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FEHLFARBEN – FESTLAND

Ort: Bielefeld - Forum

Datum: 29.03.2006

Die FEHLFARBEN auf Geburtstagstour – Was könnte da näher liegen, als an meinem eigenen Jahrestag das Bielefelder Forum aufzusuchen, um ein wenig „Peterchens Mondfahrt“ beizuwohnen? Und so waren wir dann zur üblichen Zeit gegen 20 30 an der Konzertstätte, um überraschend pünktlich eine halbe Stunde später von der Vorband in Empfang genommen zu werden. FESTLAND hieß das Trio, was sich da in weißblauer Pullunder-Hemd-Kombination präsentierte und welches promotechnisch immerhin von Alfred Hilsberg unterstützt wird. Ddfm am Bass, Thomas Geier (Schlagzeug) und ein gewisser Yoshino an den Keys, das waren die Protagonisten für die nächste halbe Stunde, und die gut 200 Anwesenden betrachteten das Treiben vor ihnen distanziert aber durchaus wohlwollend. Zumeist vertonen FESTLAND Texte von Fabian Weinecke, einem Maler aus Essen, in melancholisch-romantischer Form. Das hört sich dann ein wenig wie Lounge Musik an, mit den COMEDIAN HARMONISTS hinter den Mikrophonen, denn alle drei zeichneten für den Gesang verantwortlich. Nicht wirklich mitreißend, eher putzig intonierten sie ihr Liedgut und sahen dabei aus wie Sozialpädagogen im 70er Tanzcafé. Neben der brandneuen Vinyl VÖ „Welt verbrennt“ präsentierten sie auch Material ihres nächsten Longplayers, der Titel hatte was mit Fenstern und Blumen zu tun. Dazu gab es eine Coverversion eines FRED BANANA-Stücks und sogar eine FEHLFARBEN-Interpretation von deren drittem Werk „Glut und Asche“. Hat keinem wehgetan die Darbietung, glücklicher ist die Welt dadurch allerdings auch nicht geworden.

In der Wartezeit bis zum Headliner wurde Musik des kürzlich verstorbenen Nikki Sudden gespielt, dem später auch noch eine Hommage gewidmet wurde. Kurz nach 22 Uhr war es dann soweit, und 6 Musiker betraten die Bühne. Doch wieso nur 6? Richtig, Gitarrist Thomas Schwebel fehlte (Zitat Hein: „Er ist einfach nicht da!“), was aber durch das engagierte Spiel von Uwe Jahnke nicht ins Gewicht fiel. Interessant allerdings Peters immerwährende Monologe und Anspielungen zwischen den Stücken, wo er eine Art Internet- und Journalisten-Paranoia verriet. Irgendwer muss ihm da wohl übel mitgespielt haben, wirkte auf Dauer allerdings etwas manieriert. Musikalisch ließ man allerdings von Minute 1 an kaum etwas anbrennen auf der Tour zum 26.5ten Geburtstag. Passend dazu hatte es ja auch eine CD gegeben, wo gestandene Recken die alten Klassiker der Farben neu interpretierten. Auch die Geburtstagstorte auf der Leinwand erinnerte daran, im folgenden wurden dort sehr interessante Filmsequenzen gezeigt, z.B. toll gemachtes Morphing von Gesichtern oder Fotos aus ganz alten Tagen. Da war die mittlerweile dunkelhaarige (im Vergleich zum Weberei Gig vor ein paar Jahren) Saskia von Klitzing zwar noch nicht dabei, aber ihre sehr dynamische Fellbearbeitung bot eine gesunde Grundlage unter den Rock des Sextetts. Fenstermacher und der „Pyrolator“ legten sich an der Elektronik und mit allerlei Percussions in Zeug, während Bassist Kemmner stoisch aber punktgenau den Bass bediente. Und dann natürlich die Setlist: Eine Mischung aus alten Hits, neuerem Material und sogar einigen bisher unveröffentlichten Stücken wie „Sprachlos“ oder „Handbuch für die Welt“ sorgte für Verzückung unter den Besuchern, von denen sich zumindest einige tänzerisch betätigten. Klassiker wie „Paul ist tot“, „Grauschleier“ oder sogar das heftigst rausgerotzte „Ein Jahr (Es geht voran)“ riefen dabei dieselben positiven Emotionen hervor wie etwa „Die kleine Geldwäscherei“ oder die „Schnöselmaschine“ vom 2002er Werk „Knietief im Dispo“. Richtig genial fand ich das extrem groovige „Das sind Geschichten“ und den kurzen MITTAGSPAUSEn-Einspieler. Jamie, der sein eigens für die Tour designtes Hemd trug, hat nichts von seinem aggressiven Gestus und der permanenten Gesellschaftskritik verloren, aber der Gig funktionierte auch abseits von Zeigefingermentalitäten. Nach 75 Minuten war erstmals Schluss, aber man kehrte gleich 2 mal wieder, um etwa mit der letzten Single „Club der schönen Mütter“ (war das Charlotte Roche in dem zugehörigen Video?) und dem fett riffenden „Die wilde 13“ die letzten Reserven aus den Anwesenden zu holen. Schöner Gig einer überaus frisch und streitbar gebliebenen Combo, da konnte man auch den nicht gerade geringen Obulus von 19 Euro locker verschmerzen!

Setlist FEHLFARBEN (ohne Gewähr!)
We do wie du (THE MONKS)
Zarte Zeilen
Chirurgie 2010
Schnöselmaschine
Politdisko
Gottseidank nicht in England
Das sind Geschichten
Sonntag morgen
Innenstadtfront
(Geh) Du Ran Du Ran
Große Liebe
Ein Jahr (Es geht voran)
Der Fremde
Grauschleier
Handbuch für die Welt
Die Internationale
Schlaflos nachts
Die kleine Geldwäscherei
Teufel in Person
Paul ist tot

Sprachlos
Wilde 13

Club der schönen Mütter
Nichts erreicht meine Welt

Copyright Fotos: Jörg Rambow

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