Konzert Filter

FETTES BROT – APOPTYGMA BERZERK – REVOLVERHELD

Ort: Paderborn - Unifest

Datum: 08.06.2006

Das letzte musikalische Highlight vor der Fußball-Weltmeisterschaft: Das Sommerfestival der Uni Paderborn, welches nun schon fast traditionell interessante musikalische Beiträge verschiedenster Genres mit einem reichhaltigen Erfrischungsangebot kombiniert. Und da auch der Wettergott ein Einsehen hatte, war ein regelrechter Run auf das Unigelände natürlich vorprogrammiert. 12.000 Menschen plus X, darunter natürlich nicht nur unsere akademische Nachwuchselite, sollten schon gegen 19 Uhr für ein heftiges Gedränge auf dem Areal sorgen. Wir hatten uns entschieden, REVOLVERHELD und APOPTYGMA BERZERK unsere Lauscher zu leihen, welche nacheinander auf der sogenannten P-Bühne eingeplant waren. Zu unserer Überraschung lagen die Deutschen 200 SACHEN gerade in den letzten Zügen, die eigentlich zu einer ganz anderen Zeit auf einer ganz anderen Stage eingeplant waren. Eigentlich schade, da wären wir doch glatt ein wenig eher aufgeschlagen. Aber auch so war es schwierig genug, sich bis zum Fotograben vorzuarbeiten, denn die „Generation Rock“ (die vornehmlich weiblich zu sein scheint) hatte sich bereits in Stellung gebracht. Kreischende Mädels am Rande der Hysterie, da hat die BMG-Promoabteilung aber ganze Arbeit geleistet, außerdem kann man den unermüdlich tourenden Norddeutschen eine gewisse Klasse nicht absprechen, wenn man von einigen Texten mal absieht. Die Damen in den ersten Reihen waren so nett anzuschauen, dass einige meiner Fotographen-Kollegen das Geschehen AUF der Bühne eher kalt ließ. Was sich noch steigerte, als sich die verspielten Herren der Freiwilligen Feuerwehr aufmachten, mit nassen Duschen für noch tiefere Einblicke zu sorgen. Aber musiziert wurde natürlich auch noch…

5 Herren im besten Alter nahmen ihre Positionen ein und legten alsbald mit ihrem fetten (Deutsch-)Rock los, wobei sie natürlich wieder auf der Bühne herum sprangen, als hätten sie Frettchen in der Hose. Man merkt der Truppe ganz einfach ihre enorm gewachsene Live-Erfahrung an, die aber – zumindest bis jetzt – niemals in Stereotypen mündet. Insbesondere Shouter/ Charmeur Johannes ist niemals um einen frech-süffisanten Spruch verlegen, um die Stimmung noch weiter an zu kurbeln. Egal ob er sich über 2 „rauchende“ Herren auf dem Dach gegenüber lustig machte oder mit dem Publikum flirtete, die Uni Paderborn rockte! Einmal sprang er sogar relativ unvermittelt in die erste Reihe, um den Damen allerlei Reibungsfläche zu bieten… Die Setlist bestand natürlich aus den bekannten Songs der „Generation Rock“-Scheibe („Freunde bleiben“, „Die Welt steht still“), wobei das Titelstück auch den Abschluss des regulären Sets bildete. Dazu ließ sich Herr Strate über den Köpfen der Fans einmal quer über den Platz tragen, der Herr hat wirklich sämtliche Posen verinnerlicht. Ergebnis: Selbst Mädels noch weit unter der Volljährigkeit machten unsittliche Angebote, um in den Backstage Bereich zu kommen… Unter diesen Umständen war eine Zugabe natürlich mehr als notwendig, die aktuelle Single „Mit dir chilln“ wurde wie auf Tour in einer Akustikversion dargeboten, mit Drummer Pinsel vorne am Bühnenrand. Passend zum WM-Auftakt am Folgetag bildete der Titel „Heimspiel“ inklusive lautstarker Anfeuerung des deutschen Teams einen gelungenen Abschluss des gut 75-minütigen Sets. Man muss REVOLVERHELD nicht mögen, aber man muss ihre Professionalität und ihre Geschicktheit im Umgang mit ihren Anhängern anerkennen. Und wenn man mal den Zynismus zuhause lässt, kann man sich auch eine Weile richtig gut unterhalten.

Danach trat dann eine große Wanderbewegung ein, denn die „fetten Brote“ lockten auf der Mainstage, und die Fanklientel schien doch relativ ähnlich zu sein. Das führte dazu, dass sich der Platz vor der P-Bühne merklich leerte, was aber keineswegs unangenehm war. So konnte man dann auch lokale Prominenz wie Andreas von XOTOX begrüßen, der natürlich genauso wie wir gespannt auf einen Open Air-Auftritt der Mannen um Stephan Groth war, indoor hatten wir APOP auf Tour ja schon 2 mal gesehen. Leider verlief der „Umbau“ quälend langsam (70 Minuten), was insbesondere hinterher noch zu Problemen führte, denn um 23 30 Uhr musste wohl auflagentechnisch Schluss sein. Kurz nach 22 30 Uhr war es dann endlich soweit, die Genrefans waren doch relativ zahlreich vertreten, und 4 wohl gekleidete Herren betraten die Bühne. Nur 4??? Tatsächlich, Anders Odden (aka Neddo) an der zweiten Gitarre fehlte, was für mich doch schon eine kleine Enttäuschung war. Noch am Samstag hätte er mit CELTIC FROST beim Rock Hard auftreten sollen, was ja wegen der Erkrankung Toms leider nicht geklappt hat. Was der Grund für seine heutige Abwesenheit war, konnten wir auf die Schnelle nicht in Erfahrung bringen. Das führte natürlich dazu, dass der Sound insbesondere bei den gitarrenlastigen Stücken wie „Unicorn“ doch relativ schwach auf der Brust war. Angel alleine kann einfach nicht den Druck zweier Saiteninstrumente erzeugen, so dass der Gig insgesamt eine etwas elektronischere Schlagseite bekam. Leider mussten aufgrund der fortgeschrittenen Uhrzeit gleich 5 Tracks aus der von der Tour bekannten Setlist gestrichen werden (inklusive 2er Zugaben), was man ebenfalls als kleines Manko werten muss. Von daher kann ich den Auftritt „nur“ als gut bewerten, aber kein Vergleich zu den Hallen-Konzerten, wo auch eine ganz andere Stimmung geherrscht hat. Die hier und heute Anwesenden waren zwar feierwillig, aber zum Grossteil insbesondere mit dem älteren Material nicht vertraut, dadurch fielen die bekannten Singspiele bei „Kathy’s Song“ oder „Until the End of the World“ doch eher kläglich aus. Das kann man natürlich nicht der Band anlasten, die schon recht spielfreudig agierte. Bei Titeln wie „Shine on“ oder „In this together“ wurden auch ordentlich die Arme gereckt und die Füße bewegt. Ein paar alternde „Theologen“ schienen zwar mittlerweile dem Gerstensaft ein wenig zu sehr zugesprochen zu haben, doch derlei Ausfallerscheinungen waren ja zu erwarten… Zum Abschluss dann nur noch eine Zugabe: „Non Stop Violence“, was dann aber richtig zelebriert wurde.

Fazit P-Bühne: Gutes Wetter, partywilliges Publikum und 2 Bands in Spiellaune, wobei REVOLVERHELD an diesem Tag die Nase vorn hatten, was Zuschauerresonanz, Spielzeit und Ausstrahlung anging. Doch da war ja noch ein FETTES BROT zu verteilen…

Genau um 22 10 Uhr kommen Dokter Renz, König Boris und Björn Beton alias FETTES BROT auf die Hauptbühne. Der Platz vor dieser ist mittlerweile brechend gefüllt, dennoch strömen immer noch weitere Brote-Fans vor die Stage, um die drei Jungs aus Hamburg zu sehen. Es ist ein einziges Gedrücke und Gedränge. Die Brote scheinen also auch in Ostwestfalen viele Fans zu haben. Und diese sollen auch nicht enttäuscht werden…

Ein Kracher folgt auf den nächsten, alles was das Fan-Herz begehrt, ist zu haben. Die Menge feiert die Hamburger Jungs, die heute mal wieder richtig gut drauf sind. Ebenso wie ihre Vorgänger KETTCAR kommunizieren sie viel mit ihrem Publikum und animieren dieses zum Mitsingen. Aus voller Kehle intonieren die „Studenten“ vor der Audimax-Bühne ihre Lieblingslieder und erweisen sich als äußerst textsicher. Auf Hits wie „Jein“ folgen „Emanuela“ und „Schwule Mädchen“. Die Menge hüpft und tanzt im Beat der Songs und der Grasboden muss heute einiges aushalten. Für feuchte Abkühlung sorgen derweil die Ordner mit einem Feuerwehrschlauch. Der Wasserstrahl bietet am Himmel einen durchaus eindrucksvollen Anblick vor der mittlerweile hell erleuchteten Bühne. Ob es jedoch bei der tobenden, tanzenden und vor allem schwitzenden Menge etwas gebracht hat, mag ich bezweifeln. Doch die Brote feiern nicht nur. Sie zeigen mit ihren aktuelleren Liedern wie „An Tagen wie diesen“ und „Soll das alles sein“ auch ihre sozialkritische Seite. FETTES BROT beweisen an diesem Tag auch, dass sie das Covern verstehen und perfekt beherrschen. So wurde kurzerhand aus dem CLASH-Klassiker „London Calling“ „Hamburg Calling“ und aus „Killing in the name“ von RAGE AGAINST THE MACHINE „Verbrotet“. Beides zwei Versionen, die durchaus mit den Originalen mithalten können.

Nach über einer Stunde Spielzeit verlassen die Hamburger dann die Bühne. Jedoch nur für kurze Zeit, denn die Menge fordert lautstark nach Zugaben. Und den Gefallen tun ihr die Brote gerne und bieten den Hit dar, der noch fehlt: „Nordisch by Nature“. Eigentlich wäre performen der richtigere Ausdruck, denn auch dieser Song wird gecovert dargeboten. Und zwar nicht in einer, sondern in verschiedenen Versionen. ROD STEWARTs „Sailing“ weicht der allseits bekannten „Don’t worry, be happy“-Melodie, um sich in „I like to move it“ zu perfektionieren. Und die Zuschauer gehen begeistert mit. Dies sollte dann auch leider gegen 23.30 Uhr das krönende Ende des Konzertes sein. Mit einem „Viel Spaß beim Fußball“ verabschieden sich die sympathischen Jungs aus dem hohen Norden und einige in der Menge bedanken sich, indem sie den aktuellen Fußballhit der SPORTFREUNDE STILLER anstimmen. In diesem Augenblick scheint es keinen zu stören, dass dieser Titel nicht von den Broten ist. Der Stimmung hat es auf keinem Fall geschadet…

Setlist APOPTYGMA BERZERK
Eclipse
You keep me from from breaking apart
In this together
Starsign
Deep Red
Mercy Kill
Kathy’s Song
Lost in Translation
Shine on
Unicorn
Until the End of the World

Non Stop Violence

Copyright Fotos: www.paderblitz.de

Es ist noch kein Kommentar vorhanden.

Hinterlassen Sie einen Kommentar.

Mehr zu APOPTYGMA BERZERK auf terrorverlag.com

Mehr zu REVOLVERHELD auf terrorverlag.com