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FULL OF HATE FESTIVAL 2009

Ort: Dessau - Hangar

Datum: 13.03.2009

Vorsicht – die Wikinger kommen. Und wenn „Rock the Nation“ einen Metal-Abend veranstalten, weiß man, dass man hier nicht nur mit ein oder zwei Bands abgespeist wird. Volles Programm haben sich die Verantwortlichen des Full Of Hate Festivals auf die Fahnen geschrieben. Insgesamt sechs Bands sind für das Gastspiel in Dessau angesagt – am Ende waren es sogar sieben. Für knapp etwas über 30 Euronen ein zwar nicht ganz billiger Spaß, aber dafür bekommt man schließlich auch was fürs Geld.

Also schließen wir uns dem Marsch gen Dessau an und düsen in den Hangar. Eine wirklich hübsche Location, die an diesem Abend Heimat für ca. 800 Metaller werden wird und mit einer richtig großen Bühne auftrumpfen kann. Bierbänke und Tische stehen auch schon bereit, dann kann es endlich losgehen. Auf Grund des vollen Line Ups wird die Anfangszeit natürlich in ungewohnte Zeiträume verlagert. Punkt 17 Uhr beginnt das Treiben mit den Knaben von PLAY THE MORON. Um diese wahrlich unchristliche Zeit (draußen ist es schließlich noch hell) haben sich die meisten der bereits eingetroffenen Metaller aber noch auf dem Parkplatz gemütlich gemacht. Kopf auf – Bier rein, scheint die Devise. So ist es dann auch nicht verwunderlich, dass nach vier Bands der Alkoholpegel bei vielen Beteiligten recht hoch und daher die Bewunderung doch eher den Biertischen als den Bands zugeteilt wird. Zurück zur Musik: PLAY THE MORON haben den Startplatz beim mittlerweile üblichen Rock the Nation-Support Contest gewonnen. Eine schöne Sache für die Schwaben, die dem Dessauer Publikum mit ihrem deftigen Metalcore ordentlich einheizen. Leider treffen sie auf ein eher Death Metal lastiges Publikum, das dem neumodischen Kram doch recht reserviert gegenüber steht. So ist vor der Bar mehr los als vor der Bühne. Dennoch ein engagierter Auftritt des Quintetts. Was mir in den Ohren geblieben ist, ist einzig der Spruch einer Besucherin: „Hier kann man wunderbar bayrisch auf den Tischen tanzen“ – Prost!

Nach soviel Frohsinn ist es nun Zeit für die Black Metaller von SECRETS OF THE MOON. Obwohl noch die Sonne scheint, tauen die ersten Schwarzkutten nun langsam auf. Die erste Reihe bangt geschlossen zu den sehr eigenwilligen Klängen der Osnabrücker. Deftiger Black Metal, gewürzt mit einem kleinen Schuss Melodie und vielen hypnotischen Instrumentals lassen mein Herz höher schlagen und klopfen beim Mann im Mond an. Dieser sagt kurz „Hallo“ und lässt die Schädel kreisen. Gekonnte Speed- und Rhythmuswechsel sorgen für viel Abwechslung und so heißen meine ersten Gewinner an diesem frühen Abend (es ist grad mal 18 Uhr) eindeutig SECRETS OF THE MOON. Mit dem fulminanten „Queen among Rats“ beschließen sie eine hervorragende halbe Stunde. Der Rest des Line Ups wird es schwer haben.

Nun sollten eigentlich EQUILIBRIUM auf dem Plan stehen, doch zieht man die Norweger von KEEP OF KALESSIN vor. Mit ihrem aktuellen Album „Kolossus“ konnten sie zwar die Kritiker überzeugen, doch so recht mag sich heute keiner drauf einlassen. Zwar bangen einige Fans eifrig die Köpfe, doch ansteckend ist das nicht. Ihr Black Metal wirkt (wie schon vor einigen Jahren als Support von Satyricon) etwas überladen und dadurch recht undurchsichtig. Nett jedoch der Beginn, als Chefdenker Obsidian C. einsam auf der Bühne steht und ein schickes Gitarrensolo als Ouvertüre spielt. Das hatte Stil – jedoch konnte das Niveau nicht gehalten werden. Mit dem Titeltrack „Kolossus“ beenden auch sie bereits nach 30 Minuten ihr Set. Es ist wie auf dem Fließband. 30 Minuten Arbeit, Raucherpause, ein Schluck zur Erfrischung und schon geht es erneut von Vorne los.

Endlich ist die Halle voll gefüllt – offensichtlich geht die Sause heute mit EQUILIBRIUM erst richtig los. Die bayrischen Pagan Metaller waren schon beim Heiden Fest der heimliche Headliner vieler Besucher und so ist es auch heute nicht verwunderlich, dass bei den ersten Klängen das blanke Chaos ausbricht. Blut, Schweiß und Gesang hat Einzug in den Hangar gefunden. Die Temperatur steigt bei Krachern wie „Blut im Auge“ auf Siedetemperatur und die Mundwinkel sprunghaft nach oben. Trotz aller Party-Stimmung können mich die Bayern erneut nicht komplett überzeugen. Live wirkt ihre Musik einfach unglaublich hektisch und von den schönen Melodien bleibt einzig Matsch zurück. Zudem ist Helges Mikro zu leise eingestellt und so kann man die melodischen Pagan-Reißer oft nur erahnen. Vielleicht bin ich auch nur zu alt und EQUILIBRIUM daher für mich zu schnell. Wer weiß es? „Die Prophezeiung“ lässt einen gewaltigen Mosh Pit entstehen. Es schreit, es kämpft, es brodelt – der Hangar ist kurz vor der Explosion. Da verwechselt selbst Helge mal einen Song. Sei’s drum – weitermachen. Mit dem Panflöten-Smasher „Unbesiegt“ verabschieden sich die Chartstürmer (Platz 30 mit ihrem zweiten Album „Sagas“) von ihren tapfer kämpfenden Kriegern, die ungehört in Zugabe-Gesänge einstimmen. Hoch die Tassen.

Nach einer erneuten Sauerstoff-Kur rappelt es schon wieder im Gebälk. Die Niederländer von LEGION OF THE DAMNED sind gekommen, um unsere Ohren zu schänden. Ich sag nur KILL! Was uns die Jungs hier für ein Brett um die Ohren jagen ist sagenhaft. Nach den hektischen EQUILIBRIUM gibt es endlich wieder was für das alte Gemüse. Einfach, brutal und richtig auf die Fresse. Der Mosh Pit ist gnadenlos und verschlingt so manchen Besucher, für den danach Feierabend ist. Hier ist der Untergang vorprogrammiert. Sänger Maurice ist zwar unter seinem langen Haar kaum zu entdecken, und mancher hält ihn auch für Vetter It von der Adams Family, doch seine Ansagen sind unmissverständlich. Er will noch mehr Power von den Fans. Und die bekommt er auch. Absolut kranker Shit, sag ich nur. Songs wie „Bleed For Me“ oder „The Final Godsend“ tun selbst aus sicherer Entfernung im Nacken weh. KILL!

Setlist LEGION OF THE DAMNED
Pray and Suffer
Werewolf Corpse
House of Possession
Son of The Jackal
Cult of The Dead
Slaughtering + Diabolist
Black Wings of Yog-Sothoth
Bleed For Me
Legion of The Damned
The Final Godsend

Danach müsste man eigentlich erstmal drei Wochen Urlaub einlegen. Aber nix da. Zwei Bands liegen noch vor uns – und softer wird es nicht. OBITUARY sind nun an der Reihe. Die Fans wollen mehr. Sie peitschen sich gegenseitig an und sind heiß auf mehr. Doch mehr braucht Sänger John Tardy wohl nicht. Ich weiß nicht, was er da auf der Bühne genau macht, aber normal ist das nicht. So steht er beim Opener (fragt nicht, was das war) seitlich zum Drummer positioniert und es scheint als bleibe er dort, um sich gegebenenfalls irgendwo anlehnen zu können. Ist der dicht oder was? Nüchtern ist jedenfalls was anderes. Erinnerungen an Peter Steele (ich sag nur Wacken 2007) werden wach. Darunter leidet auch die exzellente Stimmung im Hangar. Zwar treffen Hassfetzen wie „Slowly We Rot“ sicher ins Ziel, doch so richtig mag keine Freude aufkommen. Daher zieht es nicht nur uns erneut nach draußen. Kollektives Luftholen ist angesagt. Und schau – die Jungs von DOWN BELOW sind auch zugegen. Dessau ist heut wohl der Death Metal-Nabel der Welt. Nachdem Fotografin Tine einen Gast verarscht hat und sich als Halb-Koreanerin ausgegeben hat (der Suffkopp lobte sie für ihre gute Deutsche Aussprache – Hut ab!), haben sich OBITUARY verabschiedet. Eine herbe Enttäuschung!

Jetzt aber. Sechs Bands liegen schon hinter uns und etliche Gäste auf den Bierbänken. AMON AMARTH ist es vergönnt, diesen gelungenen Abend abzuschließen. Nach einem netten Plausch mit der Wacken erprobten Security ist die Zeit reif. Endlich nutzt man die gesamte Bühne, sodass die Band viel Platz für Spaziergänge und kollektives Gepose hat. Prost! Nach einem majestätischen Intro stampfen die Schweden mit dem Titeltrack der aktuellen Scheibe ins Gemetzel. Die Meute faucht, Johan strahlt und geht ein ums andere Mal die heiligen Stufen herunter – und klatscht mit den überglücklichen Fans ab. Gut, dabei rennt er mich einmal fast über den Haufen, aber das muss man als Embedded Journalist wohl einkalkulieren. Mit „Free With Sacrifice“ bleibt man beim Erfolgsalbum „Twilight Of The Thunder God“, bevor man erstmalig „With Oden On Our Side“ streift. Vom Streifschuss erholt, verzieh ich mich auf eine Bierbank und genieße das Spektakel aus luftiger Sicht. Lecker! „Dessauuuuuuu“ schreit Johan und feuert das Publikum immer wieder an. Diese gehorchen, was Johan freudig zur Kenntnis nimmt und mal wieder das Deutsche Bier lobt. Einige wagemutige Crowdsurfer geben sich auch zu erkennen und werden an die vorderste Front gespült. Die Schweden bieten eine gewohnt unterhaltsame Show, mit gemeinschaftlichem Horn-Trinken und gelegentlichen Verspielern. Gerade bei „Guardians Of Asgaard“ hapert die Abstimung doch ein ums andere Mal. Doch übel nimmt es den Wikingern keiner. Heute steht eindeutig der Spaß im Vordergrund und den haben alle Beteiligten. Mit „Ride Of Vengeance“ und dem Klassiker „Victorious“ werden gleich zwei Songs des (die Tage neu veröffentlichten) Debütalbums ins weite Rund geschossen.

Doch auch der schönste Abend geht einmal vorbei. Zwar lassen sich AMON AMARTH zu zwei Zugaben hinreißen, doch nach dem höllisch abgefeierten „Pursuit Of Vikings“ muss auch der härteste Recke erkennen, dass die Schlacht vorbei ist. Feine Sache – diese Full of Hate Tour. Wer noch Gelegenheit hat, sollte sich schleunigst ins Getümmel stürzen!

Setlist AMON AMARTH
Intro
Twilight Of The Thundergod
Free Will Sacrifice
With Oden On Our Side
Varyags Of Miklagaard
Fate Of Norns
Under The Northern Star
Guardians Of Asgaard
Ride For Vengeance
North Sea Storm
Tattered Banners And Bloody Flags
Death In Fire
Victorious March

Intro / Cry Of The Black Birds
Pursuit Of Vikings

Copyright Fotos: Enrico Ahlig

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