Ort: Adelsheim - Livefactory
Datum: 18.04.2009
Wir begannen den Samstag erst einmal mit Ausschlafen und Nahrungsaufnahme ganz entspannt bis 17 Uhr am Nachmittag, bevor wir uns dann wieder gemütlich auf den Weg in die Live Factory machten.
Mit grüner Punkbowle stießen wir auf den bevorstehenden Festivaltag an und erhörten an der Hauptbühne noch die letzten Songs des Projektes SKORBUT, welches pünktlich im Zeitplan lag. Jedoch waren immer noch nicht mehr Zuschauer anwesend als am Vortag. Bestehend aus aus Armin Küster und Daniel Galda existiert SKORBUT bereits seit 1994. An diesem Nachmittag stand eine Premiere auf dem Plan: Das erste Konzert in Deutschland. Mit einer Mischung aus EBM und experimentellen Elektrosounds gelang ein durchaus ansehnlicher Auftritt. Die wenigen Leute vor der Bühne tanzten ausgelassen und Sänger Daniel machte eine gute Figur. Die Setlist bestand aus einem Querschnitt der gesamten Schaffenszeit und 3 Alben, sowie dem Song von der gleichnamigen E.P. „Phantom Pain“, der in den EBM-Radio-Hörer Charts von 0 auf 1 eingestiegen ist. Ärgerlich für alle Anwesenden war, dass beim letzten Song „Nine Lives Later“ einfach der Saft abgedreht wurde, um den Zeitplan einzuhalten.
Setlist SKORBUT
Intro
Jerusalem Syndrom
You f**ked Up F**king F**k
One Of 47
De(ad)cibel
Antikörper
Fuel
5 Minutes Rhythm
Phantom Pain
Nine Lives Later
Das Soloprojekt CONCRETE/RAGE begann pünktlich um halb sieben. Mit dunklem EBM-Electro-Industrial stand Benjamin Sohns ein wenig verloren auf der großen Bühne, um seine Beats, Sprachsamples und Vocodervocals vom Debütalbum „(Un)natural“ in den Saal zu schmettern. Etwas zu monoton für meinen Geschmack, aber auch hier gab es Zuschauer, die sich wild bewegend zur Musik abgingen.
Setlist CONCRETE/RAGE
Chaos nation plus Intro
Kontrollverlust
Face to face
Machine
Catch my speed
Tortured soul
The hate you fear
Im Anschluss wurde es abwechslungsreicher auf der Bühne mit dem belgischen Electro-Fetish-Duo AGAPESIS. Seit 2006 experimentieren J-P und Mèlanie hauptsächlich mit den Stilrichtungen Dark/ Cold Wave und Old School Electro. Beide wechselten ihre Positionen als Sänger und Keyboarder stetig ab und es dauerte nicht lange bis Mèlanie ihren Oberkörper fasst komplett entblößte. Dieses Detail und wohl auch der ungewöhnliche Klang der größtenteils französisch gesungenen Songs ließen viele Interessierte vor der Bühne verweilen. Eventuell auch weil eine Menge SM-Spielzeug mitgebracht wurde. Weitere Songs aus dem Debütalbum „Sacrilege“ und dessen Nachfolger „Mistress of Blood“ folgten. Die tanzbaren Stücke und eine eindrucksvolle Show machten den Auftritt zu einem Erlebnis, bei dem dann besagtes Spielzeug ebenfalls noch zum Einsatz kam.
Währenddessen machten wir uns auf den Weg zur unteren Bühne, wo wir auch den restlichen Abend verbrachten. Gerade noch rechtzeitig um die letzten Songs des Münchner Duos SUICIDE BOOTH zu erleben. Sänger Spif Anderson (PHASE III, LENNART) ist als Komponist und Produzent kein Unbekannter und holte sich vor kurzem den Keyboarder Spike zur Verstärkung. Mit 80iger analogen Synthisizer-Klängen und sehr melodischen Songs verzauberte das Duo die Anwesenden. Songs wie „I am legend“ von der Debüt-E.P. „Aura“ oder „Spacemans Return“ vom ersten Album „Terror from the Sky“ kamen gut an. Eingängig, minimal und abwechslungsreich blieben die Stücke im Ohr und wurden mit angemessenem Beifall belohnt.
Setlist SUICIDE BOOTH
Son Of Spaceman
Spacemans Return
I Am Legend
Raumpilot
Back In Time
Inside Out
Shapeshifter
Nun stellten wir uns vorne an die Bühne um den Auftritt der Kölner Synth-Pop-Band X-DIVIDE anzusehen. Im Jahre 2005 gegründet, standen Jens (Keyboard und Zweitstimme) und Eric (Gesang) an diesem Abend zum 13. Mal live zusammen auf der Bühne. Der erste Eindruck war absolut sympathisch und Jens begrüßte uns alle herzlich. Der erste Song „Forever“ ging direkt ins Ohr und in die Beine und auch Erics tolle Stimme wusste zu gefallen. Feinster Synthiepop folgte mit „My Love is Guaranteed”. Zwischendurch brachte uns Jens mit seiner kölschen Art und Aussprache immer wieder zum Lachen. Als alter NAMNAMBULU-Fan freute ich mich ganz besonders über das Cover von „Now or Never“. Vorher verkündete Jens stolz, dass das bevorstehende Album in Zusammenarbeit mit Vasi Vallis (REAPER, FROZEN PLASMA) entstehen würde. Nach noch mehr Laune machenden Songs wie „Calling“ oder „So in Love“, griff Eric zur Gitarre und wurde liebevoll „Elvis“ von seinem Bandkollegen genannt. Bei dem Cover von BILLY IDOLs „White Wedding“ in der Akustik-Version merkte man richtig, wie wohl sich Eric mit der Gitarre fühlte und der Gesang aus dem Publikum klappte auch ganz gut. Viel besser wurde dieser dann zum DEPECHE MODE-Cover von „Enjoy the Silence“, welches nun wirklich jeder kannte. Zum Ende hörten wir mit „Sympathy“ wieder frisches, eigenes Material. So ging der Auftritt viel zu schnell zu Ende und machte richtig Lust auf mehr und vor allem auf das bald erscheinende Debüt-Album!
Setlist X-DIVIDE
Forever
My Love is Guaranteed
Now or Never (NNB Cover)
Calling
Sometimes
So in Love
Billy Idol – White Wedding (Akustik)
DM – Enjoy the Silence
Sympathy
In toller Stimmung konnten wir den Auftritt von NOYCE TM kaum erwarten, die wir auf der DIARY OF DREAMS-Tour im letzten Jahr kennen und lieben lernten. Der allererste Live-Auftritt nach Veröffentlichung des brandneuen Albums „Un:Welt“ wurde lange herbeigesehnt und somit wurden die Herren Schäfer (Gesang), Krupatz (Drums) und das neueste Bandmitglied Poschmann (Keys) freudig umjubelt, als sie auf der Bühne erschienen. Leider konnte an diesem Abend Goetz (Keys) nicht mit von der Partie sein. Das neue und geniale Stück „Un:Welt“ machte den Anfang, wo cooler Sprechgesang in einen melodischen und eingängigen Refrain mündet. Schäfers tiefe Stimme verursachte bei mir sofort eine Gänsehaut. Die tanzbare Abgehnummer „Headland“ führte zu ordentlich Bewegung in den ersten Reihen, während Drummer Krupatz für richtigen Alarm sorgte, dabei freudestrahlend und sympathisch das Treiben beobachtete. Wunderschöner, tiefgehender Electro-Pop schloss sich an mit „Sleepwalker“. Das deutschsprachige „Tagwerk“ vom aktuellem Album zeigte wieder einmal, wie ausdrucksstark und stimmgewaltig Schäfer die Songs rüberbringen kann. Da hieß es Augen schließen und genießen. Auf ganz viel Jubel und Begeisterung stieß auch das ältere Stück „She don’t love me“ vom 99iger Album „The white Room“. Neue Songs wie „The Last Effort“ und „Inschallah“ reihten sich stimmungsvoll in die Riege aus bekannten Stücken à la „Our world“ oder den Klassiker „Panique“ ein. So blieb keine Zeit zum Durchatmen und als die ersten Klänge von „Year 03“ ertönten, jubelten wir ganz besonders laut und sangen den Refrain lautstark mit. Das Publikum bedankte sich bei der Band mit erhobenen Armen und ganz viel Applaus für den überaus gelungenen Auftritt und die wunderbare Songauswahl.
Setlist NOYCE TM
Un:welt (Intro)
Headland
Sleepwalker
Tagwerk
She don’t love me
The last effort
White noise
Our world
Inschallah
Panique
Year 03
Eine für mich bisher eher unbekannte Band stand nun in den Startlöchern: Das Münchner Duo KLANGSTABIL, bestehend aus Maurizio Blanco und Boris May. Es begann eine sehr intensive Stunde, mit lauten und (für mich) neuartigen und experimentellen Klängen. Zwischen Instrumentalstücken wie „Fighting Colours“ wechselten sich Boris und Maurizio im weiteren Verlauf beim Gesang ab. Eine wirklich wohltuende Stimmung voller Emotionalität machte sich breit, bei Stücken wie „Math & Emotion – The square root of one“ oder „Twisted Words“ vom aktuellen Album „Math & Emotion“. Die Songs wirkten intelligent, direkt und man spürte die Hingabe und das Herzblut darin. Der geniale Sound ließ viele einfach nur vor sich hinträumen und tanzen. Ergreifend und tiefgehend war auch der Moment, als Torben Wendt (DIORAMA), der eng mit der Band befreundet ist, auf die Bühne kam und beim Song „Love has too much audience“ Keyboard spielte. Ergriffen applaudierte und jubelte das Publikum der Ausnahmeformation zu. Dieses Konzert bleibt mit Sicherheit als echtes Erlebnis in Erinnerung.
Setlist KLANGSTABIL
Fighting Colours
You may start
Perdere per vincere (The Italian opening)
Math & Emotion – The square root of one
Push yourself
Gloomy Day
Beziehungsohr
Twisted words
Math & Emotion – The square root of three Remix
Vertraut
Love has too much audience
Nach so vielen Highlights bildete der Headliner DIORAMA weit nach Mitternacht den Stimmungshöhepunkt überhaupt. In bester Laune betraten Torben Wendt, Felix Marc, Sash Fiddler und Marquess die Bühne und gingen sofort in die Vollen mit „Kein Mord“, einem meiner Lieblingssongs vom aktuellen Album „A different Life“. Das Publikum war einfach der Wahnsinn und ging ab den ersten Klängen richtig ab. Torben überzeugte wieder einmal mit einer wahnsinnigen Ausstrahlung und entdeckte die linke Box vor der Bühne für sich, um raufzuklettern und von oben zu singen. Es folgten weiterhin schnelle und tanzbare Stücke, wie „Erase me“ und das noch nicht veröffentlichte „Acid Trip“. Neu für mich war Sashs Keyboardspiel, wo ich ihn vorher immer nur an der Gitarre kannte. Die Stimmung blieb konstant oben, obwohl der Raum nicht gerade voll war. Band und Publikum pushten sich gegenseitig. Nach dem älteren Clubhit „Advance“ folgte dann auch noch mein Lieblingsstück „Someone Dies“. Wie beim Auftritt vom KLANGSTABIL, wo Torben das Duo bei einem Song unterstützte, kam zu „The Girls“ Boris May als „Gegenleistung“ mit auf die Bühne, um beim Refrain gesanglich zu unterstützen. Es folgte „Synthesize me“, wo Torben sogar im Publikum umher wanderte, um inmitten der Zuschauer zu singen. Sash hatte am Bühnenrand soviel Spaß, dass er sich ein ganzes Bier über den Kopf und damit auch auf ein paar Leute der ersten Reihe schüttete. Es war eine einzige Party und daher kein Wunder, dass nach dem letzten Song die Zugaberufe im Chor ertönten. Für „Why“ kam die Band zurück auf die Bühne und gemeinsam sangen wir alle immer wieder „oh oh oh…“. Sogar als der Song schon vorbei war, aber Felix ihn immer wieder kurz anspielte. Der Clubhit „HLA“ beendete endgültig den Auftritt. Nach jedem DIORAMA Konzert denke ich, dass es nicht mehr besser gehen kann, aber wieder einmal wurde ich eines Besseren belehrt. Das war ganz groß!
Setlist DIORAMA
Kein Mord
Erase Me
Acid Trip
Friends we used to know
Advance
Someone dies
Exit the grey
Klarheit
The Girls (mit Boris May KLANGSTABIL)
Synthesize Me
Why
HLA
Nachdem auch auf der Mainstage der Headliner WELLE:ERDBALL zu Ende gespielt hatte, gab es noch Musik aus der Konserve, zum Beispiel von DJ Gilian. Wir tanzten und amüsierten uns noch eine Weile und machten uns gegen halb vier auf ins Hotel. Trotz des chaotischen ersten Tages und der wenigen Besucher hatte das Festival sehr viel Spaß gemacht. Die Musiker gaben sich fannah und alle feierten ausgelassen zusammen. Ich habe viele neue Bands kennen gelernt und hoffe, dass der Veranstalter kein allzu großes Verlustgeschäft gemacht hat, damit es auch im nächsten Jahr ein Elekktroshokk-Festival geben kann, bei dem viele neue und aufstrebende Bands die Chance bekommen vor Publikum zu spielen.
Copyright Fotos: Cathie Niemann ausser KLANGSTABIL/ NOYCE TM (Dani Vorndran)
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