Ort: Osnabrück - Halle Gartlage
Datum: 25.02.2006
Nachdem das überraschend geile neue Album „Rocket Ride“ furios in die Charts gerauscht war (Platz 8!), blieb abzuwarten, ob EDGUY es auf dieser Tour gelingen würde, den meist hervorragenden Eindruck der Studioscheiben auch endlich einmal Live unter Beweis zu stellen! Selbiges gelang auf den letzten Tourneen ja nicht unbedingt, wie sogar Frontkasper Tobi Sammet an diesem Abend mehrmals selbst betonte auf der Bühne: „Vor 4 Jahren waren wir hier richtig Scheiße“ oder „Vor ein paar Jahren hätten wir nicht noch eine Zugabe geben können, weil bei dem Sänger die Stimme im Arsch war“! Hut ab vor soviel Selbstgedisse, aber das sollte nicht die einzige Überraschung des Abends bleiben… Die Erste folgte erstmal mit dem geplatzten Interviewtermin vor Ort! Aber das wird nachgeholt, und Ihr könnt es Euch bald zu Gemüte führen an dieser Stelle.
Die Nächste war eine schwedische Combo namens SABATON. Noch nie gehört, was ob dieses famosen Abräumergigs allerdings unverständlich ist. Arschgeile Performance der Herren um Wahnsinnssänger Joakim Broden, der nicht nur optisch wie ein kleiner Ripper/ Halford daherkam! Allerdings singt der Mann in einer angenehm tieferen Tonlage. Der gaaanz schwer in den 80ern verwurzelte Power Metal wurde von den schon immens zahlreich erschienen Fans frenetisch abgefeiert, scheinen schon eine große Fanbase zu haben. Die wird nach dieser Tour mit Sicherheit noch größer, vor allem, wenn im Mai das neue Album erscheint. Von dem gab es schon mal den Kracher „Nuclear Attack“ durch die Lauscher gepustet. Reiht sich nahtlos an das durchweg bärenstarke Material des Debüts „Primo Victoria“ an. Da kommt was Großes auf die Power Metal-Gemeinde zu – watch out!
Während Frau zu ihrem Fanmeeting mit den EDGUY-Jungs wanderte, enterten die Senkrechtstarter DRAGONFORCE pünktlich die Bühne. Waren sie in ihrem Heimatland England noch Headliner, so mussten sie sich in Deutschland mit engeren Bühnenverhältnissen und gut 45 Minuten Spielzeit begnügen. Diese nutzten sie allerdings bestens, um die versammelte Meute mit feinen Melodic-Krachern der Marke „Storming the Burning Fields“ oder „Valley of the Damned“ in den Power Metal-Himmel zu schießen. Irre, welche Energie die Extrem-Matten-Träger dabei an den Tag legten und mit dieser Performance die gesamte Halle incl. der Ränge mitrissen. Instrumental und auch gesanglich schreddern DRAGONFORCE mindestens in der DREAM THEATER-Liga, allerdings natürlich wesentlich unprogressiver! Irre Klampfen-Soli, enorm hohes Tempo und etliche, sehr geil anzuschauende, Spagatsprünge der 3 Frontkämpfer (jeder in eine andere Richtung!) machten diesen Gig zu einem Erlebnis. Auch wenn das Wörtchen „Hype“ hier mal wieder um die Ecke schielt und DRAGONFORCE natürlich NICHT die neuen MAIDEN sind, eine geile Truppe sind sie allemal. Auch von denen werden wir noch einiges hören… fehlt ihnen nur noch ein kleiner Ohrwurmhit à la HAMMERFALL.
Um Punkt 10 war es dann an der Reihe für den deutschen Gute-Laune-Zirkus EDGUY. Obwohl, Zirkus? Kann man nach Einfahren der neuen Scheibe eigentlich fast vergessen, da kaum noch Klamauk vorhanden ist, bis auf einige Ausnahmen, die sie hoffentlich auch beibehalten. Das ist schließlich das Salz in der Suppe bei ihnen. Und irgendwo auch der Erfolg der Truppe, wie sich an der proppevollen Halle zeigte. Wie überhaupt wohl die ganze Tour sehr gut besucht war bisher, etwa 1.500 Nasen lümmelten sich im Auditorium heute. Zuerst einmal viel auf, dass der Fotograben ziemlich überfüllt war zu Beginn des Gigs, jeder wollte schließlich als erster Tobi ablichten. Und der erschien auch zu dem coolen „Hossa! Fiesta Mexicana“-Intro stilecht im Kuhfellmantel! Dessen entledigte er sich allerdings schon fix während des ersten Songs, so dass eine noch geilere Glitzer-Jeans zum Vorschein kam! Göttlich, denen ist echt nix zu peinlich. Das Schlagzeug war auf ein von beiderseitigen Treppen drapiertes Podest gebaut. Die Band gab gleich von Beginn an Vollgas, und vor allem Tobi schien buchstäblich einen ganzen Hummelschwarm in der zu engen Hose zu haben! Er fegte wie ein Derwisch über die Bretter und sang (jetzt kommts!) absolut grandios! Ja was hat der denn gemacht??? Das sind ja Lichtjahre an gesanglicher Qualität zwischen der letzten Tour vor 2 Jahren an gleicher Stelle und dem heutigen Gig! Der Sound war extrem fett und klar, auch kein Vergleich zu älteren Auftritten.
Vielleicht war es doch gut, dass ihnen BRAINSTORM bei der letzten Tour ein ums andere Mal schwer einen vor den Latz geballert haben. Und dass die Herren von ihrem neuen Werk „Rocket Ride“ absolut überzeugt sind, belegt nicht nur der Umstand, dass man fast die Hälfte eben jener Scheibe in der Setlist hatte, sondern auch der hammermäßige Einstieg mit dem ohrwurmigen „Catch of the Century“! Da stand der ganze Saal doch gleich mal Kopf und sang sich die Kehle aus dem Leib. Mit einem dermaßen fitten Tobi am Bühnenrand kann man als Band auch nur gewinnen. Der geborene Frontmann, der allerdings meiner Meinung nach in der Vergangenheit aus seinem angeborenen Ausnahmetalent bisher zu wenig herausgeholt hat. Stimmlich absolut auf der Höhe und sogar höchstes Geschreie saß heute. Mit dem ebenfalls grandiosen Album-Opener und Achtminüter „Sacrifice“ legten EDGUY gleich nach, und auch „Babylon“ ließ keine Ruhepause zu. Ob man allerdings zu Beginn eines Gigs schon Mitsingspielchen (rechter Hallenteil, linker Hallenteil…etc.) veranstalten muss, sei mal dahingestellt. Aber auch hier ziehen die Jungs ihr Ding einfach durch. Spaß hatten die Fans auch daran, (nicht nur) ich hätte allerdings lieber einen Song mehr gehört. Völlig Kopf stand die Halle dann bei dem ca. 1 Minute angespielten „The Trooper“! Geile und überraschende Einlage, noch dazu sauber gespielt. Es folgten die nicht ganz so ernsten Tracks „Lavatory Love Machine“ und das tatsächlich Live gespielte „Trinidad“, letzteres mit lustiger Blumenverkleidung! Kam äußerst gut beim Partylaunigen Publikum an, also alles richtig gemacht… mir hätte aber eher ein Kracher wie das folgende „Tears of a Mandrake“ zugesagt. Dem Publik war’s egal, der jokige Song wurde frenetisch mitgeschunkelt/ -tanzt/ -sungen! Nach „How many Miles“ folgte ein ellenlanges Drum-Solo, die Hälfte hätt’s auch getan, obwohl die Ausführung schon klasse war! Besonders der zweite Part mit dem eingespielten Star Wars-Thema „Imperial March“ war mächtig. Und auch hier gilt, dass EDGUY ihr Ding einfach durchziehen. Das eigentlich nach wie vor unsägliche „Superheroes“ zündete Live allerdings wie eine Granate und war um einiges fetter wie noch auf Tonkonserve! Ebenso überraschend wurde dann die neue und sehr feine Ballade „Save Me“ gespielt incl. angeforderter Feuerzeugeinlagen. Vor dem letzten regulären Mega-Song „Mysteria“ wurde noch ein wenig rumgealbert und witzigerweise die Titelmelodie von „Löwenzahn“ angespielt, etwas, was man in dieser Form wohl nur bei EDGUY erlebt. Cool, ebenso das kurz angespielte „Smoke on the Water“.
Nach gut 90 Minuten war dann erstmal Schicht. Aber natürlich kam man mit dem ollen Gassenhauer „Vain Glory Opera“ zurück und zockte dann noch das AVANTASIA-Highlight „Avantasia“! Und auch hier war der Mann am Mikro noch sehr gut bei Stimme. Mit dem letzten Song des Abends „King of Fools“ wurde dieses überraschend grandiose Konzert würdig abgeschlossen nach etwas über 100 Minuten. In dieser Verfassung spielen EDGUY auch Live endlich in der ersten Liga der Power/ Melodic Metal-Riege, ich bin immer noch erstaunt!
Setlist EDGUY
Catch of the Century
Sacrifice
Babylon
The Trooper
Lavatory Love Machine
Trinidad
Tears of a Mandrake
How many Miles
Drum-Solo with Imperial March
Superheroes
Save Me
Mysteria
Vain Glory Opera
Avantasia
King of Fools
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