Ort: Rieden/ Kreuth
Datum: 19.07.2007
Die mittlerweile 5. Ausgabe des Earthshaker Festivals hat im Vorfeld für nicht wenig Wirbel gesorgt, da das Open Air wegen Unwetterwarnungen in die anliegende Ostbayernhalle verlegt wurde. Viele Fans waren enttäuscht und ich selbst davon nicht gerade begeistert, doch schon nach dem ersten Festivaltag war ich vom Gegenteil überzeugt, da die Halle nicht nur kühler war (dank halb unterirdischem Bau), sondern auch Schutz vor dem tatsächlich auftretenden Regen bot, der sich Freitag und Samstag in den Abendstunden teilweise heftig ergoss. Weise Entscheidung also von den Organisierenden, denn sonst hätten mit Sicherheit einige Gigs gekürzt oder ganz ausfallen müssen.
Da das gesamte Areal, auf dem letztes Jahr die Bühne stand, nun nicht benötigt wurde, gab man einen Teil als Campingplatz für die Gruppen frei, die im Vorfeld reserviert hatten. Der Asphaltweg in Richtung Eingang war gesäumt von Merchandise- (u.a. Nuclear Blast, Artworx) und Essensständen, allerdings war die Auswahl von letzterem im Vorgleich zum Vorjahr doch etwas schmaler ausgefallen. In der Ostbayernhalle hatte man fairerweise die Toiletten freigegeben, so dass auch Dixi- scheue Festivalbesucher ihrem natürlichen Drang in angemessener Festivalatmosphäre nachgehen konnten (sprich: abends bestand nur noch ein geringer Unterschied zu den Dixies in Sachen Sauberkeit).
Leider fallen die ersten zwei Bands wie schon letztes Jahr zahlreichen Baustellen und damit verbundenem schleppenden Verkehr zum Opfer. Da bei der Ausgabestelle der Pressebändchen dieses Jahr bei meiner Ankunft so gut wie kein Andrang herrscht, schaffe ich es glücklicherweise noch zur Hälfte des Sets von ELUVEITIE. Die Schweizer hatte ich zwar erst ein Wochenende zuvor auf dem Dong Open Air gesehen, von Langeweile ist aber dennoch keine Spur, denn die 8(!) Bandmitglieder bieten so viel Aktion fürs Auge, dass man gar nicht weiß, wo man zu erst hinschauen soll. Da sind z.B. die Zwillinge Rafi und Sevan, die vor Elan nur so strotzen, oder Sänger Chrigel, der auch mal zur mittelalterlichen Gitarre und zur Flöte greift und dessen 5 spärliche Dreads mich doch etwas amüsieren. Ganz außen findet man das jüngste Bandmitglied Anna an der Drehleier, die mit ihren 17 Jahren aber durchaus erfahren wirkt, und bei 2 Songs wunderschönen folkloristischen Gesang beifügt. Vom nächsten Album, das die Band in wenigen Wochen in Schweden aufnehmen wird, wird auch schon ein neuer Song präsentiert. Passend zum Festival Motto kündigt man „Tegernäkö“ mit der Aufforderung an „die Erden erzittern zu lassen“. Das klappt mit dem noch etwas trägen Publikum zwar noch nicht ganz, aber zum frenetischen Klatschen lässt es sich durchaus hinreißen und verlangt nach „Uis Elvetie“ sogar noch nach einer Zugabe, die aber leider aufgrund des strengen Zeitplans nicht gewährt wird.
VADER beweisen, dass man manchen Bands eine 2. Chance geben sollte. Nachdem sie mein Herz auf dem Rock Hard Festival nicht gerade erobern konnten, erregen sie nun wahre Begeisterungsschübe bei mir. Ob es daran lag, dass ich damals vielleicht einen schlechten Tag hatte oder die Polen heute drinnen einfach besser rüber kommen, sei mal dahingestellt, aber mit ihrem technischen Death Metal stampfen sie das Earthshaker in Grund und Boden – nur bemerkt dies irgendwie keiner. Die Menge steht zu großen Teilen meist regungslos vor der Bühne und am Rand kann man sogar jemanden beim Nachmittagsschläfchen beobachten! Selbst zum Brüllen muss Sänger Peter die Meute anfeuern, das hat die Band wirklich nicht verdient. Dabei bieten sie mit „Black to the Blind“, „Helleluyah“ und „Epitaph“ sehr bangfähiges Material. Einzig die Ventilatoren auf der Bühne regen etwas zum Schmunzeln an, aber auch ein Death Metaller hat ein Recht auf Schweißfreiheit und lasziv fliegende Haare, welche übrigens wunderbar Mausers schrägen Grimassen unterstreichen!
GRAVE DIGGER zeigen, dass man auch als nicht mehr ganz taufrische Band noch Gas geben kann und dabei jugendliche Spielfreude fern von Routine an den Tag legen kann. Vor allem Sänger Chris (mein Metal-Opa des Jahres!) tritt hier in den Vordergrund, dessen Dauergrinsen die komplette Show über nicht wegzudenken ist. Gitarist Manni steht ihm in Nichts nach und hätte sich locker ein Duell mit Herman Li (Saitenvirtuoso bei DRAGONFORCE) in Sachen Gesichtsakrobatik liefern können. Ist doch immer wieder schön zu sehen, dass auch Bands, sie schon seit Jahren auch der Bühne stehen, immer noch so einen Spaß dabei haben. Songtechnisch spielt man sich durch die gesamte Bandgeschichte, von „Heavy Metal Breakdown“ bis „Liberty of Death“ sind Songs der gesamten Bandgeschichte vertreten.
Setlist GRAVE DIGGER
Scotland United
In the Dark of the Sun
The Grave Digger
Silent Revolution
Excalibur
The Last Supper
Morgane La Fay
Liberty or Death
Knight of the Cross
Rebellion
Heavy Metal Breakdown
Wenn es sich eine Band verdient hat, als DIE Partyband schlechthin zu gelten, dann sind es wohl J.B.O. Die „Verteidiger des wahren Blödsinns“ bieten so viel Ulk und Blödelei und vor allem Show und Gimmicks, dass Ohr und Auge schnell drohen, überfordert zu werden, wären da nicht die… na nennen wir sie mal seichten Texte. Mit etwas gewöhnungsbedürftigen schwarz-pinkfarbenen Outfits verhunzen die Bayern alles von METALLICA über DIE SCHLÜMPFE bis QUEEN, da werden auch mal NIRVANA- oder SLAYER-Melodien angestimmt und das im Wechsel von Sekunden, so dass ich mit dem Notizen schreiben gar nicht hinterherkomme. Da soll mal einer sagen, Konzerte wären kein Stress! Desweiteren hatte die Band ihren persönlichen Bühnenassistenten im Gepäck, der in verschiedene Rollen schlüpft, bei Freibad kommt er mit dem bekannten Riesendildo auf die Bühne, bei anderen Stücken auch mal als Sensemann oder als Lückenfüller mit Textschild, um auch den weniger gestandenen Fans den Einsatz im Refrain anzuzeigen. Auch den Frauen wird mit einem Song über Liebesbriefe etwas geboten, bei dem auch gleich eine große Anzahl von Feuerzeugen für die entsprechende Stimmung sorgt. „Ein Guter Tag zum Sterben“ singen die Fans komplett alleine, man merkt, J.B.O. erfreuen sich eines hart gesottenen Fankreises. So erstaunt es dann kaum, dass nach dem regulären Set minutenlang Zugabe- Rufe ertönen, die mit „Ein Fest“ („Go West“ von den PET SHOP BOYS) natürlich gewährt wird. Zum krönenden Abschluss entfaltet sich ein riesiger mit Luft aufgeblasener J.B.O. Schriftzug.
Ist es Zufall oder pure Absicht, dass SEPULTURA, die ja auch den Cover-wütigen Bayern von J.B.O. bereits zum Opfer gefallen sind, direkt im Anschluss spielen? Die Frage ist schnell vergessen, als die Brasilianer/ Amerikaner die Bühne betreten und so losbrettern, dass ich einfach mal meine Aufgabe als Redakteur vergesse und ganz Fan bin, der selten so viel Spaß bei einem Konzert gehabt hat. Auch jetzt bin ich noch überwältigt, mit was für einer Energie diese Band zur Sache geht, wobei die brachialeren Highspeed-Songs des letzten Albums leider zu Unrecht nicht so gut bei der Menge, die doch sichtlich geschrumpft ist, ankommen. Erst als Derrick ein paar ältere Stücke ankündigt, kommt plötzlich Bewegung in die Sache und ein Riesenmoshpit ist mitunter zu sehen. Zwischenzeitlich testet Andreas Kisser das Wissen der Fans, indem er einige Klassiker anstimmt und die Reaktionen abwartet. Für einige Lacher (vor allem bei Hüne Derrick) sorgt ein Fan, der lauthals nach einem Song verlangt und zwar DIREKT, nachdem dieser gespielt wurde. Ansonsten knüppeln sich die Herren munter durch ihr Set, wobei ich etwas schade fand, dass nur leise und zaghaft nach einer Zugabe verlangt wird. Nachdem auch diese gespielt ist und der Abend beendet scheint, begab ich mich endlich mal aufs stille Örtchen – was sich als Fehler erwies, denn, wer aufgepasst hat, wird ahnen, dass J.B.O. es sich natürlich nicht nehmen lassen, zusammen mit ihren Idolen „Roots Bloody Roots“ zu spielen. Das Durchhaltevermögen hat sich also wahrlich gelohnt, SEPULTURA zusammen mit J.B.O. und einem Pavarotti- Verschnitt auf einer Bühne bekommt man schließlich nicht alle Tage zu sehen.
Damit endete der erste Earthshaker- Tag, der starke Bands aus den verschiedensten Genres präsentiert hat, wobei sich zeigte, dass alteingesessene sowie „Blödel“-Bands doch am meisten Applaus einfahren.
Copyright Fotos: Juliane John
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