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DROPKICK MURPHYS – BIG D & THE KID’S TABLE – RUNNIN’ RIOT

Ort: Osnabrück - Hyde Park

Datum: 28.01.2007

Nach einem nasskalten Sonntag sollte für die Osnabrücker Terrorzelle das Wochenende schweißtreibend enden, hatten sich doch die DROPKICK MURPHYS aus Boston im Hyde Park angesagt. Aus ihrer Heimatstadt brachte das Septett BIG D & THE KIDS TABLE mit und hatte auf dem Weg über den Großen Teich sozusagen noch die nordirischen RUNNIN’ RIOT eingesammelt.

Letztere fungierten als Opener, leider vor der auf den Karten und in der Presse angekündigten Zeit, so dass wir nur noch die letzten Minuten des halbstündigen Auftrittes mitbekamen. Auch einer Vielzahl anderer Zuschauer ging es ähnlich, was zu ganz leichtem Unmut im ausverkauften Park führte. So bleibt mir nicht mehr über die vier Herren zu sagen, als dass sie recht heftigen Oi! Punk zum Besten gaben. Der wohlbeleibte Fronter lief dazu ein wenig planlos über die Bühne und vermochte das Publikum noch nicht wirklich zu fesseln, was vielleicht auch einfach daran lag, dass nicht wenige vom frühen Start der Darbietung überrascht wurden.

Nach einer angenehm kurzen Umbaupause legten BIG D & THE KIDS TABLE los. Die Amis machen eine wilde Mischung aus Ska, Punk und Dub und legten gleich ordentlich los. Noch zeigte sich das Volk ein wenig reserviert, aber der treibende Sound aus Gitarren und Bläsern animierte schon bald den einen oder anderen zum Tanzen. Zwischendrin gab’s auch mal was ruhigeres, wahrscheinlich brauchte Sänger David McWane einfach mal eine kleine Verschnaufpause. Das schmale Hemd wirbelte aber auch wie ein Derwisch über die Bühne und auch John Reilly hatte hinter der Schießbude einen anstrengenden Job zu erledigen, den er deshalb gleich oben ohne absolvierte. BIG D & THE KIDS TABLE hatten neben eigenen Stücken auch ein QUEENSRYCHE-Cover im Gepäck, welches allerdings so verfremdet war, dass ich das Original nicht mehr herausgehört habe. Dafür hörten sich später die Saiteninstrumente stark nach HEROES DEL SILENCIO an, jedenfalls für einen Moment, denn dann sollte wieder in feinster Punk-Manier geknüppelt werden. Inzwischen hatte David sich seiner Kopfbedeckung entledigt und präsentierte neben sehr melodiöser und kraftvoller Musik auch eine blonde Strubbelfrisur. Sean P. Rogan an den sechs Saiten ließ mich hingegen an die Deutsche Bahn denken. In seinem Outfit aus dunkler Hose und Weste mit Schlips und weißem Hemd erinnerte er vor allem aufgrund seines roten Gitarrengurtes an einen Bahnschaffner, lediglich seine reich bebilderten Arme fielen ein wenig aus dem Rahmen. Inzwischen wurde im Park schon ausgiebig gepogt, was bei dem satten, wunderbar durch die Bläsersektion unterstützten Sound auch kein Wunder war. Auch Punks brauchen Kohle, deshalb verwies Fronter David noch auf die zahlreichen CDs am Merchstand, bevor die Band nach 45 Minuten Spielzeit ein temporeiches Finale mit klaren Bläsersätzen und knackigen Gitarrenriffs hinlegte.

Den Anwesenden hatte die Darbietung sichtlich gefallen, auf Zugaberufe wurde jedoch verzichtet, denn eigentlich wartete die Crowd nur auf den Hauptact des Abends und so wurden schon bald die wohlbekannten „Let’s go Murphys!“-Schlachtrufe skandiert. Am Graben wurde es langsam eng, da natürlich jeder ganz vorn mit dabei sein wollte und gerade die deutlich in der Minderheit befindliche holde Weiblichkeit hoffte, einen der vorderen Plätze ergattern zu können, um womöglich später mit den MURPHYS auf der Bühne tanzen zu können. Vorerst mussten wir uns allerdings in Geduld üben, da noch umfangreiche Umbauarbeiten bevorstanden. Nach 45 Minuten wurde es endlich dunkel auf der Stage, 3000 Arme schnellten in die Höhe und ein ekstatisches Klatschen setzte ein. Es erklang ein irisch anmutender Song mit weiblichen Vocals und die DROPKICK MURPHYS betraten die Bühne und verwandelten den Park innerhalb von Minuten in einen wahren Hexenkessel. Sänger Al Barr suchte sofort die Nähe zum Publikum, sprang in den Graben und testete die Textsicherheit seiner Fans, die ihn nicht enttäuschten. Von nun an gab es kein Halten mehr. Gitarrist Marc Orrell wand sich bereits beim zweiten Titel am Boden und die Security hatte alle Hände voll zu tun, um die zahlreichen Crowdsurfer zu bergen. Bassist, Sänger und Gründungsmitglied Ken Casey schritt ein ums andere Mal die Bühne ab, als müsse er sie noch einmal inspizieren und wirkte mit seinem Schiebermützen-Outfit so irisch, dass er sofort in einem Werbespot für die Grüne Insel hätte mitwirken können. Natürlich durfte auch ein Dudelsack nicht fehlen, der von Scruffy Wallace im feschen Kilt bedient wurde. Nicht zu vergessen Tim Brennan, der für die Tin Whistle, das Akkordeon und allerhand Saiteninstrumente unterschiedlicher Größe verantwortlich zeichnete. Für meinen Geschmack hätten die Bostoner diesen traditionellen Instrumenten noch ein wenig mehr Raum geben dürfen, aber auch so war die Stimmung bombastisch. Auf der Stage schonte sich niemand und auch davor ging eine riesige Party ab. Zwischendurch wurde für ein kurzes Luft holen ein wenig Speed rausgenommen, dann aber umgehend auch wieder ein Zahn zugelegt. Kein Wunder, dass Al unter diesen Umständen warm wurde, wie er seinen Zuhörern in erstaunlich gutem Deutsch erzählte. Weiter ging’s mit energiegeladenem Folk-Punk, der neben Hunderten von gereckten Armen auch ein entrolltes DKM-Transparent zur Folge hatte. Wenn ich Al richtig verstanden habe, gehörte das Transparent zu einem besonders treuen Fan, der bei möglichst vielen Konzerten dabei ist, sich auf die Schultern eines Freiwilligen stellt und dann „Flagge zeigt“. Langsam neigte sich der Abend dem Ende und einem Höhepunkt entgegen. „The Wild Rover“, von KLAUS & KLAUS als “An der Nordseeküste” verballhornt, wurde aus etwas 1.500 Kehlen lauthals mitgesungen und ließ Frontmann Al abermals Grabenluft schnuppern.

Dann war jedoch die Stunde der tanzwilligen Mädels gekommen. Von starken Securities über das Absperrgitter gehoben, durften etwa 50 Damen gemeinsam mit den DROPKICK MURPHYS auf der Bühne weilen, wo bald gemeinsam ausgelassen getanzt und gesungen wurde. Marc wurde es wohl zu voll und so ließ er sich mitsamt seiner Gitarre in die Menge fallen und auf Händen tragen, fand aber schon bald wohlbehalten auf die Stage zurück, die wenig später komplett entvölkert war. Die weiblichen Fans begaben sich mit einem seligen Lächeln zurück zum männlichen Fußvolk und die Band suchte ihr Heil backstage. Dies aber natürlich nur, um sich für das furiose Finale zu sammeln, das für die Ordnungshüter noch mal richtig Arbeit bedeutete. Während die MURPHYS noch einmal alle ihre Instrumente erklingen ließen (zum „Departed“-Soundtrack Stück „I’m shipping up to Boston“) und einen Vorgeschmack auf den St. Patrick’s Day boten (vielleicht sollte man den mal in Irland oder Boston feiern…), fand ein geordneter Sturm der Bühne durch beide Geschlechter statt. Mangelnde Nähe zu ihren Fans kann man den Jungs nun wirklich nicht vorwerfen! Und so wurden auf der pickepacke vollen Stage noch einmal die verbliebenen Energien aller Beteiligten aktiviert, bevor nach etwa 90 Minuten das Licht wieder anging und die Scheinwerfer erschöpft wirkende, aber auch sehr zufrieden strahlende Gesichter erfassten.

Einmal mehr haben die Herren aus Übersee ihre fulminanten Live-Qualitäten unter Beweis gestellt und ein Konzert voller Spielfreude abgeliefert, das allen Anwesenden sicher lange positiv im Gedächtnis bleiben wird.

Copyright Fotos: Dirk Ruchay

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