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FLUT – IN MEMORIAM RIO REISER

Ort: Gütersloh - Weberei

Datum: 16.10.2005

Auf meiner Suche nach einzigartigen Konzerterlebnissen kam ich an diesem Sonntag Abend unverhofft in den Genuss einer ungewöhnlichen Darbietung in der Gütersloher Weberei. Zwar hatte ich die Plakate in der Stadt durchaus erblickt, aber das Kleingedruckte nicht gelesen, somit erfuhr ich quasi erst in letzter Minute, was es mit der FLUT auf sich hatte. Keine Heppner/ Witt-Reminiszenz, nein ein Tribut an RIO REISER, sicherlich DER deutsche Rock-Poet schlechthin. Die (größtenteils) Bremer FLUT interpretieren seit 1996 Reiser-Titel in einer einzigartigen Art und Weise, nämlich als Kammermusik. CHAMBER meets den „König von Deutschland“? Das wollte ich mir nicht entgehen lassen, leider war ich mit diesem Interesse so ziemlich der einzige…

Als ich nun also kurz vor 8 die Webe erreichte, schien man dort fast dankbar zu sein, mal ein paar Euronen zu kassieren, natürlich kein gutes Zeichen. Und so war es dann auch, im Innenraum eine Handvoll Leute, genau 13 an der Zahl (mich inklusive). Interessanterweise hatte man Tische und Stühle aufgestellt, um dem Kammergedanken Rechnung zu tragen, immerhin wirkte dadurch der Laden nicht ganz so leer. Sänger Carsten Andörfer (auch Schauspieler, „Solange es Männer gibt“, diverse Theaterauftritte) war sichtlich enttäuscht und so ein kleines Publikum wohl auch nicht gewohnt. Aber es half alles nichts, irgendwann musste er mit seinen 5 Mitstreitern auf die Bühne: Ein Streichquartett plus Schlagzeug sollten für organischen Klang sorgen. Zwar wirkten seine Ansagen zunächst etwas bittersüß, dennoch ließ man sich musikalisch nichts anmerken und praktizierte auf hohem Niveau. Besonders Drummer Martin Kruzig machte auf mich Eindruck, der allerlei ungewöhnliche Spielweisen vortrug. Mal sanft charmant, mal ansatzweise Rock `n` Rollig gab es eine Rundreise durch diverse Rio-Stücke, manche Hits, manche eher Eingeweihten bekannt. Dabei griff man insbesondere auf Lieder der bisher letzten CD „In Memoriam Rio Reiser“ aus dem Jahre 2001 zurück wie etwa „Für immer und dich“, „Hafentraum“, „Arche B“, „Blinder Passagier“ oder natürlich „Junimond“. Mit dem „Piratenlied“ ertönte aber auch eine Eigenkomposition, ausgerechnet bei dieser verpasste der irgendwie an Harald Juhnke erinnernde Sänger den Einsatz. Keine Angst Carsten, ich werde doch einen Fast-Namensvetter nicht verpetzen… Stimmlich war der gute Mann ansonsten souverän, und eine extrem klare/ kräftige Aussprache sollte man bei einem Bühnenprofi auch erwarten. Mit der Nennung der einzelnen Musikanten und den dazugehörigen Verbeugungen war die Sache dann nach 70 Minuten schon wieder beendet – Stille trat ein – was würde passieren? Dann bäumten sich die größtenteils eher älteren Semester auf, unterstützt von den jungen Thekenkräften und Jens (bekannt von Bad Souls) an den Lichtreglern. So kam man dann doch noch zurück und fragte nach etwaigen Wünschen. Na klar, der „König von Deutschland“ hatte bisher gefehlt. Die erste Strophe rezitierte der Frontmann noch als eine Art Sprechgesang, dann wurde Rios größter Hit in bekannter Art und Weise performt. Momentan versucht ja das Küblböck-Subjekt eine Coverversion in den Charts zu platzieren, vielleicht hat er ja vorher noch einen Autounfall. Eine Ode an Berlin schloss den Abend dann besinnlich ab.

Fazit: Eine interessante Verbindung 2er Musikstile auf hohem Niveau, die deutlich mehr Zuschauer verdient gehabt hätte. Aber eine Kulturhauptstadt wird Gütersloh wohl nicht mehr werden…

Weitere Infos unter: www.f-l-u-t.de

Copyright Fotos: Karsten Thurau

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