Ort: Berlin - Columbia-Gelände
Datum: 23.03.2013
Bässer, Härter, Lauter – ein Festival nach meinem Geschmack, daher wurde nicht lange gezögert, als das Line-Up des diesjährigen E-Tropolis Festivals in Berlin bekannt und die Fahrt in die Hauptstadt geplant wurde. Ursprünglich sollte das Event schon im Sommer 2012 stattfinden, wurde aber in den eisigen März 2013 verschoben. Man munkelte hier was von fehlender Verfügbarkeit der Bands, warum allerdings genau haben wir nicht in Erfahrung bringen können, uns war die Verlegung nur recht – der Sommer ist ja eh immer schon voll mit Veranstaltungen. Am Morgen des 23.03. hieß es früh aufstehen, denn schon die erste Band des Tages klang vielversprechend, und von Hannover nach Berlin ist man ja dann doch ein Weilchen unterwegs, vor allem zu Beginn der Osterferien. Also aller Morgenmuffeligkeit zum Trotz ab auf die Autobahn. Kurioserweise fanden wir uns nicht mal 2,5 Stunden später auf dem Columbia Gelände wieder – ganz ohne Stau – na sowas. Es geschehen noch Zeiten und Wunder. Nachdem es in Berlin nochmal gute 5 Grad kälter war als in Hannover, waren wir froh, einen Parkplatz direkt vor der Halle ergattert zu haben, so war es auch angehen, dass es recht fix losging, so dass man sich die Kälte aus den Knochen tanzen konnte.
CENTHRON – 14:50 – 15:30 Uhr Columbia Club
Los ging’s direkt laut, dreckig und gut tanzbar mit CENTHRON. Einer Band, die ich zwar schon seit einer Weile irgendwie verfolgt, aber noch nie live gesehen hatte. Die Jungs versuchten mit dem Opener-Klassiker „Einheit C“ das noch halb eingefrorene Publikum aufzutauen, was bei einem Teil ganz gut zu funktionieren schien (ja, ich war dann auch endlich vollständig wach), der größere Part der Anwesenden schien aber erst mal skeptisch und begnügte sich mit einem Fußwippen oder Kopfnicken. Die Truppe hatte sichtlich Mühe, den Funken zum Überspringen zu bringen, leider wollten auch Clubhits wie „Cunt“ nicht wirklich zünden. Ob das nun an der zu „klassischen“ Bühnenshow lag oder einfach an der Rolle des Openers kann man nicht genau sagen. Ich mag ihre Songs, aber live hauen sie mich nicht gerade um. Immerhin hatte ich Platz zum tanzen, da die Menge in der Halle noch recht übersichtlich war.
Setlist CENTHRON
Einheit C
Gasman
Fuck of and Die
Cyberlady
Bitch of Dreams
Asgarth
666
Cunt
Eisenfresse
WINTERKÄLTE – 15:50 – 16:30 Uhr Columbia Club
Nach einer kleinen Umbaupause ging es weiter mit WINTERKÄLTE. Mir sagten weder „Show“ noch der Sound (ich kannte die Band bisher nicht) wirklich zu – keine Kommunikation mit der Menge, irgendwie… langweilig. Nun ja, Geschmäcker sind eben verschieden, so ging es dann rüber in die große Halle…
SOLAR FAKE – 16:00 – 16:50 Uhr Columbia Halle
..ach ja, SOLAR FAKE, die „kleinen“ VNV NATION, wie ich sie immer so schön nenne. Musik zum Träumen und tanzen – live sehr gut von einem sympathischen und – trotz Widrigkeiten, zu denen ich gleich noch komme – gut gelaunten Sven Friedrich rübergebracht. Die Show machte schlicht und ergreifend Spaß. „Where are you?“ widmete der Sänger einem geliebten Menschen, der am Vortag zu Grabe getragen worden war. Während des Songs rang er ein wenig mit der Fassung und kurzzeitig schien er nicht mehr in der Columbia Halle vor mehreren hundert Menschen zu stehen sondern eben am Grab dieser Person – pures Gänsehautfeeling! Ich finde, es verdient höchsten Respekt die Show trotz des Verlustes und der damit verbundenen Belastung so souverän und sympathisch rüberzubringen. Publikumsfavorit war das TALK TALK-Cover „Such A Shame“, welches zum Tanzen einlud und aus der Show eine runde Sache aus Party und Gänsehautfeeling machte. Mehr davon!
[X]-RX – 16:50 – 17:40 Uhr Columbia Club
Nach diesem etwas ruhigeren Ausflug gab es im Club wieder „Blutende Öhrchen“ und Tanzstimmung – [X]-RX machten die Bretter der kleineren Halle unsicher und brachten hier das erste Mal das Publikum zum Kochen. Taffe Ansagen, Bewegung auf und vor der Bühne und jede Menge Clubhits ergaben eine explosive Stimmung und der vordere Teil des Ladens wurde zum Hexenkessel. Ich kann mich nicht erinnern, wann mir das letzte Mal bei -15 Grad Außentemperatur so heiß war, das ich mich bis aufs Top ausziehen musste, um mich nachher nicht zu erkälten – weil’s einfach durchgeschwitzt war. Die beiden Jungs machen einfach eine Wahnsinns Show und stehen nicht nur hinter ihren Laptops, sondern spornen die Menge zu Höchstleistungen an. Publikumsnähe und Spaß dran, eine Rampensau zu sein – so könnte man das Ganze beschreiben. Songs gab’s bunt durch die Schaffensgeschichte – von „Tanz Schlampe“ über „The Update“ und „Kein Herz“ bis hin zum Über-Hit „Stage 2“ der zum Anschluss nochmal Restkräfte mobilisierte gab’s eine bunte Tüte tanzbare Beats von der Bühne. Danke Jungs, diese Dosis hätte ich jetzt gern einmal die Woche, dann meint mein Arzt auch nicht mehr, ich müsse mehr Sport treiben.
NOISUF-X – 18:00 – 18:50 Uhr Columbia Club
Ja, so’n kleines bisschen K.o. war ich dann ja jetzt schon – erst mal was trinken und ein wenig abkühlen, damit es gleich weitergehen konnte. Zum Glück hatte die Umbaupause genau die richtige Länge dafür. Einigermaßen akklimatisiert ging’s mit NOISUF-X weiter. Ich hatte mich im Vorfeld schon geärgert, dass sich die Jungs mit NACHTMAHR überschneiden, so würde ich nicht den ganzen Gig sehen können. Sichtlich darüber erfreut, eine schon gut aufgewärmte Halle vorzufinden ging es auch gleich mit Volldampf los. Mitbekommen habe ich Klassiker wie den „Clubhit“ und „Deutschland braucht Bewegung“, auch das allseits bekannte „Hit me hard“ war unter den ersten Songs. Der Columbia Club war mittlerweile so gut gefüllt, dass der Platz zum Tanzen rar wurde und es eher eine sich bewegende Menge gab als einzelne Personen. Die Temperatur war weiter deutlich gestiegen, was der Stimmung aber keinen Abbruch tat. Auch wenn hier die Bühnenshow nicht ganz so überzeugend war – man merkt, dass NOISUF-X zu den Szenegrößen gehört und als solche wurde jeder Song auch erst mal ordentlich abgefeiert. So war es dann doch ein wenig traurig, nach der Hälfte der Show die Halle wechseln zu müssen. Nun ja, man kann nicht alles haben.
NACHTMAHR – 18:30 – 19:30 Uhr Columbia Halle
Pünktlich zu den ersten Klängen von NACHTMAHR hatten wir uns durch das Gewühle in die große Halle gekämpft – dieser Mini-Eingang, der auch noch von Rauchern blockiert war – schon etwas nervig, wenn man schnell die Hallen wechseln wollte, aber nun ja, mit Kamera in der Hand und dem passenden Spruch auf den Lippen wurde ich doch recht freundlich durchgelassen, so dass ich direkt mit Bilder schießen loslegen konnte. Apropos Fotos: Bei einigen Bands, grad im Club, war das Licht unterirdisch. Zumindest in den ersten drei Songs. Manchmal habe ich so das dumpfe Gefühl das einige Bands gar keine guten Fotos haben wollen… Bei NACHTMAHR allerdings war das Licht zum Glück recht gut. Zu Beginn der Show gab es einen Warnhinweis per Videoprojektion. Frauen sind nur Objekte – aha. Das erklärte auch die beiden vorerst unbeweglichen Damen am beiden Bühnenenden (Wobei ich mit meinem Begleiter darüber witzelte, warum man nach jedem Song Rumstehen einen Schluck Wasser trinken muss – herrje, worauf man als „Reporter“ so alles achtet). Über die Bühnenshow von NACHTMAHR scheiden sich die Geister – die einen, meist uniformierten Fans in der Menge feiern jede Kampfansage und jede Aktion auf der Bühne total ab, die anderen verdrehen nur die Augen und empfinden die Sprüche, Projektionen und Aktionen der Show eher lächerlich als provozierend. Ich für meinen Teil mag die Songs, musste bei einigen Ansagen allerdings schon ein bisschen schmunzeln. Provozierende Ansagen und Aktionen auf der Bühne schön und gut – dann aber lieber so wie bei WELLE:ERDBALL – ein wenig dezenter und weniger überspitzt. Vieleicht ist es aber auch gerade das, was die Fans so lieben? Man weiß es nicht. Wir verfolgten die Show mit einem Schmunzeln, tanzten zu „Weil ich’s kann“ und „Mädchen in Uniform“, flüchteten vor den Wasserpistolen bei „Feuer frei“, kommentierten für uns einige Ansagen und zumindest der männliche Teil von uns bekam große Augen als die Statuen zum Leben erwachten, sich gegenseitig die Kleider vom Leib rissen und sich Brustwarzenpiercings stachen… Holla! Und das vor 22 Uhr… tztztztz… UMBRA ET IMAGO lassen grüßen. Definitiv eine unterhaltsame Show mit toller Songauswahl und netten Projektionen.
WELLE:ERDBALL – 20:00 – 21:10 Uhr Columbia Halle
Eine halbe Stunde war nun Umbauzeit, die wir damit verbrachten, etwas Essbares zu organisieren. Auf dem Gelände war die Auswahl an Essensständen ganz in Ordnung, wenn auch überschaubar. Was außerdem sehr schön war, war die Tatsache, dass es Glühwein und heißen Met gab. So kam dann auch wieder Leben in meine eingefrorenen Finger, nachdem ich eine Weile draußen mein Essen verspeist hatte. Wären jetzt nicht mehr so viele gute Bands gefolgt, hätte ich dort glatt versumpfen können. Nach erfolgreicher Essensjagd ging es wieder in die Große Halle, um meinen persönlichen Favoriten des heutigen Abends zu sehen: WELLE:ERDBALL. Ich habe die Truppe schon oft gesehen und nie haben sie mich wirklich enttäuscht, heute war es leider ein wenig anders. Da ich einige Vergleichsmöglichkeiten habe, fällt die heutige Kritik nicht ganz so gut aus, ich denke aber, dass dies größtenteils der sehr knapp bemessenen Spielzeit geschuldet war. Eine Stunde reicht eben für eine Szene-Größe wie die Jungs und Mädels von WELLE:ERDBALL nicht, um sich vollständig zu entfalten. Auch fehlte heute irgendwie ein bisschen von der sonst so präsenten Spielfreude der Band. Songtechnisch eher das Standardprogramm plus einige neue Werke – nichts Außergewöhnliches oder lange nicht Gespieltes – Schade eigentlich. Tastenmann A.L.F. hatte laut Honey gegen einen Magen-Darm-Virus im Zweikampf verloren und wurde durch den etwas schüchtern wirkenden Aushilfs-Andy ersetzt. Die Zurufe aus dem Publikum entlockten dem Ersatzmann aber dann doch ein dezentes Lächeln. Ein schönes Konzert an sich, nur leider etwas „runter gespielt“ und nicht so gut wie sonst. Beim nächsten Mal bitte längere Spielzeit.
GRENDEL – Columbia Club
Eigentlich wollten wir nun zu GRENDEL in die kleine Halle rüber wechseln, als wir allerdings den Vorraum betraten, war uns klar, dass mit „Sehen“ nicht viel sein würde – eher mit Sardinenbüchsen-Feeling, die Halle war bis zum bersten gefüllt und keine 5 Minuten später wurde der Eingang dicht gemacht, und wenn niemand raus geht, kann eben auch niemand rein. Tapfer kämpfte ich mich mit meiner Kamera bis zum Fotograben, um wenigstens ein paar Bilder zu schießen und ein bisschen was mitzubekommen. Nach den ersten 3 Songs, die ich da bleiben „durfte“, wurde es mir aber schnell zu eng und stickig, auch meine Begleitung hatte sich bereits in den Vorraum verzogen. Da ich nicht sonderlich drauf aus war, zerquetscht zu werden ging’s nach 4 Songs GRENDEL wieder in die große Halle. Immerhin konnte ich „Soilbreed“ hören, tanzen war aber nicht möglich. Schade eigentlich, aber gut, Zeit meine mittlerweile schon recht müden Füße ein wenig hochzulegen.
DAF – 21:40 – 22:50 Uhr Columbia Halle
Wieder in der großen Halle und frisch ausgeruht (naja, ne halbe Stunde oder so…) ging’s weiter im Programm, und zwar mit DAF. Dass auch hier die Meinungen wieder deutlich auseinander gingen, war deutlich zu spüren. Einige finden monotone Texte und eine minimalistische Bühnenshow langweilig, andere lieben gerade diesen Minimalismus und feiern die Beiden ab bis zum „geht nicht mehr“. Vermutlich war es deswegen in der kleinen Halle so voll – alle, die mit DAF nichts anfangen konnten waren wohl dahin geflüchtet. Die anwesende Menge hatte Sänger Gabi allerdings gleich im Griff und es entstand diese besondere Beziehung zwischen Band und Publikum, wie nur DAF sie ohne großes „Beiwerk“ hinbekommen (naja, und vieleicht noch THE KLINIK). Mein Begleiter, der die Jungs noch nicht kannte, schüttelte über die (vordergründig) stumpfen Texte den Kopf, ich freute mich über Songs wie „Als wär’s das letzte Mal“ und „Verschwende deine Jugend“ und tanzte mich ans Ende meiner Kräfte. DAF polarisieren eben – entweder man mag sie oder nicht, was dazwischen gibt es nicht. Großartige Show ohne unnötiges Gedöns – so und nicht anders muss DAF!
COVENANT – 23:20 – 0:45 Uhr Columbia Halle
Puh, so langsam machte sich der Tag bemerkbar, irgendwie war ich froh, dass wir nun bei der letzten Band angekommen waren, auch wenn oder gerade weil bisher einige großartige Shows geboten wurden. Noch schnell einen Energy-Drink und dann weiter im Text. Mit COVENANT beendete mein zweiter Favorit des heutigen Festivals das selbige. Es wurde bereits im Vorfeld angekündigt, dass ein neuer Song vorgestellt werden sollte, was die Spannung auf die Show nochmal zusätzlich steigerte. COVENANT funktionieren einfach immer – ich habe noch nie eine schlechte Show der Schweden gesehen. Sänger Eskil hüpft immer wie ein grinsender Flummi über die Bretter und verbreitet gute Laune, dabei ist er stets gut bei Stimme und jagt einem bei Songs wie „Ritual Noise“ Gänsehaut über den Rücken – herrlich. Die neue Single „Let’s Dance“ klingt sehr vielversprechend und kam bei der Menge ebenfalls gut an. „Call the Ships to Port“ beendete das Set und für uns ging’s leider vor den Zugaben raus – mein Lieblingssong hatte mir mein schon vorher angeschlagenes Knie endgültig zerlegt und ich war froh endlich sitzen zu können. Außerdem erwartete uns noch eine längere Fahrt.
Fazit
Klasse Line-up, super Sound in beiden Hallen, einige großartige Shows – allein in allem was das E-Tropolis eine runde Sache. Die Preise auf dem Gelände waren in Ordnung, die Auswahl der Speisen und Getränke ebenso. Keine Band hat großartig überzogen und auch die Umbaupausen verliefen reibungslos, für einige Bands (WELLE:ERDBALL, CENTHRON) hätte ich persönlich mir ein wenig mehr Spielzeit gewünscht, außerdem war GRENDEL in der kleinen Halle vieleicht nicht so die beste Idee. Die Überschneidungen hielten sich in Grenzen, so dass ich eigentlich alles, was ich sehen wollte, auch sehen konnte. Mal sehen, was das nächste Jahr so für ein Line-Up bereit hält – ich komm jedenfalls gern wieder!
Copyright Fotos: Cynthia Theisinger
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