Ort: Köln - Gloria
Datum: 04.10.2005
Konzertreisen für Kurzentschlossene – Nächstes Kapitel! Nachdem ich am Wochenende überrascht festgestellt hatte, dass die New Yorker FUN LOVIN’ CRIMINALS gerade in unserem schönen Heimatland touren, stand mein Dienstagsabend-Programm natürlich fest. Abgesehen davon, dass ich die Jungs in all den Jahren noch nie live gesehen hatte, war auch die Tatsache, dass es sich hier um das Abschlusskonzert ihrer diesjährigen Europatour handelte, von Interesse. Ganze drei Gigs haben die ehemals als „Tarantino Rocker“ gehandelten Musiker in Deutschland gebucht, sogar in Holland waren es mehr, was möglicherweise auch auf gewisse „Vorzüge“ unserer Nachbarn zurückzuführen ist. Jedenfalls machte ich mich gegen 18 Uhr auf den Weg, nur um zu bemerken, dass es kaum noch ein Stück baustellenfreie Autobahn zwischen Bielefeld und Köln gibt. Als ich die Domstadt erreichte, war es dunkel und bereits nach 8, meine Hoffnungen auf ein ganzheitliches Konzerterlebnis schwanden von Minute zu Minute. Zumal ich keine genaue Ahnung hatte, wo denn das Gloria beheimatet sein könnte. Am Ende spürte ich den Laden in der Nähe des Neumarkts auf, ein fetter Tourbus davor und eine Menge hipper Kölner parlierend in Rudeln. Sollte ich noch mal Glück gehabt haben? Klare Antwort: Ja, denn wie in einigen anderen Konzertstätten auch nimmt man es in dem ehemaligen Theater mit den Anfangszeiten nicht so genau. Ganz im Gegenteil, die Ankündigung eines Special Guests ließ eher darauf schließen, dass der Abend noch sehr lang werden könnte, zum Glück ward dieser Gast dann wohl unterwegs verloren, und die hippen Müllunternehmer (das sind sie wirklich!) traten um ca. 21 15 Uhr auf die voll gestellten Bühnenbretter. Hatten mich noch die immens hohen Merchandise Preise abgeschreckt, sollte mich die musikalische Darbietung über alle Maßen zufrieden stellen, und mit mir ca. 700 weitere Anwesende in der proppevollen aber architektonisch sehr schönen Location. Ein süßlicher Geruch durchzog die schwülwarme Luft, was durchaus zur weiteren Entspannung beitrug. Doch nun zur Musik…
3 Herren im besten Alter begannen mit ihrer Performance, und als wollten sie vom ganz frühen Image weg, waren sie komplett in hellen Klamotten gekleidet, weiße Hemden, beige Hosen. Links an Mikro und Gitarre Sänger Huey Morgan, der ein wenig an den Schauspieler Tom Sizemore erinnert, hinten erhöht der durchaus gewichtige Schlagzeuger Frank „The Rhythm Man“ und rechts vorne Multi-Instrumentalist Brian „Fast“ Leiser . Diese Bezeichnung passt wirklich, denn im Laufe des Abends zeigte er sein Können an Bass, Mundharmonika, Trompete, elektronischem Piano und „blasbarem Minikeyboard“ (hatte ich zuletzt bei JOKE JAY gesehen). Los ging es mit „I love livin’ in the City“, dem Opener der brandaktuellen, fast gleichnamigen neuen CD, und man merkte sofort, dass das Publikum den Herren aus der Hand fraß. Kaum einer verbindet aber auch so genial diverse Musikrichtungen miteinander: Hip Hop, Rock, Blues, Soul und neuerdings auch eine Prise Reggae. Dazu kommt eine wunderbar lässige Performance mit entspannten Ansagen. Herr Morgan witzelte herum, lobte die geniale Stimmung und gab fast standesgemäß auch einen Kommentar zum ungeliebten Präsidenten Bush ab. Besonders dessen ständige Erwähnung von „Gott“ stößt dem Frontmann sauer auf, der natürlich durch seine Herkunft eine ganz eigene Verbindung zu 9/11, Terror und Terrorbekämpfung hat. Derweil spielte man sich durch ein Set, welches neben einigen neuen Songs auch haufenweise Klassiker beinhaltete, gerade das hypergeniale Debüt „Come Find Yourself“ wurde da bedacht. Bei „King of New York“ zeigte sich das Auditorium beispielsweise das erste Mal richtig textsicher, die Fans waren also offensichtlich Old-School. Nach ein paar ruhigeren Nummern wie „Loco“, „Up on the Hill“ oder „Mi Corazon“ kam dann ein richtiger „Rock Block“ mit 4 Tracks, darunter „Scooby Snacks“ sowie „Where the bums go“, und zu meiner Überraschung entstand plötzlich ein Pit, der einem Metalcore Konzert zu Ehren gereicht hätte. Es ging teilweise so derbe ab, dass sich die Security bemüßigt sah, deregulierend einzugreifen. Dann wurde es aber auch auf der Bühne wieder entspannter, mit Songs wie „The Ballad of New York City“, die den Bandleader glatt ein wenig zu rühren schienen. Bei „Smoke `em“ hingegen ging passenderweise eine sehr leckere Zigarette auf Wanderschaft, so dass die Stimmung der Amis weiter anzog, die sich ansonsten immer mal wieder mit Alkoholika stärkten. Wie sagte der Sänger so schön: „Warum soll ich den ganzen Tag arbeiten, wenn ich auf der Bühne stehen kann, mit Freunden und Alkohol und solchen Fans!“. Zum Schluss des regulären Sets wurden noch einmal sämtliche Crewmitglieder gegrüßt/ gelobt, und die Fans kamen aus dem Applaus gar nicht mehr raus. „King of Köln“ übrigens der Herr im weißen, ärmellosen Feinripp-Shirt, das es so was noch gibt… Dann war kurz Ruhe im Karton, aber natürlich noch lange nicht Ende!
Die FLCs wurden frenetisch wieder herausgeklatscht, zuerst nur der Drummer, der zur Star Wars Klängen wieder hinter seinem Apparillo Platz nahm und kurz „We will rock you“ als Solo intonierte. Dann waren die Herren auch wieder komplett (und komplett gerührt). Mit „Bear Hug“ feierte man eine formidable Rückkehr und noch einige weitere Kompositionen folgten. Man hatte gar das Gefühl, das Trio wollte am letzten Europa-Abend gar nicht mehr aufhören zu spielen. Es verließ auch so gut wie niemand vorzeitig das Gloria, so etwas habe ich selten erlebt. Nach ein paar weiteren Mitsingspielen und launigen Ansagen beschloss dann aber DIE Bandhymne „The Fun Lovin’ Criminal“ einen absolut grandiosen Abend. Mehr davon, und beim nächstem Mal bitte auch die „Welcome to Poppy’s“-Scheibe mehr berücksichtigen. Über 2 Stunden allerbeste Laune zwischen zart und hart müssen andere Kapellen erstmal auf den Teller kriegen!
Copyright Fotos: Karsten Thurau
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