Ort: Bielefeld - Ringlokschuppen
Datum: 18.11.2006
Im 20. Jahr ihres Bestehens hatten die Hannoveraner FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE mal wieder den Weg nach OWL gefunden. Im Gepäck hatten die Herrschaften ihren aktuellen Longplayer „Every Heart Is A Revolutionary Cell“ und einen jungen Mann namens BEN HAMILTON. Offensichtlich lag das sehr im Interesse der etwa 2.000 Zuschauer, die an diesem Abend die Samstag Abend Fernsehunterhaltung gegen ein Live-Konzert mit Erinnerungspotenzial an die ungestüme Jugend tauschen wollten. Die Ringlokschuppen-Macher hätten vielleicht gleich eine Ü30-Party dranhängen sollen, hätte auch das Taschengeld des ein oder anderen Babysitters noch ein bisschen mehr aufgebessert.
Mit allerhand Jobs hat auch BEN HAMILTON sich bereits seine Brötchen verdient, neben Aushilfscowboy und Türsteher im Stripclub war Straßenmusiker eine seiner Tätigkeiten und der Musik ist der Spross eines verarmten englischen Adelsgeschlecht treu geblieben und so erschien im Sommer sein selbstbetiteltes Debüt. Einzelkämpfer Ben hatte sich der Unterstützung einer Band versichert und so startete das Quintett pünktlich zu Beginn der Tagesschau mit dem ruhigen Singer/ Songwriter-Stück „Hologram“, das die verrauchte Stimme des dunkelhaarigen Schlacks gut zur Geltung brachte. „Sparrow’s Blues“ verfügte über mehr Schmiss und wurde vom wummernden Kontrabass dominiert. Weltenbummler Ben überraschte mit ganz ordentlichen Deutschkenntnisse und überzeugte mit seinem mitreißenden „Drug Abuse“, das die sonst so zurückhaltenden Ostwestfalen zum Mitklatschen animierte. „Backbreaker“ nahm wieder etwas Tempo raus, ganz offensichtlich brauchte der schweißtriefende Frontmann eine kleine Verschnaufpause. Wie abwechslungsreich seine CD ist, bewiesen auch „Radiationnation“ und „Indispensable“, bevor es mit „Satan A Drag“ noch einmal so richtig in die vollen ging. Unter kräftigem Applaus verließen Mr. Hamilton und seine Mannen die Bühne, doch ohne Zugabe konnte BEN HAMILTON Bielefeld nicht verlassen und so kam er noch einmal allein mit seiner Akustikgitarre zurück auf die Stage und brachte unter begeistertem Klatschen des Auditoriums mit „Rising“ noch mal was fürs Herz zu Gehör. Damit endeten die ersten 45 Minuten perfekten Musikgenusses. Wirklich ein fantastischer Einheizer für die FURYs, den man sich auch im Alleingang nicht entgehen lassen sollte.
Wenig später war die Zeit für den Hauptact gekommen. Ein wenig fühlte ich mich an den SISTERS OF MERCY-Gig im April erinnert. Alles lag im Nebel und sogar der Sound klang ein wenig nach den barmherzigen Schwestern. Aber nein, der Nebel lichtete sich und zweifelsohne standen dort FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE im Schweinwerferlicht. Bereits bei „Hang The DJ“ gab es kein Halten mehr, da wurde gehüpft, getanzt und geklatscht, bevor bei „Radio Orchid“ vom 1993er „Mono“ Sänger Kai Wingenfelder ein Bad in der Menge nahm und fast den gesamten Song mitten zwischen den Fans und auch ins Handy eines weiblichen Fans sang. Die Gute war wohl so überrascht, dass sie im ersten Moment glaubte, jemand wollte ihr Mobiltelefon mopsen. Nach diesem Riesenhit gab’s mit „Here We Go“ ein Stück der aktuellen VÖ. Stilistisch sind die Niedersachsen sich treu geblieben. Wie es sich gehört, wurde ordentlich gerockt. Sturmfest und erdverwachsen – so heißt es in der Landeshymne und das beschreibt auch FURYs Musik. Wer bislang glaubte, die Wingenfeld-Brüder hießen Kai und Thorsten (Gitarre), wurde eines besseren belehrt. Zumindest wenn es nach den Eltern gegangen wäre: Dann wäre jetzt ein Ole am Gesang und eine Anja an den Saiten tätig, aber es kam anders, wie wir wissen. Den Rock’n’Roll-Song „Druggs Addicted In The Jailhouse“ hat der Sechser passenderweise auch schon im Hochsicherheitstrakt der JVA Oldenburg vor 120 Straftätern inklusive 50 Mördern gespielt. Den Kontakt hatte angeblich der Drogendealer von Gitarrist Christoph Stein-Schneider hergestellt, der in der Gefängnisband spielte… Genauso rockig ging’s mit „Wasted“ weiter, anschließend kam ein wenig Lokalkolorit auf. Das aktuelle „Homesick“ huldigte mit leichtem Country-Sound der Nachbarstadt Gütersloh. Ein Höhepunkt der aufwendigen Lightshow war sicher der Sternenhintergrund zu „Riding On A Dead Horse“ vom „Brilliant Thieves“-Album, das sehr impulsiv und druckvoll gespielt wurde. Von der gleichen Scheibe stammte auch „In Love With A Clown“, das der Band augenscheinlich viel Spaß bereitete. Dann flog doch tatsächlich ein Plüschhund auf die Bühne, passend zum Song „Tinkerbell“, der Paris Hilton und Nicole Ritchie gewidmet wurde. Zu „When I’m Dead And Gone“ verwandelte sich der Ringlokschuppen in ein Meer aus winkenden Armen, während zum Schluss aus dem Klassiker eine Highspeed-Version wurde. Mit einem Klassiker setzte das Sextett die Reise in die Vergangenheit fort. Inzwischen ist dieser Hit auch schon volljährig, aber immer noch ein Garant für Gänsehaut nebst gezückten Feuerzeugen und Wunderkerzen. Dazu wurde die Bühne ebenfalls in ausdrucksstarkes Licht getaucht, so dass die Stimmung einen Höhepunkt erreichte. So ließen FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE ihre Fans zurück, was natürlich nicht angehen konnte. Zugabe-Rufe wurden laut und lange ließen sich die Jungs nicht bitten und die ersten Klänge von „Won’t Forget These Days“ erklangen. Wenig später setzten Hunderte Kehlen in den Gesang ein und es wurde noch einmal richtig abgefeiert. „Goodbye So Long“ beendete den Abend nach mehr als zwei Stunden bester Rockmusik.
Zweifellos sind die Herren ein wenig älter geworden, aber das sind ihre Fans schließlich auch. Wie man gute Musik und einen fetten Live-Gig macht, haben FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE mit Sicherheit nicht verlernt. Nur die paar bierselig grölenden Typen hätten nicht sein müssen, wurden von Keyboarder Gero Drnek aber angemessen in die Schranken gewiesen. Seien wir gespannt, was FITS zum 20.Geburstag im kommenden Jahr noch alles in petto haben.
Setlist BEN HAMILTON
Hologram
Sparrow’s Blues
Drug Abuse
Backbreaker
Friends
Radiationnation
Indispensable
Satan A Drag
Rising
Setlist FURY IN THE SLAUGHTERHOUSE (nicht ganz vollständig)
As Long As You Believe In Me
Hang The DJ
Radio Orchid
Here We Go
Are You Real
Candle In The Window
Drugs Addicted In The Jailhouse
Wasted
Homesick
Riding On A Dead Horse
In Love With A Clown
Tinkerbell
When I’m Dead And Gone
Time To Wonder
Won’t Forget These Days
Goodbye So Long
Copyright Fotos: Jörg Rambow
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