Ort: Gütersloh - Weberei
Datum: 22.12.2004
Die Jungs aus Ibbenbüren Rock City wollten ihren Fans ein vorzeitiges Weihnachtsgeschenk machen und beehrten somit die Gütersloher Weberei just an dem Tag, als der erste Schnee des Jahres fiel. Der hatte sich zwar mittlerweile verzogen, aber dennoch drohte akute Glatteisgefahr, was aber ca. 450 Fans nicht vom Besuch der ostwestfälischen Kultstätte abhielt. Beim letzten Gastspiel sollen es zwar noch 700 gewesen sein, aber dennoch ein mehr als würdiger Rahmen: Der Alternative-Nachwuchs beiderlei Geschlechts war begierig, die Körper in Rotation zu versetzen, ein paar ältere Zuhörer wurden auch gesichtet. Die DONOTS waren aber nicht allein unterwegs und so durfte man zunächst 2 anderen Kapellen lauschen, die musikalisch durchaus was zu bieten hatten.
Als wir kurz nach 20 Uhr den Laden betraten, waren da bereits 3 gut aussehende Herren aktiv, die aus der schönen Schweiz stammen und schon seit vielen Jahren die Bühnen dieser Welt beackern: THE PEACOCKS. Ursprünglich mal als reine „Brüderkapelle“ gestartet sind nach 14 Jahren (!) immer noch Hasu und Simon Langhard dabei, denen man das Alter gar nicht ansieht. Und der gute Simon spielte ein nicht so alltägliches Instrument, einen Kontrabass, womit der Sound der Eidgenossen deutlich in die Psychabilly-Ecke tendierte, mit einem gehörigen Schuss Punk. Mit nur drei Leuten so bewegungsfreudig und mitreißend zu agieren, dass muss man den Jungs erst mal nachmachen, die einen äußerst professionellen Eindruck machten. Hasu kann sich zudem auf sein Äußeres verlassen und versteht das Spiel mit dem Publikum perfekt zu spielen. So bildete sich dann sogar ein kleiner Pit, in dem einige leicht zu erkennende „Psychos“ ihrem Bewegungsdrang nachgaben, immer freundlich, immer spaßig wohlgemerkt. Sogar einige Abgeordnete der Gütersloher „Turbojugend“ waren anwesend, bekanntlich die Fans der norwegischen Institution TURBONEGRO. Am Ende spielten sich die „Pfauen“ in einen kleinen Rausch, man duellierte sich an den Saiteninstrumenten und konnte mehr als nur Höflichkeitsapplaus ernten. Ein sehr netter Auftakt des Abends!
Nach nur kurzer Wartezeit (alle Bands des Abends teilten sich ein Drumkit) waren dann die Amerikaner von STRIKE ANYWHERE an der Reihe. Das Quintett aus Richmond betourt gerade das aktuelle Album „Exit English“, welches mein Kollege ja als ein wenig zerfahren beschrieben hatte. Live war davon jedenfalls nichts zu spüren. Die Mischung aus Punk und Hardcore mit politisch sehr korrekten Texten („Fuck the Pollution“) kam energievoll aus der PA. Mit 5 Mann auf der Bühne wurde es zwar etwas enger, aber dafür konnte das Posing überzeugen. Hier tat sich besonders Vokalist Thomas Barnett hervor, zwar kurz von Wuchs aber groß bei Stimme. Die optische Mischung aus Catweazle und dem NUCLEAR ASSAULT-Fronter wechselte gekonnt zwischen OFFSPRING-mäßigen Singalongs und aggressivem HC-Geschrei hin und her. Zu hart für Emocore aber immer wieder mit eingängigen Passagen ausgestattet. Allerdings war die Mucke für ein paar der anwesenden vielleicht etwas zu aggressiv, so dass der Stimmungspegel im Vergleich zum Opener nicht ganz gehalten werden konnte. Dennoch ein überzeugender Auftritt!
Danach dauerte es dann ein klein wenig länger, bis der Hauptact seine Position einnahm. Die Großfamilie „Donot“ war los, so etwa gegen 22 Uhr ritt der westfälische Punkrock seine erste Attacke. Die 5 nicht mehr ganz jungen Herren konnten das Auditorium im Nu in ihren Bann ziehen, als Einstieg wurde „The Jerk Parade“ gewählt. Die Coverversion „True Faith“ von NEW ORDER begeisterte dann natürlich einen alten 80er Hasen wie mich, die Ibbenbürener selbst sind ja auch Fans dieser Epoche, vor allem der klassischen Metalbands. So wurde ein Kollege im RUNNING WILD-Shirt dann auch mit dem Rock ´n´ Rolf-Gedächtnispreis ausgezeichnet. Shouter Ingo wird vielleicht nicht gerade den Schönheitspreis gewinnen, dafür ist er ein geborener Entertainer, der zwischen den Songs immer wieder mit netten Anekdoten unterhält. So forderte er die Anwesenden zu einem verbalen Doppel („Ihr Gütersloh – Wir Ibbenbüren“) auf oder berichtete von seiner zerrissenen Hose, dermaßen bewegungsfreudig war der gute Mann. Die Gitarrenfraktion wechselte ständig die Positionen, Guido, Alex und Jan Dirk machen immer noch einen hungrigen Eindruck wie am ersten Tag. Da sie aber eben doch schon ein paar Tage mehr musizieren, hat man mittlerweile haufenweise bekannte Songs am Start, vom aktuellen Album „Got the Noise“ etwa die Single „We got the Noise“, das melodiöse „Wretched Boy“ oder „It’s over“. Aber natürlich kamen auch ältere Nummern wie „Saccharine Smile“ oder natürlich der Mitsinghit „Whatever happened to the 80s“ zum Zuge. Den Zuschauern war’s einerlei, es wurde gehüpft, gepogt, gedivt und vor allem das alte Crowdsurfing Spiel bis zum Exzess exerziert.
Somit glich die Weberei bis in die hinteren Bereiche einer Sauna, in der sich haufenweise Energie freisetzte. Nach einem ausgedehnten Hauptteil konnte der Zugabenteil mit Smashern wie „We’re not gonna take it“ oder „I quit“ das letzte aus der jungen Meute herausholen. In dieser Form werden die Ibbenbürener, welche den DECEMBER PEARLS Gitarristen Toby als Roadie dabei hatten (ihm wurde der Song „Superhero“ gewidmet), noch einige Jahre eine wichtige Konstante im deutschen Alternative-Bereich sein. Und Gütersloh braucht solche Events, um gegenüber den Nachbarstädten nicht als kulturelles Ödland zu gelten. Für das Abschlusskonzert der DONOTS am 29.12. in Osnabrück kann man im Übrigen auf deren Homepage die Setlist mitbestimmen, also haut rein!
TK
Setlist DONOTS
The Jerk Parade
True Faith
Today
We got the Noise
Get it right
Wretched Boy
Suitcase Life
Stereo
Saccharine Smile
Jaded
Superhero
It’s over
Whatever happened to the 80s
Room with a view
I quit
We’re not gonna take it
Goodbye Routine
Copyright Fotos: Jörg Rambow
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