Ort: Herford - Elfenbein
Datum: 07.04.2005
Müssen wir jetzt wieder die Trägheit der Ostwestfalen bemühen? Oder war die Konkurrenzveranstaltung der Saitenartisten von APOCALYPTICA etwa Schuld? Dabei stand doch ein nettes Paket auf dem Programm, 3 Bands, alle weiblich gefrontet, nett anzuhören und zu schauen. Trotzdem fanden nur eine Handvoll zahlender Gäste (Danke Chucky!) den Weg ins Elfenbein und so schmorte man im Wesentlichen im eigenen Safte, will sagen, fast alle im Saal waren entweder Bestandteil der auftretenden Bands oder aus dem näheren Umfeld. An den Tagen davor hatte man schon vor 80 – 120 Leuten gespielt und so waren die Bands sicherlich enttäuscht, versuchten es aber sportlich zu nehmen. Und um es vorweg zu nehmen: Wir hatten einen netten Abend.
Der begann um kurz vor 21 Uhr mit LYRIEL, einem Septett aus Gummersbach, die mit Geige, Cello, melodiösem weiblichen Gesang und klassischer Rockbesetzung, folkige Klänge mit Headbanging-Option boten. Sängerin Jessica, mittelalterlich-angehaucht in schwarz-dunkelrot gekleidet, überwand schnell kleine Sanges-Schwächen und konnte sowohl bei treibenden Stücken wie „Symmetry of disfiguration“ als auch bei sanften Balladen wie „The singing nightingale“ (das die Tage vorher wegen stimmlicher Probleme ausgelassen wurde, die sogar so weit gingen, dass Cellistin Linda für einen Gig den Frontgesang übernahm) überzeugen. Auf kurze Titelansagen beschränkt, bekamen wir fast die komplette Debutscheibe „Prisonworld“ präsentiert. Dass Cello und Geige zum festen Bestandteil gehören, verleiht allen Stücken neben der rockigen Komponente ihren eigenen Charme und so wird man bei „There’s a rainbow in the rain“ oder dem in Elbisch vorgetragenen „Lind e-huil“ seinem Anspruch Romantic-Celtic-Rock zu bieten deutlich gerecht. Das Publikum honorierte die Spielfreude der Sieben mit herzlichem Applaus und konnte z.B. nach kleiner technischer Panne an der Geige von Neueinsteiger Joon auch zu spontanen Mitklatschaktionen animiert werden. Mit dem gänzlich neuen „Fairyland“ machten LYRIEL nach ca. 40 Minuten die Bühne frei für den nächsten Act.
Da sich alle Bands das wesentliche Equipment teilten, ging es nach 20 Minuten mit VISIONS OF ATLANTIS weiter. Mit Nicoles fast opernhaftem Sopran und Marios kraftvoll cleanem Gesang hat diese Combo aus Österreich zwei kontrastreiche Stimmen am Start, und so gab es nun attraktiven Wechselgesang mit bombastischer Rockuntermalung auf die Ohren. Nicole in schwarzem, knielangen Rock mit halterlosem Oberteil und Riemchensandalen setzte sich mit grazienhaftem Habitus gegen ihre handfesten Jungs ab. Mario übernahm mit süßem österreichischen Akzent die Ansagen der „Träcks“ und so gab es in den nächsten 50 Minuten fast die komplette aktuelle CD „Cast away“ zu hören. „Send me a light“ und „Lemuria“, die schon bei der CD-Besprechung zu meinen Favoriten gehörten, gingen auch live gut ab und bei „State of suspence“ konnte man dann sogar stoische ostwestfälische Urgesteine bei vagen Tanzbewegungen sichten. Leider sparte man ausgerechnet die schöne Ballade „Winternight“ aus. Stattdessen gab es „The quest“ vom ersten Album „Eternal endless infinity“, wobei Mario die Pause bis zu seinem Gesangspart zur Getränkeversorgung nutzte. Nachdem Drummer Thomas bei der Single „Lost“ nicht so konnte, wie er wollte, wurde der Track kurzerhand wiederholt, was bei dieser intimen Veranstaltung nun wirklich kein Malheur war. Nach ordentlichem Kopf-Genicke und Applausunterstützung der „LYRIEL-Belegschaft“ fand mit „Last shut of your eyes“ der Auftritt von VISIONS OF ATLANTIS einen besinnlichen Ausklang.
Es ging schon auf 23 Uhr zu als ELIS die Härteschraube noch einmal anzogen. Die Liechtensteiner-Schweizer Formation hat schon in namhafter Gesellschaft ganz andere Locations gerockt, so dass man ihnen große Professionalität attestieren darf, ihren Gig unter diesen Umständen so energiegeladen zu absolvieren. Erst kam mir Frontfrau Sabine mit 1,60 Körpergröße im schwarzen Hosenanzug ein wenig zerbrechlich vor, so flankiert von 3 breitbeinigen, langmähnigen Saitenzupfern, aber die Frau kann sich mit ihrer Power mehr als gut behaupten und spätestens als sie nach 3 Stücken den schwarzen Blazer auszog und mit feuerrotem Oberteil weiterrockte, wurde klar, wer hier auch im übertragenen Sinne „die Hosen anhat“. ELIS haben mit „Twilight“ aus ihrer Zeit unter dem Namen ERBEN DER SCHÖPFUNG, „God’s silence, devil’s temptation“ und dem aktuellen Album „Dark clouds in a perfect sky“ schon genügend Output im Gepäck und hatten so ein abwechslungsreiches Set feinsten Gothic/ Dark Metals zusammengestellt. Bewundernswert wie kraftvoll Sabine selbst anspruchsvolle Passagen bis zum letzten Stück bestens meisterte, da macht sich dann die klassische Gesangsausbildung bemerkbar. Mit „Die Zeit“ und der aktuellen Single „Der letzte Tag“ gab es zwei deutschsprachige Stücke, emotional aber frei von Kitsch vorgetragen. Reizvoll auch bei „Devils’s Temptation“ oder „Do you believe“ der Kontrast zwischen Sabines glasklarem Gesang mit schweren Gitarren und den Growls von Bassist Tom. Mit „Evening Falls“ gab es ein schönes ENYA-Cover und natürlich durfte auch die „Bandhymne“ „Elis“ nicht fehlen. „Lost Soul“, die einzige Zugabe des Abends, beschloss mit Staccato-Riffs und nochmals anspruchsvollem Gesang dieses 3-Länder-Treffen und man kann abschließend allen zu Hause nur sagen: Pfui! Schlafen kann man, wenn man tot ist!
Setlist LYRIEL
The crown of the twilight
Symmetry of disfiguration
The judgement of my harvest heart
Prisonworld
The singing nightingale
There’s a rainbow in the rain
The spring and the flight
Lind e-huil
Fairyland
Setlist VISIONS OF ATLANTIS
Pharao’s repentance
Cast away
Send my a light
Realm of fantasy
Lemuria
State of suspence
The Quest
Lost
Last shut of your eyes
Setlist ELIS
Intro
Die Zeit
God’s silence
Devil’s temptation
Sleep & Death
Devil inside you
Evening falls (Enya Cover)
Anger
Elis
Heart in chains
Der letzte Tag
Do you believe
Rebirth
Such a long time
Lost soul
Copyright Fotos: Jörg Rambow
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