Ort: Köln - E-Werk
Datum: 28.03.2005
Puh, geschafft. Auf die Minute genau stehe ich um 20.00 Uhr im Fotograben. Unglaublich, wenn man bedenkt, dass Bielefeld und Köln nur ca. 190 Km auseinanderliegen und ich pünktlich um 15.30 Uhr gen Köln aufgebrochen bin. Leider ist heute Ostermontag und nach diversen Staus auf der Autobahn dann der nächste Schock. Eine rund 300 m lange Schlange vorm E-Werk. Noch `ne runde halbe Stunde am Einlass stehen. Dort gab es aber auch abstruse Szenen zu beobachten. Schon am Parkplatz kamen uns zwei Typen mit einem „Suche Karten“-Schild entgegen. Mal wieder zu spät beim Vorverkauf gewesen? Nein, erst als wir in der Schlange standen, bekam das Treiben einen Sinn. Die Typen kauften den Leuten die Karten ab und verhökerten diese nur 20m weiter. Gewinnbringend natürlich. Auch `ne Art, über die Runden zu kommen.
Vor einem weißen Vorhang warten schon zwei kleine Keyboards und ein Micro auf die beiden Mädels und den Knöpfchendreher von Client. Aber was ist denn das? Zwei Typen betreten JOHN STEED mäßig mit Schirm, Charme und Melone die Bühne und verschanzen sich sofort hinter den Keys. Und wo ist EMMA PEEL? Sie erscheint, aber wie. Mit einem roten Dirndl und auffällig großer Oberweite tritt sie ans Micro. Mein erster Gedanke: Was macht FRL. MENKE hier? Umgehängt hat sie ein knallrotes Keyboard. Das Teil hab ich zuletzt vor 20 Jahren bei FAHRENKROG-PETERSEN von der NENA-Band gesehen (kann der sich überhaupt noch davon trennen?). Mit CLIENT hatte das wenig zu tun. Wie mir erst später klar wurde, gab es zwei Vorbands, und dieses Trio schimpft sich PINEY GIR, ebenfalls aus England. Ihre Musik würde ich grob als Elektroclash bezeichnen. Sie kamen beim Publikum nur mäßig an, so ist das aber wohl bei Vorbands…
Oder doch nicht? Anders nämlich bei CLIENT, dem „eigentlichen“ Support. Hier scheint ein Teil des Auditoriums richtig begeistert zu sein, als die drei CLIENTs endlich die Bühne entern: Großer Jubel zumindest direkt vor der Bühne. CLIENT A und CLIENT B beginnen ihr 8-teiliges Set mit „In It For The Money“. Adrett gekleidet wie immer spielen sie eine kleine Auswahl von Songs aus ihren beiden hochgelobten Alben. Mit ihrem 80er Sound treffen sie genau den Nerv des Publikums, welches doch sehr mit diesem Jahrzehnt vertraut zu sein scheint. Zumal die beiden auf demselben Label wie der Hauptact ERASURE beheimatet sind, ist die Akzeptanz des Publikums sehr groß. Nach ca. einer halben Stunde ist (leider) ihr Auftritt schon wieder vorbei. Ich habe CLIENT jetzt schon zum dritten Mal gesehen und muss sagen, sie werden live immer besser und die Locations größer. Auch sie müssen sich nach ihrem Gig wieder durch den weißen Vorhang zwängen, der das Bühnenbild von ERASURE verdeckt.
Eigentlich könnte man sofort loslegen, denn die Geräte von CLIENT müssten ja im Nu abgebaut sein. Aber das Publikum wird weiterhin auf die Folter gespannt. Dann aber um 21.15 Uhr erklingt das Intro, und endlich fällt auch der weiße Vorhang. Der Blick wird freigegeben auf ein wirklich fulminantes Bühnenbild. Baumskelette überragen Tim Burton-mäßig die gesamte Bühne, die zudem noch mit einem barocken Rahmen umgeben ist. Sofort kommt mir „Sleepy Hollow“ in den Sinn. Reitet vielleicht gleich sogar der kopflose Reiter durchs Bild? Aber es bleibt nicht so düster. Dafür sorgt schon die Lightshow, die kurze Zeit später die Stage in eine zuckersüße pink-grüne Szenerie verwandelt. Als ANDY die Bühne betritt brandet frenetischer Jubel auf und die Kulisse färbt sich in ein dunkles Blau. Mit ihm auf der Bühne sein langjähriger musikalischer Partner und Ex- DEPECHE MODE Member und Gründer VINCE CLARKE. Unterstützt werden die beiden von den Backgroundsängerinnen ANE-MARIE und VALERIE. Bestückt mit Engelsflügeln begeistert der Frontman seine Fans zunächst mit „No Doubt“ und „Hideaway“. So richtig Schwung kommt aber erst mit dem Hit „Victims Of Love“ in den Laden. Und es folgen Hit an Hit: „The Circus“, „Ship Of Fools“, „Drama“ und „Stop“. Andy lässt es sich auch nicht nehmen, den dann folgenden Titel in deutsch anzukündigen: „Als ich noch ein kleines Mädchen war…“ Gemeint ist das BLONDIE Cover „Rapture“, das ihn schon als Teenie begeisterte. Dargeboten wird der Titel in einer Dubversion. Während der Performance verlässt Herr Bell die Bühne und Vince übernimmt das Micro, ähh sorry den Telefonhörer und beginnt zu rappen. Andy kehrt allein auf die leere Bühne zurück und stimmt das „Ave Maria“ an. Bei „A Little Respect“ sind dann wieder alle vollzählig und die Show geht in die nächste Runde. Alle Beteiligten habe die kleine Pause genutzt und sich umgezogen. Vince steht jetzt mit einem goldenen Anzug hinter den Synthies, Andy sieht aus wie ELVIS in einem türkisen Glitzeranzug und die Mädels machen mit ihren silbernen bzw. goldenen Kleidern auch keine schlechte Figur. Gerade bei „Breathe Of Life“ kommen die Kleider so richtig zur Geltung. Sie stehen genau wie seinerzeit MARILYN MONROE auf einem Luftschacht und die Zugluft von unten bauscht ihre Kleider auf. Wow. Dann wird’s wieder etwas ruhiger und ANDY trägt den Song „I Broke It All In Two“ sitzend neben VAL und ANE-MARIE vor. Als Ausklang werden die Akteure der Show vorgestellt. Bemerkenswert ist dabei der Kuss zwischen Andy und Vince. Auf den Mund wohlgemerkt!
Bei „Blue Savannah“ ist Herr Bell schon wieder umgezogen, was heißt umgezogen, er hat nur noch goldene Hotpants an und rosarote Puscheln in den Händen. Das Publikum johlt verzückt. Er ist der geborene Entertainer und weiß was sein – und vielleicht gerade das Kölner – Publikum mag. Weiter geht’s mit dem 94er Hit „Always“ und „Who Needs Love Like That“, bei dem Vince seine Geräte verlässt und mit einer Digicam das Publikum und die Show filmt. Mit „Oh L`amour“ wird das reguläre Set beendet. Klar, das die 2500 Fans die vier nicht ohne Zugabe gehen lassen wollen, und sie werden nicht enttäuscht. Andy hat sich schnell noch ein goldenes Jäckchen übergeworfen und stimmt das ruhige „I Bet You`re Mad At Me“ an. Als krönenden Abschluss bringt der erste Hit von ERASURE „Sometimes“ (bei dem Vince mal wieder zur Gitarre griff) das ausverkaufte E-Werk noch mal zum Kochen. Auch der schönste Abend geht einmal zu Ende.
Als Service für die Fans wird jede Show der Briten mitgeschnitten und sofort nach dem Auftritt kann man sich die Livescheibe mit nach Hause nehmen. Eigentlich eine sehr gute Sache, die ich auch schon von den NEUBAUTEN Gigs her kannte. Dort werden Interessen beider Seiten bedient. Die Künstler verdienen sich noch etwas dazu und umgehen so den Bootleg Markt, dessen Qualität oft zu wünschen lässt. Der Konzertbesucher kann sich den von ihm besuchten Gig mit in die heimischen vier Wände holen. Für den Auftritt in Köln wird sich das wohl kaum gelohnt haben, denn diese Show wurde komplett gefilmt und wird demnächst als DVD veröffentlicht.
Setlist CLIENT
In it for the Money
Price of Love
Radio
Here and Now
Overdrive
Don’t call me Baby
Rock and Roll Machine
Pornography
Setlist ERASURE
No Doubt
Hideaway
Victims Of Love
Knocking On Your Door
The Circus
Breathe
Ship Of Fools
Drama
All This Time Still Falling Out Of Love
Stop!
Rapture
Ave Maria
Breath Of Life
A Little Respect
I Broke It All In Two
Chains Of Love
Chorus
Love To Hate You
Blue Savannah
Always
Who Needs Love Like That
Oh L`amour
I Bet You`re Mad At Me
Sometimes
Copyright Fotos: Jörg Rambow
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