Ort: Hamont-Achel - De Posthoorn
Datum: 24.04.2009
Ein Fan im allgemeinen ist schon ein merkwürdiger Zeitgenosse. Obwohl ich den FRONT 242 Auftritt auf dem M’era Luna recht grottig fand, saß ich vor knapp zwei Monaten im Flieger nach Dublin, um sie in der dortigen Button Factory zu sehen und da Hamont-Achel nur knapp 290 Kilometer von Bielefeld entfernt liegt, sprach auch nichts dagegen, mir ihren Gig dort ebenfalls zu Gemüte zu führen. Nach etwas mehr als drei Stunden Fahrt kamen wir bei strahlendem Sonnenschein in der belgischen Kleinstadt an und mein erster Gedanke (ohne diesem Ort zu nahe treten zu wollen): Warum spielen FRONT 242 in so einem Kaff? Ein Dorf mit ein paar Kneipen, einer Pommesbude, gefühlten zwei Restaurants und obwohl es Freitag nachmittags war, wirkte die „Stadt“ wie ausgestorben. Nachdem wir in einem romantischen Hotel unser Quartier bezogen hatten, taten wir das einzige, was man in so einem Ort tun kann und sollte, um die Zeit zu überbrücken. Wir steuerten die einzige offene Dorfkneipe an und widmeten uns dem Konsum von belgischem Bier.
Leicht angeheitert erreichten wir dann pünktlich um 20 Uhr das De Posthoorn, eine backsteierne Mehrzweckhalle, die im kleinen ungefähr so einen Charme und Esprit wie die durch das WGT wohlbekannte Agra-Halle in Leipzig versprühte. Die Halle fasste ungefähr 1000 Zuschauer und war zur Hälfte abgeteilt, so das schätzungsweise 500 Leute sich auf den Weg gemacht hatten. Als Support fungierten mit den Gebrüder Pauly die alten Weggefährten von PARADE GROUND. Die beiden performten ungefähr 45 Minuten zum Großteil Stücke ihrer aktuellen CD „Rosary“. Ihr Sound erinnerte mich entfernt an eine abgefahrene Mischung aus JOY DIVISION und ALIEN SEX FIEND. Das Publikum reagierte höflich, aber mit etwas Distanz auf ihre Darbietung.
Nach einer kurzen Umbaupause machte ich meine Begleitung mit etwas Ehrfurcht in der Stimme darauf aufmerksam, dass dieser kleine unscheinbare, bierbäuchige Mann mit kreisrundem Haarausfall, der es sich gerade hinter den Mischpult bequem machte, der leibhaftige Erfinder und Soundmaster von FRONT 242 ist. Schon ging das Licht aus, Kunstnebel waberte über die Bühne und es erklangen die die ersten Töne von „See the Future“. Dieser Song diente schon so um 1983 als Intro für ihre Gigs. Nahtlos ging es dann mit dem bis dato unveröffentlichten „98“ in die Zukunft. Nach Patrick und Tim betrat Richard die Bühne und performte diesen stilistisch reduzierten Song. Wer schon auf Gigs der „Vintage“-Phase war, wusste natürlich, was einen erwarten würde. Grob kann man sagen, dass das Set in drei Parts aufgeteilt war. Songs, die von Richard (z.B. „Commando“ und „Funkahdafi“) oder Jean Luc (z.B. „7Rain“ und „Load“) jeweils alleine performt wurden sowie die größten Hits und energiegeladensten Tracks („Headhunter“, „Im Rhythmus bleiben“, „Religion“ und „Welcome to paradise“) von beiden zusammen.
Das Publikum erinnerte mich ein wenig an die ostwestfälische Reserviertheit. Zwar gab es den obligatorischen „nackten Oberkörper“ Moshpit, der Rest des Auditoriums zog es aber vor, den Gig gemütlich stehend, bzw leicht wippend zu absolvieren. Vielleicht lag es auch daran, dass die erste Hälfte den eher ruhigeren Tracks gewidmet war und die „Killersongs“ in der zweiten Halbzeit anzufinden waren, hier taute dann auch das Auditorium gehörig auf. Voller Freude vernahm ich, dass endlich mal wieder „Tragedy for you“ lief. Ordentlich Kunstnebel, wie immer perfekt abgestimmt mit den Videoanimationen und der Lightshow sorgten wieder für ein stimmiges Gesamtbild. Obwohl definitiv nicht einer meiner Lieblingssongs trat hier „No shuffle“ sehr positiv heraus. Arktisches blaues Licht passte perfekt zu einem Titel mit folgender Textzeile: „There is no shuffle here, here on the North Pole, on this quite dome, sunshine on crystal and milky walls of ice, all seems so fragile under the polar sky“.
Mit „Im Rhythmus bleiben“ und „Headhunter“ zum Schluss wurde noch mal ordentlich aufs Gaspedal gedrückt. Der dreiteilige Zugabenblock wurde genau so aufgeteilt wie der Rest der Show. „Kampfbereit“ für Jean Luc, „U-Man“ als gemeinsames Stück und wie immer als krönender Abschluss, visueller Overkill und Stroboskop-Gewitter: „Punish your Machine“ für Richard. Der Hauptfokus der Show lag mit fünf Stücken ganz klar bei der „Front by Front“, während „Official Version“ gänzlich verschmäht wurde. Nicht ganz so cool wie der Gig in Dublin, aber dennoch ein Gig, der ohne Einschränkungen 600km in 24 Stunden wert war.
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