr Besucher als SAVAGE CIRCUS am Vorabend. Wer diese Band verpasst, ist aber auch selber Schuld, den Preis für die originellste, fantasievollste kostümierte, durchgeknallteste Band des Festivals haben sie jedenfalls locker in der Tasche. Die Nordlichter bestechen mit ihrer höchst partytauglichen Mischung aus Death-, Epic- und Powermetal, dem vielfältigen Gesang, der von dreistimmigen Heldenchören über cleane Parts bis zu pseudofiesem Gegrunze und Geshoute einfach alles abdeckt, und ihren überaus kleidsamen knallbunten Superheldenkostümen. Auf ihrer Suche nach dem Heiligen Gral haben die Superhelden im DONG-Publikum jedenfalls massenhaft neue Anhänger gefunden und das zu Recht, denn „es kommt ja nicht oft vor, dass 4 Superhelden gleichzeitig an einem Ort sind und dann auch noch eine Heavy Metal Band gründen!“. Dementsprechend wird den tapferen Mannen auch gehuldigt. Die „Hail to the Grail“-Rufe im Publikum sind laut und zahlreich und der Run auf das Merchandise nach dem Gig riesig. Daumen hoch! Für mich die Neuentdeckung des Festivals!

GUN BARREL aus Kölle legen mit ner Schüppe tighten Heavy Rocks ordentlich, wenn auch etwas traditioneller, nach. Die Bühnenerfahrung der – pardon- etwas älteren Herren ist hierbei klar von Vorteil und so dauert es auch nicht lange, bis das Publikum von der professionellen Mischung aus Posen, Rocken und Anheizen überzeugt war und zusammen mit der Band die Party weitergehen lässt.

Am frühen Nachmittag geben sich die LORDS OF DECADENCE aus Österreich die Ehre. Statt Wiener Melange und Sachertorte gibt’s aber heftig was auf die Ohren, und zwar Melodic Death Metal vom Feinsten, ganz in guter alter Göteborg-Tradition. Die junge Band überzeugt schnell mit ihrer Vielseitigkeit, Bühnenpräsenz und ihren ausgefeilten Songs, zumal sie mit einem Ersatzdrummer spielen, der vor der Show ganze zwei Mal mit der Band geprobt hat. Respekt, Respekt. Aber der wurde den Wienern schon direkt vor Ort in Form von kreisenden Matten hinreichend gezollt.

Anschließend wird’s göttlich! OSYRIS aus dem schönen Münsterland haben ihren Namen wohl nicht unbedacht ausgewählt, denn eben dieser ägyptischen Gottheit wird nachgesagt, dass Bier unter die Sterblichen gebracht zu haben. Na das kann ja nur ein guter Auftritt werden! Wird es auch, nicht zuletzt der großen Spielfreude und des Engagements der Band wegen, aber auch die erfrischend-interessante Stilmischung aus Thrash- und Powermetal sowie die unheimlich weit gefächerte Klangbreite des Sängers Bastian Becker – von growlenden über kreischend bis zu cleanen, teilweise an BRAINSTORM erinnernden Gesangsparts, tragen ihren Teil dazu bei. Volltreffer!

Die nächste Band, die ich bestaunen durfte, hört auf den klangvollen Namen DRAGONLAND und kommt aus Schweden. Vorhang auf für die Klischees, die einem nun unweigerlich in den Sinn kommen: Wer denkt da nicht an Powermetal, Fantasylyrics, Drachen, Schwerter, hohen, cleanen Gesang, hochgepitschte Schreie und Keyboards? Ha! Erwischt! Und genau so kam es. Die Schweden eifern nicht nur bei der Namensgebung, sondern auch musikalisch ihren Vorbildern von DRAGONFORCE nach, kommen aber leider an deren musikalische Fähigkeiten und Originalität nicht heran. So liefern die Nordmänner zwar eingängigen, technisch soliden, aber wenig originellen melodischen Powermetal, der schnell etwas langweilig wird, bei einem Großteil des Publikums aber nichtsdestotrotz ganz gut anzukommen scheint.

Die darauf folgenden ROTTING CHRIST führte sich die etwas zart besaitete Terrorverlegerin aus respektvollem Abstand zu Gemüte, da war die aggressive Atmosphäre, sowohl auf, als auch vor der Bühne, dann doch ein bisschen zu viel.

DIE APOKALYPTISCHEN REITER, Headliner des Abends, lockten mich und den Großteil der vorübergehenden Dongbergbewohner aber schnell wieder ins Zelt, das zu diesem Zeitpunkt aus allen Nähten platzte. Die fünf Reiter der Apokalypse hatten die Menge schon vor Beginn des Auftritts auf ihrer Seite und hätten sich die Animation eigentlich, vom Unterhaltungsfaktor mal abgesehen – komplett sparen können. Frei nach deren Liedtext schien sowohl den REITERN selbst, als auch dem Publikum „die Sonne aus dem Arsch“, was nicht einmal die obligatorische „Massenverprügelung“ durch die Hand von Dr. Pest verhindern konnte. Die REITER musikalisch in eine Schublade zu stecken, ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit und so variierten auch die Publikumsaktivitäten je nach Song zwischen Schunkeln, Moshen und fröhlichem Durch-die-Gegend-Hüpfen. Da es keine offizielle Sperrstunde gab, wurde der reichlich bemessene Live-Fundus voll ausgeschöpft, so dass wohl jeder (alte oder ganz neue) REITER-Anhänger dank der sowohl mit neuerem Material, als auch mit Klassikern der Marke „Sehnsucht“, „Kleiner Wicht“, „Reitermania“, sowie dem viel geforderten „Dshinghis Khan“ bestückten und insgesamt 20(!) Stücke zählenden Setlist nach dieser göttlich-genialen Darbietung mit einem seligen Seufzen in den Schlafsack fiel.

Außerdem gerockt und geschwitzt haben an Tag 2: NEGATOR, GUERILLA, SYMBIONTIC und HORRORSCOPE

Copyright Fotos: Alexandra Michels

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